Helmut Schmidt
Helmut Schmidt |
Helmut Heinrich Waldemar Schmidt, * 23. Dezember 1918 in Hamburg, † 10. November 2015 in Hamburg; Diplom-Volkswirt. Verheiratet mit Hannelore, genannt Loki, Schmidt. Er war von 1974 bis 1982 der fünfte Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland.
Beziehung zu Schleswig-Holstein
Obwohl keine Schleswig-Holsteiner, pflegten Helmut und Loki Schmidt Zeit ihres Lebens vielfältige Beziehungen zum nördlichen Nachbarland ihrer Heimatstadt Hamburg. Sie besaßen seit 1958 einen Zweitwohnsitz in Langwedel am holsteinischen Brahmsee, wo er sich seinem Hobby, dem Segeln, widmen konnte, sie sich ihrem, der Botanik.[1] Gleich nebenan, auf der anderen Hälfte des gemeinsam erworbenen und "brüderlich geteilten" Grundstücks, hatte lange Zeit ihr Hamburger Freund Willi Berkhan sein Feriendomizil.[2]
Die Schmidts wurden von den Langwedelern als Nachbarn, nicht als Fremde empfunden; sie schotteten sich nicht ab, kauften im Ort ein und gingen in der Region ohne großen Aufwand essen.[3]
Langwedels Politiker machten auch kein Geheimnis daraus, dass das Ferienhaus - zunächst eher eine 30-qm-Gartenlaube - auf dem für gut 1 DM pro Quadratmeter erworbenen Grundstück ohne Baugenehmigung erbaut worden war. "Immer, wenn Helmut Schmidt beruflich aufstieg, wurde etwas dazugebaut", verriet der CDU-Bürgermeister der Presse[4] - und auch, die Schmidts könnten auch 1976 jederzeit anbauen.[5]
Erst 1986 kam "Lokis Biotop" dazu, ein "sechseinhalb Hektar großes Areal, das die Schmidts [...] bewusst sich selbst überließen. Die Fläche ist vor einem Jahr an die Loki-Schmidt-Stiftung übergegangen, darf aber von Besuchern betreten werden".[6]
In das Wochenendhaus lud bereits der Bundeskanzler viele Gäste aus internationaler Politik und Wirtschaft ein[7], etwa Olof Palme oder Siegfried Lenz, Persönlichkeiten aus der schleswig-holsteinischen Politik wie Jochen Steffen, Klaus Matthiesen, Björn Engholm oder den Ministerpräsidenten Gerhard Stoltenberg, ebenso wie Menschen aus dem Ort. Noch in der Zeit vor seinem Tod habe sich Helmut Schmidt gelegentlich an den Brahmsee fahren lassen.[8]
2017 verkaufte seine in England lebende Tochter das "Ferienhäuschen". Sie räumte ein, dieser Schritt sei ihr schwergefallen, aber letztlich vernünftig. Die Käufer, eine Familie mit Kindern, hätten zugesichert, das Haus zu erhalten und zu sanieren.[9]
Innensenator
Am 29. August sprach Helmut Schmidt in Flensburg auf einer Kundgebung mit Sozialdemokraten aus Norwegen und Dänemark zum Gedenken der Toten der beiden Weltkriege und zur Mahnung an alle zum Frieden und zur politischen Vereinigung Europas. Außer ihm sprachen der dänische Folketingabgeordnete Peter Gorrsen und der Generalsekretär der norwegischen Arbeiterpartei Haakon Lie.[10]
Am Landesparteitag 1965 nahm Helmut Schmidt als Mitglied des SPD-Parteivorstandes teil. Er hielt eine Rede zur Bundestagswahl: "1965 zu einem Jahr der Entscheidung machen!" Zu dieser Zeit war er Innensenator von Hamburg; überregionale Bekanntheit hatte er durch seine Rolle während der Flutkatastrophe an der deutschen Nordseeküste am 16. und 17. Februar 1962 gewonnen. Auch wenn sie sich vorrangig auf Hamburg bezog, profitierte ebenso das schwer betroffene Schleswig-Holstein von seinem entschiedenen, unkonventionellen, mehr an Notwendigkeiten als an Vorschriften orientierten Vorgehen, nicht zuletzt von seiner in der Verfassung nicht vorgesehenen Aktivierung der Bundeswehr als Fluthelfer.
Bundeskanzler
Helmut Schmidt gehörte von 1953 bis 1987 (mit einer Unterbrechung von 1962 bis 1965) dem Bundestag an. Von 1969 an war er in verschiedenen Ressorts Bundesminister, auch mit Kabinettskollegen aus Schleswig-Holstein, namentlich Karl Schiller, Lauritz Lauritzen und Egon Bahr.
