Rolf Fischer
Rolf Fischer |
Karl-Rudolf 'Rolf' Fischer, * 6. August 1954 in Adelebsen/NDS; Bibliotheksassistent, Politikwissenschaftler. Verwitwet, drei Kinder. Evangelisch. Mitglied der SPD im Kreisverband Kiel seit 1982.
Werdegang
"Ich kenne Zeiten mit und ohne Arbeit; habe mein Abitur auf dem Abendgymnasium nachgeholt und in dieser Zeit tagsüber als Bibliotheksangestellter gearbeitet. [...] Durch Lianne Paulina-Mürl, deren Wahlkreismitarbeiter ich während meines Studiums wurde [...], bin ich in direkten Kontakt mit der Landespolitik gekommen."[1]
Rolf Fischer kam über Göttingen und Oldenburg/Old. 1979[2] nach Kiel, um Politikwissenschaft, Volkskunde und Germanistik mit dem Abschluss Magister (M.A.) zu studieren.
Kommunalpolitisch war er bis 1995 hauptsächlich im Ortsverein Kiel-West aktiv, u.a. bei der Herausgabe der OV-Zeitung Westwind, später im Ortsverein Suchsdorf. An älteren Genossen, die ihn durch ihr Vorbild zum Eintritt in die SPD bewogen, nennt er Julius Bredenbeck und Bernhard Jansen.
Nach dem Regierungswechsel 1987 wurde er zunächst Persönlicher Referent der zur Landtagspräsidentin gewählten Lianne Paulina-Mürl, dann Leiter des Präsidialbüros beim Schleswig-Holsteinischen Landtag und blieb dies auch unter ihren AmtsnachfolgerInnen Heinz-Werner Arens und Ute Erdsiek-Rave. Gleichzeitig leitete er das Referat für Europa- und Minderheitenfragen, bis er 2000 selbst in den Landtag gewählt wurde.
Parteifunktionen
- 4. März 1995-14. Oktober 2000 und 24. Januar 2004-2. Februar 2013 Vorsitzender des Kreisverbandes Kiel
- Zeitweise Sprecher der Arbeitsgemeinschaft "SPD und Kirchen" in Schleswig-Holstein
- Bis 2012 Vorstandsmitglied des Europaforums der SPD Schleswig-Holstein
- Seit Februar 2013 einer der Sprecher für den Arbeitskreis Geschichte der Kieler SPD
Landtag
- 28. März 2000-12. Juni 2012 MdL für den Wahlkreis 13 (vorher 15, vorher 17) (Kiel-Nord), jeweils direkt gewählt, 2000 mit 48,9%, 2005 mit 45,7%, 2009 mit 33,2%, 2012 mit 39,8% der abgegebenen Erststimmen.
- 28. März 2000-17. März 2005 Vorsitzender des Europaausschusses, stellv. Mitglied im Eingabenausschuss
- 2000-2001 und 2005-2009 stellv. Mitglied im Bildungsausschuss
- 2000-2012 kirchenpolitischer Sprecher der Fraktion
- 27. April 2005-12. Juni 2012 Mitglied im Europaausschuss, stellv. Mitglied im Petitionsausschuss
- 19. November 2001-17. März 2005 Mitglied im Bildungsausschuss
- 2000-2009 minderheitenpolitischer Sprecher der Fraktion
- 6. Mai 2002-12. November 2004 Stellv. Vorsitzender des 2. Parlamentarischen Untersuchungsausschusses ("Untersuchungsausschuss zur Klärung von Rechtsverletzungen")
- 2005-2012 Mitglied des Fraktionsvorstandes, europapolitischer Sprecher der Fraktion
- 2005-2009 Vorsitzender des Fraktionsarbeitskreises Justiz, Arbeit und Europa
- 2009-2012 Vorsitzender des Arbeitskreises Europa und Minderheiten
- bis 2012 Mitglied im Fraktionsarbeitskreis Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kultur
Europapolitik
Als überzeugter Europäer engagierte sich Rolf Fischer nicht nur im Landtag für Europapolitik. Er kandidierte für die Europawahl am 13. Juni 2004 auf Platz 2 der Landesliste. Von 2006 bis 2008 war er außerdem stellvertretender Landesvorsitzender der Europa-Union Schleswig-Holstein. Er setzt sich ein für ein "Europa der Regionen", in dem sich die europäische und die regionale Ebene ergänzen, und auch für ein "soziales Europa", das nicht allein die wirtschaftliche Liberalisierung verfolgt, sondern auch soziale Gerechtigkeit für alle, die in ihm leben.[3]
Minderheitenpolitik
Fast 20 Jahre lang war Rolf Fischer durch seine Arbeit - zunächst als Referatsleiter, dann als minderheitenpolitischer Sprecher seiner Fraktion im Landtag - geschätzter Ansprechpartner für die deutsche Minderheit in Nordschleswig.[4] Als Abgeordneter setzte er sich dafür ein, nach den schleswig-holsteinischen Minderheiten der Dänen und Friesen auch die der Sinti und Roma in die Landesverfassung aufzunehmen. Dies gelang erst kurz nach seinem Ausscheiden aus dem Landtag, am 14. November 2012.
