Gustav-Heinemann-Bildungsstätte: Unterschied zwischen den Versionen
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Die '''Gustav-Heinemann-Bildungsstätte''' wird von der ''Gesellschaft für Politik und Bildung Schleswig-Holstein e.V.'' getragen. Sein Ziel ist es, durch ein Angebot von Vorträgen, Seminaren und Kursen sowie durch die Herausgabe von Broschüren bei Jugendlichen und Erwachsenen Interesse für politische Fragen, die demokratische Staatsform und die internationale Zusammenarbeit wecken, politisches Wissen vermitteln und zur politischen Mitarbeit anregen. | Die '''Gustav-Heinemann-Bildungsstätte''' wird von der ''Gesellschaft für Politik und Bildung Schleswig-Holstein e.V.'' getragen. Sein Ziel ist es, durch ein Angebot von Vorträgen, Seminaren und Kursen sowie durch die Herausgabe von Broschüren bei Jugendlichen und Erwachsenen Interesse für politische Fragen, die demokratische Staatsform und die internationale Zusammenarbeit wecken, politisches Wissen vermitteln und zur politischen Mitarbeit anregen. | ||
== Vorgeschichte == | ==Vorgeschichte== | ||
Die Gesellschaft für Politik und Bildung wurde [[1967]] als Reaktion auf das Erstarken neonazistischer Kräfte wie der NPD gegründet. Alle etablierten Parteien gründeten damals vergleichbare gemeinnützige Vereine oder Stiftungen, über die staatliche Gelder in politische Bildungsarbeit investiert wurden. "Das war Programm für die schleswig-holsteinische SPD, dafür wurden alle Kräfte mobilisiert. Die Seminare wurden an Wochenenden abgehalten, meistens irgendwo in Hotels. Das war natürlich keine richtige Heimat für eine politische Bildungsstätte."<ref>[[Susanne Kalweit|Kalweit, Susanne]] (Hrsg.): ''"Ich hab' mich niemals arm gefühlt!" Die Kielerin Rosa Wallbaum berichtet aus ihrem Leben'' (Berlin / Hamburg 2010), | Die Gesellschaft für Politik und Bildung wurde [[1967]] als Reaktion auf das Erstarken neonazistischer Kräfte wie der NPD gegründet. Alle etablierten Parteien gründeten damals vergleichbare gemeinnützige Vereine oder Stiftungen, über die staatliche Gelder in politische Bildungsarbeit investiert wurden. <blockquote>"Das war Programm für die schleswig-holsteinische SPD, dafür wurden alle Kräfte mobilisiert. Die Seminare wurden an Wochenenden abgehalten, meistens irgendwo in Hotels. Das war natürlich keine richtige Heimat für eine politische Bildungsstätte."<ref>[[Susanne Kalweit|Kalweit, Susanne]] (Hrsg.): ''"Ich hab' mich niemals arm gefühlt!" Die Kielerin Rosa Wallbaum berichtet aus ihrem Leben'' (Berlin / Hamburg 2010), ISBN 978-3-86850-644-0, S. 155</ref></blockquote> | ||
== Haus Seehof == | ==Haus Seehof== | ||
[[1968]] erwarb der Verein das "Haus Seehof" außerhalb von Malente am Kellersee und richtete dort eine Akademie für politische Erwachsenenbildung ein. Der Landesverband der SPD hatte Rücklagen aufgelöst und dem Verein einen zinslosen Kredit über 500.000 DM gegeben, der in den Folgejahren zurückgezahlt wurde<ref>SPD Schleswig-Holstein (Hrsg.): ''[[Politik und Organisation]]'', Ausgabe zum [[Landesparteitag 1969, Tönning|Landesparteitag 1969 in Husum]], der kurzfristig nach Tönning verlegt werden musste.