Waltraut Siebke

Aus SPD Geschichtswerkstatt
Waltraut Siebke
Waltraut Siebke
Waltraut Siebke
Geboren: 22. Dezember 1943

Waltraut Siebke, * 22. Dezember 1943 in Nortorf; Landesbeamtin. Ab 1972 Mitglied der SPD.

Leben

Sie machte in Kiel die Mittlere Reife, dann eine sechsjährige Ausbildung beim Land Schleswig-Holstein. Anschließend war sie mehr als 40 Jahre Beamtin im Landesdienst, machte auch den Aufstieg in den höheren Dienst. Zuletzt war sie in der Landeszentrale für politische Bildung tätig.

Parteiämter

Von 1972[1] bis 1985 gehörte sie dem Vorstand des OV Kiel-Brunswik an, von 1979 bis 1984 war sie Vorsitzende.

Von 1981 bis 1987 Mitglied im Kreisvorstand Kiel, dabei von 1983 bis 1987 stellvertretende Vorsitzende.

Kommunalpolitik

  • 1986-1998 Mitglied der Kieler Ratsversammlung, gewählt im Wahlkreis 2 (West).
  • 1988-1994 als erste Frau in der Geschichte der Kieler Ratsfraktion Fraktionsvorsitzende und damit 2. allgemeine Stellvertreterin des Oberbürgermeisters.

Danach war Waltraut Siebke bis zur Abschaffung des Magistrats (1996) ehrenamtliche Wohnungsbaudezernentin. Gleichzeitig saß sie den Aufsichtsräten der städtischen Gesellschaft Versorgung und Verkehr Kiel GmbH (VVK) und der Kieler Wohnungsbaugesellschaft (KWG) vor.

Schwerpunkte ihrer kommunalpolitischen Tätigkeit waren Frauen- und Gleichstellungspolitik, Finanzpolitik, Personalfragen und der Baubereich.

Während ihrer Amtszeit als Fraktionsvorsitzende fanden zwei Kommunalwahlen statt. In der Kommunalwahl 1990 unter dem Motto "Kiel auf Kurs halten" konnte die absolute Mehrheit der Ratsfraktion mit 51,3 % der abgegebenen Stimmen noch leicht ausgebaut werden, die die SPD in der Kommunalwahl 1986 unter dem Motto "Kiel auf Kurs bringen" mit 50,6 % errungen hatte.

Die Kommunalwahl 1994 verlor die Kieler SPD aber deutlich: Sie erhielt nur noch 39,3 % der abgegebenen Stimmen. Das war ein Minus von 12 %. Im Landesdurchschnitt der Kreistagswahlen einschließlich der kreisfreien Städte ging der Stimmenanteil der SPD dagegen von 42,9 % im Jahre 1990 auf 39,5 % um nur 3,4 % zurück.

Wie kam das Kieler Ergebnis zustande? Die erfolgsverwöhnte Kieler Partei war stark mit sich selbst beschäftigt und politisch "aus dem Tritt" geraten. Auch die Ratsfraktion blieb davon nicht unberührt.

In der Erinnerung von Waltraut Siebke stellt sich dies folgendermaßen dar:

