Anne Brodersen
Anne Brodersen |
Anna 'Anne' Brodersen (geb. Schröder), * 16. Februar 1903 in Kiel; † 18. Juli 1971 in Kiel; kfm. Angestellte. Seit 1920 in der sozialistischen Arbeiterjugend, seit 1921 Mitglied der SPD.
Werdegang
Anne Brodersen machte eine Lehre als Kontoristin.
ZeitgenossInnen beschrieben sie als angriffslustig und humorvoll. Überliefert ist die Ansicht eines Parteifreundes, der sinngemäß sagte: "Anne Brodersen kannst du nicht als Frau nehmen. Die hat einen männlichen Verstand."[1] Das sagte vielleicht mehr über ihn als über sie.
Sie war verheiratet mit Niels Brodersen, die beiden hatten zwei Söhne, Jürgen und Hagen.
NS-Herrschaft
Nach einer zehnwöchigen Haftzeit (10. Mai bis 23. Juli 1933) wegen ihrer Zugehörigkeit zur SPD zogen Anne und Niels Brodersen im Sommer 1933 ins anonymere Berlin. Dort trafen sie auf eine Reihe weiterer gefährdeter Kieler SPD-Mitglieder wie Andreas Gayk und Karl Rickers. Mit diesen beiden gab sie die Untergrundzeitung Der Weckruf heraus.
Ihre beiden Söhne wurden zur Wehrmacht eingezogen. Jürgen gilt seit 1944 als vermisst, Hagen wurde schwer verwundet und behielt eine dauerhafte Behinderung zurück.
Ab 1943 war Anne Brodersen zur Arbeit im Wirtschaftsamt Berlin-Wilmersdorf kriegsdienstverpflichtet. Nach dem Ende der NS-Herrschaft betätigte sie sich sofort wieder politisch und leitete bis 1948 die SPD-Frauengruppe in Berlin-Köpenick. Im selben Jahr kehrte das Ehepaar Brodersen nach Kiel zurück.
Rückkehr nach Kiel
Ab 1948 gehörte sie dem Bezirksvorstand an und prägte als deren Leiterin maßgeblich die Frauenarbeit des Landesverbandes.
Sie wurde bald in den Landesvorstand der Arbeiterwohlfahrt gewählt und war Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (im Beirat der Sektion Schleswig-Holstein). 1950 gehörte sie zu den Gründerinnen des Landesfrauenrates Schleswig-Holstein, dessen 2. Vorsitzende sie bis 1970 blieb.
Partei & Politik
Anne Brodersen engagierte sich bereits ab 1920 in der Kieler SPD. Während der Weimarer Republik übernahm sie verschiedene Parteifunktionen, u. a. als Distriktsvorsitzende der Frauengruppe Ellerbek. Die gleichberechtigte Beteiligung von Frauen am gesellschaftlichen und politischen Leben war eins ihrer Hauptanliegen.
Nach ihrer Rückkehr aus Berlin ging sie in die Kommunalpolitik, war von 1951 bis 1963 Mitglied der Kieler Ratsversammlung und ab 1956 ehrenamtliche Dezernentin für das Büchereiwesen. Ganz besonders setzte sie sich für Einrichtung und Ausbau der Jugendbibliotheken ein.
Landtag
Ab 1954 gehörte sie dem Landtag für den Wahlkreis 27 (später 28, Kiel-Süd) an. Auch hier lag ihr Schwerpunkt auf den Ausschüssen für Volksbildung, Volkswohlfahrt (dessen Vorsitzende sie war) und Jugendfragen. Darüber hinaus war sie in den Ausschüssen für Heimatvertriebene, für Arbeit und Aufbau sowie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten aktiv. Ihre erfolgreichsten Initiativen als Vorsitzende des Ausschusses für Volkswohlfahrt galten dem Ausbau des Alten- und Pflegeheimnetzes im Lande, der zeitgemäßen Ausstattung der Heime sowie der Neuordnung des Hebammenwesens.
1954 benannte der Landtag sie als Mitglied der 2. Bundesversammlung.
Bei der Nominierung zur Landtagswahl 1967 durch die Kreiswahlkonferenz bewarb sie sich als einzige Frau, für den Wahlkreis, den sie seit 1954 vertrat. Sie war auch die einzige, bei der eine Gegenkandidatur vorgeschlagen wurde; allerdings lehnte der Vorgeschlagene, Herbert Schütt, es ab, gegen sie anzutreten. Trotzdem erhielt sie die weitaus höchste Zahl an Gegenstimmen (13) und Enthaltungen (7).[2] Wie dies bei den früheren Nominierungen aussah, ist bisher nicht ermittelt.
Im November 1968 trat sie aus gesundheitlichen Gründen von ihrem Landtagsmandat zurück.
Ehrungen
1958 erhielt sie die Freiherr-vom-Stein-Medaille des Landes Schleswig-Holstein, am 22. Januar 1968 wurde ihr das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse verliehen.
Literatur & Links
- Kalweit, Susanne (Hrsg.): Ich hab' mich niemals arm gefühlt. Die Kielerin Rosa Wallbaum berichtet aus ihrem Leben (Berlin/Hamburg 2010)
- Schultheiß, Nicole: Geht nicht gibt's nicht - 24 Portraits herausragender Frauen aus der Kieler Stadtgeschichte (Kiel 2007)
- Schultheiß, Nicole: Anne Brodersen (ergänzte Version)
- Landtagsinformationssystem: Anne Brodersen
- Wikipedia: Anna Brodersen