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: Seine Anhänger bediente er im Stundentakt über den Kurznachrichten-Kanal Twitter und andere soziale Netzwerke; einen Teil seiner Wahlkampftexte ließ er auch ins Türkische übersetzen. Der ganz große Auftritt gehörte ebenso dazu: Sein Chef [[Peer Steinbrück|Steinbrück]] kam gleich mehrmals nach Kiel, um den Sprecher zu unterstützen, ebenso Vizekanzler [[Frank-Walter Steinmeier]]. Die Rivalin von der CDU ließ daraufhin Angela Merkel kommen."<ref>Ulrich Schäfer: ''[http://www.sueddeutsche.de/politik/kiels-neuer-oberbuergermeister-der-politikverkaeufer-1.412528 Kiels neuer Oberbürgermeister - Der Politikverkäufer]'', ''Süddeutsche Zeitung'', 17.5.2010</ref> | : Seine Anhänger bediente er im Stundentakt über den Kurznachrichten-Kanal Twitter und andere soziale Netzwerke; einen Teil seiner Wahlkampftexte ließ er auch ins Türkische übersetzen. Der ganz große Auftritt gehörte ebenso dazu: Sein Chef [[Peer Steinbrück|Steinbrück]] kam gleich mehrmals nach Kiel, um den Sprecher zu unterstützen, ebenso Vizekanzler [[Frank-Walter Steinmeier]]. Die Rivalin von der CDU ließ daraufhin Angela Merkel kommen."<ref>Ulrich Schäfer: ''[http://www.sueddeutsche.de/politik/kiels-neuer-oberbuergermeister-der-politikverkaeufer-1.412528 Kiels neuer Oberbürgermeister - Der Politikverkäufer]'', ''Süddeutsche Zeitung'', 17.5.2010</ref> | ||
[[Datei:Mitgliederentscheid.jpg|280px|thumb|left|Torsten Albig, Mathias Stein, Brigitte Fronzek und Ralf Stegner am 7.11.2010 im Rathaus von Pinneberg]] | [[Datei:Mitgliederentscheid.jpg|280px|thumb|left|Torsten Albig, Mathias Stein, Brigitte Fronzek und Ralf Stegner am 7.11.2010 im Rathaus von Pinneberg]] | ||
Im Frühsommer [[2010]] machte er seine Bewerbung um die Kandidatur als Ministerpräsident Schleswig-Holsteins öffentlich und setzte sich im [[Mitgliederentscheid 2011]] gegen die MitbewerberInnen [[Brigitte Fronzek]], [[Ralf Stegner]] und [[Mathias Stein]] durch. Mit ihm als Spitzenkandidaten gewann die SPD die [[Landtagswahl 2012|Landtagswahl]] am [[6. Mai]]. Am [[12. Juni]] [[2012]] wurde er mit den Stimmen einer [[Küstenkoalition|Koalition aus SPD, Grünen und SSW]] zum Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein gewählt. | Im Frühsommer [[2010]] machte er seine Bewerbung um die Kandidatur als Ministerpräsident Schleswig-Holsteins öffentlich und setzte sich im [[Mitgliederentscheid 2011]] gegen die MitbewerberInnen [[Brigitte Fronzek]], [[Ralf Stegner]] und [[Mathias Stein]] durch. | ||
[[Datei:Spoorendonk_Habeck_K%C3%A4mpfer_Albig_.JPG|280px|thumb|right|Küstenkoalition hilft beim Oberbürgermeisterwahlkampf in Kiel]] | |||
Mit ihm als Spitzenkandidaten gewann die SPD die [[Landtagswahl 2012|Landtagswahl]] am [[6. Mai]]. Am [[12. Juni]] [[2012]] wurde er mit den Stimmen einer [[Küstenkoalition|Koalition aus SPD, Grünen und SSW]] zum Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein gewählt. | |||
Für die [[Landtagswahl 2017]] bewarb sich der Ministerpräsident um die SPD-Kandidatur im Wahlkreis Kiel-Nord als Nachfolger von [[Rolf Fischer]]. In der Nominierungskonferenz am [[2. Juli]] [[2017]] setzte er sich mit 100 zu 60 Stimmen (62,5 %) gegen die Mitbewerberin [[Gesine Stück]] aus [[Ortsverein Schilksee|Schilksee]] durch. | Für die [[Landtagswahl 2017]] bewarb sich der Ministerpräsident um die SPD-Kandidatur im Wahlkreis Kiel-Nord als Nachfolger von [[Rolf Fischer]]. In der Nominierungskonferenz am [[2. Juli]] [[2017]] setzte er sich mit 100 zu 60 Stimmen (62,5 %) gegen die Mitbewerberin [[Gesine Stück]] aus [[Ortsverein Schilksee|Schilksee]] durch. |
Version vom 22. Mai 2017, 09:14 Uhr
Torsten Albig |
Torsten Albig, * 25. Mai 1963 in Bremen; Jurist, Oberbürgermeister von Kiel und seit 2012 Ministerpräsident von Schleswig-Holstein. Verheiratet, zwei Kinder. Seit 1982 ist er SPD-Mitglied, seit 2002 im Kreisverband Kiel.