</ref>. | [[1968]] erwarb der Verein das "Haus Seehof" außerhalb von Malente am Kellersee und richtete dort eine Akademie für politische Erwachsenenbildung ein. Der Landesverband der SPD hatte Rücklagen aufgelöst und dem Verein einen zinslosen Kredit über 500.000 DM gegeben, der in den Folgejahren zurückgezahlt wurde<ref>SPD Schleswig-Holstein (Hrsg.): ''[[Politik und Organisation]]'', Ausgabe zum [[Landesparteitag 1969, Tönning|Landesparteitag 1969 in Husum]], der kurzfristig nach Tönning verlegt werden musste.</ref>. | ||
Erster Geschäftsführer wurde [[Heinz Kade]], | Erster Geschäftsführer wurde [[Heinz Kade]], der Ende der 1950er Jahre aus der DDR gekommen war, wo er [[1948]] aus politischen Gründen im Zuchthaus gesessen hatte.<ref>Rieke, Dieter (Hg.): ''Sozialdemokraten als Opfer im Kampf gegen die rote Diktatur. Arbeitsmaterialien zur politischen Bildung'' (2. Auflage, Bonn 1994), S. 9</ref> Als erste Mitarbeiterin kam [[Rosa Wallbaum]] ins Haus, die bis dahin die Frauenarbeit im Landesverband geleitet hatte. Ihre Hauptaufgabe war auch in Malente zunächst Bildungsarbeit für Frauen: | ||
<blockquote>"Ich habe [...] mich mit den Frauengruppenleiterinnen in Verbindung gesetzt und gesagt: 'Hier findet dieses und jenes Seminar statt. Kannst du Frauen benennen oder kannst du selbst teilnehmen?' Ich habe auch die Parteibüros immer wieder angerufen und gesagt: 'Könnt ihr mal die Frauen mobilisieren?' [...] Damals hatten ja noch längst nicht alle Frauen oder Familien Telefon, aber wir kriegten wirklich Frauenseminare voll. [...]<br> | |||
Wir wollten, daß auch die Frauen auf dem flachen Land sich an der Kommunalpolitik beteiligen. Die waren überhaupt nicht dazu imstande, die Partei konnte ihnen nicht genügend Material und Wissen liefern. Wir haben kommunalpolitische Seminare gemacht und Rhetorikseminare und auch eine Gemeinderatssitzung durchgespielt. [...] Es ist uns gelungen, Frauen die Scheu zu nehmen, zu sprechen, gerade die vom Lande kamen. Ich habe nachher soviel gehört, daß da Frauen plötzlich in die kleinen Gemeindevertretungen kamen und haben erstmal aufgeräumt. Die waren vorher nie vorgesehen und wären es auch nie geworden, wenn sie nicht das Wissen gehabt hätten."<ref>Kalweit, Susanne (Hrsg.): ''"Ich hab' mich niemals arm gefühlt!" Die Kielerin Rosa Wallbaum berichtet aus ihrem Leben'' (Berlin / Hamburg 2010), S. 157 ff., ISBN 978-3-86850-644-0</ref></blockquote> | |||
[[1970]] konnten im Haus 52 Seminare mit insgesamt 344 Teilnehmerinnen und 897 Teilnehmern durchgeführt werden. [[1971]] waren es bereits 70 Seminare mit insgesamt 481 Teilnehmerinnen und 1287 Teilnehmern. Anfang [[1972]] wurde der Ausbau der Bildungsstätte angekündigt; man wollte die Möglichkeit schaffen, zwei Tagungen parallel durchzuführen.<ref>''Bildungsstätte "Haus Seehof" soll jetzt ausgebaut werden'', ''Kieler Nachrichten'', 31.1.1972</ref> | [[Datei:1972 c Willy Brandt in der GHB.png|mini|left|Der Bundeskanzler besucht Haus Seehof. Sitzend v.l. Heinz Kade, Willy Brandt, Eckart Kuhlwein und Jochen Steffen]][[1970]] konnten im Haus 52 Seminare mit insgesamt 344 Teilnehmerinnen und 897 Teilnehmern durchgeführt werden. [[1971]] waren es bereits 70 Seminare mit insgesamt 481 Teilnehmerinnen und 1287 Teilnehmern. Anfang [[1972]] wurde der Ausbau der Bildungsstätte angekündigt; man wollte die Möglichkeit schaffen, zwei Tagungen parallel durchzuführen.<ref>''Bildungsstätte "Haus Seehof" soll jetzt ausgebaut werden'', ''Kieler Nachrichten'', 31.1.1972</ref> | ||
