Ortsverein Ahrensbök: Unterschied zwischen den Versionen
Geschichte des KZ Ahrensbök angerissen. |
|||
Zeile 21: | Zeile 21: | ||
Die Errichtung des FAD-Lagers führte zu erheblichen politischen Spannungen in Ahrensbök. Die Gemeinde stand unter nationalsozialistischer Führung, und viele Einwohner waren Anhänger der NSDAP. Die Präsenz eines von der SPD unterstützten Arbeitslagers führte zu Konflikten zwischen den Arbeitern und den nationalsozialistischen Anhängern.<ref name=":2" /> | Die Errichtung des FAD-Lagers führte zu erheblichen politischen Spannungen in Ahrensbök. Die Gemeinde stand unter nationalsozialistischer Führung, und viele Einwohner waren Anhänger der NSDAP. Die Präsenz eines von der SPD unterstützten Arbeitslagers führte zu Konflikten zwischen den Arbeitern und den nationalsozialistischen Anhängern.<ref name=":2" /> | ||
Die Arbeiter des FAD-Lagers riefen dazu auf, bei der anstehenden Reichstagswahl die SPD zu wählen, um einen Wahlsieg der NSDAP zu verhindern. Diese politische Aktivität führte zur Schließung des Lagers am [[16. März]] [[1933]] durch die nationalsozialistische Regierung. | Die Arbeiter des FAD-Lagers riefen dazu auf, bei der anstehenden [[Reichstagswahl 1933|Reichstagswahl]] die SPD zu wählen, um einen Wahlsieg der NSDAP zu verhindern. Diese politische Aktivität führte zur Schließung des Lagers am [[16. März]] [[1933]] durch die nationalsozialistische Regierung. | ||
Nach der Schließung des FAD-Lagers wurde das Gelände ab Oktober [[1933]] als wildes Konzentrationslager genutzt, dessen 50 bis 70 Häftlinge den Wegebau von Holstendorf nach Havekost bis Dezember weiterführten.<ref name=":2" /> Das Konzentrationslager wurde praktisch als "privates" Lager des mittlerweile zum Regierungspräsidenten beförderten Eutiner SA-Führer Johann Heinrich Böhmcker betrieben. Er nutzte als Regierungspräsident seine relative Unabhängigkeit von der Landesregierung in Oldenburg, um in dem Konzentrationslager arbeitslose SA-Männer als Wachmannschaften zu beschäftigen. Er ließ wohlhabende Bürger verhaften, die sich nach Misshandlungen bei ihm persönlich freikaufen konnten.<ref name=":2" /> Die ärmeren Insassen des Lagers mussten nach ihrer Freilassung die Kosten ihrer Haftzeit abarbeiten.<ref name=":0" /> | Nach der Schließung des FAD-Lagers wurde das Gelände ab Oktober [[1933]] als wildes Konzentrationslager genutzt, dessen 50 bis 70 Häftlinge den Wegebau von Holstendorf nach Havekost bis Dezember weiterführten.<ref name=":2" /> Das Konzentrationslager wurde praktisch als "privates" Lager des mittlerweile zum Regierungspräsidenten beförderten Eutiner SA-Führer Johann Heinrich Böhmcker betrieben. Er nutzte als Regierungspräsident seine relative Unabhängigkeit von der Landesregierung in Oldenburg, um in dem Konzentrationslager arbeitslose SA-Männer als Wachmannschaften zu beschäftigen. Er ließ wohlhabende Bürger verhaften, die sich nach Misshandlungen bei ihm persönlich freikaufen konnten.<ref name=":2" /> Die ärmeren Insassen des Lagers mussten nach ihrer Freilassung die Kosten ihrer Haftzeit abarbeiten.<ref name=":0" /> | ||
Zeile 31: | Zeile 31: | ||
