Georg Leu
Georg Leu |
Georg Wilhelm Johannes Leu, * 14. September 1881 in Lübeck[1], † 1945 Danzig; Kaufmann, Parteisekretär, Landtagsabgeordneter; Mitglied der SPD.
Lübeck und Schwartau
Georg Leu wird 1881 als Sohn von Ludwig und Margarete Leu in Lübeck geboren. Er geht zur Volksschule und macht eine Ausbildung, vermutlich zum Schlosser oder Klempner.[2]
Am 11. April 1906 heiratete Georg Leu Käthe Weihmann. Beide waren 24 Jahre alt. Käthe Leu brachte den unehelichen Sohn Arthur Eduard Friedrich in die Ehe ein, der 6. Dezember 1899 in Travemünde geboren wurde.
Im Oktober 1907 zieht die Familie inzwischen mit zwei Kindern nach Schwartau in die Straße Kaltenhof 43.[3] Ab 1908 arbeitete Georg Leu als Lagerhalter im Konsumverein in Schwartau.
1911 zieht die Familie Leu weg aus Schwartau. Der Lübecker Volksbote kündigt eine Frauenversammlung im Gasthaus "Transvaal" an, in der die Genossin Käthe Leu feierlich verabschiedet werden sollte. Über den Grund ihres Weggangs sowie über ihre weiteren Pläne ist bislang nichts bekannt.[4]
Kolmar
Käthe Leu setzt ihre Agitationsarbeit von Kolmar in Posen aus fort. Was Georg Leu in dieser Zeit macht, ist bislang nicht bekannt.
Danzig
Im Sommer 1913 wird Georg Leu zum Parteisekretär des Zentralverbandes der Angestellten (ZdA) in Danzig-Stadt und -Land gewählt.[5] Ein Jahr später berichtet der Vorwärts:
"Der neue Kurs - Gegen Danziger Genossen sind zurzeit zwölf Strafverfahren im Gange. Als größter Sünder marschiert der Parteisekretär Georg Leu mit sieben Fällen an der Spitze. Seine Frau Käte Leu, soll in einem Falle, der Kassenführer Adolf Bartel in zwei Fällen den Staat ins Wanken gebracht haben. Der Gewerkschaftsbeamte Brill und der Redakteur Schröder schließen mit je einer Anklage den Reigen."[6]
Das Adressbuch von 1914 hat einen Eintrag für "Leu, Georg, Parteisekretär, Am Jakobswall 23".[7] Ein Jahr später steht dort der Beruf "Privatbeamter".[8]
Ab 1919 vermerkt BIOSOP als Beruf "Kaufmann".[2] Allerdings erschien 1920 im Vorwärts noch eine Stellenanzeige, bei der sich die Bewerber an den Gewerkschaftssekretär Georg Leu wenden mögen.[9]
Danzig wird 1920 aufgrund der Bestimmungen des Versailler Vertrags zur Freien Stadt Danzig. Die Stadt ist kein Teil mehr des Deutschen Reichs und untersteht dem Völkerbund. Die SPD spaltet sich ab und wird zur "Sozialdemokratische Partei der Freien Stadt Danzig". Es bestanden jedoch weiterhin enge Verbindungen zur Mutterpartei, insbesondere im Hinblick auf die inhaltliche Ausrichtung der Partei.[10]
Von 1920 bis 1930 ist Georg Leu Mitglied des Danziger Volkstages - des Landtages.[2]
Ab 1923 gibt BIOSOP als Beruf "Senatsangestellter in Danzig" an.[2]
Ab 1931 arbeitet Georg Leu wieder für des Zentralverband der Angestellten - diesmal als Bezirksleiter.[2]
Durch die Unabhängigkeit Danzig gab es 1933 nicht wie im Deutschen Reich eine Machtübergabe an die Nazis. Zwar war die Stadt auch vorher schon eine konservative, dann nationalsozialistische Hochburg. Aber erst im Mai 1933 erreicht die "NSDAP der Freien Stadt Danzig" die absolute Mehrheit. Sie konnte damit aber nicht die Verfassung ändern und die Stadt stand immer noch unter dem Schutz des Völkerbundes. Erst am 14. Oktober 1936 wurde die Sozialdemokratische Partei verboten. Bis dahin fand 1935 sogar noch eine Volkstagswahl statt, bei der die SPD ihr Wahlergebnis halten und anschließend über eine Wahlbeschwerde und ein Gerichtsurteil ein Mandat hinzugewinnen konnte.[11]
Wenn auch nicht so konsequent wie im Deutschen Reich, griffen auch in Danzig die Nazis brutal durch. Wie vielerorts im Deutschen Reich hatten SA und SS auch in Danzig am 2. Mai 1933 die Gewerkschaftshäuser gestürmt und rund 50 Funktionäre verhaftet. Das berichtet die deutsch-nationale "Danziger Allgemeine Zeitung" auf der Titelseite unter der Überschrift "Das Ende der roten Gewerkschaften"[12].
