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Version vom 20. Dezember 2018, 22:08 Uhr
Norbert Gansel |
Norbert Tronje Gansel, * 5. August 1940 in Kiel; Jurist. Mitglied der SPD (Kreisverband Kiel) seit 1965. Er war Bundestagsabgeordneter und der erste direkt gewählte Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Kiel. Er wurde bundesweit bekannt als "der gläserne Abgeordnete".
Werdegang
- 1960-1962 Wehrdienst bei der Bundesmarine, abgeschlossen als Leutnant z.S.d.R.
- 1962-1969 Studium der Geschichte und Wissenschaft der Politik, der Rechts- und Staatswissenschaften in Kiel
- 1966-1969 Stipendiat der Friedrich-Ebert-Stiftung
- 1969 erstes, 1973 zweites juristisches Staatsexamen
- Mitglied in der Gewerkschaft verdi und in der Arbeiterwohlfahrt (AWO)
- Im Vorstand der Atlantikbrücke und im Kuratorium des Leo-Baeck-Instituts
Parteiämter
- 1969-1970 stellvertretender Bundesvorsitzender der Jungsozialisten. Er bewarb sich 1970 in Bremen um das Amt des Bundesvorsitzenden und unterlag gegen Karsten Voigt.
- ab 1968 Mitglied, 1986-1991 Vorsitzender des Bundesparteirates
- 1991-1996 Mitglied im Parteivorstand
Bundestag
- 1972-1997 Mitglied des Bundestages, jeweils direkt gewählt für den Wahlkreis 5 (Kiel)
- 1972-1980 Mitglied im Ausschuß für Arbeit und Soziales
- 1980-1997 Mitglied im Auswärtigen Ausschuß, seit 1994 stellvertretender Vorsitzender
- 1983-1987 Sprecher der SPD in der Nordatlantischen Versammlung und in der Versammlung der Westeuropäischen Union
- 1986-1990 Obmann der Bundestagsfraktion im U-Boot-Untersuchungsausschuß
- 1991 stellvertretender Vorsitzender, dann Vorsitzender des Arbeitskreises I (Außen- und Sicherheitspolitik, Europa- und Entwicklungspolitik) der Bundestagsfraktion
Der "gläserne Abgeordnete"
In seiner Zeit im Bundestag setzte sich Norbert Gansel immer wieder für Transparenz bei den Abgeordnetenbezügen und Nebeneinkommen ein. Bereits 1976 hatte er vorgeschlagen, die Abgeordnetendiäten in Zukunft jährlich nur um den Prozentsatz zu erhöhen, um den auch die Renten aus der Sozialversicherung erhöht werden:
- "Draußen bin ich dafür bejubelt worden, drinnen wäre ich fast gelyncht worden; für einen Abgeordneten keine glückliche Position, der ja nicht nur draußen gewählt werden will, sondern drinnen auch etwas bewirken will."[1].
Nach dem "Diäten-Urteil"[2] [3] des Bundesverfassungsgerichts wurde 1975 neu über die Bezahlung von Abgeordneten diskutiert. Statt steuerfreier 3850 DM sollten sie versteuerte 7500 DM pro Monat bekommen. Der SPIEGEL rechnete 82 Prozent Einkommenssteigerung aus. Norbert Gansel protestierte: "Es ist schwierig, politisch für mehr Einkommensgerechtigkeit einzutreten, wenn diejenigen, die sie durchsetzen wollen, sich Privilegien verschaffen."[4]
Außerdem wollte Gansel dafür sorgen, dass Abgeordnete auf Inlandsflügen nur noch Economy-Class fliegen sollte:
- "Norbert Gansel, 35, SPD-MdB, stieß sich an einem "peinlichen Privileg" für Bonner Abgeordnete und bat Bundestagspräsidentin Annemarie Renger, zu überprüfen, ob die Parlamentarier im innerdeutschen Flugverkehr nicht besser Touristenklasse statt 1. Klasse fliegen sollten. Die Mehrkosten für die Nobelflüge der Volksvertreter, schätzt Gansel, würden sich auf rund eine Million Mark pro Jahr belaufen. Doch von dem Sparvorschlag hielt die Präsidentin nichts. "In analoger Anwendung" des Diätengesetzes, so beschied sie den Linksparlamentarier, "besteht auch bei Inlandsflügen ein Anspruch auf die Benutzung der 1. Klasse." Gansel kann dem Rengerschen Analogie-Schluß nichts abgewinnen: "Das heißt doch wohl: Ausland im Sinne des Diäten-Gesetzes ist für Abgeordnete auch Inland."[5]
Weitere Aktivitäten
1995 erwies sich Norbert Gansel wieder einmal als unbequem. Auf seine Frage an die Bundestagsverwaltung, wo er sein Elektroauto "Golf Citystromer", das ihm VW für drei Monate zur Verfügung gestellt hatte, aufladen könne, wurde ihm geantwortet, es müsse wohl ein Zwischenzähler eingebaut werden, damit man ihm die Stromkosten in Rechnung stellen könne. Darauf verzichtete er.[6]
DER SPIEGEL berichtete im Oktober 2014 - in einer Serie über den Fall der Mauer - dass die "kluge und kämpferische Rede", die Ibrahim Böhme, neu gewählter Vorsitzender der DDR-SPD, auf dem Parteitag in Leipzig am 24. Februar 1990 hielt, aus Norbert Gansels Feder stammte.[7]
Kommunalpolitik
1997 wurde Norbert Gansel erster direkt gewählter Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Kiel.
