Ortsverein Neumühlen-Dietrichsdorf: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 13. Dezember 2015, 20:42 Uhr
[[Datei:{{#setmainimage:Kiel Neumühlen Dietrichsdorf.jpg}}|right|180px]] Der Ortsverein Neumühlen-Dietrichsdorf gehört seit der Eingemeindung des Ortes 1924 dem Sozialdemokratischen Verein Groß-Kiel bzw. seiner Nachfolgeorganisation, dem Kreisverband Kiel der SPD Schleswig-Holstein an. Es gibt ihn jedoch mindestens seit 1919.
Traditionsfahne
Der Ortsverein gehört zu denjenigen, die über eine Traditionsfahne verfügen. Den Abriss über ihre Geschichte (2003, ergänzt 2013) stellte uns Sönke Petersen zur Verfügung.
Beschreibung
Größe: 140 X 110 cm
Vorderseite: Roter Baumwollstoff, aus einem größeren und zwei kleineren Teilen zusammengesetzt. Schriftzug im oberen Teil: "S.P.D." (Ursprünglich stand dort U.S.P.; die Einstiche der Stickfäden sind noch deutlich zu erkennen.) In der Mitte steht eine symbolisierte Fackel, links davon "Neumühlen-", rechts davon "-Dietrichsdf." (Offensichtlich reichte der Platz zur vollständigen Ausschreibung von Dietrichsdorf nicht aus.)
Rückseite: Roter Wollstoff, in der Mitte eine aufgehende Sonne mit Strahlenkranz aus goldenen Stickfäden. Darüber im Halbkreis: "Durch Nacht zum Licht!" (Ein alter Freidenkerspruch.) Alle Zeichen sind mit schwarzem Baumwollfaden gestickt und goldumrandet.
Geschichte
Es ist ganz offensichtlich, dass die Traditionsfahne aus den beiden Fahnen des ehemaligen U.S.P.-Ortsvereins und des SPD-Ortsvereins zusammengefügt wurde.
Vorderseite: Die Fahnenweihe der U.S.P.-Fahne fand anlässlich des 1. Mai-Feiertages 1919 auf dem Marktplatz (heute Probsteier Platz) in Dietrichsdorf statt.[1] Die neue Fahne wurde wahrscheinlich erst im letzten Moment fertiggestellt, denn im gemeinsamen Aufruf der U.S.P.-Ortsvereine Neumühlen-Dietrichsdorf, Mönkeberg und Schönkirchen am 26. April wurde nur zu einer öffentlichen Volksversammlung in den "Krug zum grünen Kranze" am Vormittag und zu einem Familienausflug zum Restaurant Heuk in Schönkirchen am Nachmittag eingeladen.[2] Erst am 30. April erfolgte eine "Ergänzung zum Maifeier-Programm" in der Zeitung Die Republik. Darin wurde zur Teilnahme an der Fahnenweihe aufgefordert mit dem Hinweis, dass die Fahne von den Genossinnen des Ortsvereins gestiftet sei. Nach erfolgter Weihe sollte "mit voller Marschmusik" der Abmarsch nach Schönkirchen erfolgen. An die Kinder sollten zuvor rote Fähnchen ausgegeben werden.
Durch Abspaltung von der SPD hatte sich, so wie im übrigen Reich auch, in Neumühlen-Dietrichsdorf im April 1917 ein U.S.P.-Ortsverein gegründet. Als es im Oktober 1920 im gesamten Reich zum Bruch mit den kommunistisch orientierten Parteimitgliedern kam, verblieb nur noch eine kleinere Anhängerschar in der alten Organisation. In Dietrichsdorf vollzog sich die Abspaltung der Kommunisten am Freitag, dem 29. Oktober 1920.[3] Der Gemeindeverordnete und Parteifunktionär Karl Suhling versuchte mit einigen anderen Rechtsorientierten, die USPD vor Ort weiter zusammen zu halten. Als sich aber allgemeine Auflösungstendenzen zeigten, kehrte er am 1. Juni 1921, nach über vier Jahren, wieder zu seinem alten SPD-Ortsverein zurück.[4] Suhling war damals eine prominente Persönlichkeit im Ort, denn seit 1907 war er Vorsitzender der "Neumühlener Rosengilde von 1821", einer der größten Organisationen in Dietrichsdorf. Auch war er über Jahrzehnte Schiedsmann. Karl Suhling hat vermutlich die U.S.P.-Fahne bei seiner Rückkehr mitgebracht.