Bekannte Mitglieder der schleswig-holsteinischen SPD wie [[Gerd Walter]] oder [[Willi Piecyk]] begannen ihre Laufbahn als Studienleiter in Malente. Viele ReferentInnen wurden für bestimmte Themen von außen verpflichtet, so [[Reimut Jochimsen]] - gleichzeitig Vorstandsmitglied - der auch seine Assistenten ins Haus brachte, etwa [[Jürgen Bertram]].<ref>Kalweit, Susanne (Hrsg.): ''"Ich hab' mich niemals arm gefühlt!" Die Kielerin Rosa Wallbaum berichtet aus ihrem Leben'' (Berlin / Hamburg 2010), S. 160, ISBN 978-3-86850-644-0</ref> | Bekannte Mitglieder der schleswig-holsteinischen SPD wie [[Gerd Walter]] oder [[Willi Piecyk]] begannen ihre Laufbahn als Studienleiter in Malente. Viele ReferentInnen wurden für bestimmte Themen von außen verpflichtet, so [[Jochen Steffen]] oder [[Reimut Jochimsen]] - gleichzeitig Vorstandsmitglied - der auch seine Assistenten ins Haus brachte, etwa [[Jürgen Bertram]].<ref>Kalweit, Susanne (Hrsg.): ''"Ich hab' mich niemals arm gefühlt!" Die Kielerin Rosa Wallbaum berichtet aus ihrem Leben'' (Berlin / Hamburg 2010), S. 160, ISBN 978-3-86850-644-0</ref> | ||
== Gustav-Heinemann-Bildungsstätte == | ==Gustav-Heinemann-Bildungsstätte== | ||
Seit [[1983]] trägt die Akademie den Namen "Gustav-Heinemann-Bildungsstätte" - benannt nach dem ersten sozialdemokratischen Bundespräsidenten [[Gustav Heinemann]]. | Seit [[1983]] trägt die Akademie den Namen "Gustav-Heinemann-Bildungsstätte" - benannt nach dem ersten sozialdemokratischen Bundespräsidenten [[Gustav Heinemann]]. | ||
[[2005]] wurde das Gebäude umfassend modernisiert. Der ''Vorwärts'' berichtete: | [[2005]] wurde das Gebäude umfassend modernisiert. Der ''Vorwärts'' berichtete: | ||
<blockquote>"Viele Genossinnen und Genossen verbinden mit der Gustav-Heinemann-Bildungsstätte Erinnerungen an interessante Seminare in gemütlicher Umgebung. Am [[19. August]] hat die Weiterbildungseinrichtung nach umfangreichen Umbauten und Modernisierungen neu eröffnet.<br> | |||
Über 750 000 Euro hat die Runderneuerung gekostet, zur Hälfte aus Mitteln des Regionalprogramms des Landes gefördert. Fenster, Elektrik und Küche wurden erneuert, alle Zimmer renoviert und mit neuen Möbeln ausgestattet. | |||
Durch den Umbau wurde ein weiterer Gruppenraum geschaffen. Alle Tagungsräume verfügen über einen Computer mit Internet-Anschluss. In 17 Doppel- und 27 Einzelzimmern finden bis zu 61 Gäste Unterkunft.<br> | |||
Fürs leibliche Wohl sorgt die hauseigene Küche mit täglich drei Mahlzeiten und zusätzlichem Nachmittags- und Pausenkaffee. Eine besondere Attraktion ist nach wie vor die Lage: direkt am Kellersee, mit eigenem Bootssteg. "Nicht nur die Inhalte, sondern auch der äußere Rahmen, das Ambiente muss stimmen, um erfolgreich in einer Bildungsstätte politische Bildung betreiben zu können", stellte Innenminister Dr. [[Ralf Stegner]] dazu in seiner Rede fest.<br> | |||
