Max Sommerfeld: Unterschied zwischen den Versionen

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== Leben & Beruf ==
== Leben & Beruf ==
Max Sommerfeld wurde in Preußisch Stargard geboren und war früh Waise. Nach sieben Jahren Volksschule absolviert er eine Gärtnerlehre. [[1923]]/[[1924|24]] engagierte er sich in Danzig im Berufsverband der Gärtner. Als dieser zerfiel und eine freigewerkschaftliche Organisation aufgebaut wurde, übernahm er deren Vorsitz. [[1927]]/[[1928|28]] besuchte mit einem Stipendium des [[ADGB]] die staatliche Fachschule für Wirtschaft und Verwaltung in Berlin-Schmargendorf.
Max Sommerfeld kam in Preußisch Stargard zur Welt und wurde früh Waise. Nach sieben Jahren Volksschule absolvierte er eine Gärtnerlehre.  


[[1929]] wurde er Gewerkschaftssekretär in der Bezirksverwaltung Königsberg des Gesamtverbandes der Arbeitnehmer öffentlicher Betriebe Personen- und Nahverkehr.  
[[1923]]/[[1924|24]] engagierte er sich in Danzig im Berufsverband der Gärtner. Als dieser zerfiel und eine freigewerkschaftliche Organisation aufgebaut wurde, übernahm er deren Vorsitz.  


Im Feburar [[1945]] flüchtet er von Königsberg nach [[Ortsverein Reinfeld|Reinfeld]]<ref>Kreisarchiv Stormarn Signatur: B 2 / 770</ref>.
[[1927]]/[[1928|28]] besuchte er mit einem Stipendium des [[ADGB]] die staatliche Fachschule für Wirtschaft und Verwaltung in Berlin-Schmargendorf.


[[1961]] verunglückt Max Sommerfeld aus unbekannten Gründen auf der Bundesstraße 75 in Neritz und wird verletzt ins Krankenhaus eingeliefert<ref>Lübecker Nachrichten: ''SPD-Kreisvorsitzender Max Sommerfeld im Auto verunglückt'', 19. Februar 1961 Kreisarchiv Stormarn Signatur: V 100 / 24610</ref>.
[[1929]] übernahm er den Vorsitz des freigewerkschaftlichen Jugendkartells. Am [[15. März]] [[1929]] wurde er Gewerkschaftssekretär in der Bezirksverwaltung Königsberg des Gesamtverbandes der Arbeitnehmer öffentlicher Betriebe Personen- und Nahverkehr.  
 
Er war verheiratet; das Ehepaar hatte ein Kind.


=== NS-Herrschaft ===
=== NS-Herrschaft ===
Im Januar [[1933]] wurde Max Sommerfeld nach Lübeck versetzt und sprach schon im März in Schlutup für den erkrankten [[Fritz Solmitz]]. Nach der Übernahme des Gewerkschaftshauses durch die Deutsche Arbeitsfront kündigte er am [[15. Mai]] und ging zurück nach Königsberg.
Zum [[30. Januar]] [[1933]] wurde er von seiner Gewerkschaft nach Lübeck versetzt. Nach der Übernahme des [[Gewerkschaftshaus Lübeck|Gewerkschaftshauses]] durch die Deutsche Arbeitsfront kündigte er am [[15. Mai]] und ging zurück nach Königsberg.
 
