Organisationsaufbau der SPD

Aus SPD Geschichtswerkstatt

Der Organisationsaufbau der SPD ist im Organisationsstatut der Partei festgelegt. Danach ist die Partei in drei Ebenen gegliedert: Ortsvereine, Unterbezirke und Bezirke.

Das Parteiengesetz nennt ebenfalls Ebenen: Bundesebene, Länderebene und kommunale Ebene; dafür verwendet es die Bezeichnungen "Bundesverband", "Landesverband" und "den Landesverbänden nachgeordnete Gebietsverbände". "Kommunen" sind Kreise, kreisfreie Städte, Städte und Gemeinden.

Die tatsächlichen Bezeichnungen der Gliederungen weichen oft sowohl vom Parteiengesetz als auch vom Organisationsstatut ab. Das liegt an der langen und wechselvollen Geschichte der Sozialdemokratie in einem Deutschland, das seit 1863 seine innere Ordnung mehrfach verändert hat.

Landesverband Schleswig-Holstein

In der SPD Schleswig-Holstein heißen die Ebenen seit den 1970er Jahren Ortsverein, Kreisverband, Landesverband.

Ortsverein

Als die Ortsvereine noch Distrikte hießen

Ortsvereine sind die Basis der Organisation der SPD. (In Berlin werden sie "Abteilung", in Hamburg "Distrikt" genannt - woanders heißen sie auch "Stadtbezirk", "Ortsbezirk", "Ortsabteilung" oder ähnliches.)

Auch in Schleswig-Holstein lautete die Bezeichnung bis mind. 1959 in kreisfreien Städten "Distrikt", was sich wohl einerseits aus der gemeinsamen Geschichte mit Hamburg erklärt,[1] sowie andererseits einfach aus der Übernahme traditioneller Namen bei der Wiedergründung (nach der NS-Zeit), denn zuvor sollte es seit einem Parteitagsbeschluss 1904 in jedem Ort nur einen „Sozialdemokratischen Verein“ geben. Im Verständnis der Zeit bis 1933 waren die Distrikte auch keine Ortsvereine, erst ab 1945 bildete sich dies langsam heraus. Noch im Rechenschaftsbericht 1959/60 hieß es, dass es in den vier kreisfreien Städten jeweils einen Ortsverein gäbe, der sich in verschiedene Distrikte gliedere.

Heute lautet sie in der Regel "Ortsverein".

Untergliederungen von Ortsvereinen

Ortsvereine können unselbstständige Untergliederungen bilden, die dann "Distrikt" genannt werden. Dies knüpft an das Prinzip seit der Kaiserzeit an. (Was aber wiederum nicht mit den heutigen "Distrikten" der Landesorganisation Hamburg verwechselt werden darf. Dort heißen die Untergliederungen der Distrikte Wohnbezirke.[2])

Seit 2022 können Ortsvereine in Schleswig-Holstein Stützpunkte bilden, um auch in Gemeinden vertreten zu sein, in denen es keinen eigenen Ortsverein geben kann. Dieses Konzept hatte es bereits 50 Jahre früher einmal gegeben.[3]

Zu Zeiten der Weimarer Republik gab es auch "Ortsgruppen" als — vermutlich unselbstständige — Untergliederungen von (ländlichen?) Ortsvereinen, wohl analog zu den Distrikten im Sozialdemokratischen Verein Groß-Kiel. Diese Bezeichnung ist bisher für die Ortsgruppe Suchsdorf als Teil des Ortsvereins Kopperpahl und Umgegend und die Ortsgruppe Pansdorf[4], vermutlich als Teil des Ortsvereins Ratekau, belegt. In den Anträgen zum Bezirksparteitag 1921 hingegen scheint der Begriff mit „Ortsverein“ ziemlich durcheinander verwendet worden zu sein.[5] Auch 1913 ging es begrifflich „drunter und drüber“, im Bericht von der Versammlung des 7. Wahlkreisvereins scheinen die Ortsvereine als Ortsgruppen bezeichnet zu werden.[6]

Der Begriff Ortsgruppe ist auch bereits belegt im Jahr 1911 als „Ortsgruppe Travemünde des sozialdemokratischen Vereins“[7], obwohl in dieser Zeit in Lübeck üblicherweise von Distrikten die Rede ist.[8]