[[Thomas Krüger]], Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung, stellte die Bedeutung der Bildungsangebote für Partizipation und Engagement der Bürger heraus."<ref>[http://www.spd-schleswig-holstein.de/docs/1129883509_Vorwaerts09_2005.pdf ''Vorwärts'' 9/2005]</ref></blockquote> | |||
[[Datei:GHB Jubiläum27.jpg|thumb|right|280px|50jähriges Bestehen der Bildungsstätte. V.l.: Fiete Büßen, Uwe Danker, Anastasia Brack, Gesa Grube-Bente, Jürgen Weber]] | |||
Am [[11. November]] [[2019]] konnte das 50jährige Bestehen der Gustav-Heinemann-Bildungsstätte mit einer großen Veranstaltung gefeiert werden. [[Jürgen Weber]] skizzierte die Geschichte, die er zu großen Teilen selbst miterlebt und -gestaltet hatte, und verriet z.B., dass seit [[1969]] ca. 40.000 Menschen die Seminare besucht hätten<ref>''Wir in Schleswig-Holstein'', ''vorwärts extra'' 6/2019, S. I</ref>. Die neuen Leiterinnen [[Anastasia Brack]] und [[Gesa Grube-Bente]] stellten sich im Gespräch mit [[Uwe Danker]] vor, und der ehemalige, aber nach wie vor aktive Leiter [[Fiete Büßen]] erhielt zum Dank ein umfangreiches Buchgeschenk. | |||
===Trägerverein=== | |||
Im gemeinnützigen Verein, von dem die Bildungsstätte seit [[1968]] getragen wird, kann jeder Mensch Mitglied werden, der seine Ziele teilt. Der Jahresbeitrag liegt bei etwa 25 Euro. Der Vorstand des Trägervereins ist verantwortlich für die inhaltliche Ausrichtung und wirtschaftliche Sicherstellung der Arbeit der Bildungsstätte - Aufgaben, die in der Regel bei der Geschäftsleitung liegen, hier aber traditionell beim Vorstand. | |||
Vorsitzende seit der Gründung: | |||
*[[2007]] - heute: [[Uwe Danker]] | |||
*[[1997]] - [[2007]]: [[Heinz Welbers]] | |||
*ca. [[1973]] - [[1997]]: [[Werner Braun]] | |||
*[[1968]] - ca. [[1973]]: ? | |||
Stellvertretender Vorsitzender war von [[1970]] bis [[2012]] [[Günther Jansen]]. Er und seine Frau schieden gleichzeitig auf eigenen Wunsch aus. Zu ihrem Abschied sagte [[Uwe Danker]]: | |||
<blockquote>"Seit 1970 [...] habe Günther Jansen als stellvertretender Vorsitzender der Bildungsstätte zu einem bundesweit hohen Ansehen verholfen [...]. Mit sehr viel Fingerspitzengefühl, Umsicht und unermüdlichem Einsatz bei der Suche nach Kooperationspartnern, Zuschussgebern und Unterstützern sei es dem Ehepaar Jansen im Laufe der Jahrzehnte gelungen, die Bildungsstätte auf solide Beine zu stellen."<ref>bsh: ''Nach über 40 Jahren: Ende der Ära Jansen'', ''Ostholsteiner Anzeiger'', 8.2.2012</ref></blockquote> | |||
===Hauptamtliche Beschäftigte=== | |||
[[Datei:Heinz Kade.jpg|thumb|right|150px|Heinz Kade 1965]]Die Leitung der Bildungsstätte hatten bisher: | |||
*seit [[2023]] [[Gesa Grube-Bente]] / [[Friederike Bartels]] | |||
*seit [[1. Mai]] [[2019]] [[Gesa Grube-Bente]] / [[Anastasia Brack]] | |||
*bis [[2019]] [[Anastasia Brack]] | |||
*bis [[2018]] [[Kilian Lembke]] | |||
*bis [[2017]] [[Hauke Petersen]] | |||