<blockquote>"Wenige Tage nach der Gleichschaltung der Gewerkschaften am [[2. Mai]] [[1933]] erklärte mir der damalige NSBO<ref>Nationalsozialistische Betriebszellenorganisation</ref>-Beauftragte in der Ortsverwaltung Lübeck des Gesamtverbandes Bimmermann, dass er für mich keine Verwendung habe. Vom meinen Kollegen war der 1. Bevollmächtigte der Ortsverwaltung, [[Eduard Markert|Markert]] bereits verhaftet, während der damalige Kassierer [[Ludwig Salomon|Salomon]] die Kassengeschäfte übergabefertig abschliessen sollte. [...] Bimmermann empfahl mir, nach Königberg, Pr. zurückzugehen und mich dort zu melden. Er stellte es mir frei, auf der Rückreise in der Hauptverwaltung des Verbandes in Berlin zu versuchen, eine Klärung meiner Weiterbeschäftigung zu erreichen. Im Verbandsgebäude des Gesamtverbandes in Berlin befanden sich im Mai [[1933]] nur SS-Männer, die es ablehnten, mit mir über Beschäftigungsfragen zu verhandeln. Von allen mir bekannten Vorstandsmitgliedern des Gesamtverbandes traf ich [...] nur meinen Kollegen [[Georg Reuter]], jetzt wohnhaft in Düsseldorf, Stromstr. 8, der mir erklärte, dass ich in Königsberg, Pr. nicht weiterarbeiten könne, weil die Inneneinrichtung des Gewerkschaftshauses zertrümmert und der grössere Teil der bisherigen Gewerkschaftsangestellten in Schutzhaft genommen sei. Herr Reuter hatte keine Möglichkeit, mir bei der Verfolgung meiner Rechte aus meinem Anstellungsvertrag zu helfen. Er war selber von den Weisungen eines NSBO-Beauftragten abhängig.</blockquote>
<blockquote>In Königsberg, Pr. wurde mir bei meiner Meldung im Gewerkschaftshaus dann nur noch mein Mitgliedsbuch abgenommen mit der Erklärung, dass ich mich als ausgeschlossen zu betrachten habe. Arbeits- oder Entlassungsbescheinigungen wurden mir nicht ausgehändigt. Die Folge des Fehlens jeglicher Entlassungspapiere war die Verweigerung der Unterstützungszahlung durch das Arbeitsamt. Bei meiner Arbeitslosmeldung im Arbeitsamt Königsberg, Pr. erhielt ich sofort eine Zuweisung für ein jüdisches Arbeitslager im Kreise  L y c k. In diesem Lager habe ich 3 Monate unter Aufsicht der S.A. zusammen mit etwa 50 erwerbslosen Juden und 2 früheren sozialdemokratischen Redakteuren gegen ganz geringes Entgelt gearbeitet.<ref name="antrag">[https://www.kreisarchiv-stormarn.findbuch.net/pics/Q.._apps._~Augias._~Daten._~B2._~B2_770.pdf Antrag auf Grund Bundesergänzungsgesetz zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung (BEG)], 18.9.1953 (BGBl. I S. 1387) beim Kreisarchiv Stormarn Signatur: B 2 / 770</ref></blockquote>
<blockquote>Meine späteren Bemühungen, in meinem alten Beruf als Gärtner unterzukommen, scheiterten, weil keiner der Königsberger Gärtnereibesitzer bereit war, mich als bekannten Sozialdemokraten zu beschäftigen. [...] Es verblieb mir Ende [[1933]] keine andere Existenzmöglichkeit, als die Übernahme einer Provisionsvertretung für Feuerschutzgeräte. Ich habe ein volles Jahr gebraucht, ehe ich einen Kundenkreis aufbauen konnte, aus dessen Einkünften ich annähernd eine hinlängliche Existenz bestreiten konnte. Das Jahr [[1934]] habe ich von Provisionen leben müssen, die geringer waren, als die Unterstützungssätze der Wohlfahrtsfürsorge.<ref name="antrag" /></blockquote>
 
In Königsberg war er durch seine Abwesenheit zunächst der Verhaftung entgangen und behielt auch seinen Auslandspass. Damit war er der einzige in seiner Umgebung, der noch in die Freie Stadt Danzig reisen konnte. Durch Kontakte zu den Genossen im Internationalen Transportarbeiterverband der Eisenbahnergewerkschaft in Danzig bekam er Zugang zu in Deutschland verbotenen Schriften, beteiligte sich daran, sie ins Reich einzuschmuggeln und organisierte auch heimliche Zusammenkünfte früherer SPD-Funktionäre. Einige Monate lang wurde er, wie er darlegt, im Arbeitslager Gronowken interniert.
 
[[1939]] wurde er zur Wehrmacht eingezogen, [[1941]] aber für kriegswichtige Transportarbeiten freigestellt - alte politische Freunde organisierten einen Einsatz bei der Straßenverkehrgenossenschaft in Königsberg.
 
=== Schleswig-Holstein ===
Im Februar [[1945]] floh Max Sommerfeld auf dem Seeweg nach Pommern und kam mit seiner Familie im Lastwagentreck nach Reinfeld/Holstein. Ab [[7. März]] [[1945]] war er laut einer Aufenthaltsbescheinigung dort gemeldet.<ref name="antrag" /> Zwei seiner Schwestern kamen in Königberg ums Leben, seine Schwiegereltern wurden vermisst.<ref name="antrag" />.  


