Rosa Wallbaum: Unterschied zwischen den Versionen

Aus SPD Geschichtswerkstatt
Keine Bearbeitungszusammenfassung
Keine Bearbeitungszusammenfassung
Zeile 62: Zeile 62:


== Literatur ==
== Literatur ==
*Sabine Jebens-Ibs, Sabine / Maria Zachow-Ortmann: ''Schleswig-Holsteinische Politikerinnen der Nachkriegszeit. Lebensläufe'' (Kiel 1994)  
*Sabine Jebens-Ibs / Maria Zachow-Ortmann: ''Schleswig-Holsteinische Politikerinnen der Nachkriegszeit. Lebensläufe'' (Kiel 1994)  
*Susanne Kalweit (Hrsg.): ''Ich hab' mich niemals arm gefühlt. Die Kielerin Rosa Wallbaum berichtet aus ihrem Leben'' (Berlin/Hamburg 2010) ISBN 978-3-86850-644-0
*[[Susanne Kalweit]] (Hrsg.): ''Ich hab' mich niemals arm gefühlt. Die Kielerin Rosa Wallbaum berichtet aus ihrem Leben'' (Berlin/Hamburg 2010) ISBN 978-3-86850-644-0
*Rosa Wallbaum: ''Die Gemeinschaft war wichtig'', in: [[Rolf Fischer]] / Doris Hansen: ''EinBlick. Die Arbeiterwohlfahrt, Kreisverband Kiel 1945 bis 2005'' (Kiel 2005), S. 37-42  
*Rosa Wallbaum: ''Die Gemeinschaft war wichtig'', in: [[Rolf Fischer]] / [[Doris Hansen]]: ''EinBlick. Die Arbeiterwohlfahrt, Kreisverband Kiel 1945 bis 2005'' (Kiel 2005), S. 37-42  


== Quellen ==
== Quellen ==

Version vom 10. Juli 2016, 12:40 Uhr

Rosa Wallbaum
Rosa Wallbaum
Rosa Wallbaum
Geboren: 13. Mai 1915
Gestorben: 20. Oktober 2011

Rosa Wallbaum (geb. Obloch), * 13. Mai 1915 in Kiel, † 20. Oktober 2011 in Kiel[1]; Verkäuferin, Bildungsreferentin. Verwitwet, 2 Kinder. Eintritt in die SPD 1932.

Werdegang

Rosa Wallbaum stammte aus einem sozialdemokratischen Elternhaus; ihren Vornamen erhielt sie, weil ihren Vater 1907 eine Kundgebung mit Rosa Luxemburg in Kiel tief beeindruckt hatte. Der Vater verdiente als Maurerpolier etwas besser als die meisten Handwerksgesellen, auch war die Kinderschar mit Rosa und zwei Brüdern kleiner als in vielen Familien; trotzdem musste die Mutter sehr genau wirtschaften. Aus Geldmangel blieb der Tochter, anders als den Brüdern, z.B. der Besuch einer weiterführenden Schule versagt.

Als Kind war sie ab 1924 Mitglied der Kinderfreunde, ab 1927 der Roten Falken und nahm mit 12 Jahren an der Kinderrepublik Seekamp[2] teil. 1928 beeindruckte sie bei der Kinderrepublik Estetal der fünfzehnjährige Lübecker Herbert Frahm, später als Willy Brandt Bundeskanzler.

In die SPD trat Rosa Wallbaum mit 17 Jahren ein. Sie war stolz darauf, beim Kieler "Konsum" für eine Ausbildung zur Einzelhandelsverkäuferin angenommen zu werden. Nach der Zerschlagung des Konsum und der Organisationen der Arbeiterbewegung durch die Nationalsozialisten 1933 war sie zunächst arbeitslos und auch politisch heimatlos. 1938 heiratete sie den Marinesoldaten Otto Wallbaum, mit dem sie zwei Kinder hatte, Jürgen Wallbaum und seinen Bruder Volker. Ihr Mann fuhr als Unteroffizier auf dem U-Boot U-1020. Das Boot gilt seit Weihnachten 1944 als vermisst, vermutlich vor Norwegen.

Nach dem Ende der Nazizeit engagierte sie sich für Wiederaufbau und soziale Fürsorge, zunächst durch zahlreiche ehrenamtliche Tätigkeiten, z. B. Beteiligung an Schulspeisungen, Betreuung von Flüchtlingen in den Kieler Lagern, Beratungsarbeit für den Reichsbund für Kriegs- und Zivilgeschädigte (heute SoVD), Kinderstrandfahrten für die AWO.

Mit dem Wiedereintritt in die SPD 1946 wurde sie auch kommunalpolitisch aktiv, später dann auch hauptamtlich bei der Landespartei. Auch nach dem Ende ihres Arbeitslebens führte sie dieses Engagement noch bis Ende der 1990er Jahre weiter.

