Provinzialparteitag 1899, Neumünster
Provinzialparteitag 1899, Neumünster |
10. September - 11. September 1899 |
Elysium |
Altonaer Straße 10 |
Neumünster |
Siehe auch: Beschlussdatenbank |
Der Provinzialparteitag 1899 für die Provinz Schleswig-Holstein, das Herzogtum Lauenburg, das Fürstentum Lübeck und die freie Hansestadt Hamburg fand am Sonntag, den 10. und Montag, den 11. September 1899 in Neumünster statt.[1][2]
Um 15 Uhr eröffnete Heinrich Lienau den Parteitag. Der Genosse Jürs hielt ein Grußwort für die Gastgebende Organisation in Neumünster. Er endete mit den Worten: "Frisch auf an die Arbeit, frisch an's Werk für unsere gerechte Sache." Es folgte die Ehrung der Verstorbenen, mit der unter anderem an die Genossen Audorf, Martisse, den Expedienten der Schleswig-Holsteinischen Volkszeitung, Franz Schneider und all die Unbekannteren erinnert wurde. Als Tagungsleitung wurden Heinrich Lienau aus Neumünster und Louis Grünwaldt aus Hamburg gewählt.[1]
Tagesordnung
- Bericht der Agitationskommission. Referent: Heinrich Lienau
- Bericht über die Presse. Referenten Julius Krause und Wilhelm Brecour
- Stellungnahme zu den Kommunalwahlen in den Städten der Provinz Schleswig-Holstein. Referent: Heinrich Ströbel
- Der internationale Arbeiterkongress 1900 in Paris. Referent: Carl Legien
- Anträge und Resolutionen
- Wahl der Sitze der Agitations- und der Preßkommission
TOP 1: Bericht der Agitationskommission
Heinrich Lienau berichtet:[1]
- Wahlkampf zur Reichstagswahl 1898
- Finanzen der Agitationskommission
- Ausblick auf den Kommunalwahlkampf
Danach gab es eine Aussprache. Der Genosse Rehbein aus Ellerbek beantragt, einen Spezialfonds für die ländliche Agitation einzurichten. Wilhelm Brecour beantragt, den Sitz der Agitationskommission nach Kiel zu verlegen.
Um 19 Uhr wird die Sitzung unterbrochen und auf den Montag Morgen vertagt.
Montag
Louis Grünwaldt eröffnet die Sitzung kurz nach halb 9. Es wird ein Gruß-Telegramm der Genossen aus Lauenburg vorgelesen. Danach wird die Diskussion zum TOP 1 fortgesetzt.[1]
Nach einiger Zeit wird Ende der Debatte beantragt. Der Antrag bekommt keine Mehrheit. Der Genosse Grünwaldt bittet darum, sich kurz zu fassen.[1] Nach einigen weiteren Wortbeiträgen gibt es einen erneuten Antrag auf Ende der Debatte. Diesmal wird der Antrag angenommen. Im Schlusswort bittet Heinrich Lienau die beiden Anträge von Rehbein zum Spezialfonds und von Wilhelm Brecour zur Verlegung des Sitzes der Agitationskommission abzulehnen. Der Parteitag folgt diesem Vorschlag und lehnt den Spezialfonds ab. Sitz derAgitationskommissionbleibt Neumünster.
Wahlen
In die Agitationskommission werden wieder Heinrich Lienau, Danker und Straßburger gewählt.
Bericht der Mandatsprüfungskommission
Es sind 62 Delegierte aus 49 Orten anwesend. Außerdem:[1]
- Die Reichstagsabgeordneten Karl Frohme und Adolph von Elm
- Vier Vertreter der Presse
- Ein Firmenträger der Schleswig-Holsteinischen Volkszeitung
- Drei Mitglieder der Agitationskommission
- Zwei Mitglieder der Preßkommission
- Vier Referenten
TOP 2: Bericht über die Presse
Julius Krause berichtet:[1]
- Die Finanzen sehen gut aus
- 8.963 Abonnenten im Juni 1898 - eine Steigerung. Jetzt seien es 9.000. Bald 10.000
- Eine neue Doppelrotationsmaschine wurde angeschafft
- Worte des Gedenkens an Franz Schneider. An seiner Stelle sei Wilhelm Brecour als Expedient gewählt worden
Wilhelm Brecour ergänzt:[1]
- Genauer Einblick in Finanzen und Arbeit des Unternehmens
- Er forderte dazu auf, immer auch Abonnenten zu werben
- Er forderte weiterhin dazu auf, Druckaufträge an die eigene Druckerei zu vergeben
Weiterhin ergänzt der Genosse Fritsche für die Preßkommission zu den eingegangenen Beschwerden an die Zeitung. Karl Korn als Redakteur weist die Beschwerden zurück.
