Willy Brandt: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Willy Brandt''' (geb. Herbert Frahm), * [[18. Dezember]] [[1913]] in Lübeck, † [[8. Oktober]] [[1992]] in Unkel, Lkr. Neuwied; Journalist. Parteivorsitzender von [[1964]] bis [[1987]].
 
Dreimal verheiratet, eine Tochter, drei Söhne - den Historiker Prof. [[Peter Brandt]], den Künstler Lars und den Schauspieler Matthias. Mitglied der SPD von [[1930]] bis [[1931]], dann wieder nach der Rückkehr aus der Emigration.


== Werdegang ==
== Werdegang ==

Version vom 1. Oktober 2018, 17:44 Uhr

Willy Brandt
Willy Brandt
Willy Brandt
Geboren: 18. Dezember 1913
Gestorben: 8. Oktober 1992

Willy Brandt (geb. Herbert Frahm), * 18. Dezember 1913 in Lübeck, † 8. Oktober 1992 in Unkel, Lkr. Neuwied; Journalist. Parteivorsitzender von 1964 bis 1987.

Dreimal verheiratet, eine Tochter, drei Söhne - den Historiker Prof. Peter Brandt, den Künstler Lars und den Schauspieler Matthias. Mitglied der SPD von 1930 bis 1931, dann wieder nach der Rückkehr aus der Emigration.

Werdegang

Der unehelich geborene Arbeitersohn absolvierte - unterstützt von seinem politisch denkenden Großvater - in Lübeck das Gymnasium und lieferte schon in dieser Zeit erste journalistische Arbeiten. Dadurch lernte er seinen Mentor Julius Leber kennen. Er war in der Sozialistischen Arbeiterjugend (SAJ) aktiv und nahm 1928 an der Kinderrepublik Estetal teil, wo er - vermutlich als gewählter Lagerältester - Kurt Löwenstein, den Reichsvorsitzenden der Kinderfreunde, begrüßen musste, der ihm "zu weniger Feierlichkeit riet".[1] In Estetal lernte ihn auch Rosa Wallbaum kennen:

"Ich bin begeistert von Willy Brandt, wie klug dieser Junge gewesen ist, wie weitschauend seine ganzen Gedanken! [...] Er hatte damals schon Format."[2]

1929 nahm er an der Kinderrepublik Namedy/Rheinland und 1930 an der Kinderrepublik bei Lübeck teil, offenbar auch an deren Organisation.[3]

1931 entzweite er sich mit der SPD über ihre politische Haltung, die ihm zu wenig radikal war, und trat der weiter links stehenden Sozialistischen Arbeiterpartei (SAP) bei. In der SAJ hatte er Gertrud Meyer kennengelernt, die ihm in die SAP und später auch nach Norwegen folgte.[4]

Im März 1933 floh er unter dem Decknamen 'Willy Brandt' vor den Nationalsozialisten nach Norwegen, wurde norwegischer Staatsbürger[5] und leitete unter anderem den Sozialistischen Jugend-Verband Deutschlands (SJVD), die Jugendorganisation der SAP. Als die Deutschen Norwegen besetzten, konnte er nach Schweden fliehen.

1945 kehrte er, zunächst als Korrespondent einer Osloer Zeitung, nach Deutschland zurück, berichtete unter anderem über die Nürnberger Prozesse. Alte Genossen in Lübeck, das er im November kurz besuchte, trugen ihm erfolglos den Vorsitz der Lübecker SPD an[6], jedoch beschäftigten ihn die Verhältnisse in Deutschland zunehmend. Im April 1946 signalisierte er dem Parteivorstand, dass er bereit sei, auf Dauer zurückzukommen, "falls die Bewegung für mich [...] Verwendung zu haben glaubt."[7] Zunächst gab es jedoch wenig Aussicht darauf, da Brandt unter den alten Funktionären als tüchtig, aber auch umstritten galt.[8] Außerdem wurde gestreut, er habe die Partei und ihren Vorsitzenden Kurt Schumacher in der skandinavischen Presse schlecht gemacht. Sein Mit-Emigrant Fritz Bauer versicherte Schumacher hingegen,