Am 6. Mai 1933 hat der nationalsozialistische Stadtverordnete Fritz Klatt die Danziger Geschäftsstelle des Zentralverbandes der Angestellten in Begleitung zweier Beamter der Schutzpolizei "aufgesucht". Unter Berufung auf ein Telegramm der reichsdeutschen, seit kurzem von der Nationalsozialistische Betriebszellenorganisation (NSBO) übernommenen Berliner Leitung des Zentralverbandes der Angestellten habe er dann den "bisherigen Geschäftsführer Leu seines Amtes enthoben und von den Kontorräumen Besitz ergriffen." Einen Tag später, also am 7. Mai 1933, sei die "Ehefrau des bisherigen Geschäftsführers, die bekannte sozialdemokratische Führerin Käthe Leu, nach längerer Krankheit" "einem Herzschlag erlegen". Die "Danziger Volksstimme", so schließt der Bericht, bringe den "plötzlichen Tod Käthe Leus in Zusammenhang mit dem oben erwähnten Vorfall."[13]
Im gleichen Jahr sind auch Georg Leus Eltern gestorben.[14] Er muss dann aber aus der Haft entlassen worden sein. Was Georg Leu in der Nazi-Zeit gemacht hat, ist bisher nicht ermittelt.
Am 22. August 1944, vermutlich im Rahmen der Aktion Gewitter, verhafteten ihn die Nazis in Danzig und brachten ihn ins KZ Stutthof (Häftlingsnummer 69647). Er war 62 Jahre alt und die KZ-Unterlagen vermerken, dass Georg Leu schwerhörig war. Am 1. September 1944 wird er wieder entlassen, nachdem er unterschreiben musste, sich nicht mehr in Rede und Schrift gegen den Nationalsozialistischen Staat zu wenden.[14] Seine Adresse war damals in Danzig die Portechaisengasse 7. Das ist heute die Lektykarska und die befindet sich mitten in der Innenstadt.
1945 verstarb Georg Leu mit 63 oder 64 Jahren. Wann genau und unter welchen Umständen ist bisher nicht geklärt.
Links
- Schröder, Wilhelm H. : Sozialdemokratischen Parlamentarier in den deutschen Reichs– und Landtagen 1867–1933 (BIOSOP) Dort muss man selbst nach Georg Leu suchen.
Einzelnachweise
- ↑ Archiv der Hansestadt Lübeck: Standesamt I G 1881 1217
- ↑ 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 Schröder, Wilhelm H. : Sozialdemokratischen Parlamentarier in den deutschen Reichs– und Landtagen 1867–1933 (BIOSOP) Dort muss man selbst nach Georg Leu suchen.
- ↑ Auskunft des Stadtarchivars von Bad Schwartau, Sven Reiß, Mail an Volker Lanatowitz vom 3. Januar 2022
- ↑ Lübecker Volksbote, Donnerstag, den 28. September 1911, S.4
- ↑ Vorwärts, Ausgabe vom 4. Juni 1913
- ↑ Vorwärts, Ausgabe vom 21. Juni 1914
- ↑ Neues Adreßbuch für Danzig und seine Vororte 1914. A. W. Kafemann (1914), Seite 294
- ↑ Neues Adreßbuch für Danzig und seine Vororte 1915. A. W. Kafemann (1915), Seite 314
- ↑ Vorwärts, Ausgabe vom 10. Feburar 1920
- ↑ Werner Kowalski et al.: Geschichte der Sozialistischen Arbeiter-Internationale (1923–1940). Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin 1985, S. 291–292.
- ↑ Matull; Wilhelm: Ostdeutschlands Arbeiterbewegung: Abriß ihrer Geschichte, Leistung und Opfer (= Ostdeutsche Beiträge aus dem Göttinger Arbeitskreis. Nr. 53). Holzner Verlag, Würzburg 1973, S. 440 ff. (fes.de Friedrich-Ebert-Stiftung [PDF; 5,6 MB; abgerufen am 26. Januar 2022]
- ↑ Danziger Allgemeine Zeitung, Ausgabe vom 3. Mai 1933
- ↑ Bericht „Der Z.d.A. gleichgeschaltet,“ in: Danziger Allgemeine Zeitung, Ausgabe vom 9. Mai 1933, S.4
- ↑ 14,0 14,1 Individuelle Häftlings Unterlagen - KL Stutthof (Signatur 01014102 oS)