Franz Osterroth

Aus SPD Geschichtswerkstatt
Franz Osterroth
Franz Osterroth
Franz Osterroth
Geboren: 8. März 1900
Gestorben: 1. Oktober 1986

Franz Osterroth, * 8. März 1900 in Eisenberg/Pfalz; † 1. Oktober 1986 in Lübeck; Metallarbeiter, Journalist und Publizist. 1914 Eintritt in die Sozialistische Arbeiterjugend, 1917 Mitglied der SPD.

Leben & Beruf

Franz Osterroth war Sohn des Partei- und Gewerkschaftsfunktionärs Nikolaus Osterroth. Er wurde noch 1918 vom Deutschen Reich zum Kriegsdienst einberufen.

Von 1919 bis 1924 war er Jugendsekretär des Bergarbeiterverbandes in Bochum und Redakteur von dessen Jugendzeitung. Nach dem Besuch der Akademie der Arbeit 1926 fand er eine Tätigkeit in Hamburg. 1928 wechselte er in die hauptberufliche Partei- und Jugendarbeit nach Magdeburg.

Von 1926 bis 1933 war er Mitherausgeber der Schriften zur Zeit.

Nationalsozialismus

1933 gründete er eine aus Sicht der Nazis "illegale" Jungsozialistengruppe in Magdeburg und gab die ebenso "illegale" Zeitschrift Junger Sozialismus heraus. 1934 emigrierte er mit der Familie in die Tschechoslowakei, wo er unter dem Decknamen Jörg Willenbacher für den Exilvorstand der Sopade tätig war. Kurz vor der Zerschlagung der Tschechoslowakei durch Deutschland 1938 floh die Familie weiter nach Schweden; auch hier engagierte sich Franz Osterroth neben dem Brotberuf in der Arbeiter- und Erwachsenenbildung. Er war auch Mitglied der sogenannten Kleinen Internationale.

Rosa Wallbaum, die ihn später als seine Nachfolgerin in der Frauenarbeit kennenlernte, erinnerte sich gut an ihn:

"Er war klein und ging sogar ein bißchen geduckt, als wenn er sich noch kleiner machen wollte. [...] ein ganz sensibler Mann, ein ganz Stiller, [...] aber immer einer der Führenden, der auch den Mut hatte, seine Meinung zu vertreten. Der war so bereit, Verantwortung zu tragen, den habe ich nur bewundert.
Dem Mann hättest du überhaupt keine Heldentat zugetraut, aber was der geleistet hat, das ist unglaublich! '33 ist er mit seiner Frau und seinen beiden Kindern nach Schweden gegangen. In Schweden starb dann seine kleine Tochter. Er ist nach Deutschland gefahren und hat Kurierdienste geleistet. Das hat er aufgegeben, weil einer der Leute, bei denen er zuletzt gewesen war, von den Nazis verhaftet und hingerichtet worden ist. Da ist er völlig zusammengebrochen."[1]

Ab 1951 gehörte er als Beisitzer zum Vorstand des "Bundes für deutsche Friedensarbeit im Grenzlande" (Grenzfriedensbund).[2]

Er war verheiratet mit Käthe (geb. Cords); die beiden hatten einen Sohn, Bertram, und eine in der schwedischen Emigration verstorbene Tochter. Käthe Osterroth, "eine ganz wunderbare Frau", arbeitete in Schweden als Haushälterin für Lise Meitner.[1]

Zurück in Kiel, wohnten sie in der Sandkuhle 1 im 2. Stock. Käthe Osterroth (* 1905) starb "nach langem, tapfer ertragenem Leiden" mit 60 Jahren am 7. Januar 1966. Sie ist auf dem Vorwerker Friedhof in Lübeck beigesetzt.[3] Mit dem Ruhestand zog auch Franz Osterroth nach Lübeck und wurde nach seinem Tod am 1. Oktober 1986[4] neben ihr beigesetzt. Da er keine familiären oder beruflichen Beziehungen nach dort hatte, lässt sich der Schluss ziehen, dass seine Frau aus Lübeck kam.

Partei & Politik

Franz Osterroth (Mitte) auf dem Internationalen Frauentag Juni 1960 in Kiel

1923 gehörte er zu den Gründern des (nichtmarxistischen, jugendbewegt, national und republikanisch orientierten) Hofgeismarer Kreises der Jungsozialisten, für den er von 1923 bis 1926 die Politischen Rundbriefe herausgab.