*bis [[2013]] [[Knud Andresen]] | |||
*bis [[2012]] [[Fiete Büßen|Friedrich Büßen]] | |||
*bis [[1974]] [[Heinz Kade]] | |||
Bekannte ehemalige MitarbeiterInnen waren unter anderen | |||
*[[Günther Jansen|Sabine Jansen]] (Verwaltung, [[1974]]-[[2012]]) | |||
*[[Willi Piecyk]] (Studienleiter) | |||
*[[Rosa Wallbaum]] (Studienleiterin, [[1967]]-[[1974]]) | |||
*[[Gerd Walter]] (Studienleiter) | |||
Am [[14. September]] [[2009]] wurde der große Seminarraum nach [[Jochen Steffen]] benannt, ein anderer nach [[Willi Piecyk]] und die Bibliothek nach [[Rosa Wallbaum]]. | Am [[14. September]] [[2009]] wurde der große Seminarraum nach [[Jochen Steffen]] benannt, ein anderer nach [[Willi Piecyk]] und die Bibliothek nach [[Rosa Wallbaum]]. | ||
[[Rosa Wallbaum]] hatte nach ihrer hauptamtlichen Zeit noch bis etwa [[1995]] ehrenamtlich Seminare geleitet, nicht zuletzt die Himmelfahrtstagungen der [[Juso 22]]. | |||
== | ==Beirat für Geschichte== | ||
[[Datei: | [[Datei:2020 DG 30 Titel.jpg|thumb|right|200px|Titel DG Band 30]]In der GHB ist auch der ''Beirat für Geschichte der Arbeiterbewegung und Demokratie in Schleswig-Holstein'', heute kurz ''Beirat für Geschichte'', angesiedelt. Er wurde [[1984]] gegründet, um "schleswig-holsteinische Geschichtsschreibung aus einer anderen Perspektive" zu ermöglichen, wie er auf seiner Homepage schreibt. Seitdem sind (bis [[2020]]) 30 Bände der Zeitschrift ''[[Demokratische Geschichte]]'' (DG) sowie 22 Sonderveröffentlichungen erschienen, die diesen Anspruch einlösen. Die Aufsätze der Zeitschrift sind - bis auf den jeweils letzten Band - als PDFs auf der Homepage abrufbar. | ||
Der Beirat für Geschichte wird von einem Verein getragen, in dem jeder Mensch, der seine Ziele teilt, für den Jahresbeitrag von etwa 20 Euro Mitglied werden kann; die Zeitschrift erhalten Mitglieder kostenlos. Vorsitzender ist zur Zeit [[Uwe Danker]], Geschäftsführer [[Jürgen Weber]]. | |||
== Links == | ==Links== | ||
* Homepage: [http://www.heinemann-bildungsstaette.de heinemann-bildungsstaette.de] | *Homepage: [http://www.heinemann-bildungsstaette.de heinemann-bildungsstaette.de] | ||
*Homepage: [https://www.beirat-fuer-geschichte.de/startseite.html Beirat für Geschichte] | |||
== | ==Einzelnachweise== | ||
<references /> | <references /> | ||
[[Kategorie:Gebäude]] | [[Kategorie:Gebäude]] | ||
[[Kategorie:Parteinahe Organisation]] | [[Kategorie:Parteinahe Organisation]] | ||
[[Kategorie:Gustav-Heinemann-Bildungsstätte]] | |||
[[Kategorie:Bildungspolitik]] |
Aktuelle Version vom 16. Oktober 2023, 13:07 Uhr
Gustav-Heinemann-Bildungsstätte |
|
Schweizer Straße 58 |
23714 Bad Malente |
http://www.heinemann-bildungsstaette.de/ |
Die Gustav-Heinemann-Bildungsstätte wird von der Gesellschaft für Politik und Bildung Schleswig-Holstein e.V. getragen. Sein Ziel ist es, durch ein Angebot von Vorträgen, Seminaren und Kursen sowie durch die Herausgabe von Broschüren bei Jugendlichen und Erwachsenen Interesse für politische Fragen, die demokratische Staatsform und die internationale Zusammenarbeit wecken, politisches Wissen vermitteln und zur politischen Mitarbeit anregen.
