Ortsverein Wellsee

Der Ortsverein Wellsee war bis zur Kreisreform eine Gliederung im Kreisverband Plön. Durch die Kreisreform wurde die Gemeinde Wellsee am 26. April 1970 nach Kiel eingemeindet[1], der Ortsverein wechselte in den Kreisverband Kiel. Heute ist er Teil des Ortsvereins Kiel-Südwest.
Geschichte
Die Einträge in diesem Abschnitt beruhen auf einem Protokollbuch der Mitgliederversammlungen des Ortsvereins, das im Februar 2025 im Walter-Damm-Haus abgegeben wurde. Das Buch im DIN-A-4-Format, mit vorgedrucktem Etikett, begonnen im Februar 1956, abgeschlossen im September 1982, ist knapp 300 Seiten stark. Es wird eine Weile dauern, das bis Mitte 1980 handschriftlich geführte Buch auszuwerten; besonders die korrekte Entzifferung der Namen ist schwierig. Informationen darüber, wann und wo es gefunden wurde oder wie es erhalten blieb, liegen uns leider nicht vor. Letztlich wird es dem Stadtarchiv übergeben. Um den Anschluss an die Gegenwart zu erleichtern, sind die Einträge hier "von unten nach oben" abgearbeitet, die ältesten stehen also am Schluss.
Dem Wechsel in den Kreisverband Kiel 1970 gingen sicher viele Gespräche voraus; einige Mitgliederversammlungen und Vorstandssitzungen zu diesem Thema sind im Protokollbuch dokumentiert. Eine gemeinsame Mitgliederversammlung der Ortsvereine Moorsee, Wellsee, Russee und Meimersdorf - die alle vor der Eingemeindung standen - fand am 15. Januar 1970 gemeinsam mit dem Kieler Kreisvorsitzenden Karl Heinz Luckhardt im "Lindenhain" in Kiel-Kronsburg statt. Die Teilnehmer wurden mit der Kieler Kreissatzung und der künftigen Wahlkreiseinteilung vertraut gemacht, anschließend die Bildung von Ortsbeiräten, wie sie in Kiel üblich waren, und die Kandidatenaufstellung für die Kommunalwahl 1970 besprochen. Die Wellseer taten ihr Möglichstes, ihrem in Aussicht genommenen Kandidaten Friedrich Grunert einen sicheren Listenplatz zu verschaffen.[2] In einer weiteren Versammlung am 1. April 1970 wählten die Wellseer ihre Kandidat*innen für die Besetzung der Ortsbeiräte.
Zehn Jahre vorher sorgte über Wochen ein umstrittener Aufnahmeantrag für Unruhe, der zunächst über den Landesvorstand geleitet wurde. Worin das Problem bestand, wird nicht deutlich; da sich aber Richard Bünemann unter dem - im Protokoll festgehaltenen - Motto "Gerechtigkeit für jedermann" vehement für die Annahme einsetzte, ist es möglich, dass der Antragsteller Emil Bertler ein ehemaliges KPD-Mitglied o. ä. war. Im Oktober 1960 wurde der Antrag mit Mehrheit angenommen.[3] Emil Bertler wurde Ende 1961 in den Vorstand gewählt.