Im Dezember zogen die Häftlinge des Konzentrationslagers in den Ahrensböker Ortskern. Das örtliche [[Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold|Jungbanner]] hatte sich in dem Gebäude in der Plöner Straße Nr. 21 seit [[1932]] getroffen, in dem die Nazis im Dezember [[1933]] das "Schutzhaftlager Ahrensbök" einrichteten.<ref>Bürgerstiftung Schleswig-Holsteinische Gedenkstätten (Hrsg.): ''Gedenkstätten und Erinnerungsorte zur Geschichte des Nationalsozialismus in Schleswig-Holstein. Wegweiser und Bildungsangebote'', Redaktion: Harald Schmid, Husum Druck und Verlagsgesellschaft, Rendsburg 2021, Online-Fassung: https://gedenkstaetten-sh.de/file/gedenkstaetten-wegweiser-schleswig-holstein_online-fassung.pdf</ref> Dort wurden [[1933]] bis Mai [[1934]] willkürlich Verhaftete untergebracht und misshandelt.<ref name=":2" /> | Im Dezember zogen die Häftlinge des Konzentrationslagers in den Ahrensböker Ortskern. Das örtliche [[Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold|Jungbanner]] hatte sich in dem Gebäude in der Plöner Straße Nr. 21 seit [[1932]] getroffen, in dem die Nazis im Dezember [[1933]] das "Schutzhaftlager Ahrensbök" einrichteten.<ref>Bürgerstiftung Schleswig-Holsteinische Gedenkstätten (Hrsg.): ''Gedenkstätten und Erinnerungsorte zur Geschichte des Nationalsozialismus in Schleswig-Holstein. Wegweiser und Bildungsangebote'', Redaktion: Harald Schmid, Husum Druck und Verlagsgesellschaft, Rendsburg 2021, Online-Fassung: https://gedenkstaetten-sh.de/file/gedenkstaetten-wegweiser-schleswig-holstein_online-fassung.pdf</ref> Dort wurden [[1933]] bis Mai [[1934]] willkürlich Verhaftete untergebracht und misshandelt.<ref name=":2" /> | ||
== Literatur == | ==Literatur== | ||
* Stokes, Lawrence D.: [https://www.ifz-muenchen.de/heftarchiv/1979_4_3_stokes.pdf ''Das Eutiner Schutzhaftlager 1933/34 (Zur Geschichte eines „wilden“ Konzentrationslagers)''], in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, DVA Stuttgart, 27.Jg., Heft 4 (1979) | *Stokes, Lawrence D.: [https://www.ifz-muenchen.de/heftarchiv/1979_4_3_stokes.pdf ''Das Eutiner Schutzhaftlager 1933/34 (Zur Geschichte eines „wilden“ Konzentrationslagers)''], in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, DVA Stuttgart, 27.Jg., Heft 4 (1979) | ||
* Stokes, Lawrence D.: ''Kleinstadt im Nationalsozialismus'', Neumünster (1984) | *Stokes, Lawrence D.: ''Kleinstadt im Nationalsozialismus'', Neumünster (1984) | ||
* Wollenberg, Jörg: ''Ahrensbök - Eine Kleinstadt im Nationalsozialismus'', Bremen, Edition Temmen, (2001) | *Wollenberg, Jörg: ''Ahrensbök - Eine Kleinstadt im Nationalsozialismus'', Bremen, Edition Temmen, (2001) | ||
* Wollenberg (2001), Jörg: ''Unsere Schule war ein KZ'', Bremen, Edition Temmen, (2001) | *Wollenberg (2001), Jörg: ''Unsere Schule war ein KZ'', Bremen, Edition Temmen, (2001) | ||
==Links== | ==Links== |
Aktuelle Version vom 19. März 2025, 15:14 Uhr
Der Ortsverein Ahrensbök ist eine Gliederung im Kreisverband Ostholstein. Er wurde 1906/07 gegründet.[1]
Den OV-Vorsitz hatte im Mai 2023 Gudrun Ott.[2]
Kommunalpolitik
Nach der Kommunalwahl 2018 hielt die SPD (32 %) als zweitstärkste Kraft sieben der 22 Sitze im Gemeinderat.[3] Fraktionsvorsitzende war im Mai 2023 Gudrun Ott.[2]
Aus der Geschichte
Bei der ersten demokratischen Gemeinderatswahl 1919 erhielt die SPD 3 von 6 Sitzen.[4]
Bei der Kommunalwahl 1930 konnte die SPD 3 von 9 Sitzen erzielen, genau so viele wie drei Jahre zuvor. Im heutigen Ortsteil Gnissau erhielt sie mit 165 Stimmen exakt gleich viele wie die einzige Konkurrenz, die „Haus- und Grundbesitzerliste“ - ebenfalls ein Spiegelbild der Kommunalwahl 1927.