In den früheren Jahren konnten Bereiche, in denen noch kein Ortsverein gegründet wurde, einen Bezirk (nicht zu verwechseln mit der heutigen Begriffsverwendung!) bilden, der grundsätzlich auch einen Delegierten zu Wahlkreiskonferenzen und Provinzialparteitagen schicken konnte.[9] Vermutlich orientierte sich diese Bezeichnung an den Wahlbezirken. Auch später gliederten sich nach Darstellung des Historikers Rainer Paetau u.a. die Kieler Distrikte noch einmal in Bezirke. Dies erscheint auch vor dem Hintergrund plausibel, dass der (damals schleswig-holsteinische) Sozialdemokratische Verein für Wandsbek und Umgegend in seiner Mitgliederversammlung 1904 Wahlen für die Bezirksführer und -kassierer durchführte.[10] Auch ist eine Geldspende der „Genossen vom 216. Bezirk, 3. [Hamburger] Wahlkreis“[11] belegt. Ein besonders gutes Beispiel gibt der Ortsverein Ottensen ab, der 1905 etwas über 2000 Mitglieder hatte, welche auf 18 Bezirke verteilt waren, deren Bezirksführer von der Hauptversammlung aller Mitglieder gewählt wurden.[12] Auch heute noch lässt sich dieses Prinzip in der Mitgliederkartei ablesen, so ist zu jeder Kieler Adresse ein Ortsteil hinterlegt, der oft noch unterschiedliche Bezirksbezeichnungen enthält.

Unterbezirk

Schleswig-Holstein mit den Grenzen der Kreise

Unterbezirke sind die mittlere Ebene der Organisation. In Schleswig-Holstein ist in der Satzung festgelegt, dass die Kreisverbände die Unterbezirke im Sinne des Organisationsstatuts sind - das ist nur in vier anderen Ländern auch noch so.

In Schleswig-Holstein weist es darauf hin, dass die Grenzen der Kreisverbände mit den Grenzen der Verwaltungskreise bzw. der kreisfreien Städte übereinstimmen. Bis 1959 lautete die Bezeichnung "Kreisverein"; so waren die Kieler Distrikte im "Kreisverein Kiel" zusammengeschlossen - damals waren sie jedoch noch keine Unterbezirke im Sinne des Orgastatuts. Meist mehrere Kreisvereine bildeten zusammen eine Unterbezirk.

Der SPD-Bezirk Schleswig-Holstein bestand nach den Planungen des ersten Bezirksvorstandes, die vom ersten Bezirksparteitag im Oktober 1945 akzeptiert wurden, noch aus sechs Unterbezirken:

"Demnach umfaßte der 1. Unterbezirk die Kreise Südtondern, Husum, Eiderstedt, Norderdithmarschen. Leiter: Paul Dölz, Tönning. Der 2. Unterbezirk bestand aus den Kreisen Flensburg, Stadt und Land, Schleswig, Eckernförde. Als vorläufiger Leiter wurde Peter Furcht aus Harriesleefeld [sic] eingesetzt. Der 3. Unterbezirk umfaßte die Kreise Plön, Eutin, Oldenburg. Hier war Karl Langebeck aus Kiel der Leiter. Dem 4. Unterbezirk gehörten die Kreise Süderdithmarschen, Pinneberg, Steinburg an. Leiter war hier Erich Arp aus Elmshorn. Lübeck Stadt, Stormarn und Lauenburg gehörten zum 5. Unterbezirk. Hier gab es noch keine Leitung. Hans Schröder schließlich leitete den 6. Unterbezirk, der aus den Kreisen Kiel, Neumünster, Rendsburg und Segeberg bestand."[13]

Dies wurde später angepasst, als die politische Struktur des neuen Bundeslandes feststand. Mit der Kreisgebietsreform in den 1970er Jahren wurden Kreise und in der Folge auch SPD-Kreisverbände zusammengelegt: So bildete sich aus den Kreisverbänden Rendsburg und Eckernförde der Kreisverband Rendsburg-Eckernförde.

Bezirk

Die Bezirke - die obere Ebene - sind laut Organisationsstatut "Grundlage der Organisation". Ihr Zuständigkeitsgebiet ist in der Regel ein Bundesland. Dann nennt sich der betreffende Bezirk "Landesverband"

In Bremen und Hamburg gilt jedoch die Bezeichnung "Landesorganisation". Diese Bezeichnung stammt vom SPD-Parteitag 1905 in Jena. Das dort beschlossene Organisationsstatut sah u.a. die Gründung von Bezirken und Landesorganisationen vor.[14]

Ausnahmen sind Niedersachsen und Hessen. Der Landesverband Niedersachsen unterteilt sich in vier, der Landesverband Hessen in zwei Bezirke. Diese beiden Landesverbände sind somit keine Bezirke im Sinne des Organisationsstatuts, sondern haben nur landespolitische und weitere ihnen von den Bezirken übertragene Aufgaben zu erfüllen.

Der Landesverband Schleswig-Holstein hieß noch bis 1959 "Bezirksverband". Mit der Umbenennung in "Landesverband" wurde der Tatsache Rechnung getragen, dass seit der Wiedergründung die Grenzen des SPD-Bezirks und des Bundeslandes identisch sind. Vor 1933 war dies nicht der Fall, da große Teile des heutigen Ostholstein, nämlich der sog. „Landesteil Lübeck“ nicht zur Provinz Schleswig-Holstein, sondern zum Großherzogtum - ab 1919 Freistaat - Oldenburg (Oldb.), jedoch zum gemeinsamen SPD-Bezirk gehörten. Auch das Herzogtum Lauenburg war noch kein Teil der Provinz Schleswig-Holstein. Lübeck war ein eigener Gliedstaat des Reiches und bildete einen Parteibezirk mit Mecklenburg.