Eine Veranstaltung am 14. Oktober desselben Jahres richtete sich vorwiegend an junge Menschen zwischen 18 und 25 Jahren. Sie stellte die Frage: Bürger in Uniform oder Militär? Richard Bünemann, Kurt Mattig und Ernst Rieper jun. vertraten die Partei.[4] Allerdings verzeichnete man hier einen Misserfolg, d.h. es kamen wohl wenige bis gar keine der angesprochenen jungen Menschen.[5]
Mitte 1960 wurde der 95. Geburtstag des Ehrenvorsitzenden Ed. Diekelmann auf der Ebene der Kreispartei festlich begangen.[6]
Im Protokoll vom 13. Mai 1960 fiel zum erstenmal der Name Richard Bünemann. Er hielt auf dieser Mitgliederversammlung ein Kurzreferat zum Grundsatzprogramm der Partei, das "begeistert aufgenommen" wurde, und schlug erfolgreich die Gründung eines Politischen Arbeitskreises vor. Außerdem kündigte er an, dem Ortsverein seine alte Schreibmaschine zu schenken, so dass vom Kauf einer solchen abgesehen werden könne. Neben Maifeier und Pfingstausflug mit Kindern ging es darüber hinaus um eine Fahrt von Vorstandsmitgliedern nach Mölln, wo sie den Vorsitzenden Hans Klehn besuchen wollten. Zum Abschluss wurde des am 29. März 1960 verstorbenen "verdienten und unvergessenen Genossen" Johann Schröder gedacht.[7]
Hans Klehn war 1960 offenbar schwer erkrankt, musste sich längere Zeit in Mölln einer Kur unterziehen, und im Oktober 1960 übergab der Ortsverein seiner Frau DM 20,- als Beitrag zu seiner Genesung.[8] Erst in der Jahreshauptversammlung vom Februar 1961 konnte seine Rückkehr begrüßt werden.[9] Danach erscheint er in den Vorstandslisten jedoch nicht mehr.
An die Mitgliederversammlung vom Januar 1957 schloss sich ab 22 Uhr ein "gemütlicher Teil" an.[10] Dies scheint nach Jahreshauptversammlungen üblich gewesen zu sein und diente der "persönlichen Aussprache".[11] 1963 vermerkte der Protokollführer mit einem Anflug von Humor:
"Um 2320 konnte der Vorsitzende die Versammlung schließen. Ein gemütliches Beisammensein schließt sich an. Um 310 verließen die Letzten die Seeperle in Richtung Schulstrasse u. Rönne."[12]
Im Nachbardorf Rönne unterhielt Wellsee offenbar einen Stützpunkt.[13]
Es fanden auch Arbeitsgebietstagungen im Amtsbezirk Moorsee statt, etwa in Moorsee, in Poppenbrügge und in Wellsee. Offenbar gab es für das Arbeitsgebiet einen eigenen Vorstand, dem um 1957 Hans Klehn als Vorsitzender und Kurt Mattig als Schriftführer angehörten.[14]
Manche Dinge ändern sich nicht: 1957 wurden die Wahlen in der Regel von dem Satz begleitet, von den Vorgeschlagenen sei nur ... bereit, das Amt zu übernehmen; er oder sie wurde dann auch einstimmig gewählt.[15]
Am 24. September 1955 führte der Ortsverein eine Fahnenweihe durch.[16] Im November 1956 wies der Fahnenfonds die Summe von DM 51,60 aus; es wurde beschlossen, für den Fahnenträger und die Fahnenbegleiter Schärpen zu kaufen.[17] Einer der drei scheint Gustav Fink gewesen zu sein.[18]
Die erste im Protokollbuch aufgenommene Sitzung fand am 12. September 1956 in der "Seeperle" an der Segeberger Landstraße 178 statt.[19] Dies war offenbar der übliche Treffpunkt des Ortsvereins, auch wenn man 1967 und 1968 im "Hubertus" tagte, vermutlich dem heutigen "Schützenhof Hubertus", Vereinsheim des Schützenvereins Hubertus von 1891 e.V. am Goerdelerring 1.[20] Die Jahreshauptversammlung 1969 fand wieder in der "Seeperle" statt.
