Gerd Walter: Unterschied zwischen den Versionen
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'''Gerd Walter''', * [[26. April]] [[1949]] in Lübeck; Diplom-Politologe, Journalist | '''Gerd Walter''', * [[26. April]] [[1949]] in Lübeck; Diplom-Politologe, Journalist, Landesminister. SPD-Mitglied seit [[1968]]. | ||
== Werdegang == | == Werdegang == | ||
Nach dem Abitur [[1967]] studierte Gerd Walter am Berliner Otto-Suhr-Institut und in Hamburg Politische Wissenschaft | Nach dem Abitur [[1967]] studierte Gerd Walter am Berliner Otto-Suhr-Institut und in Hamburg Politische Wissenschaft. Von [[1968]] bis [[1970]] machte er parallel zum Studium beim ''[[Lübecker Morgen]]'' und bei der Kieler ''[[Nordwoche]]'' eine Ausbildung zum Zeitungsredakteur. [[1973]] schloss er das Studium als Diplom-Politologe ab. | ||
Gerd Walter ist verheiratet. Ab [[1975]] war er als Dozent der [[Gustav-Heinemann-Bildungsstätte]] in Malente in der Erwachsenenbildung tätig. Dann wechselte er in die Politik. | |||
Danach arbeitete er von Oktober [[2000]] bis [[2010]] als einer der Geschäftsführer der SPD-eigenen [[Sozialdemokratische Zeitungen#DDVG|Deutschen Druck- und Verlagsgesellschaft]] (ddvg).<ref>Lars Fetkötter: ''Ex-Minister Gerd Walter geht ins Verlagsgeschäft'', ''Lübecker Nachrichten'', 30.9.2000, S. 6</ref><ref>new-business.de: ''[https://www.new-business.de/koepfe/detail.php?nr=606123 Geschäftsführer Gerd Walter verlässt DDVG]'', 16.12.2010</ref> | |||
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Mit 19 Jahren trat Gerd Walter [[1968]] in die SPD ein. [[Eckart Kuhlwein]] hatte ihn bei der gemeinsamen Arbeit beim ''[[Lübecker Morgen]]'' "mitgeschnackt":<blockquote>"Wir unterhielten uns am gemeinsamen Schreibtisch über [[Jusos|Juso]]-Arbeit. Und ich fragte, warum Gerd denn unbedingt in Berlin am Otto-Suhr-Institut studieren müsse, wo Politologie doch qualifiziert auch in Hamburg angeboten würde. Dann könne er in seiner Heimatstadt Lübeck aktiv bei den [[Jusos]] einsteigen. Gerd nahm den Vorschlag an, wurde schnell [[Jusos Lübeck|Juso-Kreisvorsitzender in Lübeck]]. Auf der Landeskonferenz [[1970]] in [[Ortsverein Schenefeld|Schenefeld]] wurde er dann zum stellvertretenden Juso-Landesvorsitzenden gewählt. Ein Jahr später war er mein Nachfolger und der Start zu seiner politischen Karriere hatte begonnen."<ref>Kuhlwein, Eckart: ''Eckart Kuhlweins Blick zurück mit und ohne Zorn'', 2014</ref></blockquote>Von [[1971]] bis [[1974]] war er Landesvorsitzender der [[Jusos]]. Für den ersten [[Landtagswahl 1983|Landtagswahlkampf]] von [[Björn Engholm]] war er [[1982]]/[[1983]] als Wahlkampfleiter maßgeblich verantwortlich. | |||
Als Gerd Walters politischer Ziehvater gilt [[Willi Geusendam]].<ref>Jensen-Leier, Marlies: ''Holm - engHolm und zurück'' (Husum 2018), S. 396</ref> | |||
Als [[Jochen Steffen]] [[1975]] den [[Landesvorsitzende/r|SPD-Landesvorsitz]] an [[Günther Jansen]] abgab, wurde der 26-jährige Gerd Walter dessen Stellvertreter. Mit 38 Jahren übernahm er [[1987]] selbst das Amt. [[1989]] wurde er wiedergewählt, [[1991]] trat er nicht wieder an. | |||
=== Europaabgeordneter === | === Europaabgeordneter === | ||
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Bei den [[Europawahl 1979|Europawahlen]] am [[10. Juni]] [[1979]] zog Gerd Walter ins Europäische Parlament ein. Bis [[1984]] war er dort stellvertretender Obmann der Gruppe der SPD-Fraktion. | Bei den [[Europawahl 1979|Europawahlen]] am [[10. Juni]] [[1979]] zog der 30-jährige Gerd Walter ins Europäische Parlament ein. Bis [[1984]] war er dort stellvertretender Obmann der Gruppe der SPD-Fraktion. [[1989]] wurde er deutscher Spitzenkandidat für die [[Europawahl 1989|Europawahl]]. Auf dem Bundesparteitag in Münster am [[1. September]] [[1988]] stellte er in einer Rede sein Programm vor. Das Gesamtergebnis für die SPD veränderte sich gegenüber der [[Europawahl 1984]] kaum, aber das Landesergebnis, das damals um 2,5% höher ausgefallen war, lag jetzt bei plus 7,3%. | ||
=== Landesminister === | === Landesminister === | ||
