Ortsverein Itzehoe
Der Ortsverein Itzehoe ist eine Gliederung im Kreisverband Steinburg. Er wurde 1864 gegründet.
Der Ortsverein gibt oder gab die Bürgerzeitung Rotfuchs heraus.
Geschichte
Die Entstehung der Arbeiterbewegung in Itzehoe lässt sich auf die Mitte des 19. Jahrhunderts zurückführen, wobei vor allem die Handwerksgesellen eine zentrale Rolle spielten. Bereits 1845 wurde ein Gesellenverein ins Leben gerufen, 1848 folgte ein Gesellenkrankenverein. Diese Organisationen können als Vorläufer moderner Arbeiterbewegungen gesehen werden. Sie entstanden in einer Zeit des Wandels, als die traditionelle Zunftordnung in Schleswig-Holstein an Bedeutung verlor und neue soziale sowie wirtschaftliche Rahmenbedingungen eine Anpassung notwendig machten.[1]
Itzehoe galt im Vergleich zu anderen Städten wie Altona als politisch ruhig, was dazu führte, dass die Arbeiterbewegung hier weniger auffällig auftrat. Dennoch spiegelte die Entwicklung der Gesellenorganisationen die Auswirkungen der Frühindustrialisierung und der gesellschaftlichen Umbrüche wider. Die Einführung moderner Fabriken, wie die Maschinenweberei der Gebrüder Feldmann, sowie die Verbreitung neuer Technologien, wie die erste ortsfeste Dampfmaschine in einer Nagelfabrik, beeinflussten den lokalen Arbeitsmarkt stark.[1]
Die Frühformen der Arbeiterbewegung in Itzehoe waren nicht nur Reaktionen auf soziale und wirtschaftliche Veränderungen, sondern auch geprägt von den politischen Ideen der Revolutionsjahre 1848/49. Die daraus resultierende Neuorientierung der Handwerkerorganisationen verdeutlicht die Anfänge einer Arbeiterbewegung, die ihre Wurzeln in den ökonomischen und sozialen Herausforderungen dieser Zeit hatte.[1]
So gründeten Arbeiter in Itzehoe schon kurz nach Gründung des ADAV eine eigene Gemeinde im Jahr 1864.
Am 24. Februar 1870 sprach Georg Winter im Rahmen einer Agitationsreise unter anderem in Itzehoe.
1871 fand hier ein Arbeiterverbrüderungsfest statt - 1500 auswärtige Sozialisten nahmen am großen Festzug teil.[2] 1872 kam der ADAV-Präsident Wilhelm Hasenclever auf einer Agitationsreise auch nach Itzehoe:
"Kaiser Wilhelm I. regte sich sehr auf, als man ihm einen Zeitungsbericht über den triumphalen Arbeiterfestzug zu Ehren Hasenclevers in Itzehoe zeigte. Der Schleswiger Regierungspräsident mußte dem Bürgermeister von Itzehoe einen scharfen Verweis erteilen, in dem es hieß: 'Mit der öffentlichen Ordnung ist der öffentliche Aufzug einer staatsgefährlichen Agitationspartei unverträglich.'"[3]
Für kurze Zeit stellte Itzehoe auch den Bezirksvorsitzenden. Am 29. Januar 1919 übernahm Carl F. Alps dieses Amt provisorisch von Heinrich Kürbis, wurde jedoch schon nach wenigen Monaten durch Rudolf Hackelberg abgelöst.
Kommunalpolitik
Bis 15. April 1933 war der Sozialdemokrat Adolf Rohde Bürgermeister der Stadt. An diesem Tag warfen SA-Männer sämtliche Scheiben seiner Wohnung in der Ritterstraße 31 ein und nahmen ihn in "Schutzhaft", aus der er allerdings nach einigen Tagen wieder entlassen wurde.[4] Ebenfalls verhaftet wurden die Stadtverordneten Wilhelm Schubert, August Diebenkorn und Christian Lohse.
1945 oder 1946 wurde August Diebenkorn 1. Stadtrat in Itzehoe. Von 1947 bis zu seinem Tod 1955 (verm.) gehörte Otto Müller, der auch stellv. Bürgervorsteher war, der Itzehoer Ratsversammlung an.
Von 1959 bis 1965 war Heinrich Fischer Mitglied der Ratsversammlung. Der "alte Kämpfer" aus Weimarer Zeiten galt den Jusos Ende der 1960er Jahre als "Juso-Fresser", der besonders rigoros mit den jungen Leuten umging.
"Die Itzehoer Jusos schworen Rache. Sie gingen mit einem Antrag zum 'demokratischen Sozialismus', den sie wortwörtlich aus dem seit 1959 gültigen Godesberger Grundsatzprogramm der SPD abgeschrieben hatten, in eine Mitgliederversammlung. Und wurden dort wegen linksradikaler Umtriebe abgekanzelt, bis sie die Quelle ihrer Initiative nannten."[5]
Von 1959 bis 1982 gehörte Werner de Buhr der Ratsversammlung an. Ab 1970 war er als Stadtrat Mitglied des Magistrats.