Landesregierung
Am 12. Juni 2012 wurde Rolf Fischer zum Staatssekretär für die Hochschulen berufen, zunächst im Ministerium für Bildung und Wissenschaft unter Ministerin Wara Wende, nach der Kabinettsumbildung vom September ab 1. November 2014 im Ministerium für Soziales, Gesundheit, Wissenschaft und Gleichstellung unter Ministerin Kristin Alheit. In dieser Funktion vertritt er das Ministerium in zahlreichen Gremien; unter anderem hat er den Vorsitz des Stiftungsrates der Deutschen Zentralbibliothek für Wirtschaftswissenschaften (Kiel und Hamburg), des Aufsichtsrates der Universitätskliniken Schleswig-Holstein (UKSH) und ist Mitglied im Kuratorium des Max-Planck-Instituts für Evolutionsbiologie (Plön).
Kommunalpolitik
Als Kieler Kreisvorsitzender war Rolf Fischer auch kommunalpolitisch tätig. Zusammen mit Gesa Langfeldt, Torsten Albig und Hans-Peter Bartels verfasste er das Papier "Stadt statt Staat", das bei seiner Veröffentlichung am 8. Februar 2010 bundesweit Aufmerksamkeit erregte. Unter anderem empfahl es die drastische Verringerung der Bundesländer und die stärkere Verlagerung der finanziellen Ressourcen auf die Kommunen.[5][6][7][8][9] In den überregionalen Medien wurde nur Torsten Albig als Autor wahrgenommen.
Persönliches
Rolf Fischer beschreibt sich als sozialdemokratisch und christlich geprägten Menschen. Vom 15. Juni 2003 bis 2007 war er Kreisvorsitzender der AWO Kiel. Er unterstützt eine Reihe sozialer Einrichtungen in Kiel, u. a. die Seemannsmission, die Schuldnerberatung "Lichtblick", das Sinti-Wohnprojekt "Maro Temm" und die Interessengemeinschaft Bethlehem-Kirche.
Er ist Mitglied u.a. der Gewerkschaft verdi, der Ferdinand-Tönnies-Gesellschaft, des Grenzfriedenbundes/ADS, der Gesellschaft für Kieler Stadtgeschichte (seit 2013 im Vorstand), des Vereins der Freunde der Festung Friedrichsort und der SV Friedrichsort.
Von 2010 bis 2012 gehörte er der Synode der Nordelbischen Kirche (NEK) an und war gleichzeitig Mitglied im Europaausschuss der NEK.
Als private Interessen nennt er Literatur, auch Kriminalliteratur, und Geschichte, vor allem Kieler Stadtgeschichte, daneben Fußball und Boxen; beides hat er früher aktiv betrieben.[10]
Geschichte
Zahlreiche Veröffentlichungen, Vorträge und Veranstaltungen belegen sein Interesse an Geschichte. Besonders setzt er sich - nicht zuletzt als Sprecher des Initiativkreises "Kiel und die Revolution 1918" - dafür ein, den Kieler Matrosenaufstand positiv in das Bewusstsein der Öffentlichkeit zu rücken und ihn als Auftakt für die demokratische Entwicklung in Deutschland zu begreifen, nicht als Teil der Niederlage im 1. Weltkrieg.
Zur hundertsten Wiederkehr des Kriegsbeginns von 1914 verfasste er Kiel 14 - 18. Eine szenische Erinnerung an Weltkrieg und Revolution, eine Zusammenstellung aus Bild, Ton und eigenen Texten, die seit 2014 mehrfach öffentlich aufgeführt wurde.
Auch für die noch vorhandenen Spuren jüdischer Geschichte in Kiel setzt er sich ein, unter anderem als Sprecher des Runden Tisches zum Erhalt der Synagoge Haßstraße in Kiel.
Er gehört zu den Autoren des "Kiel-Liedes" nach dem Vorbild und auf die Melodie des bekannten amerikanischen Songs "This Land Is Your Land" (Dies Land ist Dein Land) von Woody Guthrie, das Kiels Geschichte aus dem Blickwinkel der Arbeiter betrachtet und in der Kieler SPD sehr bekannt ist.
Neben den eigenen Aktivitäten unterstützt Rolf Fischer andere bei der Bewahrung und Aufarbeitung von Aspekten der Parteigeschichte. So sorgte er dafür, dass die Lebenserinnerungen von Rosa Wallbaum, "Ich hab mich niemals arm gefühlt!", 2010 zu ihrem 95. Geburtstag erscheinen konnten.
