Kabinett Lüdemann I

Aus SPD Geschichtswerkstatt
Hermann Lüdemann, Bruno Diekmann und Wilhelm Käber

In der ersten Landtagswahl nach dem Ende des Nationalsozialismus am 20. April 1947 erhielten die Sozialdemokraten mit 43,8 % die Mehrheit der abgegebenen Stimmen und doppelt so viele Sitze wie die CDU. Als dritter Gruppierung war dem Südschleswigschen Verein (SSV) der Einzug in den Landtag gelungen. Die SPD bildete unter Hermann Lüdemann die erste von einem frei gewählten Landtag gewählte Landesregierung in Nachkriegsdeutschland. Sie amtierte bis zu Hermann Lüdemanns Rücktritt am 29. August 1949.

Bis zur Landtagswahl 1947 hatten Regierungen gearbeitet, die von der britischen Militärregierung ernannt wurden. Sie bestanden aus Mitgliedern von SPD, CDU und KPD. Die SPD beschloss auf Grund des deutlichen Wahlergebnisses, eine Alleinregierung zu bilden und den Vorsitzenden der CDU-Fraktion mit Oppositionsrechten nach britischem Vorbild auszustatten. Außerdem wurde das Kabinett von 10 auf 6 Personen verkleinert. Hermann Lüdemann, der schon im Kabinett von Theodor Steltzer stellvertretender Ministerpräsident gewesen war wurde Ministerpräsident, Bruno Diekmann wurde stellvertretender Ministerpräsident.[1]

Die Staatssekretäre (damals noch "Landesdirektor") wurden größtenteils aus dem vorigen Kabinett übernommen und dienten teilweise noch über die SPD-Regierungszeit hinaus. Der parteilose Fritz Sureth bspw. hat noch bis 1965 unter insgesamt sieben Ministerpräsidenten als Staatssekretär im Wirtschafts- und Verkehrsministerium gearbeitet.

Die Aufgaben der Regierung waren riesig, wie sie selbst in ihrem Rechenschaftsbericht schreibt:

"[…] was wir im April 1947 vorgefunden haben. Überbevölkerung, Demontagen, zerstörte und stillgelegte Werften und industrielle Betriebe, Hunger, niedrige Arbeitsleistungen, Energie-, und Rohstoffmangel, durch Inflation verschleierte Arbeitslosigkeit, Auflösung der sozialen Ordnung, Desorganisation der Verwaltung, durch die Besatzungsmacht lahmgelegte Initiative der Deutschen zum Wiederaufbau […] Damals gehörte nicht nur Verantwortungsbewußtsein, sondern auch Mut zur Unpopularität dazu, die Regierungsgeschäfte in die Hand zu nehmen in einem Land, daß von allen Ländern Westdeutschlands die größten sozialen Gegensätze in sich barg, in einem Land, dessen Bevölkerung sich nahezu verdoppelt hatte, ohne daß auch nur die ökonomischen und sozialen Voraussetzungen für die Sicherung einer neuen Lebensexistenz für die Heimatlosen und Entrechteten geschaffen wurden, das auch selbst nicht lebensfähig war […]"[2]

Der Versorgung der Bevölkerung war so schlecht, dass in der ersten Hälfte 1947 immer wieder zu Hungerdemonstration in den größeren Städten kam. Hinzu kam, dass es die Bundesrepublik, das Grundgesetz und den übergeordneten Gesetzgeber noch nicht gab.

Darüber hinaus hielt Hermann Lüdemann Schleswig-Holstein nicht für dauerhaft wirtschaftlich überlebensfähig. 1937 hatten die Nazis Lübeck der preußischen Provinz Schleswig-Holstein zugeschlagen, dafür aber die Industriestädte wie Altona, Wandsbek und Ottensen an Hamburg verschoben. Durch die Zone-Aufteilung hatte Lübeck einen Teil seinen wirtschaftlichen Hinterlands verloren. Gleichzeitig hatten die Briten Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen gegründet, wo sich praktisch die gesamte deutsche Industrie befand. Hermann Lüdemann plädierte für eine anderen gleichmäßigere Aufteilung der Bundesländer. Er sagte: "Wirtschaftlich gesehen ist das Land nichts weiter als ein Wurmfortsatz der Hamburger Lombardsbrücke."[3]

Die Verkleinerung des Kabinetts funktionierte nicht gut. Da die Arbeit aber nicht weniger geworden war, erweiterte Hermann Lüdemann am 6. November 1947 das Kabinett um das Innen- und das Justizministerium und das Ministerium für Umsiedlung und Aufbau.[1]

Als Erich Arp am 2. Februar 1948 aus der Regierung ausschied, wechselte Bruno Diekmann ins Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und Ludwig Preller wurde Minister für Arbeit, Wirtschaft und Verkehr.

Am 24. Januar 1949 schieden Kurt Pohle und Wilhelm Kuklinski aus der Regierung aus und das Volksbildungsministerium wurde von anderen Ministerien mitgeführt, während Walter Damm das Sozialministerium übernahm.

Zusammensetzung

Staatskanzlei

Innenministerium

Ab 9. Januar 1948 verantwortlich für Entnazifizierung.

Finanzministerium

Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten

Ministerium für Wirtschaft und Verkehr

(ab 6. August 1948 "Ministerium für Arbeit, Wirtschaft und Verkehr")

Ministerium für Volksbildung

Ministerium für Wohlfahrt, Arbeit und Gesundheitswesen

(ab 6. August 1948 "Ministerium für Wohlfahrt und Gesundheitswesen")

Justizministerium

Ministerium für Umsiedlung und Aufbau

(ab 24. Januar 1949 Sozialministerium)

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Osterroth, Franz: 100 Jahre Sozialdemokratie in Schleswig-Holstein. Ein geschichtlicher Überblick (Kiel o. J. [1963]), Seite 128
  2. zitiert nach: Osterroth, Franz: 100 Jahre Sozialdemokratie in Schleswig-Holstein. Ein geschichtlicher Überblick (Kiel o. J. [1963]), Seite 128
  3. zitiert nach: Ungefähres Gegenteil, DER SPIEGEL, 19.4.1971
  4. Personalamt Kiel: Beruflicher Werdegang Oberbürgermeister Dr. Müthling (auf der Grundlage der Personalakte beim Landes-Innenministerium), 25. Oktober 1965, Stadtarchiv Kiel-ZAS