In seine Amtszeit fiel unter anderem die Entwicklung der Hörn. Der Teilverkauf der Stadtwerke Kiel und der Verkauf der Kieler Wohnungsbaugesellschaft dienten der Sanierung des städtischen Haushalts. Zudem verbesserte Norbert Gansel nachhaltig das Verhältnis der Stadt zur Bundeswehr und zur Universität. Mit der Olympiabewerbung für 2012 polierte er Kiels Image als internationale Segelstadt weiter auf.[8]
Er blieb bis 2003 im Amt.
Ehrungen
- Der Zeichner Volker Sponholz widmete Norbert Gansel in seiner Amtszeit als Oberbürgermeister die Comic-Figur "Norbert Gans".
- 2003 Ernennung zum Ehrenbürger der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
- 2013 Benennung eines Hörsaales in der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel nach dem ehemaligen Absolventen
Persönliches
Norbert Gansel lebt mit seiner Frau Lesley Gansel, geborene Nicholson, in Kiel-Meimersdorf. Das Ehepaar hat eine Tochter.[9]
Links
- Landtagsinformationssystem
- Abschiedsrede für Norbert Gansel als Oberbürgermeister von Kiel in der Ratsversammlung
Quellen
- ↑ Plenarprotokoll des Bundestages, 55. Sitzung, 21.9.1995
- ↑ Bundesverfassungsgericht BVerfGE 40, 296
- ↑ Gert Flegelskamp: Chronik der Beschlüsse des Bundestages als Folge des Diäten-Urteils
- ↑ DER SPIEGEL 49/1976 Bonner Gehaltserhöhungen
- ↑ DER SPIEGEL 16/1976 Personalien
- ↑ Personalien: Norbert Gansel, DER SPIEGEL, 46/1995
- ↑ DER SPIEGEL, 27.10.2014
- ↑ kiel.de Kiel gratuliert: Alt-Oberbürgermeister Norbert Gansel wird 75, 570/3. August 2015/ang
- ↑ kiel.de Kiel gratuliert: Alt-Oberbürgermeister Norbert Gansel wird 75, 570/3. August 2015/ang
Vorsitzende: Karl Ratz (1945-1958) | Hans Schröder (1958-1963) | Hermann Köster (1963-1969) | Karl Heinz Luckhardt (1969-1975) | Claus Möller (1975-1977) | Hartmut Lippe (1977-1981) | Norbert Gansel (1981-1983) | Claus Möller (1983-1987) | Peter Andersen (1987-1991) | Rolf Selzer (1991-1995) | Rolf Fischer (1995-2000) | Andy Mitterer (2000-2004) | Rolf Fischer (2004-2013) | Jürgen Weber (2013-2018) | Gesine Stück (seit 2018)
Andreas Gayk (1946-1954) | Hans Müthling (1955-1965) | Günther Bantzer (1965-1980) | Karl Heinz Luckhardt (1980-1992) | Otto Kelling (1992-1996) | Norbert Gansel (1997-2003) | Torsten Albig (2009-2012) | Susanne Gaschke (2012-2013) | Ulf Kämpfer (seit 2014)