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Version vom 16. Oktober 2015, 14:41 Uhr

Walther Lehmkuhl
Walther Lehmkuhl
Walther Lehmkuhl
Geboren: 21. Mai 1905
Gestorben: 22. November 1970

Walther Lehmkuhl * 21. Mai 1905 in Gaarden (heute: Kiel-Gaarden); † 22. November 1970 in Neumünster; Maschinenschlosser, Jurist und Oberbürgermeister von Neumünster.

Werdegang

Von 1912 bis 1921 besuchte Walther Lehmkuhl die Volksschule in Kiel, Gaarden-Süd[1] und machte dann eine Ausbildung zum Maschinenschlosser bei der Germaniawerft[2]. Damals war er Mitglied der Arbeiterjugend und der Jusos.

Er holte das Abitur nach und studierte in Berlin, Heidelberg und Frankfurt am Main Jura[3] - in Frankfurt gemeinsam mit dem späteren SPD-Wirtschaftsminister Karl Schiller, den Walther Lehmkuhl 1945 zur SPD holte.[4] Er war Mitglied in der Sozialistischen Studentenschaft (SSt) und legte am 28. Januar 1933 sein 1. Staatsexamen ab, am 30. November 1937 die zweite "Große Staatsprüfung".[5]

Nationalsozialismus

Seine Laufbahn als Verwaltungsjurist begann Walther Lehmkuhl als Assessor in der Devisenstelle des Oberfinanzpräsidiums.[6] 1937 oder 1938 trat er in die NSDAP ein, weil er sonst vermutlich aus dem Reichsdienst hätte ausscheiden müssen. Der SPD war 1945 jedoch bekannt, dass er zum Widerstand gehört hatte - in welcher Form, ist nicht ermittelt.[7] 1941 wechselte er nach Berlin zum Reichswirtschaftsministerium und erreichte dort den Rang eines Regierungsrats[8]. Durch seine Tätigkeit im Devisenbereich musste er in dieser Zeit viel reisen.

Seit dem 8. April 1941 war Walther Lehmkuhl mit Marianne (geb. Weber) verheiratet. Sie hatten drei Kinder: Doris, Sigrid, und Jens. 1943 wurde er zur Wehrmacht eingezogen und geriet 1945 in amerikanische Gefangenschaft.[9]

Kommunalverwaltung

Nach der Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft 1945 wurde Walther Lehmkuhl als Wirtschaftsdezernent bei der Stadt Kiel eingestellt. Am 27. Dezember 1945 wählte ihn die ernannte Ratsversammlung zum Oberstadtdirektor.

Oberstadtdirektor in Kiel

An dieser Wahl zeigten sich bereits die politischen Bruchlinien, die die Stadtpolitik prägen sollten. Lehmkuhl war der Kandidat der SPD. Die Vertreter der im Entstehen begriffenen Christlich-Demokratischen Partei (C.D.P.) schlugen einen Stadtsyndikus vor. Seine Vorzüge: seit 35 Jahren bei der Stadtverwaltung beschäftigt, von großen juristischen Qualitäten, ein untadeliger Charakter, unbestechlich über allen Parteien, von nie erlahmendem Arbeitseifer und damit für den unpolitischen Posten des Oberstadtdirektors ideal. Gegen Lehmkuhl hatten sie einzuwenden, dass er erst seit kurzem in einer Stadtverwaltung, vorher im Reichsdienst gewesen sei, die Mitgliedschaft in der NSDAP und die Nähe zur SPD. Seine Fachlichkeit zweifelten sie ausdrücklich nicht an.

Die SPD sah dies naturgemäß völlig anders, nicht zuletzt die Qualität der Menschen, mit denen die Gesellschaft wieder aufgebaut werden sollte. Bürgermeister Otto Tschadek, selbst Jurist, führte aus:

"Der Neuaufbau der demokratischen Selbstverwaltung muß mit Gesetzen betrieben werden, die gegen die Demokratie geschaffen sind. [Der Stadtsyndikus] hat immer nur sagen können, was nach den Gesetzen nicht geht, er hat aber niemals gefunden, was geht. Wir müssen einen lebendigen, elastischen Oberstadtdirektor haben, der über diesen Wulst von Gesetzen hinwegkommt und nicht nur immer Widerstand findet. [...] Zu dem Hinweis, daß er unpolitischer Beamter ist, ist zu sagen, daß Deutschland 1918 auch unpolitische Beamte hatte, daß aber diese Beamten teilweise die Totengräber der Demokratie gewesen sind. In der demokratischen Exekutive müssen die Beschlüsse der demokratischen Stadtvertretung lebendig werden. Wir können daher an die Spitze der Stadtverwaltung nur einen Demokraten von echtem Schrot und Korn stellen."