Vorsitz
- 1978 - Klaus Tietgen
- 1975 - Hans Runge
- 1973 - Hartmut Jöhnk
- 1969 - Friedrich Grunert
- 1968 - Gisela Rieper
- 1967 - Werner Völz
- 1961 - Richard Bünemann
- 1958 - Hans Klehn
- 1956 - Anton Stich
Weitere Vorstände: Ortsverein Wellsee - Vorstände
AWO
Es gab im Ort einen AWO-Ortsverein, der Anfang 1957 13 Mitglieder hatte; Vorsitzender war Erich Romahn, auch Kurt Schönbeck war aktiv. Nach der MV vom Januar kamen neun Mitglieder dazu.[21] 1960 zog Erich Romahn aus Wellsee weg; da sich keine Nachfolge fand, wurde der Ortsverein vermutlich aufgelöst.[22]
Kommunalpolitik
Für den 20. Mai 1960 lud die Fraktion in die Seeperle zu einer Veranstaltung ein: Wellseer Gemeindeangelegenheiten für jedermann! Unsere Gemeindevertreter stehen Ihnen Rede und Antwort. Wir erwarten Ihre Fragen, Vorschläge und Kritik. Als Themen waren vorgesehen Allgemeine Kommunalpolitik in einer Gemeinde (Heinrich Thiem), Das Rentnerwohnheim (Ernst Rieper sen.)[23], Strom-Versorgung und neue Tarif-Gestaltung (Paul Olschewski) sowie Das Straßenausbauprojekt Honigsee-Wellsee (Kurt Mattig).[24] Ob die Genannten mit Hans Klehn zu dieser Zeit alle Gemeindevertreter waren, ist bisher nicht ermittelt. Die Veranstaltung wurde allgemein als sehr erfolgreich eingeschätzt.[25]
Hans Klehn gehörte spätestens ab 1956 als Fraktionsvorsitzender dem Gemeinderat an.[26] Weiteres Mitglied war Gustav Fink, der im März oder April 1958 krankheitsbedingt ausschied; für ihn rückte Paul Olschewski nach. Zur selben Zeit war Kurt Mattig 1. Stellvertreter des Bürgermeisters[27]; er vertrat auch Hans Klehn während dessen Erkrankung als Fraktionsvorsitzender.[28]
Heinrich Thiem muss schon vor 1956 in der Gemeindevertretung gewesen sein. In der Jahreshauptversammlung am 3. Februar 1961 wurde er aus nicht vermerkten Gründen geehrt und als langjähriger voriger Bürgermeister charakterisiert.[29] Er war also wohl erster Bürgermeister nach der NS-Herrschaft gewesen. Ob er auch schon vor 1933 politisch aktiv gewesen war, ist nicht geklärt, kann aber vermutet werden.
Kreistag
Hans Klehn war auch Mitglied im Plöner Kreistag.[30]
Einzelnachweise
- ↑ Protokollbuch, S. 159
- ↑ Protokollbuch, S. 160 f.
- ↑ Protokollbuch, S. 64 f.
- ↑ Protokollbuch, S. 63
- ↑ Protokollbuch, S. 65 f.
- ↑ Protokollbuch, S. 59
- ↑ Protokollbuch, S. 59 ff.
- ↑ Protokollbuch, S. 66
- ↑ Protokollbuch, S. 67
- ↑ Protokollbuch, S. 27
- ↑ Protokollbuch, S. 58
- ↑ Protokollbuch, S. 79
- ↑ Protokollbuch, S. 12
- ↑ Protokollbuch, S. 22
- ↑ Protokollbuch, S. 24 ff.
- ↑ Martens, Holger: Die Geschichte der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands in Schleswig-Holstein 1945 - 1959 (Malente 1998), ISBN 3-933862-24-8, Seite 655, Anmerkung 868
- ↑ Protokollbuch, S. 11
- ↑ Protokollbuch, S. 38
- ↑ "Gasthof Zur Seeperle von H. Ott in Wellsee. Das Haus existiert noch heute als Wohnhaus." Archiv.sh mit Foto, abgerufen 28.2.2025
- ↑ Schützenverein Hubertus von 1891 e.V., abgerufen 1.3.2025
- ↑ Protokollbuch, S. 26 f.
- ↑ Protokollbuch, S. 57
- ↑ Es gab im Ortsverein zu dieser Zeit mindestens drei Genossen Rieper. Spätere Einträge mache deutlich, dass Ernst Rieper sen. der Gemeindevertreter war.
- ↑ Protokollbuch, S. 59
- ↑ Protokollbuch, S. 63
- ↑ Protokollbuch, S. 20
- ↑ Protokollbuch, S. 38
- ↑ Protokollbuch, S. 68
- ↑ Protokollbuch, S. 67
- ↑ Protokollbuch, S. 5