Rückseite: Anlässlich der Mitgliederversammlung des Sozialdemokratischen Vereins Neumühlen-Dietrichsdorf am Montag, dem 13. Oktober 1919, wurde u.a. auch die Bildung eines Fahnenfonds zur Anschaffung einer Parteifahne verkündet. Es ist anzunehmen, dass die dafür erforderlichen Geldmittel durch Spenden zusammengebracht werden sollten.[5] Ein halbes Jahr später, auf der Jahreshauptversammlung am Montag, dem 19. April 1920, wurde berichtet, dass sich im Fahnenfonds 472,70 Mark angesammelt hätten. Ortsvereinsvorsitzender war damals W. Troost (wohnhaft Schönberger Straße 17, die spätere Schönkirchener Straße). Der Ortsverein hatte damals 1009 Mitglieder![6]
In der Zeit danach sind keine weiteren Hinweise zur Fahne zu finden. Im Bericht über die Jahreshauptversammlung am Montag, dem 12. April 1921, wurde der Fahnenfonds nicht mehr erwähnt.[7]
Über die Zusammenfügung der U.S.P.-Fahne mit der SPD-Fahne gibt es keine Erkenntnisse. Es könnte aber angenommen werden, dass die SPD-Fahne noch nicht existierte oder erst in Arbeit war, als Karl Suhling im Juni 1921 zum Ortsverein zurückkehrte. Vielleicht wurden beide Fahnen als Symbol der "Wiedervereinigung" miteinander verbunden oder aber einfach nur deshalb, weil man Kosten sparen wollte.
Verbleib der Fahne während des NS-Regimes
Zwischen 1933 und 1945 wurde die Fahne vermutlich über die Jahre von mehreren Genossinnen und Genossen versteckt. Nicht eindeutig belegt ist, dass sie u.a. in der Bettdecke der Genossin Ida Münzmay, Luisenstraße, verborgen wurde. Das letzte Versteck befand sich in der so genannten "Mühlencolonie" der Holsatiamühle. Der Müller Joseph Christel hatte dort die Fahne, in einer Plane verpackt, unter den Bodendielen in der Wohnung seiner Mutter im Steinkamp 6 versteckt. Bei einer durchgeführten Haussuchung wurde sie aber nicht entdeckt.
In den ersten Monaten nach der Kapitulation des Deutschen Reiches waren politische Parteien durch die Militärregierung noch verboten. Trotzdem trafen sich alte Sozialdemokraten und Gleichgesinnte in sogenannten "Stubenzirkeln". Das erste Treffen in Dietrichsdorf fand im August 1945 bei der Genossin Ida Münzmay statt. Einige Zeit später kam man beim Genossen Joseph Christel zusammen. Feierlich wurde die Traditionsfahne hervorgeholt und zum ersten Mal wieder aufgehängt. Genosse Kurt Herrmann, einer der fünf Teilnehmer, sagte später darüber: "Es war ein gutes Gefühl, das will ich Dir sagen, wir sind wieder da!"[8]
Heutiger Verbleib
Die Traditionsfahne wird gegenwärtig beim 1. Vorsitzenden des Ortsvereins, Torsten Stagars, aufbewahrt.
Zeitung
Seit Jahren wird vom Ortsverein die Bürgerzeitung Der Poggendörper herausgegeben, mit zahlreichen Beiträgen zur Geschichte des Stadtteils und des Ortsvereins.
Einige Mitglieder
Zu den herausragenden Mitgliedern des Ortsvereins gehören
- Wilhelm Marschner
- Sönke Petersen[9]
- Fritz Carstens[10]
- Hans-Werner Tovar, seit 2013 Stadtpräsident von Kiel
Sie sind aber mit Sicherheit nicht die einzigen.
Vorstände
Von | Bis | Vorsitz | Stellvertretung | Kasse | Schriftführung | Weitere |
---|---|---|---|---|---|---|
2015 | Torsten Stagars | Inge Tovar, Stefan Tovar | Karl-Heinz Roschlapil | Dieter Fraller | Annelore Ahlers, Jamaleddine Baaddy, Jürgen Hasch, Sigrid Natge, Gernot Starke | |
1994 | Jens Fischer | |||||
1984 | Sönke Petersen |
Sonstiges
Die Verdieckstraße im Stadtteil ist nach Willy Verdieck benannt.
Literatur
- Die Republik – Organ der USPD für die Provinz Schleswig-Holstein, 1918 bis 1922 (Republik)
- Schleswig-Holsteinische Volkszeitung (VZ)
- Hans-Werner Tovar und Sönke Petersen: Interview mit Kurt Hermann und Ernst Löwe im Februar 1985
Quellen
- ↑ Republik vom 30.4.1919
- ↑ Republik vom 26.4.1919
- ↑ Republik vom 1.11.1920 und VZ vom 2.11.1920
- ↑ VZ vom 1.6.1921
- ↑ VZ vom 16.10.1919
- ↑ VZ vom 21.4.1920
- ↑ VZ vom 14.4.1921
- ↑ Hans-Werner Tovar und Sönke Petersen: Interview mit Kurt Hermann und Ernst Löwe im Februar 1985
- ↑ http://www.spd-net-sh.de/kiel/daten/dietrichsdorf/poggendoerper/Pogg1111w.htm
- ↑ http://www.spd-net-sh.de/kiel/daten/dietrichsdorf/poggendoerper/Pogg1111c.htm
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