Es folgte eine Aussprache.
Um 13 Uhr wurde der Parteitag für eine Mittagspause unterbrochen.
Um 14:30 Uhr eröffnete der Louis Grünwaldt wieder die Sitzung.[2]
Die Aussprache ging weiter. Nach einigen Wortmeldung wurde der Antrag auf Ende der Debatte gestellt und abgelehnt. Nach einer weiteren Wortmeldung bekommt ein Antrag auf Schluss der Debatte eine Mehrheit. Beschlossen wurde der eingegangene Antrag, dass die Schleswig-Holsteinischen Volkszeitung einen jährlichen Geschäftsbericht herausgeben solle. Verschiedene andere Anträge zur Zeitung werden abgelehnt.
Die Mitglieder aus Kiel wählen die Mitglieder der Preßkommission.
Die Kassenprüfer stellen die tadellose Buchführung fest. DieAgitationskommissionwird entlastet.
TOP 3: Kommunalwahlen
Heinrich Ströbel referiert über Probleme mit dem Wahlrecht und schlägt am Ende vor, dass die Orte zusammentun sollten, in denen es aussichtsreich sei, dass sie bei der Kommunalwahl 1900 Vertreter in die Gemeindevertretungen bringen könnten.[2]
In der Aussprache wurde der Antrag gestellt, dass sich bei der Wahl alle beteiligen sollten - egal, wie die Aussichten seien. Der Antrag wird abgelehnt. Ein weiterer Antrag fordert ein gemeinsames Kommunalwahlprogramm. Der wird angenommen. Die Kommission zur Ausarbeitung des Programms werden gewählt:
- Krause, Elmshorn
- Heinrich Ströbel, Kiel
- Hinsche, Lägerdorf
- Wilhelm Brecour, Kiel
- Jacobsen, Langenfelde
TOP 4: Arbeiterkongress 1900
Carl Legien referierte:[2]
- Die Internationale Arbeit sei wichtig
- Die Geschichte der internationalen Arbeiterkongresse
- Thema: Sozialismus vs. Anarchismus
- Revolution vs. Reform
- Die persönlichen Kontakte seien wichtig. Der Gedanke des Friedens
- Die Provinz könne zwei Delegierte entsenden, die danach berichten mögen
Es folgte eine Aussprache. Als Delegierte werden Carl Legien und Heinrich Ströbel gewählt.
TOP 5: Anträge
Der Parteitag fasste folgende Beschlüsse:[2]
- Beschluss: Der Norddeutsche Volkskalender soll spätestens ab Ende September verbreitet werden.
- Beschluss: Der Norddeutsche Volkskalender soll in Kiel produziert werden.
- Überwiesen an die Agitationskommission: Das Fürstentum Lübeck soll viermal im Jahr mit Agitationsmaterial versorgt werden
- Abgelehnt: An jeder Sitzung derAgitationskommissionsoll eine Person aus jedem Wahlkreis teilnehmen
- Angenommen: Provinzial-Parteitage sollten ab jetzt jährlich stattfinden.
- Überwiesen an die Agitationskommission: Einer Beschwerde aus dem 8. Wahlkreis Altona, Stormarn sollte nachgegangen werden
Nach einem Schlusswort von Heinrich Lienau endete der Parteitag mit einem donnernden Hoch auf die internationale Sozialdemokratische Bewegung und der ersten Strophe der Arbeiter-Marseillaise um 20 Uhr.