Provinzialparteitag 1901, Altona

Aus SPD Geschichtswerkstatt
Provinzialparteitag Altona 1901
13. Oktober - 14. Oktober 1901
Ballhaus Blumensäle
Große Freiheit 36
Altona
Siehe auch: Beschlussdatenbank


Der Provinzialparteitag 1901 der Provinz Schleswig-Holstein, des Herzogtum Lauenburgs, des Fürstentums Lübeck und der freien Hansestadt Hamburg fand am Sonntag, den 13. und Montag, den 14. Oktober in Altona im Ballhaus Blumensäle statt.

Die Bühne des Saals war mit rotem Tuch und Palmen geschmückt. Es gab ein großes Porträt von Ferdinand Lassalle und einem Banner mit dem Aufruf von Karl Marx: "Proletarier aller Länder vereinigt Euch!" Der Parteitag begann am Sonntag Nachmittag um 16:15 Uhr mit einem Lied der Liedertafel der Maurerarbeiter zu Altona. Für die örtliche SPD begrüßte Louis Grünwaldt die Delegierten und Gäste. Nach einem weiteren Gesangsbeitrag der Liedertafel eröffnete der Vorsitzende der Agitationskommission, Heinrich Lienau den Parteitag. Es folgte die Ehrung der Verstorbenen.[1]

Tagesordnung

  1. Bericht der Agitationskommission. Referent: Heinrich Lienau
  2. Bericht über die Presse. Referenten: Julius Krause und Eduard Adler
  3. Bericht der Kommission über den Entwurf eines Kommunalwahlprogramms. Referent: Karl Frohme
  4. Anträge und Resolutionen
  5. Wahl der Sitze der Agitationskommission und Preßkommission

Der Parteitag wählt Heinrich Lienau und Louis Grünwaldt als Sitzungsleitung. Es gibt eine Diskussion darüber, ob der TOP 2 unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden soll. Der Antrag wird abgelehnt.[1]

TOP 1: Bericht der Agitationskommission

Die Delegierten hatten vorher bereits einen schriftlichen Geschäftsbericht erhalten. Heinrich Lienau referierte:[1]

  • Die Zusammenarbeit zwischen Agitationskommission und den Genossen vor Ort ist oft schwierig. Alle sollten mehr ihre Aufgaben erfüllen.
  • Im 5. Wahlkreis Norderdithmarschen, Süderdithmarschen, Steinburg scheint es Ärger gegeben zu haben. Die Agitationskommission wollte sich aber nicht einmischen.
  • Es gab eine Antrag aus Elmshorn, der den Sitz der Agitationskommission nach Kiel fordert - diese Forderung gab es schon früher immer wieder. Er erklärt, warum das keine gute Idee sei. Eine Agitationskommission müsse vor allem besser mit Geld ausgestattet werden, um besser arbeiten zu können. Eine neue Kommission alleine löse das nicht.

Es folgte die Aussprache.[1]

TOP 2: Bericht über die Presse

Eduard Adler referiert offenbar recht humorvoll:[1]

  • Gegen die Schleswig-Holsteinische Volkszeitung wurde unter absurden Vorwänden juristisch vorgegangen.
  • Der Redakteur Karl Korn sei zu 6 Monaten und 3 Tagen verurteilt worden.
  • Der Genossen Lütjens zu 6 Wochen Gefängnis und 450 Mark Geldstrafe
  • Eduard Adler selbst zu 20 Mark Strafe.
  • Die VZ habe sich an Wolf'sche Telegraphenbureau angeschlossen - das war die erste deutsche Nachrichtenagentur mit einem Büro in Kiel.
  • Die Korrespondenten in allen Teilen Schleswig-Holsteins lieferten mehr Texte zu, als in die Zeitung passten. Diese Korrespondenten waren einfache Arbeiter vor Ort, die über Geschehnisse berichteten.
  • Es machte viel Arbeit diese Texte professionell umzuschreiben.
  • Außerdem gibt es eine ganze Reihe weiterer Probleme mit diesen Zulieferungen.
  • Es gab eine neue Rubrik "Dänisches", um die dänischen Arbeiter besser zu erreichen.
  • Aus Elmshorn käme der Antrag, wenn die Redaktion über Missstände bei der SPD vor Ort berichte, solle sie erst Kontakt zur örtlichen Preßkommission aufnehmen. Das käme eine Zensur gleich und sei abzulehnen.
  • Aus Kiel käme der Antrag, die Redaktion möge Streiks mehr unterstützen. Das tue die Redaktion nach Kräften.
  • Ein weiterer Antrag fordere die Bezahlung der eingereichten Artikel. Das würde dazu führen, dass die Redaktion nicht mehr so viele Artikel aus der Region übernehmen könne und das Geld, dass die Zeitungsverkäufer vor Ort einnähmen müssten dann an die Redaktion fließen.
  • In Zukunft könnte es regionale Beilagen geben.
  • Ein Antrag aus Flensburg fordere die Berichterstattung über örtliche Gerichtsprozesse. Das sei in der Breite nicht möglich, wenn andere das auch für sich forderten.