Von 1928 bis 1933 war er Redakteur der Zeitschrift Das Reichsbanner.

Nach dem Ende der NS-Herrschaft war er von 1948 bis zu seinem Ruhestand 1963 als Parteisekretär im Landesverband tätig, wo er die Ressorts Kultur- und Frauenarbeit verantwortete. In dieser Funktion war er Mitglied im Bundes- und im Landesfrauenausschuss.

Rosa Wallbaum erinnerte sich weiter:

"Als sie zurück nach Kiel kamen, gingen für Franz viele Träume verloren. Er hat geglaubt, er könnte die alte SPD weiter fortführen. Aber dann fand er hier eine ganz andere Welt vor [...].

Franz Osterroth gehörte zu denen, die die Frau als gleichberechtigtes Wesen ansahen, die immer wieder sich auch für die Frauen einsetzten. Das haben nicht alle Männer seiner Generation in der Partei gekonnt. Ich glaube, er ist manchen dabei sogar auf den Wecker gefallen, nicht, weil er so aufdringlich war, sondern weil sie ihm einfach nicht gewachsen waren.

Er war mitunter sicher auch schwierig. Aber man hat es ihm auch nicht immer leicht gemacht. Er wollte eigentlich immer viel mehr Romantik in die Arbeit bringen. Uns kam das schon ein bißchen komisch vor. Wenn wir ein Seminar hatten, dann mußten wir vor dem Mittagessen aufstehen, uns an die Hand fassen und "Guten Appetit!" sagen. Das war schon antiquiert. Aber wir haben uns nicht gegen Franz gewehrt."[1]

Er gehörte dem Kulturpolitischen Ausschuss beim SPD-Parteivorstand an und auch der Programmkommission - ist somit einer der "Väter" des Godesberger Programms.[5]

Ehrungen

Zu seinem 85. Geburtstag richtete der Kreisverband Lübeck einen Empfang für Franz Osterroth aus, zu dem nicht nur bundesweite Parteiprominenz geladen war, sondern auch "alle Mitglieder des Walter-Hammer-Kreises, die in der sozialistischen Jugendbewegung der Weimarer Republik aktiv waren". Für den Landesverband sprach Günther Jansen.[5]

Veröffentlichungen (Auswahl)

  • Singendes Volk (Karlsbad 1938)
  • Weißbuch der deutschen Opposition gegen die Hitlerdiktatur (London 1946) (für den Parteivorstand im Exil)
  • Das Erbe der Arbeiterdichtung (1952)
  • Mit Gesang wird gekämpft. Leitfaden durch die Geschichte des sozialistischen Liedes (1953)
  • Biographisches Lexikon des Sozialismus / Bd. 1. Verstorbene Persönlichkeiten (Hannover 1960)
  • 100 Jahre Sozialdemokratie in Schleswig-Holstein (Kiel 1963)
  • Der Hofgeismarkreis der Jungsozialisten, in: Archiv für Sozialgeschichte, Bd. 4 (1964)
  • Chronik der Lübecker Sozialdemokratie 1866-1972 (Lübeck 1973)
  • Chronik der deutschen Sozialdemokratie I. Bis zum Ende des Ersten Weltkrieges (Berlin 1975) (zusammen mit Dieter Schuster)
  • Chronik der deutschen Sozialdemokratie Band II. Vom Beginn der Weimarer Republik bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges (Berlin 1975) (zusammen mit Dieter Schuster)
  • Chronik der deutschen Sozialdemokratie Band III. Nach dem Zweiten Weltkrieg (2., neu bearb. u. erw. Auflage, Berlin 1978) (zusammen mit Dieter Schuster)
  • Die Zeit als Jugendsekretär des Bergarbeiterverbandes in Bochum 1919-1924 (Bochum 1983)

Siehe auch

Links

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 Kalweit, Susanne (Hg.): "Ich hab mich niemals arm gefühlt!" Rosa Wallbaum berichtet aus ihrem Leben, S. 153 f.
  2. Vgl. Grenzfriedensbrief Nr. 3 (1951), S. 1
  3. Traueranzeige der Familie, VZ, 10.1.1966
  4. Traueranzeige der Hinterbliebenen, Oktober 1986
  5. 5,0 5,1 Heute in Lübeck: Franz Osterroth wird 85, Sozialdemokratischer Informationsbrief, Nr. 2/85