In Königsberg war er durch seine Abwesenheit zunächst der Verhaftung entgangen und behielt auch seinen Auslandspass, wodurch er der einzige in seiner Umgebung war, der noch in die Freie Stadt Danzig reisen konnte. Durch Kontakte zu den Genossen im Internationalen Transportarbeiterverband der Eisenbahnergewerkschaft in Danzig bekam er Zugang zu in Deutschland verbotenen Schriften, beteiligte sich daran, sie ins Reich einzuschmuggeln und organisierte auch heimliche Zusammenkünfte früherer SPD-Funktionäre. Einige Monate lang wurde er im Arbeitslager Gronowken interniert.
Nach einem kurzen "Ausflug" in den Landtag arbeitete er als Gewerkschaftssekretär in Hamburg.


[[1939]] wurde Max Sommerfeld zur Wehrmacht eingezogen, [[1941]] aber für kriegswichtige Transportarbeiten freigestellt - alte politische Freunde organisierten einen Einsatz bei der Straßenverkehrgenossenschaft in Königsberg. Im Februar [[1945]] floh er auf dem Seeweg nach Pommern und kam mit seiner Familie im Lastwagentreck nach [[Ortsverein Reinfeld|Reinfeld]]. Zwei seiner Schwestern kamen in Könisgberg ums Leben, seine Schwiegereltern wurden vermisst.
[[1961]] verunglückte er aus unbekannten Gründen mit dem Auto auf der Bundesstraße 75 in Neritz und wurde verletzt ins Krankenhaus eingeliefert.<ref name="Marfels">rm [Raimund Marfels]: ''[https://www.kreisarchiv-stormarn.findbuch.net/pics/Q.._apps._~Augias._~Daten._~V100._~LN_1961_02_19_S3_h.jpg SPD-Kreisvorsitzender Max Sommerfeld im Auto verunglückt]'', ''Lübecker Nachrichten'', 19.2.1961</ref>


Nach seinem kurzen Ausflug in den Landtag arbeitete Max Sommerfeld als Gewerkschaftssekretär in Hamburg.
Seine letzte bekannte Adresse war die Hermann-Löns-Straße in [[Ortsverein Ahrensburg|Ahrensburg]].


== Partei & Politik ==
== Partei & Politik ==
[[1923]] wurde Max Sommerfeld Mitglied der [[SAJ|Sozialistischen Arbeiterjugend]] in Königsberg und trat als Redner bei Veranstaltungen auf. [[1925]] wechselte er in die SPD. Er engagierte sich ab [[1929]] als Vorsitzender des freigewerkschaftlichen Jugendkartells und redete in Wahlversammlungen der SPD.  
[[1923]] wurde Max Sommerfeld Mitglied der [[SAJ|Sozialistischen Arbeiterjugend]] in Königsberg und trat als Redner bei Veranstaltungen auf, [[1925]] schloss er sich der SPD an und engagierte sich im Ortsvereinsvorstand. Ab [[1929]] wurde er als Redner in Wahlversammlungen der SPD eingesetzt.
 
[[1931]]/[[1932|32]] war er stellvertretender Vorsitzender des Ortsvereins Königsberg des [[Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold|Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold]].
 
Zum [[30. Januar]] [[1933]] nach [[Kreisverband Lübeck|Lübeck]] versetzt, sprang er schon im März in Schlutup für den erkrankten [[Fritz Solmitz]] als Redner ein.
 
Nach Ende der NS-Herrschaft berief er in seinem neuen Wohnort [[Ortsverein Reinfeld|Reinfeld]] die erste Flüchtlingsversammlung ein.


[[1931]]/[[1932|32]] wurde er Vorsitzender des Ortsvereins Königsberg des [[Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold|Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold]].
[[1946]]/[[1947|47]] wurde er erster Vorsitzender des wieder gegründeten [[Kreisverband Stormarn|Kreisvereins Stormarn]], dann Flüchtlingsvertreter im Vorstand und übernahm später noch einmal den Kreisvorsitz<ref name="Marfels" />, von [[1959]] bis [[1962]].


