Klaus Matthiesen

Aus SPD Geschichtswerkstatt
Klaus Matthiesen
Klaus Matthiesen
Klaus Matthiesen
Geboren: 15. Februar 1941
Gestorben: 9. Dezember 1998

Klaus Matthiesen, * 15. Februar 1941 in Gangerschild/Kreis Schleswig-Flensburg; † 9. Dezember 1998 in Düsseldorf; Sozialarbeiter, Studienleiter. Zweimal verheiratet, ein Sohn, eine Tochter. Mitglied der SPD seit 1962[1].

Werdegang

Klaus Matthiesen war der Sohn eines Landarbeiters aus der Nähe von Flensburg; die Familie war kinderreich. Nach der Realschule machte er zunächst in Eckernförde eine Ausbildung als Postassistent, dann über den zweiten Bildungsweg das Abitur und absolvierte an der Fachhochschule für Sozialarbeit in Kiel ein Studium der Sozialpädagogik. Nach dem Staatsexamen war er als Jugendbildungsreferent (politische Bildung) bei der Evangelischen Akademie Schleswig-Holstein, ab 1968 als Studienleiter an der Akademie Sankelmark in der Erwachsenenbildung tätig.

Klaus Matthiesen war Mitglied der Gewerkschaft ÖTV und der AWO.

"Er stritt gegen Berufsverbote, sprach sich gegen die vom SPD-Bundeskanzler Helmut Schmidt forcierte Nato-Nachrüstung aus und kämpfte vehement gegen den Ausbau der Kernenergie."[2]

Landtag

In der Landtagswahl 1971 bewarb er sich im Wahlkreis 1 (Flensburg-West), wurde (wie auch jedes weitere Mal) direkt gewählt und war vom 24. Mai 1971 bis 5. Oktober 1983 Landtagsabgeordneter. Er war aktiv in den Ausschüssen für Jugendfragen und für die Wahrung der Rechte der Volksvertretung, im Sozial- und Finanzausschuss; er war Mitglied des Landeswahlausschusses (7. Wahlperiode), der Parlamentarischen Kontrollkommission (9. Wahlperiode) und der 6. Bundesversammlung, die 1974 Walter Scheer zum Bundespräsidenten wählte.

Klaus Matthiesen und Willy Brandt, 1975

Am 3. Mai 1973 wählte ihn die SPD-Fraktion als Nachfolger von Jochen Steffen zu ihrem Vorsitzenden, was er bis zum 12. April 1983 blieb.

Für die Landtagswahlen 1975 und 1979 war Klaus Matthiesen Spitzenkandidat. 1979 scheiterte die SPD nur knapp - er gab die Schuld daran den GRÜNEN, die erstmals zur Wahl antraten und die SPD Prozentpunkte kosteten, ohne die 5%-Hürde zu schaffen. Dies mag seine vehemente Gegnerschaft zu den GRÜNEN erklären, die er auch in Nordrhein-Westfalen weiterführte.[3]

Auch auf Jochen Steffen war er nicht gut zu sprechen, weil der im selben Jahr aus der SPD ausgetreten war und sich für die GRÜNEN ausgesprochen hatte.

Auf eine erneute Kandidatur verzichtete er. Spitzenkandidat der Landtagswahl 1983 wurde Björn Engholm, der ab 14. April 1983 Oppositionsführer war.

Parteiämter

Ab 1975 wurde Klaus Matthiesen in den Bundesvorstand der SPD gewählt - wie oft, ist noch nicht ermittelt. Ab 1971 war er bis zu seinem Weggang nach NRW als Beisitzer Mitglied im Landesvorstand.

Weggang nach Nordrhein-Westfalen

Am 5. Oktober[4] 1983 schied Klaus Matthiesen aus dem Kieler Landtag aus. Damit verlegte er seinen Lebensmittelpunkt dauerhaft von Schleswig-Holstein weg. Er ging nach Nordrhein-Westfalen, wo er unter Ministerpräsident Johannes Rau als Minister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, später als Minister für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft tätig war. Er sollte die GRÜNEN auf Abstand halten, was in Nordrhein-Westfalen auch gelang: Erst 1990 zogen sie in den Landtag ein.