[[1992]] wechselte Gerd Walter nach Schleswig-Holstein | [[Datei:Gerd Walter Justizminister 1996.jpg|thumb|left|180px|Gerd Walter, 1996]] | ||
[[1992]] wechselte Gerd Walter nach Schleswig-Holstein, um im [[Kabinett Engholm I|Kabinett]] von [[Björn Engholm]] das Amt des Ministers für Bundes- und Europaangelegenheiten zu übernehmen, ab [[1996]] zusätzlich das des Justizministers. Dies blieb er auch unter [[Heide Simonis]], bis er im Jahr [[2000]] aus der Politik ausschied. Eine Mitarbeiterin erinnert sich: | |||
<blockquote>"Walter hatte einen sehr hohen Anspruch an sich und an sein Umfeld. Er ertrug dienende, unterwürfige Menschen nicht. Er erwartete von seinen MitarbeiterInnen unabhängiges Denken und Arbeiten."<ref>Jensen-Leier, Marlies: ''Holm - engHolm und zurück'' (Husum 2018), S. 397</ref></blockquote> | |||
Sehr viel später erzählte er ihr, wie sie schreibt, "er habe [[2000]] das [[Kabinett Simonis II|Kabinett Simonis]] verlassen, um der in der Landtagsfraktion gärenden Debatte über eine Ablösung von [[Heide Simonis|Simonis]] durch ihn zu entgehen".<ref>Jensen-Leier, Marlies: ''Holm - engHolm und zurück'' (Husum 2018), S. 397</ref> Demnach hätte es schon damals Unzufriedenheit in der Fraktion gegeben - von wem sie ausging, wird nicht gesagt. Es ist auch nicht zu klären, ob dies die Ursache für die [[Heide Simonis#Ministerpräsidentenwahl 2005|gescheiterte Wiederwahl]] fünf Jahre später war. | |||
== Veröffentlichungen == | |||
* Walter, Gerd: ''[https://www.zeit.de/1990/26/deutschland-nicht-gegen-europa/komplettansicht Republikanischer Patriotismus: Deutschland – nicht gegen Europa. Die SPD darf das Thema der Nation nicht den Konservativen überlassen]'', DIE ZEIT Nr. 26, 22.6.1990 | |||
== Zitate == | == Zitate == | ||
[[Datei:Gerd Walter 2019.jpg|thumb|right|180px|Gerd Walter, 2019]] | |||
* "Es ist kein Kunststück, die Entwicklung einer [[Gesamtschule]] einfach mit Mehrheit zu beschließen. Das Kunststück besteht darin, sie so durchzusetzen, daß die Menschen hinterher eine zweite Gesamtschule fordern."<ref>''SPD-Chef rät Engholm zu behutsamer Reformpolitik'', ''Kieler Nachrichten'', 11.6.1988</ref> | * "Es ist kein Kunststück, die Entwicklung einer [[Gesamtschule]] einfach mit Mehrheit zu beschließen. Das Kunststück besteht darin, sie so durchzusetzen, daß die Menschen hinterher eine zweite Gesamtschule fordern."<ref>''SPD-Chef rät Engholm zu behutsamer Reformpolitik'', ''Kieler Nachrichten'', 11.6.1988</ref> | ||
* "Man muss nicht verrückt sein, um Europapolitik zu machen, aber es hilft." | * "Man muss nicht verrückt sein, um Europapolitik zu machen, aber es hilft."<ref>[https://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13528537.html Zitate] DER SPIEGEL, 4.7.1988</ref> | ||
* "Gerd Walter, 42, Europaparlamentarier der SPD, brachte seinen Parteivorsitzenden [[Björn Engholm]] in Verlegenheit. Der für seine gutsitzenden Anzüge bekannte Politiker war von einer Journalistin nach seinem bevorzugten Ausstatter gefragt worden. Der danebenstehende Walter wußte darauf ungebeten zu berichten, daß der Vorsitzende oft etwas leihe und dann nicht zurückgebe. Engholm zeigte sich verwundert, doch Walter erklärte: 'Ich habe dir 1968 als [[Jusos|Juso]] meinen Smoking für den Presseball in Travemünde geliehen und bis heute nicht zurückbekommen.' Engholm, der jetzt in seinem Kleiderschrank 'noch mal nachsehen' will, blieb mißtrauisch: 'Wann brauchst du schon einen Smoking?'"<ref>[https://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13492401.html Gerd Walter], DER SPIEGEL, 23.9.1991</ref> | |||
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* Wikipedia: [https://de.wikipedia.org/wiki/Gerd_Walter Gerd Walter] | * Wikipedia: [https://de.wikipedia.org/wiki/Gerd_Walter Gerd Walter] | ||
== | == Einzelnachweise == | ||
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Aktuelle Version vom 13. Dezember 2022, 00:20 Uhr
Gerd Walter |
Gerd Walter, * 26. April 1949 in Lübeck; Diplom-Politologe, Journalist, Landesminister. SPD-Mitglied seit 1968.