Nach seiner Flucht nach Schleswig-Holstein berief Max Sommerfeld die erste Flüchtlingsversammlung in Reinfeld ein. Er wurde [[1946]] erster Vorsitzender des wieder gegründeten [[Kreisverband Stormarn|Kreisvereins Stormarn]] und später Flüchtlingsvertreter im Vorstand.
Er rückte [[1954]] für [[Bruno Diekmann]] in den Landtag nach, blieb aber nur ein halbes Jahr Abgeordneter, vom [[19. Januar]] bis [[6. August]].


Max Sommerfeld rückte [[1954]] für [[Bruno Diekmann]] in den Landtag nach, blieb aber nur ein halbes Jahr Abgeordneter, vom [[19. Januar]] bis [[6. August]]<ref>Vgl. {{LIS |121}}.</ref>.
Er nahm als Delegierter am [[SPD-Parteitag 1959, Bad Godesberg|außerordentlichen Parteitag der SPD]] vom [[13. November|13.]]-[[15. November]] [[1959]] in Bad Godesberg teil, auf dem das [[Godesberger Programm]] beschlossen wurde.<ref>Protokoll des außerordentlichen Parteitags in Bad Godesberg vom 13.-15. November 1959, S. 619</ref>


== Veröffentlichungen ==  
== Veröffentlichungen ==  
* ''Zur Arbeiterbewegung in Ostpreussen'' In: ''Mitteldeutscher Heimatbote''  
* ''Zur Arbeiterbewegung in Ostpreussen'' In: ''Mitteldeutscher Heimatbote''  
* ''Die ostpreußische Arbeiterbewegung. Tragende Schicht: Landarbeiter - Staatsbürger III. Klasse''. In: ''Ostpreußen-Warte'' (Juni 1958, wiederveröffentlicht in [https://dag-forum.de/viewtopic.php?t=1008 DAG-Forum], 4.11.2016
* ''Der Anteil der ostpreußischen Arbeiterbewegung am Widerstand gegen den Nationalsozialismus''. In: ''Jahrbuch der Albertus-Universität zu Königsberg/Pr.'' (Würzburg, 1967) (mit W. Matull)
* ''Der Anteil der ostpreußischen Arbeiterbewegung am Widerstand gegen den Nationalsozialismus''. In: ''Jahrbuch der Albertus-Universität zu Königsberg/Pr.'' (Würzburg, 1967) (mit W. Matull)


== Links ==
== Links ==
* {{LIS |121}}
* Landtagsinformationssystem: [https://e-lissh.landtag.ltsh.de/portal/browse.tt.html?type=generic5&action=link&db=lsh.samt&text=Max%20Sommerfeld Max Sommerfeld]
* {{Wikipedia}}
* {{Wikipedia}}


== Quellen ==
== Einzelnachweise ==
<references />
<references />


[[Kategorie:Kreisverband Stormarn|Sommerfeld, Max]]
[[Kategorie:Kreisverband Stormarn]]
[[Kategorie:Kreisverband Lübeck|Sommerfeld, Max]]
[[Kategorie:Ortsverein Reinfeld]]
[[Kategorie:2. Wahlperiode|Sommerfeld, Max]]
[[Kategorie:Kreisverband Lübeck]]
[[Kategorie:Gewerkschaftsbewegung|Sommerfeld, Max]]
[[Kategorie:Gewerkschaftsbewegung]]

Aktuelle Version vom 15. Dezember 2024, 12:24 Uhr

Max Sommerfeld
Max Sommerfeld
Max Sommerfeld
Geboren: 25. Februar 1905
Gestorben: 10. Juni 1967

Max Sommerfeld, * 25. Februar 1905 in Preußisch Stargard; † 10. Juni 1967 in Ahrensburg; Gärtner, Gewerkschaftssekretär und Landtagsabgeordneter. SPD-Mitglied seit 1925.

Leben & Beruf

Max Sommerfeld kam in Preußisch Stargard zur Welt und wurde früh Waise. Nach sieben Jahren Volksschule absolvierte er eine Gärtnerlehre.

1923/24 engagierte er sich in Danzig im Berufsverband der Gärtner. Als dieser zerfiel und eine freigewerkschaftliche Organisation aufgebaut wurde, übernahm er deren Vorsitz.