Bis 1905 bildeten Hamburg und Schleswig-Holstein einen gemeinsamen Agitationsbezirk; erst danach kann man von einem eigenen Bezirksverband Schleswig-Holstein sprechen.

Regionale Zusammenschlüsse

Daneben ist es möglich, dass sich Gliederungen regional zusammenschließen. In Nordrhein-Westfalen gibt es "Regionen", in Rheinland-Pfalz "Regionalverbände" und in Bayern "Bezirksverbände", die aber keine "Bezirke" im Sinne des Organisationsstatuts sind, sondern regionale Zusammenschlüsse auf der Ebene der bayerischen Regierungsbezirke. Ortsvereine können sich zusammentun zu einem "Gemeindeverband" oder "Stadtverband".

In Schleswig-Holstein gibt es keine in Distrikte untergliederten Ortsvereine, auch keine Stadtverbände mehr. Die Kreisverbände bestehen in der Regel aus einer Reihe von Ortsvereinen. Amts-Arbeitsgemeinschaften ("Amts-AGs") - regionale Zusammenschlüsse von Ortsvereinen auf der Ebene eines Amtes - sind möglich und werden genutzt; Beispiel Amts-AG Hüttener Berge.

Auch sind zumindest zwei ehemalige SPD-Gebietsverbände bekannt: Es gab in den 1970er Jahren bis etwa 1983 den Gebietsverband Bad Bramstedt und Umgebung. Im Februar 1981 gründeten auch die Ortsvereine Bornhöved, Schmalensee, Stocksee und Trappenkamp einen Gebietsverband der SPD.[15] Bis wann er aktiv war, ist bisher nicht ermittelt.

Zu weimarrepublikanischen Zeiten gab es innerhalb der Unterbezirke „Arbeitsgemeinschaften auf Kreisebene“[16] bzw. „Kreisarbeitsgemeinschaften“[17] der jeweiligen Ortsvereine, an deren Stelle wohl nach 1945 die Kreisvereine traten.

Links

Einzelnachweise

  1. Da ist sicher etwas dran, aber ein bisschen unzureichend ist dieser Ansatz schon, da ja auch in Lübeck, das keine gemeinsame Bezirksvorgeschichte mit Hamburg und SH hatte, die Bezeichnung „Distrikt“ war.
  2. Satzung Landesorganisation Hamburg, §6
  3. siehe verschiedene Beispiele in den Berichten der Kreise zum Landesparteitag 1973
  4. 1930 ist eine Einladung zu einer „Ortsgruppe Pansdorf des Sozialdemokratischen Vereins“ belegt, daher gehörte das Gebiet vermutlich auch damals zum Ortsverein Ratekau. Siehe Volksbote 2.12.30
  5. [https://resolver.sub.uni-hamburg.de/kitodo/PPN1754726119_19211105AB/page/5 Hamburger Echo 5.11.1921
  6. Hamburger Echo 8.7.1913
  7. Lübecker Volksbote 28.9.1911
  8. Einladung zu parallelen Versammlungen aller 12 Distrikte am 22.9.1911 im Volksboten vom 18.9.1911, S. 4
  9. Vgl. Einladung zum Provinzialparteitag 1902, Flensburg im Hamburger Echo, 31.7. 1902, den Vortrag von Eduard Adler auf dem Provinzialparteitag 1904, Neumünster (siehe Hamburger Echo, 6.9. 1904) oder die Bildung des Ortsverein Kopperpahl und Umgegend zunächst als Bezirk des Vereins von Kiel und Umgegend
  10. Hamburger Echo, 6.9. 1904, S. 3
  11. Hamburger Echo, 6.12.1903, S. 3
  12. Hamburger Echo, 3.2.1905, S. 3
  13. Schilf, Ulrich / Schulte, Rolf / Weber, Jürgen / Wilke, Uta: Der Wiederaufbau der SPD nach dem Krieg, in: Demokratische Geschichte 3(1988), S. 548
  14. Protokoll des Parteitags in Jena 1905
  15. Gemeinde Schmalensee: Jahreschronik 1981, 04.02.
  16. Jacobsen 1988: Der Stolz der Gesamtpartei? S. 220f u. 223
  17. Eingeladen wurde durch den Vorsitzenden H. D. Zimmer zur Kreiskonferenz der Kreisarbeitsgemeinschaft Herzogtum Lauenburg für den Bericht der Kreistagsfraktion und die Vorbereitung der Kreistagswahlen sowie auch zu einem TOP Beitragsregelung im Lübecker Volksbote 20. Dezember 1924, S. 6, es kann sich also nicht nur um eine unverbindliche Besprechungsebene gehandelt haben