Dolly Franke
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Dolly Franke |
Dorothea 'Dolly' Elisabeth Franke (geb. Elwig), * 7. Juni 1913 in Kiel, † 27. Juli 1993 in Kiel; Sekretärin. Mitglied der SPD ab 1931.
Leben & Beruf
Dolly Franke wuchs in der Gerhardstraße in Kiel auf, zusammen mit einer Schwester und einem Bruder.[1] Ihr Vater war Schlachter, ihre Mutter Hausfrau. Die Familie hatte eine 2-Zimmer Wohnung, die Toilette war auf halber Treppe. Solange sie zu Hause wohnte, hatte sie kein eigenes Bett. Sie musste es sich mit ihrer Schwester teilen.
Nach der Grundschule besuchte sie die Mittelschule. Daran schloss sich die einjährige höhere Handelsschule an, die sie 1930 beendete. Trotz hervorragender Noten dauerte es in der Wirtschaftskrise etwa ein Jahr, bis sie eine Anstellung bei einer Versicherung in der Bergstraße fand. Sie arbeitete als Stenotypistin.
1936 heiratete sie Kurt Franke. Ihr Mann, 1909 geboren, stammte aus Halberstadt und war Berufssoldat bei der Marine. Wegen eines Ehestandsdarlehens musste sie ihre Tätigkeit bei der Versicherung aufgeben. 1937/1938 bekam sie dann eine Stelle beim Verband landwirtschaftlicher Genossenschaften. 1940 wurde ihr Sohn Holger Franke geboren.
Zeitweise lebte die Familie in Neustrelitz, Mecklenburg, wo Kurt Franke ein Landkommando hatte. Das Kriegsende erlebte sie aber in Kiel, in der Ahlmannstraße. Die 2-Zimmer-Wohnung musste sie sich zeitweilig mit einer anderen Frau, die ebenfalls ein Kind hatte, teilen. Ihr Mann war in englische Kriegsgefangenschaft geraten, in einem Lager in Malckwitz in der Nähe von Malente. Nach seiner Entlassung arbeitete er zunächst als Schlosser und Torfstecher. Später fuhr er wieder zur See, jetzt bei der Handelsmarine. Er kam auf tragische Art und Weise bereits 1956 ums Leben.
Bis 1953 schrieb Dolly Franke für den Verband landwirtschaftlicher Genossenschaften die Prüfungsberichte, zeitweise in Heimarbeit. Von 1953 bis 1967 war sie Geschäftsführerin der SPD-Ratsherrenfraktion.
Sie war Mitglied in der Arbeiterwohlfahrt (AWO), in der Deutschen Angestelltengewerkschaft (DAG), im Reichsbund der Kriegs- und Zivilbeschädigten, Sozialrentner und Hinterbliebenen e.V. (heute Sozialverband Deutschland SoVD), und im Deutschen Jugendherbergswerk (DJH). Außerdem gehörte sie lange dem Vorstand des Kieler Stadtklosters an.
Zuletzt wohnte sie etwa 25 Jahre in einer Neubauwohnung in der Wichmannstraße. Über ihr wohnte Rosa Wallbaum, mit der sie seit langem befreundet war.
Partei & Politik
Dolly Franke wuchs in einem sozialdemokratischen Haushalt auf. Die Eltern waren organisiert in der Gewerkschaft und der Partei. Die Familie lebte in einem sozialdemokratisch geprägten Umfeld: Gelesen wurde zu Hause die Schleswig-Holsteinische Volkszeitung und die Gewerkschaftszeitung, gewohnt in einer Genossenschaftswohnung. Die Kinder wurden Mitglied in einem Arbeiterturnverein. Für den Sterbefall war man versichert in einem Bestattungsverein, aus dem die damals gewerkschaftseigene Volksfürsorge-Versicherung hervorging. Das ging so, bis die Nazis 1933 alles verboten und zerstörten.
1925/1926 wurde sie Mitglied bei den Kinderfreunden, mit 16 schloss sie sich der Sozialistischen Arbeiterjugend (SAJ) an, mit 18 trat sie 1931 in die SPD ein. Während ihrer Arbeitslosigkeit von 1930 bis 1931 arbeitete sie ehrenamtlich im Parteibüro der SPD.