Weil abends noch gefeiert werden solle, wurde der Parteitag um 19:15 Uhr unterbrochen.[1]

Am Montag Morgen um 9 Uhr eröffnete Louis Grünwaldt den Parteitag dann wieder. Er überbrachte dem Parteitag die Nachricht vom Tod des "alten und treuen Genossen, des Kassierers von Auer & Co", Wilhelm Gramm. Die Delegierten erhoben sich, um dem Verstorbenen zu gedenken.[1]

Die Mandatsprüfungskommission berichtete: 75 Delegierte aus 49 Orten, ein Vertreter der Presse für Hamburg, sechs für Kiel, einer für Bant (Siehe Fürstentum Lübeck), vier Vertreter der Agitationskommission, ein Vertreter der Kommunalprogrammkommission, drei Abgeordnete und der Kandidat des 7. Wahlkreises Kiel Rendsburg, Carl Legien.[1]

Zwei weitere Anträge waren eingegangen. Der eine forderte einmal im Jahr eine kostenlose Ausgabe landesweit zur Agitation zu verteilen. Im Gegenzug würde man vor Ort für Inserate werben. Der andere forderte eine Kommission einzurichten, die überlege, wie man mit der Presse die dänischen Arbeiter besser erreichen könne.[1]

Julius Krause ergänzte, dass die Zeitung nicht zu teuer sei, wie oft kritisiert würde und erwidert, dass es billiger nicht ginge, wenn man Tarif bezahlen wolle. Die "Schmutzkonkurrenz" täte das allerdings nicht. Um die Finanzen der Zeitung stünde es allerdings nicht allzu gut.

Hermann Adam, als Vertreter der Preßkommission teilte mit, dass es nur sieben Beschwerden an die Redaktion gegeben hätte und drei gegen die Expedition. Das sei nicht viel. [1]

Ein weiterer Antrag ging aus Pinneberg ein, der im Falle der Ablehnung des Antrag zur Entlohnung der zugelieferten Texte forderte, den monatlichen Abonnementpreis von 70 auf 60 Pfennig zu senken. [1]

Der Genosse Rehbein beantragte, das Kolporteurswesen neu zu ordnen. [1]

Dann ging der Parteitag in die Mittagspause.[1]

Nach der Pause berichtet die Revisionskommission, dass die Kassenführung in Ordnung gewesen sei und beantragte die Entlastung der Agitationskommission und eine Steigerung der jährlichen Entschädigung der Mitglieder der Kommission von 180 Mark auf 300 Mark. Der Parteitag entlastete die Agitationskommission und stimmt der Aufstockung zu.

Nach einem kurzen Streit über einen Artikel über Vorgänge in Elmshorn, kommt Eduard Adler zum Schlusswort. Der Partei nimmt den Antrag zur Neuordnung des Kolporteurswesens an und lehnt alle anderen ab.

TOP 3: Kommunalwahlprogramm

1899 hatte der Provinzialparteitag eine Kommission damit beauftragt, ein Programm für kommende Kommunalwahlen zu erarbeiten. Auf dem Provinzialparteitag war schon über einen ersten Entwurf diskutiert worden, auf den sich der Parteitag aber nicht einigen konnte. Statt dessen sollte der Text überarbeitet werden. Nun wurde der neue Vorschlag vorgelegt, den Karl Kautsky geprüft und für den er eine Einleitung verfasst hatte. Es gab Ergänzungen aus Wandsbek und Altona.[2]

Der Parteitag nahm das Wahlprogramm an. Karl Frohme erläuterte es später in einer 178-seitigen Broschüre unter dem Titel Wehr und Waffen.[2]

TOP 5: Sitze der Kommissionen

  • In geheimer Abstimmung wurden 74 Stimmzettel abgegeben. 3 sind ungültig. 58 Neumünster, 9 Altona, 4 Kiel. Neumünster blieb damit Sitz der Agitationskommission
  • Kiel blieb Sitz der Preßkommission

Abend um 20 Uhr beendete Louis Grünwaldt den Parteitag. Die Delegierten riefen ein Hoch auf die Sozialdemokratie und sangen stehen die erste Strophe der Arbeiter-Marseillaise.

Literatur

Einzelnachweise

  1. 1,00 1,01 1,02 1,03 1,04 1,05 1,06 1,07 1,08 1,09 1,10 1,11 1,12 Sozialdemokratischer Parteitag, Hamburger Echo, Dienstag, den 15. Oktober 1901, Seite 5
  2. 2,0 2,1 Osterroth, Franz: 100 Jahre Sozialdemokratie in Schleswig-Holstein. Ein geschichtlicher Überblick (Kiel o. J. [1963]) Seite 45