Seit Februar 2013 setzt er sich auch als einer der Sprecher des Arbeitskreises Geschichte der Kieler SPD für die Bewahrung der Geschichte der Kieler Kreispartei ein.
Veröffentlichungen
Bücher
- Vom Kanon der Kulturen. Minderheiten- und Volksgruppenpolitik in Schleswig-Holstein als Architektur des Friedens (Bräist/Bredstedt 1998) ISBN 3-88007-274-4 (mit Kurt Schulz)
- EinBlick : Die Arbeiterwohlfahrt Kreisverband Kiel 1945 bis 2005 (Kiel 2005) ISBN 3-88312-409-5 (mit Doris Hansen)
- Hermann Lüdemann und die deutsche Demokratie (Neumünster 2006) ISBN 3-529-06140-9
- "Der Bahn, der kühnen, folgen wir ...". Stephan Heinzel und der Aufstieg der Kieler SPD (Geschichte der Kieler Sozialdemokratie Band I, 1863-1900)(Malente 2010) ISBN 3-933862-42-6
- "Mit uns die neue Zeit!" Kiels Sozialdemokratie im Kaiserreich und in der Revolution (Geschichte der Kieler Sozialdemokratie Band 2, 1900-1920)(Kiel 2013) ISBN 978-3-86935-196-4
Als Herausgeber:
- Kiel. Eine Liebe auf den zweiten Blick (Husum 1993) ISBN 3-88042-648-1 (mit Uwe Carstens, Ute Kohrs-Heimann)
- Revolution. Beiträge zum Kongress der Kieler SPD zum 90. Jahrestag der Revolution 1918 (Kiel 2009)
- Revolution und Revolutionsforschung. Beiträge aus dem Kieler Initiativkreis 1918/19 (Sonderveröffentlichung der Gesellschaft für Kieler Stadtgeschichte, Bd. 67) (Verlag Ludwig 2011) ISBN 987-3-86935-059-2
Aufsätze:
- Damm gegen die rote Flut. Bürgerliche Wahlgeometrie im Kaiserlichen Kiel, in: Demokratische Geschichte 2(1987), S. 77-91
- Stephan Heinzel und die Anfänge der Kieler Sozialdemokratie, in: Mitteilungen der Gesellschaft für Kieler Stadtgeschichte 73 (1987-1991), S. 45-96
- "Die Partei beherrscht ein vortrefflicher Geist." Der Geheimkongreß der deutschen Sozialdemokratie in Kopenhagen von 1883, in: Demokratische Geschichte 6(1991), S. 89-110
- Eine Wahl im November, in: Carstens / Fischer / Kohrs-Heimann (Hrsg.): Kiel. Eine Liebe auf den zweiten Blick (Husum 1993)
- Das polnische Grab im Wall - Erinnerung an den Kanalarbeiter Josef Czoska (Kiel 2004)
Links
- Seiten des Ministeriums für Soziales, Gesundheit, Wissenschaft und Gleichstellung
- Landtagsinformationssystem
- Wikipedia
Quellen
- ↑ Homepage des Landtagsabgeordneten, abgerufen 30.1.2015
- ↑ Carstens / Fischer / Kohrs-Heimann (Hrsg.): Kiel. Eine Liebe auf den zweiten Blick (Husum 1993), S. 110
- ↑ Homepage des Landtagsabgeordneten, abgerufen 30.1.2015
- ↑ Cornelius von Tiedemann: "Nordschleswig hat mich geprägt". Nach 20 Jahren Minderheitenpolitik will der Kieler Rolf Fischer (SPD) neue Aufgaben für die Partei übernehmen, Der Nordschleswiger, 14.10.2009
- ↑ Uli Exner: "Wir sind die Mitte unseres Landes"
- ↑ DIE WELT, 15.2.2010; Alexander Neubacher: Kommunen: Herr der Schlaglöcher
- ↑ DER SPIEGEL, 15.3.2010; Markus Balser: Verschuldete Kommunen - "Defektes System, fehlender Realitätssinn"
- ↑ Süddeutsche Zeitung, 20.5.2010; Martin Höfig: Der Finanzierer - Torsten Albig will Autofahrern mehr für den Straßenerhalt abverlangen
- ↑ Neues Deutschland, 23.4.2014
- ↑ Homepage des Landtagsabgeordneten, abgerufen 30.1.2015
Vorsitzende: Karl Ratz (1945-1958) | Hans Schröder (1958-1963) | Hermann Köster (1963-1969) | Karl Heinz Luckhardt (1969-1975) | Claus Möller (1975-1977) | Hartmut Lippe (1977-1981) | Norbert Gansel (1981-1983) | Claus Möller (1983-1987) | Peter Andersen (1987-1991) | Rolf Selzer (1991-1995) | Rolf Fischer (1995-2000) | Andy Mitterer (2000-2004) | Rolf Fischer (2004-2013) | Jürgen Weber (2013-2018) | Gesine Stück (seit 2018)