Bürgermeister
1992 wurde als erster Sozialdemokrat nach der NS-Herrschaft Harald Brommer zum Bürgermeister gewählt. 2002 setzte sich wieder ein parteiloser Kandidat durch, aber bei der Wahl am 7. März 2010 konnte Andreas Koeppen ihn im ersten Wahlgang mit 56 % der abgegebenen Stimmen ablösen und trat sein Amt am 14. April 2010 an. Am 8. November 2015 wurde er mit 84,7 % wiedergewählt.[6] Er bewarb sich nach Ablauf seiner Amtszeit im April 2022 nicht noch einmal[7]; sein Nachfolger ist parteilos.
Vorsitzende
- zur Zeit[8] - Hans-Dieter Helms (Vorsitz), Sonja Fesser, Dieter Krämer (Stellvertretung), Thomas Jeppe (Kasse), Rolf Bratzke (Schriftführung), Sina Esselborn-Große, Walter Günther, Rolf Naumann, Jörg Ramm, Torben Rönnau, Jessica Scheidemann, Helmut Wrage (Beisitzer*innen)
- ?
- 1992 - Kurt Leuschner
- ? - Friedrich Noll
- 1947-???? - Otto Müller
- 1933 Wilhelm Schubert, auch Fraktionsvorsitzender [9]
Der Friedrich-Ebert-Gedenkstein
Auf der Informationstafel neben dem Gedenkstein ist folgendes zu lesen: "1930 ließ der Ortsverein Itzehoe des Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold diesen Stein zu Ehren des ersten Reichspräsidenten Friedrich Ebert an der Ecke Dürrstraße / Feldstraße aufstellen. Das Reichsbanner war als Wehrverband der zur Verteidigung der Weimarer Republik entschlossenen Parteien und Gruppen 1924 gegründet worden. Im selben Jahr noch wurde die Feldstraße in Friedrich-Ebert-Straße umbenannt.
Wenige Monate nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten war im Nordischen Kurier zu lesen, dass die Goldbuchstaben der Inschrift beseitigt wurden. Der Stein zeigte jetzt auf rotem Untergrund und weißem Kreis ein schwarzes Hakenkreuz. Bereits seit der ersten Sitzung des in der Kommunalwahl 1933 neu gewählten, von den Nationalsozialisten dominierten Stadtparlaments hieß die Straße am Stein Peter-Kölln-Straße nach einem von ihnen zum Märtyrer hochstilisierten SA-Mann. Nach dem Ende der NS-Herrschaft bekam sie wieder den Namen Friedrich-Ebert-Straße. Das von den Nationalsozialisten eingemeißelte Hakenkreuz wurde entfernt und die Inschrift wiederhergestellt.
In Schleswig-Holstein stehen in Bad Bramstedt, Eutin, Nortorf und Wedel weitere Friedrich-Ebert-Gedenksteine.
Das Mahnmal
In Itzehoe steht auch das erste öffentliche Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus in Nordeuropa. Dass es noch steht, ist auch Michael Legband zu verdanken, der sich als geborener Itzehoer und Juso des vernachlässigten Mahnmals annahm. Am 12. September 2023 wurde er dafür mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet.[10]
Literatur
- Pelc, Ortwin/Lorenzen, Thomas: 125 Jahre Sozialdemokraten in Itzehoe (Itzehoe 1989)
Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 1,2 Ibs, Jürgen: Vom zünftigen Gesellen zumhandwerklichen „Lohnarbeiter" - Hintergründe der Entstehung der frühen Itzehoer Arbeiterbewegung, in: Demokratische Geschichte, Band 3 (1990), Seite 21ff
- ↑ Osterroth, Franz: 100 Jahre Sozialdemokratie in Schleswig-Holstein. Ein geschichtlicher Überblick (Kiel o. J. [1963]), Seite 12
- ↑ Osterroth, Franz: 100 Jahre Sozialdemokratie in Schleswig-Holstein. Ein geschichtlicher Überblick (Kiel o. J. [1963]), Seite 13
- ↑ Hesse, Klaus/Springer, Philipp: Vor aller Augen. Fotodokumente des nationalsozialistischen Terrors in der Provinz (Essen 2002). Dort ist das Haus abgebildet; das Foto befindet sich im Gemeinsamen Archiv des Kreises Steinburg und der Stadt Itzehoe.
- ↑ Kuhlwein, Eckart: Eckart Kuhlweins Blick zurück mit und ohne Zorn, 2014
- ↑ Wikipedia: Andreas Koeppen, abgerufen 22.1.2021
- ↑ Ehrich, Lars Peter: Itzehoes Bürgermeister Andreas Koeppen kandidiert nicht noch einmal.https://www.shz.de/30755832 ©2021, Norddeutsche Rundschau, 1.1.2021
- ↑ SPD Itzehoe - Ortsvorstand, abgerufen 1.2.2021
- ↑ https://www.steinburger-geschichte.de/themen/drittes-reich/regionale-machtergreifung-am-beispiel-des-itzehoer-buergermeisters-adolf-rohde
- ↑ Landesregierung Schleswig-Holstein: Auszeichnungen und Ehrungen - Ausgezeichnete Personen 2017, abgerufen 9.9.2023
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