"Seinen Kampf gegen die verhaßte Öko-Partei führte Matthiesen [...] mit Verve - und allen Tricks. So begleitete er den Landtagswahlkampf 1990 auf ganz besondere Weise: mit einer "Müllvermeidungskampagne", mit der "der Umweltminister in NRW" in Zeitungsanzeigen, Fernseh- und Rundfunkspots "Müllspartips" gab. Die Kampagne kostete rund 5 Millionen Mark und lief exakt bis zur Landtagswahl. Diese Aktion hätte dem [sic!] Kettenraucher beinahe seinen Kopf gekostet. Der NRW-Landesrechnungshof bescheinigte ihm, "daß mit der Kampagne die Grenzen rechtmäßiger Öffentlichkeitsarbeit hin zur unzulässigen Wahlwerbung überschritten wurden". Das Landesverfassungsgericht kam zu der Auffassung, daß die Finanzierung der Kampagne "rechtswidrig" erfolgt sei und gegen die Landesverfassung verstoßen habe. [...] Der norddeutsche Poltergeist überlebte den Skandal - die absolute SPD-Mehrheit im Landtag machte es möglich."[5]

Zuletzt war er Fraktionsvorsitzender im Landtag von Nordrhein-Westfalen - Johannes Rau hatte ihn knapp in der eher SPD-rechten Fraktion durchgesetzt.

Im Oktober 1998 kündigt Klaus Matthiesen seinen Wechsel in die Wirtschaft an. Er setzte sich dafür ein, dass Peer Steinbrück Nachfolger in seinem Landtagswahlkreis Unna II werden sollte. Denn: "Der braucht einen starken Wahlkreis und das ist auch gut für euch."[6] Peer Steinbrück übernahm tatsächlich den Wahlkreis und gewann ihn bei der Landtagswahl 2000 direkt mit 59,1 %.

Am 4. November trat Klaus Matthiesen sein Amt als Vorstandschef beim Kölner Entsorgungsunternehmen Interseroh AG an. Einen Monat später starb er vollkommen überraschend.

Stimmen

"... der als Parteilinker Gestartete und als rechter Flügelmann Geendete ..."[7]

Die taz schrieb zu seinem Tod:

"Klaus Matthiesen war ein verbaler Raufbold von hoher Qualität. Nicht umsonst zeugen die zahlreichen Nachrufe seiner politischen Freunde und Feinde vor allem von einem: dem bis heute andauernden Respekt vor der unbändigen Streitlust des Norddeutschen. So stellte SPD-Ministerpräsident Clement über seinen langjährigen politischen Weggefährten fest, er sei "ein Freund klarer und deutlicher Worte" gewesen, "der sich und anderen viel abverlangte". [...] "Er war oft kein bequemer Gesprächspartner, hatte vor notwendigen Konflikten keine Angst", erklärte Franz Müntefering. Auch die NRW-Landtagsfraktion der Grünen rang sich Worte der Trauer ab. Sie bescheinigte ihm, ein "Vollblutpolitiker" gewesen zu sein, "der sich für seine Überzeugung und für die Interessen seiner Fraktion uneingeschränkt eingesetzt hat". Wie tief die Abneigung der Landtagsgrünen gegen Matthiesen bis heute sein muß, dokumentiert noch ihr Nachruf: Konsequent wird sein Name falschgeschrieben."[8]

Auch der SPIEGEL beschrieb ihn als "streitlustig[...] und machtbewußt[...]".[9]

Ehrungen

Auf einen Orden verzichtete Matthiesen laut Landtagsinformationssystem.

Links

Quellen

  1. Laut Landtagsinformationssystem. Die Angabe "1966", die sich anderswo findet, kann daher wohl vernachlässigt werden.
  2. Pascal Beucker/Thomas Meiser: Ein streitlustiger Sozialdemokrat - Nachruf auf Klaus Matthiesen, taz ruhr, 17.12.1998
  3. Vgl. Pascal Beucker/Thomas Meiser: Ein streitlustiger Sozialdemokrat - Nachruf auf Klaus Matthiesen, taz ruhr, 17.12.1998
  4. Das allgemein akzeptierte Datum. Im Landtagsinformationssystem wird daneben der 28.9. genannt; es erscheint jedoch unwahrscheinlich, dass er schon Tage vor seinem Ausscheiden die Fraktion verlassen hätte.
  5. Pascal Beucker/Thomas Meiser: Ein streitlustiger Sozialdemokrat - Nachruf auf Klaus Matthiesen, taz ruhr, 17.12.1998
  6. Der Mann mit dem Störtebecker-Bart, derwesten.de, 8.12.2008
  7. Pascal Beucker/Thomas Meiser: Ein streitlustiger Sozialdemokrat - Nachruf auf Klaus Matthiesen, taz ruhr, 17.12.1998
  8. Pascal Beucker/Thomas Meiser: Ein streitlustiger Sozialdemokrat - Nachruf auf Klaus Matthiesen, taz ruhr, 17.12.1998
  9. Gestorben: Klaus Matthiesen, DER SPIEGEL, 14.12.1998