Werdegang
Nach dem Abitur 1967 studierte Gerd Walter am Berliner Otto-Suhr-Institut und in Hamburg Politische Wissenschaft. Von 1968 bis 1970 machte er parallel zum Studium beim Lübecker Morgen und bei der Kieler Nordwoche eine Ausbildung zum Zeitungsredakteur. 1973 schloss er das Studium als Diplom-Politologe ab.
Gerd Walter ist verheiratet. Ab 1975 war er als Dozent der Gustav-Heinemann-Bildungsstätte in Malente in der Erwachsenenbildung tätig. Dann wechselte er in die Politik.
Danach arbeitete er von Oktober 2000 bis 2010 als einer der Geschäftsführer der SPD-eigenen Deutschen Druck- und Verlagsgesellschaft (ddvg).[1][2]
Partei & Politik
Mit 19 Jahren trat Gerd Walter 1968 in die SPD ein. Eckart Kuhlwein hatte ihn bei der gemeinsamen Arbeit beim Lübecker Morgen "mitgeschnackt":
"Wir unterhielten uns am gemeinsamen Schreibtisch über Juso-Arbeit. Und ich fragte, warum Gerd denn unbedingt in Berlin am Otto-Suhr-Institut studieren müsse, wo Politologie doch qualifiziert auch in Hamburg angeboten würde. Dann könne er in seiner Heimatstadt Lübeck aktiv bei den Jusos einsteigen. Gerd nahm den Vorschlag an, wurde schnell Juso-Kreisvorsitzender in Lübeck. Auf der Landeskonferenz 1970 in Schenefeld wurde er dann zum stellvertretenden Juso-Landesvorsitzenden gewählt. Ein Jahr später war er mein Nachfolger und der Start zu seiner politischen Karriere hatte begonnen."[3]
Von 1971 bis 1974 war er Landesvorsitzender der Jusos. Für den ersten Landtagswahlkampf von Björn Engholm war er 1982/1983 als Wahlkampfleiter maßgeblich verantwortlich.
Als Gerd Walters politischer Ziehvater gilt Willi Geusendam.[4]
Als Jochen Steffen 1975 den SPD-Landesvorsitz an Günther Jansen abgab, wurde der 26-jährige Gerd Walter dessen Stellvertreter. Mit 38 Jahren übernahm er 1987 selbst das Amt. 1989 wurde er wiedergewählt, 1991 trat er nicht wieder an.
Europaabgeordneter
Bei den Europawahlen am 10. Juni 1979 zog der 30-jährige Gerd Walter ins Europäische Parlament ein. Bis 1984 war er dort stellvertretender Obmann der Gruppe der SPD-Fraktion. 1989 wurde er deutscher Spitzenkandidat für die Europawahl. Auf dem Bundesparteitag in Münster am 1. September 1988 stellte er in einer Rede sein Programm vor. Das Gesamtergebnis für die SPD veränderte sich gegenüber der Europawahl 1984 kaum, aber das Landesergebnis, das damals um 2,5% höher ausgefallen war, lag jetzt bei plus 7,3%.