Werdegang
Torsten Albig ist aufgewachsen in Ostholstein. Bis zu seinem 13. Lebensjahr lebte er in Großenbrode, Oldenburg/Holstein und Heiligenhafen, bevor seine Familie 1977 nach Nordrhein-Westfalen zog. In Bielefeld machte er sein Abitur und studierte Jura. 1982 trat er in Bielefeld in die SPD ein. Dort übernahm er als Ortsvereinsvorsitzender seine erste Funktion in der Partei.
Nach dem Studium kehrte er 1992 als Jurist in der Landessteuerverwaltung nach Schleswig-Holstein zurück. Auch hier engagierte er sich politisch. In Lütjenburg war er Anfang der 90er Jahre Fraktionsvorsitzender in der Stadtverordnetenversammlung und Mitglied des Magistrats.
Ende 1994 ging er für das Land Schleswig-Holstein nach Bonn in die Landesvertretung beim Bund. Während dieser Zeit war er aktiv im Ortsverein Sankt Augustin im Kreis Siegburg. Von Bonn wechselte er 1996 in das Büro des damaligen Parteivorsitzenden Oskar Lafontaine und arbeitete bis zur Bundestagswahl 1998 für den Parteivorstand im Planungsstab. Mit der Ernennung des Parteivorsitzenden zum Bundesfinanzminister nach der Wahl wechselte auch Torsten Albig in die Bundespolitik. Bis 2001 für Lafontaine und seinen sozialdemokratischen Amtsnachfolger Hans Eichel, von 2006 bis 2009 dann für Bundesfinanzminister Peer Steinbrück fungierte er als Pressesprecher des Ministeriums.
Zwischenzeitlich war er für kurze Zeit Konzernsprecher der Dresdner Bank in Frankfurt am Main sowie von 2002 bis 2006 Dezernent für Personal, Ordnung und Kultur bei der Landeshauptstadt Kiel.
Torsten Albig ist seit 1988[1] verheiratet und hat einen Sohn und eine Tochter. 2002 zog die Familie nach Kiel. Mittlerweile hat sich das Ehepaar getrennt, Torsten Albig hat mit Bärbel Boy eine neue Lebensgefährtin gefunden. Auf Kritik daran, dass die Werbeagentur seiner neuen Partnerin auch schon für seine Landesregierung gearbeitet hat, unter anderem bei der Entwicklung des Slogans "Der echte Norden", reagierte er gelassen.[2]
Öffentliche Ämter in Schleswig-Holstein
Am 15. März 2009 gewann Torsten Albig die Direktwahl zum Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Kiel. Mit 52,1% der abgegebenen Stimmen setzte er sich im ersten Wahlgang gegen die CDU-Amtsinhaberin durch. Sein Amt trat er am 17. Juni an.
Sein Wahlkampfstil war ungewohnt:
- "Albig führte einen Wahlkampf, wie man ihn eher aus Amerika kennt und schuf dazu seine eigene Marke. Auf den Marktplätzen - und auch auf Albig-Comics im Internet - trug er stets den gleichen schwarz-grau-gestreiften Schal.
- Seine Anhänger bediente er im Stundentakt über den Kurznachrichten-Kanal Twitter und andere soziale Netzwerke; einen Teil seiner Wahlkampftexte ließ er auch ins Türkische übersetzen. Der ganz große Auftritt gehörte ebenso dazu: Sein Chef Steinbrück kam gleich mehrmals nach Kiel, um den Sprecher zu unterstützen, ebenso Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier. Die Rivalin von der CDU ließ daraufhin Angela Merkel kommen."[3]
Im Frühsommer 2010 machte er seine Bewerbung um die Kandidatur als Ministerpräsident Schleswig-Holsteins öffentlich und setzte sich im Mitgliederentscheid 2011 gegen die MitbewerberInnen Brigitte Fronzek, Ralf Stegner und Mathias Stein durch.