Der Landesteil Lübeck, zu dem Ahrensbök gehörte, war früh nationalsozialistische Hochburg geworden und der SA-Führer und spätere Regierungspräsident Johann Heinrich Böhmcker ("Latten-Böhmcker") war zentrale Figur des Regimes. Die SPD setzte sich unter anderem mit dem Reichsbanner zur Wehr.
Am 5./6.9. 1925 hielt der IV. Bezirk des Reichsbanners, der offenbar Ostholstein abdeckte, in Ahrensbök eine große republikanische Bezirkskundgebung mit Fahnenweihe ab.[5]
1931 führte die Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung den Freiwillige Arbeitsdienst (FAD) ein. Junge, arbeitslose Menschen sollten sich freiwillig in einem Arbeitslager zusammenfinden, um von hier aus für eine befristete Zeit einer Tätigkeit nachzugehen, die für die Allgemeinheit einen Nutzen stiftete und andererseits den Betroffenen das Gefühl gab, gebraucht zu werden.[6]
Im Jahr 1932 mietete die Regierung des Landesteils Lübeck Teile ein Geländ in Holstendorf. Hier sollte ein Lager des FAD entstehen, in dem 40 bis 60 Mitglieder des Reichsbanners arbeiten sollten. Das Reichsbanner war gleichzeitig Träger des Dienstes in Ahrensbök. Diese Mitglieder, meist arbeitslose Jugendliche aus der Arbeiterschicht, wurden unter anderem zur Vollendung des Weges von Holstendorf nach Havekost eingesetzt. Das Lager wurde am 1. November 1932 eröffnet.[7]
Die Errichtung des FAD-Lagers führte zu erheblichen politischen Spannungen in Ahrensbök. Die Gemeinde stand unter nationalsozialistischer Führung, und viele Einwohner waren Anhänger der NSDAP. Die Präsenz eines von der SPD unterstützten Arbeitslagers führte zu Konflikten zwischen den Arbeitern und den nationalsozialistischen Anhängern.[7]
Die Arbeiter des FAD-Lagers riefen dazu auf, bei der anstehenden Reichstagswahl die SPD zu wählen, um einen Wahlsieg der NSDAP zu verhindern. Diese politische Aktivität führte zur Schließung des Lagers am 16. März 1933 durch die nationalsozialistische Regierung.
Nach der Schließung des FAD-Lagers wurde das Gelände ab Oktober 1933 als wildes Konzentrationslager genutzt, dessen 50 bis 70 Häftlinge den Wegebau von Holstendorf nach Havekost bis Dezember weiterführten.[7] Das Konzentrationslager wurde praktisch als "privates" Lager des mittlerweile zum Regierungspräsidenten beförderten Eutiner SA-Führer Johann Heinrich Böhmcker betrieben. Er nutzte als Regierungspräsident seine relative Unabhängigkeit von der Landesregierung in Oldenburg, um in dem Konzentrationslager arbeitslose SA-Männer als Wachmannschaften zu beschäftigen. Er ließ wohlhabende Bürger verhaften, die sich nach Misshandlungen bei ihm persönlich freikaufen konnten.[7] Die ärmeren Insassen des Lagers mussten nach ihrer Freilassung die Kosten ihrer Haftzeit abarbeiten.[6]
Am 22. Juni 1933 wurde die SPD im gesamten Reich verboten und als "volks- und staatsfeindliche Partei" deklariert. Bis dahin hatte es keine Hinweise auf organisierten Widerstand seitens der SPD gegeben, weshalb die nationalsozialistischen Machthaber nach einem Vorwand für Verhaftungen suchten. Unter dem Deckmantel der "Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung" wurden SPD-Anhänger festgenommen. Ziel war es, die Parteimitglieder einzuschüchtern, damit sie die Errichtung des NS-Regimes widerstandslos hinnahmen. Diese Strategie erwies sich größtenteils als erfolgreich. Der größte der Teil der Häftlinge im KZ Ahrensbök waren Kommunisten und zu 14 % Sozialdemokraten, Reichsbanner-Leute und Gewerkschafter.[6]
So wurde der letzte Kassierer des Ortsvereins Eutin wegen Besitzes von Sprengstoff festgenommen, obwohl er einen Sprengschein hatte. Der Vorsitzende Paul Hensel wurde wegen angeblicher Korruption in Schutzhaft genommen. Mehrere ehemalige Reichsbannerführer und andere Funktionäre wurden ohne konkrete Anklagepunkte inhaftiert, um die Parteimitglieder einzuschüchtern und die Errichtung der NS-Diktatur zu erleichtern.
