Richard Reuter

Aus SPD Geschichtswerkstatt
Richard Reuter
Richard Reuter
Richard Reuter









Richard Reuter, Lebensdaten bisher nicht ermittelt; Krankenkassen-Kassierer, Bürgermeister. Mitglied der SPD.

Leben & Beruf

Nach der NS-Herrschaft wurde Richard Reuter von der KPD mit einer Anzeige vom 19. September 1933 gegen den Gewerbelehrer Niemeyer, der später im KZ umkam, in Verbindung gebracht. Diesen Vorwurf konnte die KPD allerdings nicht beweisen. Richard Reuter entging nach Aussage des ehemaligen Lauenburger Bürgermeisters Maacke (1941-1945) einer Verhaftung im Rahmen der Aktion Gewitter nur, weil er 1941 seinen einzigen Sohn im Krieg verloren hatte.[1]

Partei & Politik

In der Zeit vor der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten war Richard Reuter Vorsitzender der Lauenburger Ortsgruppe des Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold, 1930 mit 240 Mitgliedern die stärkste Ortsgruppe im Kreis Herzogtum Lauenburg. Sie wurde v.a. als Saalschutz für Parteiveranstaltungen eingesetzt.[2]

Am 18. Juli 1945 wurde er stellvertretender Bürgermeister Lauenburgs, am 7. November 1945 in das Beamtenverhältnis als Stadtoberinspektor übernommen und im Dezember 1945 schließlich zum Bürgermeister ernannt. Am 1. März 1946 wurde er als Stadtdirektor hauptamtlicher Verwaltungschef, und nach der Rückkehr zur Magistratsverfassung wählte ihn die Stadtvertretung am 28. April 1950 zum hauptamtlichen Bürgermeister. Dies blieb er nach mehreren Wiederwahlen bis zum 28. Februar 1957.[3] Insbesondere bei seiner ersten Wahl gab es ein Kuriosum: Obwohl die SPD nur 8 Sitze im Stadtrat hatte, wurde er mit 12 Stimmen zum Bürgermeister gewählt. Die anderen Stimmen kamen von Teilen der CDU, die ihn trotz eines eigenen Kandidaten gewählt hatten. Zur Begründung hieß es vom CDU-Fraktionsvorsitzenden, dass man sich nicht hätte einig werden können und gegen die Arbeit von Richard Reuter nichts einzuwenden sei.[4]

In seine Amtszeit fiel also vor allem die Phase des Wiederaufbaus nach NS-Herrschaft und 2. Weltkrieg. Durch Flüchtlinge war die Einwohnerzahl von knapp 6.000 (1939) auf über 15.000 angewachsen. Die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln bildete insbesondere am Anfang einen Schwerpunkt, ebenso die Wiederherstellung der Infrastruktur von Strom, Gas und Telefon. In einem Protokoll der Stadtvertretung vom 26. April 1946 heißt es:

"Daraufhin ergreift Herr Stadtdirektor Reuter das Wort und gibt einen Bericht über die Ernährungslage und Verwaltungsarbeit der Stadt. Es war unendlich schwer, in den ersten Tagen die vielen Probleme zu bewältigen. Nicht nur, daß keine Beamten und Angestellten zur Verfügung waren, es waren auch keine Akten und Unterlagen mehr vorhanden. Die Beamten gehörten zum größten Teil der NSDAP an und mußten sofort entlassen werden. [...] Eine außerordentlich schwere Aufgabe war es, die vielen Menschen zu ernähren. Lauenburg war mit Flüchtlingen überfüllt. Gemeinschaftsküchen wurden eingerichtet. Für diese Küchen mußten Lebensmittel beschafft werden. Die Höchstzahl der Personen, die aus der Küche verpflegt wurden, war 7.499 Personen. Die Arbeit in diesen Gemeinschaftsküchen wurde zum großen Teil von Flüchtlingen geleistet. Man hat Enttäuschungen erlebt und es mußte hart durchgegriffen werden. Es ist aber geschafft worden, daß niemand hat Hunger leiden müssen. Täglich wurden Tausende von Durchreisenden aus der Gemeinschaftsküche verpflegt. Im Laufe der Zeit konnten die 4 Gemeinschaftsküchen zusammengelegt werden und heute werden ungefähr noch Eintausend Personen aus der Küche verpflegt.
Ein weiteres Problem war und ist die Wohnraumbeschaffung. Es mußten immer mehr Flüchtlinge untergebracht werden. Es wird bekanntgegeben, daß der Kreis Herzogtum Lauenburg noch weitere 20.000 Flüchtlinge aufnehmen soll. Herr Stadtdirektor Reuter bittet, daß die Unterbringungskommission, die sich aus 3 Stadträten in jedem Bezirk zusammensetzt, aktiver arbeitet."[5]