1927/28 besuchte er mit einem Stipendium des ADGB die staatliche Fachschule für Wirtschaft und Verwaltung in Berlin-Schmargendorf.

1929 übernahm er den Vorsitz des freigewerkschaftlichen Jugendkartells. Am 15. März 1929 wurde er Gewerkschaftssekretär in der Bezirksverwaltung Königsberg des Gesamtverbandes der Arbeitnehmer öffentlicher Betriebe Personen- und Nahverkehr.

Er war verheiratet; das Ehepaar hatte ein Kind.

NS-Herrschaft

Zum 30. Januar 1933 wurde er von seiner Gewerkschaft nach Lübeck versetzt. Nach der Übernahme des Gewerkschaftshauses durch die Deutsche Arbeitsfront kündigte er am 15. Mai und ging zurück nach Königsberg.

"Wenige Tage nach der Gleichschaltung der Gewerkschaften am 2. Mai 1933 erklärte mir der damalige NSBO[1]-Beauftragte in der Ortsverwaltung Lübeck des Gesamtverbandes Bimmermann, dass er für mich keine Verwendung habe. Vom meinen Kollegen war der 1. Bevollmächtigte der Ortsverwaltung, Markert bereits verhaftet, während der damalige Kassierer Salomon die Kassengeschäfte übergabefertig abschliessen sollte. [...] Bimmermann empfahl mir, nach Königberg, Pr. zurückzugehen und mich dort zu melden. Er stellte es mir frei, auf der Rückreise in der Hauptverwaltung des Verbandes in Berlin zu versuchen, eine Klärung meiner Weiterbeschäftigung zu erreichen. Im Verbandsgebäude des Gesamtverbandes in Berlin befanden sich im Mai 1933 nur SS-Männer, die es ablehnten, mit mir über Beschäftigungsfragen zu verhandeln. Von allen mir bekannten Vorstandsmitgliedern des Gesamtverbandes traf ich [...] nur meinen Kollegen Georg Reuter, jetzt wohnhaft in Düsseldorf, Stromstr. 8, der mir erklärte, dass ich in Königsberg, Pr. nicht weiterarbeiten könne, weil die Inneneinrichtung des Gewerkschaftshauses zertrümmert und der grössere Teil der bisherigen Gewerkschaftsangestellten in Schutzhaft genommen sei. Herr Reuter hatte keine Möglichkeit, mir bei der Verfolgung meiner Rechte aus meinem Anstellungsvertrag zu helfen. Er war selber von den Weisungen eines NSBO-Beauftragten abhängig.

In Königsberg, Pr. wurde mir bei meiner Meldung im Gewerkschaftshaus dann nur noch mein Mitgliedsbuch abgenommen mit der Erklärung, dass ich mich als ausgeschlossen zu betrachten habe. Arbeits- oder Entlassungsbescheinigungen wurden mir nicht ausgehändigt. Die Folge des Fehlens jeglicher Entlassungspapiere war die Verweigerung der Unterstützungszahlung durch das Arbeitsamt. Bei meiner Arbeitslosmeldung im Arbeitsamt Königsberg, Pr. erhielt ich sofort eine Zuweisung für ein jüdisches Arbeitslager im Kreise L y c k. In diesem Lager habe ich 3 Monate unter Aufsicht der S.A. zusammen mit etwa 50 erwerbslosen Juden und 2 früheren sozialdemokratischen Redakteuren gegen ganz geringes Entgelt gearbeitet.[2]

Meine späteren Bemühungen, in meinem alten Beruf als Gärtner unterzukommen, scheiterten, weil keiner der Königsberger Gärtnereibesitzer bereit war, mich als bekannten Sozialdemokraten zu beschäftigen. [...] Es verblieb mir Ende 1933 keine andere Existenzmöglichkeit, als die Übernahme einer Provisionsvertretung für Feuerschutzgeräte. Ich habe ein volles Jahr gebraucht, ehe ich einen Kundenkreis aufbauen konnte, aus dessen Einkünften ich annähernd eine hinlängliche Existenz bestreiten konnte. Das Jahr 1934 habe ich von Provisionen leben müssen, die geringer waren, als die Unterstützungssätze der Wohlfahrtsfürsorge.[2]

In Königsberg war er durch seine Abwesenheit zunächst der Verhaftung entgangen und behielt auch seinen Auslandspass. Damit war er der einzige in seiner Umgebung, der noch in die Freie Stadt Danzig reisen konnte. Durch Kontakte zu den Genossen im Internationalen Transportarbeiterverband der Eisenbahnergewerkschaft in Danzig bekam er Zugang zu in Deutschland verbotenen Schriften, beteiligte sich daran, sie ins Reich einzuschmuggeln und organisierte auch heimliche Zusammenkünfte früherer SPD-Funktionäre. Einige Monate lang wurde er, wie er darlegt, im Arbeitslager Gronowken interniert.