1974 wurde er als Nachfolger von Willy Brandt Bundeskanzler. Dem Kabinett Schmidt gehörten mehrere Politiker aus Schleswig-Holstein an: Björn Engholm, zunächst als Staatssekretär, dann als Minister für Bildung und Wissenschaft mit dem Staatssekretär Eckart Kuhlwein, und weiterhin Egon Bahr, der einen schleswig-holsteinischen Wahlkreis im Bundestag vertrat. Bei Besuchen in Schleswig-Holstein bewies Helmut Schmidt, dass er es nicht verlernt hatte, mit "normalen" Menschen zu reden.[11]
In der Auseinandersetzung um die Atomkraft stand Bundeskanzler Schmidt auf der Seite der Atom-Befürworter, während die schleswig-holsteinische SPD seit Mitte der 1970er den Ausstieg forderte. Auch bei anderen Themen waren sich die traditionell linken Schleswig-Holsteiner und der pragmatische Bundeskanzler nicht einig, etwa in der Friedenspolitik. Der NATO-Doppelbeschluss, der teilweise auf eine Idee von Helmut Schmidt zurückging, erfuhr im Norden weitgehende Ablehnung.
Dessenungeachtet war der Bundeskanzler häufiger Gast auf der Kieler Woche und lud gern zu politischen Gesprächen dorthin ein.[12]
1979 besuchte Helmut Schmidt als erster deutscher Regierungschef die Nordfriesen und gab damit eher zufällig einen Impuls für die Minderheitenpolitik.
Nach der Politik
Das "Schleswig-Holstein-Festival" verdankt seine Entstehung ganz wesentlich Helmut Schmidt.[13] Seine Liebe zur Musik und zum Land, aber auch länderübergreifende Überlegungen zur Belebung der norddeutschen Bundesländer führten zur Entwicklung der Festivalidee, an der sein Freund, der Pianist Justus Frantz, und Dr. Dr. Uwe Barschel als Regierungschef beteiligt waren. Das Festival findet seit Juli 1986 jeden Sommer statt und zieht Menschen von überallher nach Schleswig-Holstein.[14]
2012 unterstützte Helmut Schmidt als Mitherausgeber der ZEIT durch ein Schreiben die ehemalige ZEIT-Journalistin Susanne Gaschke in ihrem Wahlkampf um das Amt der Oberbürgermeisterin von Kiel.
Ehrungen
Am 20. Dezember 1998 wurde Helmut Schmidt von Ministerpräsidentin Heide Simonis zum Ehrenbürger Schleswig-Holsteins ernannt. Er war der erste, der diese neu geschaffene Ehrung erhielt.[15] "In ihrer Laudatio für den Altbundeskanzler, streitbaren Demokraten und pragmatischen Denker hob [...] Heide Simonis die Verbundenheit Helmut Schmidts zu Schleswig-Holstein hervor. Sie bezeichnete ihn als 'Freund Schleswig-Holsteins' und erwähnte die vielen positiven Impulse, die er für das Land gegeben habe."[16]
Am 17. Juni 2007 zeichnete das Institut für Weltwirtschaft in Kiel ihn als einen von drei Preisträgern mit dem Weltwirtschaftlichen Preis aus.[17]
Links
- Wikipedia
- Julia Paulat: Schmidts Ferienhäuschen ist verkauft, Kieler Nachrichten, 10.10.2017. (Kurzversion auf KN-online)
Einzelnachweise
- ↑ Langwedel - Lokis Biotop
- ↑ Paulat: Ferienhäuschen
- ↑ So der Bürgermeister von Langwedel im Schleswig-Holstein-Magazin des NDR vom 10.11.2015.
- ↑ Paulat: Ferienhäuschen
- ↑ Rainer Burchardt: Neuwahlen am Brahmsee. Weil der Krämer "versackte", DIE ZEIT, 17.9.1976
- ↑ Paulat: Ferienhäuschen
- ↑ "Ich warte auf Dich" – Loki, Helmut und das Haus am Brahmsee, shz.de, 22.10.2010
- ↑ Paulat: Ferienhäuschen
- ↑ Paulat: Ferienhäuschen
- ↑ Rechenschaftsbericht 1963-1965
- ↑ Rainer Burchardt: "Das ist nicht unser Bier". Bundeskanzler Helmut Schmidt sprach mit Husumer Krabbenfischern, DIE ZEIT, 4.4.1975
- ↑ Schleswig-Holstein-Magazin, NDR, 10.11.2015
- ↑ Schleswig-Holstein - Ehrenbürger, abgerufen 11.11.2015
- ↑ Werner Burkhardt, Beatrice Kolster u.a.: Sinfonien in Herrenhäusern und Scheunen. Das Schleswig-Holstein Musik Festival (Hamburg 1988), S. 129
- ↑ Schleswig-Holstein-Magazin des NDR, 10.11.2015
- ↑ Schleswig-Holstein - Ehrenbürger, abgerufen 11.11.2015
- ↑ Weltwirtschaftlicher Preis 2007