Bewältigte Aufgaben

Während der Amtszeit von Richard Reuter wurde u.a. umgesetzt:[6]

  • 1948 Neubau des EDEKA-Gebäudes
  • 1950 Kriegsgeschädigten-Siedlung am Spitzort, neues Verwaltungsgebäude für die Stadtwerke
  • 1951 Ausbau der Hafenstraße bis zur Berliner Straße als Bundesstraße
  • 1952 Einweihung des Mahnmals "Kreuz des Deutschen Ostens" auf dem Hasenberg
  • 1953 Eröffnung der Volksbank, Einweihung Ehrenfriedhof am Glüsinger Weg, Übergabe neues Gerätehaus an die Feuerwehr an der Reeperbahn 4a
  • 1954 Schwesternheim für das städtische Krankenhaus, Eröffnung einer Zweigstelle der Bundespost in der Oberstadt an der Berliner Straße
  • 1956 Eröffnung des Freibads am Kuhgrund, basierend auf einer Idee von Max Weise
  • 1957 Bau der ersten Rentnerwohnungen auf dem Gelände des Krankenhauses

Literatur

  • Mührenberg, Anke: Bürgervertretung in Lauenburg/Elbe von 1599 bis 2016 (Lauenburg 2017)
  • SPD-Ortsverein Lauenburg (Hrsg.): 125 Jahre SPD Ortsverein Lauenburg. 1890 - 2015 (Lauenburg 2015)

Einzelnachweise

  1. Bohlmann, Heinz: Die Sozialdemokratie in der politischen Entwicklung der Stadt Lauenburg/Elbe 1918 - 1950. In: SPD-Ortsverein Lauenburg (Hrsg.): 125 Jahre SPD Ortsverein Lauenburg. 1890 - 2015 (Lauenburg 2015), S. 33
  2. Bohlmann, Heinz: Die Sozialdemokratie in der politischen Entwicklung der Stadt Lauenburg/Elbe 1918 - 1950. In: SPD-Ortsverein Lauenburg (Hrsg.): 125 Jahre SPD Ortsverein Lauenburg. 1890 - 2015 (Lauenburg 2015), S. 21
  3. Mührenberg, Anke: Bürgervertretung in Lauenburg/Elbe von 1599 bis 2016 (Lauenburg 2017), S. 74
  4. Schwintowsky, Egon: Neuanfang und Wiederaufbau. In: SPD-Ortsverein Lauenburg (Hrsg.): 125 Jahre SPD Ortsverein Lauenburg. 1890 - 2015 (Lauenburg 2015), S. 39
  5. Auszug aus den Ausführungen der Stadtvertretung, Stadtarchiv Lauenburg/Elbe II 99 und II 567. Zitiert nach: Mührenberg, Anke: Bürgervertretung in Lauenburg/Elbe von 1599 bis 2016 (Lauenburg 2017), S. 53-55
  6. Schwintowsky, Egon: Neuanfang und Wiederaufbau. In: SPD-Ortsverein Lauenburg (Hrsg.): 125 Jahre SPD Ortsverein Lauenburg. 1890 - 2015 (Lauenburg 2015), S. 40