"Die 1980iger Jahre sind politisch gesehen als sogenannte 'Bewegungsjahre' in Erinnerung: Frauenbewegung, Friedensbewegung, Umweltbewegung und Anti-Atomkraft-Bewegung. Sie hatten in Parteiprogrammen durchaus eine gewisse Priorität, und man sollte denken, das die Umsetzung in praktische Politik ebenfalls Priorität gehabt hätte. Das war aber nur mit gewissen Abstrichen so.
Bezogen auf Frauen und deren Anliegen war im kommunalpolitischen Programm der Kieler SPD, den "Kommunalpolitischen Perspektiven", für die Kommunalwahl 1986 festgeschrieben, dass im Rathaus eine "Kommunale Gleichstellungsstelle (Frauenbüro)" mit einer Gleichstellungsbeauftragten an der Spitze eingerichtet werden soll. Wer von den Frauen in der Fraktion geglaubt hatte, dass das sozusagen ein Freifahrtschein für diese Stelle war, sah sich getäuscht.
Es setzte ein zähes Ringen um die "richtige" Frau an der Spitze, ihre Dotierung und die Ausstattung ihres Büros ein. Da gingen die Vorstellungen der frisch gewählten Frauen, u.a. Silke Reyer, Uschi Schuckenböhmer und Waltraut Siebke, und der Männer, vor allem der Männer im Magistrat, ziemlich auseinander.
Die Frauen hatten zu kämpfen, dass "ihre" Stelle eine Querschnittaufgabe beinhaltete, die die gleiche Dotierung wie für männliche Amtsleiter und die gleiche Ausstattung wie für kleine Ämter rechtfertigte.
Auch dass Frauen nun in Positionen gewählt wurden, die "traditionell" bislang Männern vorbehalten waren, löste nicht nur Begeisterung aus. Silke Reyer wurde nach Ida Hinz überhaupt erst als 2. Frau an die Spitze der Ratsversammlung gewählt. Und da sie eine sehr hartnäckige Person war, eckte sie mit manchen Vorstellungen über Frauen- oder Friedensanliegen sehr an (z.B. Vater Staat hat keine Muttersprache, Einrichtung eines Mädchenhauses oder Hiroshima-Tag).
Waltraut Siebke und Holger Ipsen, im Hintergrund Wolfgang Herrmann, Sitzung der SPD-Ratsfraktion im Rathaus Kiel, Magistratssaal
Ähnlich erging es mir, die ich zwar als stellvertretende Kreisvorsitzende Holger Ipsen in seinem Amt als Fraktionsvorsitzender beerben "durfte", aber dann doch mit reichlich Störfeuer und Neid in der Leitung der Fraktion zu tun hatte. Die größten Probleme gab es mit manchen Ostufer-Leuten, die zur selben Zeit in den Rat gekommen waren und das Gefühl hatten, dass sie mit ihren Anliegen endlich mal zum Zug kommen müssten und das ganze Gehudel um Frauen entbehrlich sei.
Bei der Auseinandersetzung um die Bundesstraße 502 drohte der Ortsverein Neumühlen-Dietrichsdorf sogar mit der Spaltung der Partei, und wir hatten alle Hände voll zu tun, um die Genossen wieder einzufangen.
Ob die Auseinandersetzungen mit manchen Magistrats-Kollegen etwas mit der Frau an der Spitze zu tun hatten, weiß ich nicht. Ich denke, das lag an der Konstruktion des Gremiums Magistrat, in dem alle Kolleginnen und Kollegen gleichberechtigt waren und auch der Oberbürgermeister nur "Primus inter pares" ["Erster unter Gleichen"] war. Hier herrschte - zumal die Dezernenten auch noch in haupt- und ehrenamtlich bzw. nach Parteizugehörigkeit gemischt waren - das Recht des Stärkeren.
Jemand wie Otto Flagge, aber auch Rolf Schroedter, der erste Stadtbaurat, der zweite Sozialdezernent, beide SPD, hatten keine Probleme, sich jeweils Mehrheiten zusammen zu suchen - ohne Rücksicht auf Fraktionsdiziplin oder Geschlossenheit. Es hat durchaus Treffen bei mir zu Hause gegeben, in denen Appelle gestartet wurden, das Große und Ganze zu sehen. Leider vergeblich... Dem hat die Landesregierung dann 1996 eine Ende gesetzt, als sie den Magistrat abschaffte."[2]

Ehrungen

  • Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland

Literatur

  • Waltraut Siebke, persönliche Angaben.
  • Parteitagsprotokolle v. 15.03.1981 und 07.05.1983.
  • Kieler Nachrichten, 29.4.1985.

Einzelnachweise

  1. Dies konnte bisher nicht belegt werden; in der Meldung der Kieler Nachrichten vom 19.2.1972 ist sie als Mitglied des Gründungsvorstandes nicht genannt. Möglicherweise gab es noch im selben Jahr einen Wechsel.
  2. Quelle?