Im Dezember zogen die Häftlinge des Konzentrationslagers in den Ahrensböker Ortskern. Das örtliche Jungbanner hatte sich in dem Gebäude in der Plöner Straße Nr. 21 seit 1932 getroffen, in dem die Nazis im Dezember 1933 das "Schutzhaftlager Ahrensbök" einrichteten.[8] Dort wurden 1933 bis Mai 1934 willkürlich Verhaftete untergebracht und misshandelt.[7]
Literatur
- Stokes, Lawrence D.: Das Eutiner Schutzhaftlager 1933/34 (Zur Geschichte eines „wilden“ Konzentrationslagers), in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, DVA Stuttgart, 27.Jg., Heft 4 (1979)
- Stokes, Lawrence D.: Kleinstadt im Nationalsozialismus, Neumünster (1984)
- Wollenberg, Jörg: Ahrensbök - Eine Kleinstadt im Nationalsozialismus, Bremen, Edition Temmen, (2001)
- Wollenberg (2001), Jörg: Unsere Schule war ein KZ, Bremen, Edition Temmen, (2001)
Links
- Homepage: SPD Ahrensbök
- Homepage: Gedenkstätte Ahrensbök
Einzelnachweise
- ↑ So im Bericht des Vorsitzenden Heinrich Fick für das Jahr 1906/07 an die Generalversammlung des sozialdemokratischen Zentralvereins für das Fürstentum Lübeck in Sereetz, Lübecker Volksbote, 28.7.1907, S.3
- ↑ 2,0 2,1 SPD Ahrensbök, abgerufen 21.5.2023
- ↑ Wikipedia: Ahrensbök, abgerufen 21.5.2023
- ↑ Aus Lübeck und den Nachbargebieten, Lübecker Volksbote, 7.4.1919, S. 3
- ↑ Gemeinde Schmalensee: Jahreschronik 1925, 05.-06.09.1925
- ↑ 6,0 6,1 6,2 Stokes, Lawrence D.: Das Eutiner Schutzhaftlager 1933/34 (Zur Geschichte eines „wilden“ Konzentrationslagers), in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, DVA Stuttgart, 27.Jg., Heft 4 (1979)
- ↑ 7,0 7,1 7,2 7,3 7,4 Das KZ Ahrensbök
- ↑ Bürgerstiftung Schleswig-Holsteinische Gedenkstätten (Hrsg.): Gedenkstätten und Erinnerungsorte zur Geschichte des Nationalsozialismus in Schleswig-Holstein. Wegweiser und Bildungsangebote, Redaktion: Harald Schmid, Husum Druck und Verlagsgesellschaft, Rendsburg 2021, Online-Fassung: https://gedenkstaetten-sh.de/file/gedenkstaetten-wegweiser-schleswig-holstein_online-fassung.pdf
Ortsvereine: Ahrensbök | Bad Schwartau | Beschendorf | Bosau | Damlos | Eutin | Fehmarn | Goehl | Gremersdorf | Grömitz | Großenbrode | Hansühn | Harmsdorf | Heiligenhafen | Heringsdorf | Kabelhorst-Schwienkuhl | Kasseedorf | Kellenhusen-Grube | Lensahn | Malente | Neukirchen | Neustadt | Oldenburg | Gemeinde Ratekau | Riepsdorf | Scharbeutz | Schashagen | Schönwalde | Sierksdorf | Stockelsdorf | Gemeinde Süsel | Timmendorfer Strand