Mit ihm als Spitzenkandidaten gewann die SPD die Landtagswahl am 6. Mai. Am 12. Juni 2012 wurde er mit den Stimmen einer Koalition aus SPD, Grünen und SSW zum Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein gewählt.
Für die Landtagswahl 2017 bewarb sich der Ministerpräsident um die SPD-Kandidatur im Wahlkreis Kiel-Nord als Nachfolger von Rolf Fischer. In der Nominierungskonferenz am 2. Juli 2017 setzte er sich mit 100 zu 60 Stimmen (62,5 %) gegen die Mitbewerberin Gesine Stück aus Schilksee durch.
Am 7. Mai 2017 wurde Torsten Albig im Wahlkreis 13 (Kiel-Nord) mit 37,9% der Erststimmen direkt in den Landtag gewählt. Am 16. Mai 2017 erklärte Torsten Albig seinen Rückzug aus der Landespolitik - er werde nach der verlorenen Wahl auch das Landtagsmandat nicht antreten:
- "Um auch jedweder weiteren substanzlosen aber dennoch für mich und mein persönliches Umfeld ehrverletzenden Unterstellung der Vermischung öffentlicher und privater Interessen den Boden zu entziehen, werde ich auch nicht dem künftigen schleswig-holsteinischen Landtag angehören."[4]
Politik
Schon als Oberbürgermeister machte Torsten Albig mit ungewöhnlichen politischen Konzepten auf sich aufmerksam. So verfasste er zusammen mit Gesa Langfeldt, Hans-Peter Bartels und Rolf Fischer das Papier "Stadt statt Staat", das bei seiner Veröffentlichung am 8. Februar 2010 bundesweit Aufmerksamkeit erregte. Unter anderem empfahl es die drastische Verringerung der Bundesländer und die stärkere Verlagerung der finanziellen Ressourcen auf die Kommunen. In den überregionalen Medien wurde nur Torsten Albig als Autor wahrgenommen.[5][6][7][8]
Die Medienaufmerksamkeit nutzte er, um die Realitätsferne der Bundesebene und vieler dort geführter Politikdebatten zu kritisieren und sich vor allem gegen die Steuerreformpläne der FDP auszusprechen.[9][10]
Als Ministerpräsident erregte er Aufsehen - und Widerspruch auch aus der SPD - vor allem mit der Idee einer jährlichen Abgabe aller Autofahrer zur Reparatur der zahlreichen maroden Straßen in Deutschland.[11][12][13]
Eine seiner Äußerungen im NDR-Sommerinterview 2015 wurde ausgelegt als Vorschlag, für die Bundestagswahl 2017 auf einen eigenen Kanzlerkandidaten zu verzichten, weil Bundeskanzlerin Merkel hervorragende Arbeit mache. Damit drang er sogar bis in die internationale Presse vor.[14] Derselben Zeitung musste er auch als Kronzeuge für die SPD-Stimmung vor Martin Schulz dienen. Die Partei sei "so schicksalsergeben gewesen, dass 2015 ein hoher Sozialdemokrat sogar öffentlich die Frage gestellt habe, ob die SPD überhaupt einen Kanzlerkandidaten brauche, da Merkel doch 'ausgezeichnete' Arbeit mache".[15]
Vehement hat er sich mehrfach gegen eine Durchführung der Energiewende oder einer Verkehrspolitik gewandt, die den Norden abkoppeln, und auch zu anderen bundespolitischen Themen äußert er sich verstärkt.[16]
Nach seinem Rückzug aus der Landespolitik hebt der Vorsitzende der Landtagsfraktion Ralf Stegner hervor:
- "Es bleibt sein Verdienst, mit der Regierungsbeteiligung des SSW zum ersten Mal in Europa eine Partei einer nationalen Minderheit an einer Regierung beteiligt zu haben. In Zeiten zunehmendem Nationalismus in Europa hat die Küstenkoalition damit ein Zeichen gegen gesellschaftliche Ausgrenzung, Rassismus und der wachsenden Bedrohung von Minderheitenrechten in Europa gesetzt. In Schleswig-Holstein haben die Rechte der dänischen und friesischen Minderheit sowie der Sinti und Roma heute Verfassungsrang. Maßstäbe hat auch Torsten Albigs Stil der politischen Führung gesetzt. In der Küstenkoalition gab es keine große und keine kleine Partei. Alle drei Regierungsparteien begegneten sich auf Augenhöhe, mit Respekt und zugleich kollegial. In einer Demokratie gibt es keine Unterordnung der einen unter die anderen. In einer Demokratie gibt es nur gleiche Rechte, gleiche Würde und den Respekt voreinander. Diese Art der Führung hat Torsten Albig verkörpert und so sein Regierungsschiff mit drei Koalitionspartnern und nur einer Stimme Mehrheit im Landtag über fünf Jahre ohne größere Krisen erfolgreich navigiert.