Vorgeschichte
Die Gesellschaft für Politik und Bildung wurde 1967 als Reaktion auf das Erstarken neonazistischer Kräfte wie der NPD gegründet. Alle etablierten Parteien gründeten damals vergleichbare gemeinnützige Vereine oder Stiftungen, über die staatliche Gelder in politische Bildungsarbeit investiert wurden.
"Das war Programm für die schleswig-holsteinische SPD, dafür wurden alle Kräfte mobilisiert. Die Seminare wurden an Wochenenden abgehalten, meistens irgendwo in Hotels. Das war natürlich keine richtige Heimat für eine politische Bildungsstätte."[1]
Haus Seehof
1968 erwarb der Verein das "Haus Seehof" außerhalb von Malente am Kellersee und richtete dort eine Akademie für politische Erwachsenenbildung ein. Der Landesverband der SPD hatte Rücklagen aufgelöst und dem Verein einen zinslosen Kredit über 500.000 DM gegeben, der in den Folgejahren zurückgezahlt wurde[2].
Erster Geschäftsführer wurde Heinz Kade, der Ende der 1950er Jahre aus der DDR gekommen war, wo er 1948 aus politischen Gründen im Zuchthaus gesessen hatte.[3] Als erste Mitarbeiterin kam Rosa Wallbaum ins Haus, die bis dahin die Frauenarbeit im Landesverband geleitet hatte. Ihre Hauptaufgabe war auch in Malente zunächst Bildungsarbeit für Frauen:
"Ich habe [...] mich mit den Frauengruppenleiterinnen in Verbindung gesetzt und gesagt: 'Hier findet dieses und jenes Seminar statt. Kannst du Frauen benennen oder kannst du selbst teilnehmen?' Ich habe auch die Parteibüros immer wieder angerufen und gesagt: 'Könnt ihr mal die Frauen mobilisieren?' [...] Damals hatten ja noch längst nicht alle Frauen oder Familien Telefon, aber wir kriegten wirklich Frauenseminare voll. [...]
Wir wollten, daß auch die Frauen auf dem flachen Land sich an der Kommunalpolitik beteiligen. Die waren überhaupt nicht dazu imstande, die Partei konnte ihnen nicht genügend Material und Wissen liefern. Wir haben kommunalpolitische Seminare gemacht und Rhetorikseminare und auch eine Gemeinderatssitzung durchgespielt. [...] Es ist uns gelungen, Frauen die Scheu zu nehmen, zu sprechen, gerade die vom Lande kamen. Ich habe nachher soviel gehört, daß da Frauen plötzlich in die kleinen Gemeindevertretungen kamen und haben erstmal aufgeräumt. Die waren vorher nie vorgesehen und wären es auch nie geworden, wenn sie nicht das Wissen gehabt hätten."[4]
1970 konnten im Haus 52 Seminare mit insgesamt 344 Teilnehmerinnen und 897 Teilnehmern durchgeführt werden. 1971 waren es bereits 70 Seminare mit insgesamt 481 Teilnehmerinnen und 1287 Teilnehmern. Anfang 1972 wurde der Ausbau der Bildungsstätte angekündigt; man wollte die Möglichkeit schaffen, zwei Tagungen parallel durchzuführen.[5]
Bekannte Mitglieder der schleswig-holsteinischen SPD wie Gerd Walter oder Willi Piecyk begannen ihre Laufbahn als Studienleiter in Malente. Viele ReferentInnen wurden für bestimmte Themen von außen verpflichtet, so Jochen Steffen oder Reimut Jochimsen - gleichzeitig Vorstandsmitglied - der auch seine Assistenten ins Haus brachte, etwa Jürgen Bertram.[6]
Gustav-Heinemann-Bildungsstätte
Seit 1983 trägt die Akademie den Namen "Gustav-Heinemann-Bildungsstätte" - benannt nach dem ersten sozialdemokratischen Bundespräsidenten Gustav Heinemann.