"er habe über ihn 'keinesfalls etwas Ungünstiges gesagt. Er gibt Genossen, die ihn für einen 'Windhund' halten, weil er manchmal smart ist wie ein Amerikaner. Daran ist etwas Richtiges, er ist in der Emigration ein an den Westen, insbesondere Amerika, assimilierter Journalist geworden.' Brandt gewinne aber auf diese Weise 'in internationalen Kreisen leicht Freunde.'"[9]
Willy Brandt verlässt nach einer Rede im Bundestagswahlkampf 1972 mit sozialistischem Gruß die Kieler Ostseehalle. Rechts neben ihm Norbert Gansel.

Als Brandt im Mai 1946 den Parteitag der SPD in Hannover besuchte, erwarteten ihn jedoch neben solchen Unerfreulichkeiten auch Angebote; unter anderem bemühten sich Lübecker Genossen weiterhin, ihn zur Rückkehr zu bewegen, etwa als Chefredakteur der Lübecker Freien Presse, dem Nachfolgeblatt des Lübecker Volksboten. Der konservative Oberpräsident der Provinz, Theodor Steltzer, bot ihm an, Bürgermeister von Lübeck zu werden. Die beiden kannten sich aus der Widerstandsarbeit in Skandinavien.[10]

Diesen Bemühungen setzte erst Willy Brandts Entscheidung vom Oktober, als Presseattaché zur norwegischen Botschaft in Berlin zu gehen, ein Ende.[11] Dadurch verlagerte sich sein persönlicher und politischer Schwerpunkt dauerhaft nach Berlin, wo er mit Ernst Reuter wieder einen Förderer fand, der seine Qualitäten erkannte.

Am 1. Juli 1948 gab ihm die sozialdemokratische Landesregierung Schleswig-Holsteins die deutsche Staatsbürgerschaft zurück, die ihm die Nazis genommen hatten.

Er blieb Lübeck, Schleswig-Holstein und den alten Genossinnen und Genossen dort auch als Regierender Bürgermeister von Berlin und als Bundes- und Weltpolitiker weiterhin verbunden. So empfing er im Verlauf einer Bundesfrauenkonferenz in der Berliner Kongresshalle 1958 die schleswig-holsteinischen Delegierten:

"Berta Wirthel aus Lübeck war dabei [...]. Er sieht sie, sagt 'Berta!', und sie geht hin und sagt: 'Na, mien Jung, wie geiht di dat?' In Platt und so richtig von Mutter zu Sohn [...]. Die Menschlichkeit, die menschliche Seite von Willy Brandt kam da ganz deutlich zum Ausdruck."[12]

Am 21./22. März machte er - unmittelbar vor seinem Rücktritt als Parteivorsitzender - auf einem Frühjahrstreffen der SPD in Norderstedt den Wunsch öffentlich, Oskar Lafontaine als seinen Nachfolger aus der "Enkel-Generation" zu sehen.[13]

Literatur

Links

Quellen

  1. Wein: Willy Brandt, S. 54
  2. Susanne Kalweit (Hg.): "Ich hab mich niemals arm gefühlt!", S. 141
  3. Wein: Willy Brandt, S. 55
  4. Wein: Willy Brandt, S. 56, 103
  5. Nicht im Alltag, aber im Verkehr mit den Behörden benutzte er weiterhin seinen Geburtsnahmen. Vgl. Wein: Willy Brandt, S. 221
  6. Wein: Willy Brandt, S. 304
  7. Wein: Willy Brandt, S. 328
  8. Wein: Willy Brandt, S. 351
  9. Wein: Willy Brandt, S. 351
  10. Wein: Willy Brandt, S. 354
  11. Wein: Willy Brandt, S. 366
  12. Susanne Kalweit (Hg.): "Ich hab mich niemals arm gefühlt!", S. 142
  13. Volmer, Hubertus: "Tittensozialismus" Als Brandt die Brocken hinwarf bei: n-tv.de, 23.3.2012