Wilhelm Gülich: Unterschied zwischen den Versionen

Aus SPD Geschichtswerkstatt
Keine Bearbeitungszusammenfassung
Skw (Diskussion | Beiträge)
KKeine Bearbeitungszusammenfassung
Markierung: 2017-Quelltext-Bearbeitung
Zeile 64: Zeile 64:
[[Kategorie:Kreisverband Herzogtum Lauenburg]]
[[Kategorie:Kreisverband Herzogtum Lauenburg]]
[[Kategorie:Widerstand]]
[[Kategorie:Widerstand]]
[[Kategorie:DNVP]]

Version vom 13. November 2022, 04:04 Uhr

Wilhelm Gülich
Wilhelm Gülich
Wilhelm Gülich
Geboren: 7. Juni 1895
Gestorben: 15. April 1960

Prof. Dr. sc. pol. Wilhelm Daniel Johannes Otto Gülich, * 7. Juni 1895 in Sachsenberg/Waldeck, † 15. April 1960 in Bad Pyrmont; Direktor der Bibliothek des Instituts für Weltwirtschaft in Kiel, Finanzminister. Mitglied der SPD seit 1945.

Leben & Beruf

Wilhelm Gülich war Sohn eines hessischen Bauunternehmers. Er neigte der Jugendbewegung zu, reiste mehrfach ins europäische Ausland, vor allem nach Südosteuropa, und arbeitete zeitweise im Ruhrgebiet als Hochofenarbeiter. Wegen einer schweren Augenverletzung konnte er zunächst die Schule nicht abschließen.[1] 1914 ging er als Kriegsfreiwilliger in den Ersten Weltkrieg. Danach legte er als Externer das Abitur ab und studierte von 1919 bis 1924 Nationalökonomie, Rechtswissenschaft und Geographie an den Universitäten Marburg, Wien und Kiel, wo ihn Ferdinand Tönnies und Bernhard Harms maßgeblich beeinflussten. Beim Letzteren schloss er 1924 seine Promotion als Dr. sc. pol. ab.

Im selben Jahr wurde er von Bernhard Harms beauftragt, eine Bibliothek für das Instituts für Weltwirtschaft aufzubauen[2], die er zur führenden Fach- und Forschungsbibliothek der Wirtschaftswissenschaften entwickelte. [3]

Er "verwirklichte hier einen neuen Typ der Fachbibliothek, der nach Inhalt und Form von den übrigen Bibliotheken erheblich abwich, sich in den dreieinhalb Jahrzehnten unter seiner Leitung zu einer der größten und angesehensten Sammelstellen sozialwissenschaftlicher Forschungsgrundlagen in der Welt entwickelte und zum Vorbild einer Reihe anderer Bibliotheken im In- und Ausland wurde."[4]

Er blieb auch während der NS-Herrschaft Direktor, wurde 1942 sogar zum Honorar-Professor für Schrifttumskunde der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften ernannt[5]. Ab 1941 leitete er nebenamtlich die Bibliothek des Deutschen Auslandswissenschaftlichen Instituts. Eine Widerstandsgruppe um Erich Arp versorgte er mit Auslandsinformationen.[6] Während des Zweiten Weltkrieges ließ er die Bibliothek seines Instituts in den Ratzeburger Dom auslagern, so dass sie unbeschadet den Krieg überstand. Seine engste Mitarbeiterin und später Stellvertreterin, die Sozialwissenschaftlerin Dr. Gertrud Savelsberg, unterstützte ihn dabei und nach 1945 auch in seiner politischen Arbeit.

Nach dem Ende der NS-Herrschaft ruhte seine Position ab 1946. Dies scheint seine Ursache nicht in seinen Kompromissen mit der NSDAP gehabt zu haben (der er nie beitrat); die Studie von Danker/Lehmann-Himmel ordnet ihn unter den fünf möglichen Kategorien als "angepasst/ambivalent"[7] und darin als "Jongleur" ein[8]. Die Unterbrechung scheint eher den Nachkriegsverhältnissen und dann seinem politische Wirken geschuldet gewesen zu sein. Ab 1950 vereinbarte er seine Direktorenfunktion mit seinem Bundestagsmandat.

Zu allem anderen übernahm er von 1946 bis 1952 den Vorsitz des Vereins für das Büchereiwesen in Schleswig-Holstein, gehörte in dieser Zeit dem Vorstand der Gesellschaft zur Förderung der Inneren Kolonisation, dem Verwaltungsrat des Instituts für Auslandsbeziehungen, dem Aufsichtsrat der Wirtschaftsaufbaukasse Schleswig-Holstein AG und der Schleswig-Holsteinischen Landgesellschaft an. Ab 1955 war er Präsident der Südosteuropa-Gesellschaft München sowie Mitglied des Ostdeutschen Kulturrates.

Während seiner Zeit als Abgeordneter des Bundestags war er führend am Aufbau von dessen Bibliothek beteiligt, die er nach den Grundsätzen seiner eigenen Institutsbibliothek ausrichtete.[9]

Wilhelm Gülich war zweimal verheiratet und hatte aus der ersten Ehe drei, aus der zweiten zwei Kinder. Er war evangelisch.[10]

Partei & Politik

Von 1919 bis 1921 war Wilhelm Gülich Mitglied der nationalkonservativen Deutschnationalen Volkspartei (DNVP), die sich später zu einem Wegbereiter der Nazis entwickelte.