- Große Anerkennung erhält Torsten Albig aus der SPD und weit darüber hinaus für die von ihm leidenschaftlich vertretene Flüchtlingspolitik. Diese Politik gehört in die Reihe großer sozialdemokratischer Weichenstellungen in Schleswig-Holstein, auf die wir stolz sind, wie der Kampf für den Ausstieg aus der Atomenergie, den Einsatz für längeres gemeinsames Lernen, die Ostseekooperation oder die Abwehr von Studiengebühren. Wo andere von christlicher-abendländischer Leitkultur geschwafelt haben, hat Torsten Albig das christliche Menschenbild zu seiner Maxime gemacht und mit ganzer Leidenschaft und mit Mut gegen viele Widerstände seine Überzeugung vertreten."[17]
Links
- Homepage: Torsten Albig
- Landtagsinformationssystem: Torsten Albig
- Wikipedia: Torsten Albig
Quellen
- ↑ Ministerpräsident Torsten Albig hat eine neue Liebe, KN, 15.1.2016
- ↑ Ulf B. Christen / Bodo Stade: Zeitenwende - politisch und privat, KN, 15.1.2016
- ↑ Ulrich Schäfer: Kiels neuer Oberbürgermeister - Der Politikverkäufer, Süddeutsche Zeitung, 17.5.2010
- ↑ spd-schleswig-holstein.de Persönliche Erklärung, 16. Mai 2017
- ↑ Uli Exner: "Wir sind die Mitte unseres Landes", DIE WELT, 15.2.2010
- ↑ Alexander Neubacher: Kommunen: Herr der Schlaglöcher, DER SPIEGEL, 15.3.2010
- ↑ Markus Balser: Verschuldete Kommunen - "Defektes System, fehlender Realitätssinn", Süddeutsche Zeitung, 20.5.2010
- ↑ Martin Höfig: Der Finanzierer - Torsten Albig will Autofahrern mehr für den Straßenerhalt abverlangen, Neues Deutschland, 23.4.2014
- ↑ Albig: Steuerpläne sind "Absurdistan", Interview mit Hanns Ostermann, Deutschlandradio Kultur, 21.4.2010
- ↑ Konrad Handschuch, Christian Ramthun: Streitgespräch: Das Für und Wider der Steuerreform, Wirtschaftswoche, 11.5.2010
- ↑ SPD-Fraktion will keine Sonderabgabe für Autofahrer, DIE ZEIT, 21.4.2014
- ↑ Manuel Bewarder u.a.: Albig fordert Gebühr für alle Autofahrer, DIE WELT, 23.4.2014
- ↑ Martin Höfig: Der Finanzierer - Torsten Albig will Autofahrern mehr für den Straßenerhalt abverlangen, Neues Deutschland, 23.4.2014
- ↑ 'Last year, a leading Social Democrat, Torsten Albrig [sic], even questioned whether his party needed its own candidate for chancellor in the next election [...] because Merkel was doing such an "excellent" job.' Angela Merkel. Enigmatic leader of a divided land, The Observer, 13.3.2016
- ↑ 'The SPD [...] was so resigned to its fate that in 2015 a senior Social Democrat even wondered publicly whether they needed a candidate at all for chancellor, since Merkel was doing such an "excellent" job.' Hans Kundnani: Social Democrat is taking on the Merkel economic and social agenda, The Observer, 26.2.2017
- ↑ Ulrich Exner, Torsten Albig: Was treibt den "Seehofer des Nordens"?, DIE WELT, 23.4.2014
- ↑ spd-schleswig-holstein.de Ralf Stegner: Torsten Albig hat Maßstäbe über den Tag hinaus gesetzt, 16. Mai 2017
MinisterpräsidentIn: Hermann Lüdemann (1947 - 1948) | Bruno Diekmann (1949 - 1950) | Björn Engholm (1988 - 1993) | Heide Simonis (1993 - 2005) | Torsten Albig (2012 - 2017)