1939 wurde er zur Wehrmacht eingezogen, 1941 aber für kriegswichtige Transportarbeiten freigestellt - alte politische Freunde organisierten einen Einsatz bei der Straßenverkehrgenossenschaft in Königsberg.

Schleswig-Holstein

Im Februar 1945 floh Max Sommerfeld auf dem Seeweg nach Pommern und kam mit seiner Familie im Lastwagentreck nach Reinfeld/Holstein. Ab 7. März 1945 war er laut einer Aufenthaltsbescheinigung dort gemeldet.[2] Zwei seiner Schwestern kamen in Königberg ums Leben, seine Schwiegereltern wurden vermisst.[2].

Nach einem kurzen "Ausflug" in den Landtag arbeitete er als Gewerkschaftssekretär in Hamburg.

1961 verunglückte er aus unbekannten Gründen mit dem Auto auf der Bundesstraße 75 in Neritz und wurde verletzt ins Krankenhaus eingeliefert.[3]

Seine letzte bekannte Adresse war die Hermann-Löns-Straße in Ahrensburg.

Partei & Politik

1923 wurde Max Sommerfeld Mitglied der Sozialistischen Arbeiterjugend in Königsberg und trat als Redner bei Veranstaltungen auf, 1925 schloss er sich der SPD an und engagierte sich im Ortsvereinsvorstand. Ab 1929 wurde er als Redner in Wahlversammlungen der SPD eingesetzt.

1931/32 war er stellvertretender Vorsitzender des Ortsvereins Königsberg des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold.

Zum 30. Januar 1933 nach Lübeck versetzt, sprang er schon im März in Schlutup für den erkrankten Fritz Solmitz als Redner ein.

Nach Ende der NS-Herrschaft berief er in seinem neuen Wohnort Reinfeld die erste Flüchtlingsversammlung ein.

1946/47 wurde er erster Vorsitzender des wieder gegründeten Kreisvereins Stormarn, dann Flüchtlingsvertreter im Vorstand und übernahm später noch einmal den Kreisvorsitz[3], von 1959 bis 1962.

Er rückte 1954 für Bruno Diekmann in den Landtag nach, blieb aber nur ein halbes Jahr Abgeordneter, vom 19. Januar bis 6. August.

Er nahm als Delegierter am außerordentlichen Parteitag der SPD vom 13.-15. November 1959 in Bad Godesberg teil, auf dem das Godesberger Programm beschlossen wurde.[4]

Veröffentlichungen

  • Zur Arbeiterbewegung in Ostpreussen In: Mitteldeutscher Heimatbote
  • Die ostpreußische Arbeiterbewegung. Tragende Schicht: Landarbeiter - Staatsbürger III. Klasse. In: Ostpreußen-Warte (Juni 1958, wiederveröffentlicht in DAG-Forum, 4.11.2016
  • Der Anteil der ostpreußischen Arbeiterbewegung am Widerstand gegen den Nationalsozialismus. In: Jahrbuch der Albertus-Universität zu Königsberg/Pr. (Würzburg, 1967) (mit W. Matull)

Links

Einzelnachweise

  1. Nationalsozialistische Betriebszellenorganisation
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 Antrag auf Grund Bundesergänzungsgesetz zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung (BEG), 18.9.1953 (BGBl. I S. 1387) beim Kreisarchiv Stormarn Signatur: B 2 / 770
  3. 3,0 3,1 rm [Raimund Marfels]: SPD-Kreisvorsitzender Max Sommerfeld im Auto verunglückt, Lübecker Nachrichten, 19.2.1961
  4. Protokoll des außerordentlichen Parteitags in Bad Godesberg vom 13.-15. November 1959, S. 619