Die Partei und die Unterstützung ihrer Eltern ermöglichten ihr mehrere Weiterbildungsmaßnahmen, etwa in der Bildungseinrichtung Göhrde in Niedersachsen und - für sie besonders beeindruckend - 1951 einen fünfwöchigen Aufenthalt in Großbritannien in der Bildungsstätte Wilton Park und in Coventry.

Mehr als 40 Jahre lang, bis zu ihrem Tod, lebte sie in einer Wohnung im Zentrum von Kiel, im Stockwerk über ihrer Freundin Dolly Franke, etwa 30 Jahre lang auch mit einem neuen Lebensgefährten. Nach ihrem Tod erhielt sie, wie sie es - vermutlich im Gedanken an das Schicksal ihres Mannes - verfügt hatte, eine Seebestattung.

Rosa Wallbaums fast 100 Jahre währendes Leben umspannte fünf Phasen der deutschen Geschichte: das Kaiserreich, die Weimarer Republik, den Nationalsozialismus, das geteilte Nachkriegsdeutschland und das wiedervereinigte Deutschland ab 1989. Deswegen und wegen ihres klaren politischen Denkens war sie als Zeitzeugin gefragt, nicht zuletzt für Nazizeit und 2. Weltkrieg, etwa in zwei Filmen von Kay Gerdes, die teilweise auf YouTube zu sehen sind:

Politische Tätigkeit

Leitung der Frauengruppe Kiel-Hassee ab 1953, Mitglied des Kreisvorstandes ab 1954. Ratsherrin in Kiel für den Wahlkreis Hassee-Vieburg 1955-1974, Bewerbung um ein Landtagsmandat auf der Landesliste 1958 und 1962.

Als Nachfolgerin von Franz Osterroth ab 1963 als hauptamtliche Parteisekretärin für die Frauenarbeit des SPD-Landesverbandes zuständig, 1968 Abordnung als Seminarleiterin zur neu gegründeten Gustav-Heinemann-Bildungsstätte in Malente, 1974 Ende der hauptamtlichen Tätigkeit. Die Leitung von Seminaren, insbesondere für die Gruppe Juso 22, setzte sie noch bis 1995 fort.

Die Juso 22 leitete Rosa Wallbaum als Nachfolgerin von Albert Witte bis zur Auflösung ca. 2003. Vorsitzende des "Allgemeinen Bestattungsvereins", einer aus der Arbeiterbewegung hervorgegangenen Sterbeversicherung, war sie von 2000 bis 2010.

In den letzten 20 Jahren ihres Lebens verfolgte sie die Politik und das Verhalten ihrer Partei häufig mit Unverständnis. Dem SPIEGEL musste sie für den Niedergang der Partei einmal als Kronzeugin dienen.[3] Sie lehnte jedoch immer ab, die SPD zu verlassen; dazu sei sie in ihr zu verwurzelt.[4]

Ehrungen

Gedenktisch in Malente mit Karl-Rickers-Preis, 2 SPD-Mitgliedsbüchern, Bundesverdienstkreuz und Lebenserinnerungen

Rosa Wallbaum erhielt 1997 das Bundesverdienstkreuz am Bande, im September 2000 den ersten Karl-Rickers-Preis, den der Kreisverband Kiel verlieh. In der Gustav-Heinemann-Bildungsstätte wurde am 14. September 2009 die Bibliothek nach ihr benannt.

Literatur

  • Sabine Jebens-Ibs / Maria Zachow-Ortmann: Schleswig-Holsteinische Politikerinnen der Nachkriegszeit. Lebensläufe (Kiel 1994)
  • Susanne Kalweit (Hrsg.): Ich hab' mich niemals arm gefühlt. Die Kielerin Rosa Wallbaum berichtet aus ihrem Leben (Berlin/Hamburg 2010) ISBN 978-3-86850-644-0
  • Rosa Wallbaum: Die Gemeinschaft war wichtig, in: Rolf Fischer / Doris Hansen: EinBlick. Die Arbeiterwohlfahrt, Kreisverband Kiel 1945 bis 2005 (Kiel 2005), S. 37-42

Quellen

  1. Laut Totenschein starb sie in Eutin, da sie zwei Tage vor ihrem Tod aus dem Städtischen Krankenhaus Kiel ins dortige Krankenhaus verlegt worden war.
  2. Vgl. das Kapitel dazu in ihren Lebenserinnerungen, "Ich hab' mich niemals arm gefühlt".
  3. Jürgen Leinemann: Die ewigen Rebellen, DER SPIEGEL, 46/1995, wo sie nicht ganz korrekt als "Rosa Wallbauer" genannt ist.
  4. Rosa Wallbaum in vielen Gesprächen mit der Herausgeberin ihrer Lebenserinnerungen, Susanne Kalweit.