2005 wurde das Gebäude umfassend modernisiert. Der Vorwärts berichtete:
"Viele Genossinnen und Genossen verbinden mit der Gustav-Heinemann-Bildungsstätte Erinnerungen an interessante Seminare in gemütlicher Umgebung. Am 19. August hat die Weiterbildungseinrichtung nach umfangreichen Umbauten und Modernisierungen neu eröffnet.
Über 750 000 Euro hat die Runderneuerung gekostet, zur Hälfte aus Mitteln des Regionalprogramms des Landes gefördert. Fenster, Elektrik und Küche wurden erneuert, alle Zimmer renoviert und mit neuen Möbeln ausgestattet. Durch den Umbau wurde ein weiterer Gruppenraum geschaffen. Alle Tagungsräume verfügen über einen Computer mit Internet-Anschluss. In 17 Doppel- und 27 Einzelzimmern finden bis zu 61 Gäste Unterkunft.
Fürs leibliche Wohl sorgt die hauseigene Küche mit täglich drei Mahlzeiten und zusätzlichem Nachmittags- und Pausenkaffee. Eine besondere Attraktion ist nach wie vor die Lage: direkt am Kellersee, mit eigenem Bootssteg. "Nicht nur die Inhalte, sondern auch der äußere Rahmen, das Ambiente muss stimmen, um erfolgreich in einer Bildungsstätte politische Bildung betreiben zu können", stellte Innenminister Dr. Ralf Stegner dazu in seiner Rede fest.
Thomas Krüger, Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung, stellte die Bedeutung der Bildungsangebote für Partizipation und Engagement der Bürger heraus."[7]
Am 11. November 2019 konnte das 50jährige Bestehen der Gustav-Heinemann-Bildungsstätte mit einer großen Veranstaltung gefeiert werden. Jürgen Weber skizzierte die Geschichte, die er zu großen Teilen selbst miterlebt und -gestaltet hatte, und verriet z.B., dass seit 1969 ca. 40.000 Menschen die Seminare besucht hätten[8]. Die neuen Leiterinnen Anastasia Brack und Gesa Grube-Bente stellten sich im Gespräch mit Uwe Danker vor, und der ehemalige, aber nach wie vor aktive Leiter Fiete Büßen erhielt zum Dank ein umfangreiches Buchgeschenk.
Trägerverein
Im gemeinnützigen Verein, von dem die Bildungsstätte seit 1968 getragen wird, kann jeder Mensch Mitglied werden, der seine Ziele teilt. Der Jahresbeitrag liegt bei etwa 25 Euro. Der Vorstand des Trägervereins ist verantwortlich für die inhaltliche Ausrichtung und wirtschaftliche Sicherstellung der Arbeit der Bildungsstätte - Aufgaben, die in der Regel bei der Geschäftsleitung liegen, hier aber traditionell beim Vorstand.
Vorsitzende seit der Gründung:
- 2007 - heute: Uwe Danker
- 1997 - 2007: Heinz Welbers
- ca. 1973 - 1997: Werner Braun
- 1968 - ca. 1973: ?