Landesminister
1992 wechselte Gerd Walter nach Schleswig-Holstein, um im Kabinett von Björn Engholm das Amt des Ministers für Bundes- und Europaangelegenheiten zu übernehmen, ab 1996 zusätzlich das des Justizministers. Dies blieb er auch unter Heide Simonis, bis er im Jahr 2000 aus der Politik ausschied. Eine Mitarbeiterin erinnert sich:
"Walter hatte einen sehr hohen Anspruch an sich und an sein Umfeld. Er ertrug dienende, unterwürfige Menschen nicht. Er erwartete von seinen MitarbeiterInnen unabhängiges Denken und Arbeiten."[5]
Sehr viel später erzählte er ihr, wie sie schreibt, "er habe 2000 das Kabinett Simonis verlassen, um der in der Landtagsfraktion gärenden Debatte über eine Ablösung von Simonis durch ihn zu entgehen".[6] Demnach hätte es schon damals Unzufriedenheit in der Fraktion gegeben - von wem sie ausging, wird nicht gesagt. Es ist auch nicht zu klären, ob dies die Ursache für die gescheiterte Wiederwahl fünf Jahre später war.
Veröffentlichungen
- Walter, Gerd: Republikanischer Patriotismus: Deutschland – nicht gegen Europa. Die SPD darf das Thema der Nation nicht den Konservativen überlassen, DIE ZEIT Nr. 26, 22.6.1990
Zitate
- "Es ist kein Kunststück, die Entwicklung einer Gesamtschule einfach mit Mehrheit zu beschließen. Das Kunststück besteht darin, sie so durchzusetzen, daß die Menschen hinterher eine zweite Gesamtschule fordern."[7]
- "Man muss nicht verrückt sein, um Europapolitik zu machen, aber es hilft."[8]
- "Gerd Walter, 42, Europaparlamentarier der SPD, brachte seinen Parteivorsitzenden Björn Engholm in Verlegenheit. Der für seine gutsitzenden Anzüge bekannte Politiker war von einer Journalistin nach seinem bevorzugten Ausstatter gefragt worden. Der danebenstehende Walter wußte darauf ungebeten zu berichten, daß der Vorsitzende oft etwas leihe und dann nicht zurückgebe. Engholm zeigte sich verwundert, doch Walter erklärte: 'Ich habe dir 1968 als Juso meinen Smoking für den Presseball in Travemünde geliehen und bis heute nicht zurückbekommen.' Engholm, der jetzt in seinem Kleiderschrank 'noch mal nachsehen' will, blieb mißtrauisch: 'Wann brauchst du schon einen Smoking?'"[9]
Links
- Landtagsinformationssystem: Gerd Walter
- Abgeordneten-Datenbank des Europ. Parlaments: Gerd Walter
- Wikipedia: Gerd Walter
Einzelnachweise
- ↑ Lars Fetkötter: Ex-Minister Gerd Walter geht ins Verlagsgeschäft, Lübecker Nachrichten, 30.9.2000, S. 6
- ↑ new-business.de: Geschäftsführer Gerd Walter verlässt DDVG, 16.12.2010
- ↑ Kuhlwein, Eckart: Eckart Kuhlweins Blick zurück mit und ohne Zorn, 2014
- ↑ Jensen-Leier, Marlies: Holm - engHolm und zurück (Husum 2018), S. 396
- ↑ Jensen-Leier, Marlies: Holm - engHolm und zurück (Husum 2018), S. 397
- ↑ Jensen-Leier, Marlies: Holm - engHolm und zurück (Husum 2018), S. 397
- ↑ SPD-Chef rät Engholm zu behutsamer Reformpolitik, Kieler Nachrichten, 11.6.1988
- ↑ Zitate DER SPIEGEL, 4.7.1988
- ↑ Gerd Walter, DER SPIEGEL, 23.9.1991
Landesvorsitzende: Heinrich Lienau (1891 - 1904) | E. Saalfeld (1905) | Friedrich Bartels (1906 - 1913) | Heinrich Kürbis (1913 - 1919) | Carl F. Alps (1919) | Rudolf Hackelberg (1919 - 1921) | Willy Verdieck (1921 - 1933) | Theodor Werner (1945 - 1946) | Wilhelm Kuklinski (1945 - 1947) | Heinrich Fischer (1947 - 1948) | Andreas Gayk (1948 - 1954) | Walter Damm (1955 - 1965) | Jochen Steffen (1965 - 1975) | Günther Jansen (1975 - 1987) | Gerd Walter (1987 - 1991) | Willi Piecyk (1991 - 1999) | Franz Thönnes (1999 - 2003) | Claus Möller (2003 - 2007) | Ralf Stegner (2007 - 2019) | Serpil Midyatli (Seit 2019)