Von 1927 bis 1933 gehörte er - mit Ferdinand Tönnies und anderen Demokraten - dem Republikanischen Klub in Kiel an.[6] Nach dem Ende der NS-Herrschaft trat er 1945 der SPD bei.[6]

Vom 14. Januar 1946 bis August 1948 war er Landrat des Kreises Herzogtum Lauenburg und Vorsitzender des Schleswig-Holsteinischen Landkreistages, ab 1947 auch Präsidialratsmitglied des Deutschen Landkreistages. Von seinem Amt als Landrat trat er im August 1948 zurück, nachdem seine Arbeit von der CDU heftig angegriffen worden war und er die Vertrauensfrage gestellt hatte; das Votum ging 20 zu 19 gegen ihn aus.[11]

Landesebene

In der Landtagswahl 1947 wurde er im Wahlkreis 42 (Lauenburg-Elbe) in den Landtag gewählt. Dort übernahm er von 1947 bis 1949 die Funktion des parlamentarischen Vertreters des Landwirtschaftsministers, gleichzusetzen mit der Funktion des parlamentarischen Staatssekretärs, die es im Landtag von Schleswig-Holstein heute nicht mehr gibt. Landwirtschaftsminister Erich Arp berief ihn zum Vorsitzenden des Beirates für die Bodenreform.

Nach dem Rücktritt des Kabinetts Lüdemann wurde er am 29. August 1949 im Kabinett von Ministerpräsident Bruno Diekmann Finanzminister des Landes Schleswig-Holstein.

Bei der Bundestagswahl 1949 wurde Wilhelm Gülich für den Wahlkreis 14 (Herzogtum Lauenburg) in den Bundestag gewählt, in den beiden folgenden Wahlen, 1953 und 1957, erhielt er sein Mandat jeweils über die Liste. Er starb anderthalb Jahre vor Ende der Legislaturperiode.[12]

Literatur

  • Baade, Fritz: Wilhelm Gülich in Memoriam (1895–1960). In: Weltwirtschaftliches Archiv, Band 84 (1960)
  • Engelbrecht, Ernst / Diekmann, Bruno / Greeven, Heinrich / Hoffmann , Wilhelm / Schrötter, Erich / Zotschew, Theodor / Otto, Frieda / Krull, Christian/ Vogel, Rudolf / Hunke, Waltraud: Wilhelm Gülich zum Abschied. Redemanuskripte und Würdigungen vom 21. April 1960 (Druck: Fotostelle der Bibliothek für Weltwirtschaft, Kiel 1960)
  • Otto, Frieda: Gülich, Wilhelm Johannes Daniel Otto. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 7 (Duncker & Humblot, Berlin 1966) ISBN 3-428-00188-5, S. 256 f. (Digitalisat)
  • Savelsberg, Gertrud: Gülich, Wilhelm Daniel Johannes Otto. In: Klose, Olaf (Hg.): Schleswig-Holsteinisches Biographisches Lexikon, Bd. 1 (Neumünster 1970), S. 151–154
  • Weitere Literatur siehe Wikipedia: Wilhelm Gülich

Links

Einzelnachweise

  1. Otto, Frieda: Gülich, Wilhelm Johannes Daniel Otto. In: Neue Deutsche Biographie (NDB), Band 7, S. 256 f.
  2. Otto, Frieda: Gülich, Wilhelm Johannes Daniel Otto. In: Neue Deutsche Biographie (NDB), Band 7, S. 256 f.
  3. Wikipedia: Wilhelm Gülich, abgerufen 8.12.2020
  4. Otto, Frieda: Gülich, Wilhelm Johannes Daniel Otto. In: Neue Deutsche Biographie (NDB), Band 7, S. 256 f.
  5. Otto, Frieda: Gülich, Wilhelm Johannes Daniel Otto. In: Neue Deutsche Biographie (NDB), Band 7, S. 256 f.
  6. 6,0 6,1 6,2 Martens, Holger: Die Geschichte der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands in Schleswig-Holstein 1945 - 1959 (Malente 1998), ISBN 3-933862-24-8, Seite 551
  7. Vgl. Danker/Lehmann-Himmel, S. 173. Die fünf Kategorien lauten "exponiert nationalsozialistisch", "systemtragend karrieristisch", "ns-sozialisiert", "angepasst/ambivalent" und "oppositionell 'gemeinschaftsfremd'".
  8. Danker/Lehmann-Himmel, S. 279. Grundlage ihrer Einordnung sind Akten im Landesarchiv (LASH Abt. 460.5, Nr. 346, Abt. 605 Nr. 1992, Fasz. 7) und das Biografische Lexikon für Schleswig-Holstein und Lübeck (SHBL), Band 1 (1970), S. 151-153
  9. Gutachten zum Aufbau einer Bundestagsbibliothek unter Mitwirkung der Bibliothek des Instituts für Weltwirtschaft in Kiel vom 8.2.1950. ZBW - Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft (Sig.: C 156698)
  10. Otto, Frieda: Gülich, Wilhelm Johannes Daniel Otto. In: Neue Deutsche Biographie (NDB), Band 7, S. 256 f.
  11. Landrat Gülich zurückgetreten, Lübecker Nachrichten, 14.8.1948
  12. Vgl. Landtagsinformationssystem: Wilhelm Gülich, abgerufen 9.12.2020