Zusammen mit ihrer Schwester - ihr Bruder war zu jung - nahm sie 1927 an der Kinderrepublik Seekamp teil. Sie war Hordenführerin und wurde ins Lagerparlament gewählt. Auch an mehreren nachfolgenden Kinderrepubliken nahm sie teil.
Bei einer Versammlung von Junghelfern der Kinderfreunde lernte sie 1928 Herbert Frahm kennen. 1929 leiteten sie gemeinsam ein Zeltlager in Brodten bei Lübeck und kamen sich dabei ein wenig näher. Nach dem Krieg schrieben sie sich noch zehn Jahre lang Briefe. Als Willy Brandt 1968 anlässlich einer Schiffstaufe Kiel besuchte, wurde er von einem Reporter gefragt, was ihn mit der Landeshauptstadt verbinde. Seine Antwort:
"Eigentlich nichts, bis auf den Umstand, dass ich hier meine erste Freundin kennengelernt habe".[2]
Einen Namen nannte er nicht.
NS-Herrschaft
Über die Nazis hatte sich Dolly Franke nie Illusionen gemacht. Sie hatte Mein Kampf gelesen und ahnte zumindest, was auf sie zukommen würde. Sie war nie in einer NS-Organisation. Es ging ihr und ihrer Familie darum, diese schreckliche Zeit - sie wusste z.B., dass es Konzentrationslager gab - zu überleben und nicht selbst Opfer des Systems zu werden.
Neuanfang
1945 wurde sie, wie eine ganze Reihe anderer Genossinnen und Genossen, die die Nazi-Zeit überstanden hatten - Andreas Gayk, Gustav Schatz, Hermann Köster, Albert Witte oder Rosa Wallbaum - schnell wieder politisch aktiv. Die "sozialdemokratische Parallelwelt", wie sie in der Weimarer Republik existiert hatte, entstand zwar nicht wieder. Die neu gegründete Bundesrepublik als demokratischer und sozialer Rechtsstaat bot aber viele Gestaltungsmöglichkeiten.
Sie engagierte sich in der SPD-Frauenarbeit und war bis zuletzt bei den Juso 22 aktiv.
Zudem war sie innerhalb und außerhalb der SPD durch ihre lebhafte Art eine gefragte Rednerin. So hielt sie 1984 die Rede beim Grünkohlessen des Ortsvereins Kiel-West. Häufig war sie auch an Seminaren der Gustav-Heinemann-Bildungsstätte in Malente beteiligt.
Kommunalpolitik
Dolly Franke engagierte sich viele Jahre in der Kieler Kommunalpolitik:



Von 1951 bis 1974 gehörte sie (damals als "Ratsherrin") der Kieler Ratsversammlung an, 1959 und 1962 für Suchsdorf über die Liste.
Von 1959 bis 1966 war sie auch Mitglied im Ortsbeirat Suchsdorf.
Zur Kommunalwahl 1966 unterlag sie in der Nominierung für das Suchsdorfer Direktmandat gegen Karl-Heinz Luckhardt. Statt dessen kandidierte sie erfolgreich im Wahlkreis 2 Altstadt.
In der Ratsversammlung war sie Mitglied u.a. im Jugendwohlfahrts-, im Personal- und im Fremdenverkehrsausschuss.
Mit Elisabeth Vormeyer (CDU) war sie an der Einrichtung der Kieler Eheberatungsstelle beteiligt.
Im Vorfeld der Segelolympiade 1972 in Kiel arbeitete sie in der Olympiaorganisation mit.[3]
Literatur
Einzelnachweise
- ↑ Soweit nichts anders angegeben, beruht dieser Eintrag auf Angaben in einem Interview mit Dolly Franke, durchgeführt am 14.8.1984 von einer Politologie-Studentin, Stipendiatin der Hans-Böckler-Stiftung, das sich im Besitz von Holger Franke befindet.
- ↑ Kieler Nachrichten, 10.10.1992
- ↑ Vgl. Kandidatenbrief zur Kommunalwahl 1970