Stellvertretender Vorsitzender war von 1970 bis 2012 Günther Jansen. Er und seine Frau schieden gleichzeitig auf eigenen Wunsch aus. Zu ihrem Abschied sagte Uwe Danker:
"Seit 1970 [...] habe Günther Jansen als stellvertretender Vorsitzender der Bildungsstätte zu einem bundesweit hohen Ansehen verholfen [...]. Mit sehr viel Fingerspitzengefühl, Umsicht und unermüdlichem Einsatz bei der Suche nach Kooperationspartnern, Zuschussgebern und Unterstützern sei es dem Ehepaar Jansen im Laufe der Jahrzehnte gelungen, die Bildungsstätte auf solide Beine zu stellen."[9]
Hauptamtliche Beschäftigte
Die Leitung der Bildungsstätte hatten bisher:
- seit 2023 Gesa Grube-Bente / Friederike Bartels
- seit 1. Mai 2019 Gesa Grube-Bente / Anastasia Brack
- bis 2019 Anastasia Brack
- bis 2018 Kilian Lembke
- bis 2017 Hauke Petersen
- bis 2013 Knud Andresen
- bis 2012 Friedrich Büßen
- bis 1974 Heinz Kade
Bekannte ehemalige MitarbeiterInnen waren unter anderen
- Sabine Jansen (Verwaltung, 1974-2012)
- Willi Piecyk (Studienleiter)
- Rosa Wallbaum (Studienleiterin, 1967-1974)
- Gerd Walter (Studienleiter)
Am 14. September 2009 wurde der große Seminarraum nach Jochen Steffen benannt, ein anderer nach Willi Piecyk und die Bibliothek nach Rosa Wallbaum.
Rosa Wallbaum hatte nach ihrer hauptamtlichen Zeit noch bis etwa 1995 ehrenamtlich Seminare geleitet, nicht zuletzt die Himmelfahrtstagungen der Juso 22.
Beirat für Geschichte
In der GHB ist auch der Beirat für Geschichte der Arbeiterbewegung und Demokratie in Schleswig-Holstein, heute kurz Beirat für Geschichte, angesiedelt. Er wurde 1984 gegründet, um "schleswig-holsteinische Geschichtsschreibung aus einer anderen Perspektive" zu ermöglichen, wie er auf seiner Homepage schreibt. Seitdem sind (bis 2020) 30 Bände der Zeitschrift Demokratische Geschichte (DG) sowie 22 Sonderveröffentlichungen erschienen, die diesen Anspruch einlösen. Die Aufsätze der Zeitschrift sind - bis auf den jeweils letzten Band - als PDFs auf der Homepage abrufbar.
Der Beirat für Geschichte wird von einem Verein getragen, in dem jeder Mensch, der seine Ziele teilt, für den Jahresbeitrag von etwa 20 Euro Mitglied werden kann; die Zeitschrift erhalten Mitglieder kostenlos. Vorsitzender ist zur Zeit Uwe Danker, Geschäftsführer Jürgen Weber.
Links
- Homepage: heinemann-bildungsstaette.de
- Homepage: Beirat für Geschichte
Einzelnachweise
- ↑ Kalweit, Susanne (Hrsg.): "Ich hab' mich niemals arm gefühlt!" Die Kielerin Rosa Wallbaum berichtet aus ihrem Leben (Berlin / Hamburg 2010), ISBN 978-3-86850-644-0, S. 155
- ↑ SPD Schleswig-Holstein (Hrsg.): Politik und Organisation, Ausgabe zum Landesparteitag 1969 in Husum, der kurzfristig nach Tönning verlegt werden musste.
- ↑ Rieke, Dieter (Hg.): Sozialdemokraten als Opfer im Kampf gegen die rote Diktatur. Arbeitsmaterialien zur politischen Bildung (2. Auflage, Bonn 1994), S. 9
- ↑ Kalweit, Susanne (Hrsg.): "Ich hab' mich niemals arm gefühlt!" Die Kielerin Rosa Wallbaum berichtet aus ihrem Leben (Berlin / Hamburg 2010), S. 157 ff., ISBN 978-3-86850-644-0
- ↑ Bildungsstätte "Haus Seehof" soll jetzt ausgebaut werden, Kieler Nachrichten, 31.1.1972
- ↑ Kalweit, Susanne (Hrsg.): "Ich hab' mich niemals arm gefühlt!" Die Kielerin Rosa Wallbaum berichtet aus ihrem Leben (Berlin / Hamburg 2010), S. 160, ISBN 978-3-86850-644-0
- ↑ Vorwärts 9/2005
- ↑ Wir in Schleswig-Holstein, vorwärts extra 6/2019, S. I
- ↑ bsh: Nach über 40 Jahren: Ende der Ära Jansen, Ostholsteiner Anzeiger, 8.2.2012