Die Standpunkte waren unvereinbar, der Wunsch, der Oberstadtdirektor möge einstimmig gewählt werden, erfüllte sich nicht. Walther Lehmkuhl wurde mit den 28 Stimmen von SPD und KPD gegen die 19 Stimmen der Konservativen gewählt.[10] Als Verwaltungschef und "rechte Hand" von Andreas Gayk leistete er einen großen Beitrag zum Wiederaufbau der Stadt und der Verwaltung.[11]

Nach seinem Weggang aus Kiel erhielt die Stadt wieder eine Magistratsverfassung; Walther Lehmkuhl blieb daher Kiels einziger Oberstadtdirektor. Andreas Gayk sagte ihm zum Abschied:

"Sie übernahmen im Februar 1946 das Amt des Oberstadtdirektors. Damals war unsere Stadt ein unübersehbarer Trümmerhaufen. Sie haben damals die undankbare Aufgabe übernommen, die Verwaltung der Stadt Kiel zu reorganisieren. Trotz vieler Schwierigkeiten ist das gelungen. Damit haben Sie am Neuaufbau unserer Stadt einen hervorragenden Anteil."[12]

Oberbürgermeister von Neumünster

Am 28. April 1950 wurde Walther Lehmkuhl zum Oberbürgermeister von Neumünster gewählt. Am 13. April 1962 bestätigte ihn die Ratsversammlung von Neumünster mit 25 von 36 Stimmen für weitere 12 Jahre im Amt.[13]

Anlässlich seines 60. Geburtstags schrieben die Kieler Nachrichten 1965:

"Inzwischen hat Neumünster 12 000 Wohnungen gebaut, manche neue Industrie ansiedeln können und sich den Ruf einer schulfreudigen Stadt erworben."[14]

Die Schleswig-Holsteinische Volkszeitung schrieb zum selben Anlass:

"In Neumünster widmet sich Lehmkuhl mit ganzer Kraft seinen neuen Aufgaben. Er hat das Werden des neuzeitlichen Stadtwesens nachdrücklich mit beeinflußt. Das heutige Neumünster, mit breiten, großzügigen Straßen und Parkflächen, aufgelockert durch Grünflächen, mit modernen Bauten und vorbildlichen Schulen, mit wachsenden Stadtteilen und neuen Industrieflächen, ist mit der Stadt vor 20 Jahren nicht mehr vergleichbar. Walther Lehmkuhl war es, der den Satz prägte: 'Neumünster ist schöner als du denkst!' Dahinter verbirgt sich ein Programm. Schritt für Schritt wurden neue Parks, Grünanlagen und Kinderspielplätze geschaffen, der Kleinsiedlungsgedanke unterstützt und das Kleingartenwesen gefördert. Die Forstflächen der Stadt wurden systematisch vergrößert, so daß man heute, ohne zu übertreiben, von einer 'Stadt im Grünen' sprechen kann."[15]

Am 1. Juni 1970 ging Walther Lehmkuhl nach 20 Jahren als Oberbürgermeister in den Ruhestand.[16] Sein Nachfolger wurde Uwe Harder.

Walther Lehmkuhl starb am 22. November 1970 im Alter von 65 Jahren nach "kurzer, schwerer Krankheit"[17].

Ehrungen

1968 wurde Walther Lehmkuhl das Verdienstkreuz 1. Klasse der Bundesrepublik Deutschland verliehen.[18]

Er erhielt auch die Freiherr-vom-Stein-Gedenkmedaille des Landes Schleswig-Holstein, dazu zahlreiche lokale Ehrungen, die mit dem Amt einhergehen.

Die Stadt Neumünster hat die Walther-Lehmkuhl-Schule nach ihm benannt.

Links

Quellen

  1. Walther Lehmkuhl 60 Jahre alt, VZ, 21.5.1965
  2. OB Walther Lehmkuhl heute 65 Jahre, KN, 21.5.1970
  3. Lehmkuhl 60 Jahre alt, KN, 21.5.1965
  4. Der Regenmacher, DER SPIEGEL, 9.1.1967
  5. Walther Lehmkuhl 60 Jahre alt, VZ, 21.5.1965
  6. Lehmkuhl 60 Jahre alt, KN, 21.5.1965
  7. Vgl. Abschrift der Niederschrift über die Sitzung der Gemeindevertretung am 27.12.1945, Stadtarchiv Kiel
  8. Einstiegsamt in den Höheren Dienst, keine Führungsfunktion.
  9. Walther Lehmkuhl 60 Jahre alt, VZ, 21.5.1965
  10. Der Verlauf ist nachvollziehbar nach der erhaltenen Abschrift der Niederschrift über die Sitzung der Gemeindevertretung am 27.12.1945 im Stadtarchiv Kiel, auf dem die letzten drei Absätze beruhen.
  11. Lehmkuhl 60 Jahre alt, KN, 21.5.1965
  12. Walther Lehmkuhl 60 Jahre alt, VZ, 21.5.1965
  13. OB Lehmkuhl wiedergewählt, VZ, 14.4.1962
  14. Lehmkuhl 60 Jahre alt, KN, 21.5.1965
  15. Walther Lehmkuhl 60 Jahre alt, VZ, 21.5.1965
  16. OB Walther Lehmkuhl heute 65 Jahre, KN, 21.5.1970
  17. Walther Lehmkuhl †, KN, 23.11.1970
  18. OB Lehmkuhl ausgezeichnet, VZ, 27.2.1968