Ortsverein Heide

Aus SPD Geschichtswerkstatt
Version vom 17. Juli 2023, 18:11 Uhr von Dirk Diedrich (Diskussion | Beiträge) (ich würde gerne Unterseiten mit Mitgliederlisten anlegen, die ich aus der Anfangszeit gefunden habe.)

Der Ortsverein Heide ist eine Gliederung im Kreisverband Dithmarschen. Er wurde 1869 gegründet und ist zusammen mit dem Ortsverein Meldorf der größte Ortsverein im Kreisverband.

Gründung

Foto der Fahne des Heider Arbeiterbildungsvereins von 1861
Die vielen Heider Handwerker, insbesondere das lederverarbeitende Gewerbe, waren schon früh an der Arbeiterbewegung in Deutschland beteiligt, auch als die Stadt offiziell noch dänisch war. Bereits am 18. April 1861 gründete sich der Arbeiterbildungsverein Heide, der es sich zur Aufgabe machte, die Bildung einer freien politischen Meinung zu fördern.[1]

Es gab eine kleine Bibliothek in der Tivolistraße.[2] In Lesekreisen wurden nach Feierabend überregionale Zeitungen vorgelesen.

1861 gründeten sich auch der Arbeitergesangsverein Harmonia und der Arbeiterturnverein "frei heil", der sich deutlich von den nationalistisch gesinnten Turnern des Turnvaters Jahn abhob.

Der Heider Arbeiterbildungsverein unterhielt auch eine Krankenkasse "Hilfe".[3] 1902 hatte die Kasse 528 Mitglieder. Diese recht unpolitisch klingenden Vereine waren die Wiege der Heider Sozialdemokratie, denn vom dänischen König wurde jegliche offizielle politische Aktivität verboten.

Deutliche Bewegungen zum Deutschen Reich und die spätere preußische Herrschaft in Schleswig-Holstein waren hilfreich bei der Entwicklung der Arbeitervereine. So wurde im Mai 1869 vom Lohgerbermeister Brüning die Ortsgruppe Heide des Allgemeinen deutschen Arbeitervereins (ADAV) gegründet, aus dem später die SPD hervorging. Bereits nach einem Jahr zählte der ADAV in Heide über 150 Mitglieder. Der Social-Demokrat berichtet von einer öffentlichen Veranstaltung am 20. Februar 1870:

"(Neue Ausbreitung.) Auch die Arbeiter in Ditmarschen (sic) (Holstein) haben erkannt, daß nur auf dem von Ferdinand Lassalle angegebenen Wege dauernd die Lage des Arbeiterstandes verbessert werden kann. Es wurde hier von Georg Winter aus Ottensen eine Versammlung einberufen welche zahlreich besucht war, auch von der hiesigen Bourgeoisie; diese wagte sich aber nicht hervor. - In einem längeren Vortrag entwickelte Herr Winter die Verhältnisse der heutigen Produktionsweise und verwies auf unseren Meister Ferdinand Lassalle, welches mit großem Beifall aufgenommen wurde. Einzeichnungen erfolgten dann massenhaft, woraus man sehen kann, daß die hiesigen Arbeiter ihre Lage erkannt haben. Mit social-demokratischem Gruß W. Koch, provis. Bevollmächtigter"[4]

Der Bevollmächtigte Heinrich Off ergänzt in seinem Bericht, auf der Versammlung sei beschlossen worden, der ganze Verein werde sich der Gewerkschaft anschließen.

"Wenn die Kollegen überall so einmüthig handeln, dann werden wir rasch zum Ziele gelangen."[5]

In derselben Ausgabe berichtet Der Social-Demokrat von Georg Winters Auftritt am 24. Februar in Itzehoe: "Herr Winter überbrachte einen Gruß von der neugegründeten Mitgliedschaft zu Heide, welcher freudig auf der Versammlung aufgenommen worden war."[4]

In den folgenden Jahren ging die große Politik um die Vereinigungsparteitage der Sozialistische Arbeiterpartei (SAP) jedoch vollkommen an der Heider Arbeiterbewegung vorbei. Der Volksstaat, die Zeitung der Sozialdemokratische Arbeiterpartei, hatte zum Beispiel 1872 nur sechs Abonnenten.[6]

Der Deutsch-Französische Krieg und der Verlust vieler klassischer Arbeitsplätze im Handwerk führten zu einem Mitgliederschwund, der eine "Auflösung auf Zeit" zur Folge hatte.[7] Inaktiv waren die Sozialdemokraten in Heide jedoch nicht. 1891 wurde die Heider SPD unter der Leitung von Anton Volk neu gegründet. Carl Prien war ihr erster Vertrauensmann.

1892 verbot der Bürgermeister von Heide zur Mai-Feier "Volksversammlung und Kommers, weil 'eine Agitation der Sozialdemokratie im Anschluß an die allgemeine Bewegung' bezweckt würde."[8]

Listen der gefundenen Mitglieder: 1869, 1870, 1871

Weimarer Republik

Am 13. März 1920 versuchte der Garnisonsälteste Hauptmann Freiherr von Liliencron zusammen mit dem Apotheker Karl Lienau von der DNVP den Landrat von Norderdithmarschen dazu zu drängen, sich dem Kapp-Lüttwitz-Putsch anzuschließen. Der weigerte sich.

In der Nacht zum 14. März verhafteten Mitglieder der USPD den Hauptmann Freiherr von Liliencron, brachten ihn zunächst nach Wöhrden, dann aber ins Gefängnis nach Schleswig. 15 Mitglieder von SPD und USPD bildeten einen Aktionsausschuss und riefen den Generalstreik aus.[9] Am 18. März war der Putsch in Berlin zusammengebrochen und der Putsch beendet.
Reichsbanner Schwarz Rot Gold 82 Mann
Am 2. August 1924 bildete sich bereits wenige Monate nach der Gründung des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold auch in Heide eine Ortsgruppe. Wie so oft nahm die Stadt eine Sonderstellung ein. Denn nicht nur Heider Sozialdemokraten waren im Reichsbanner, sondern es zog verschiedenste Demokraten zum aktiven Kampf für die Demokratie, etwa Hans Siercks jun. und August Vehrs, der kurz zuvor noch bei den Kommunalwahlen für die konservativ-bürgerliche "Liste Vehrs" angetreten war. Überhaupt waren im Reichsbanner in Heide auch Mitglieder der demokratischen, republiktreuen Parteien DDP und Zentrum vertreten. Über einhundert Heider waren in der Folgezeit im Reichsbanner aktiv. Alle gemeinsam trieb das Bestreben an, die Demokratie zu erhalten.[10] Vorsitzender des Reichsbanners war Heinrich de Buhr. Sein Sohn Werner de Buhr leitete das Jungbanner.

Denn die NSDAP war in Dithmarschen von Anfang an besonders erfolgreich - bei der Provinziallandtagswahl 1929 wurde sie in Norder- und Süderdithmarschen jeweils stärkste Partei.[5] Es begannen harte Zeiten für die Sozialdemokraten. Es begann zunächst damit, dass die örtlichen Wirte keine Veranstaltungsräume mehr an die Heider Sozialdemokraten vermieteten.

Bei einer SPD-Kundgebung am 10. Juli 1931 mit Reichstagspräsident Paul Löbe in Heide kam es zu einer Straßenschlacht auf dem Marktplatz zwischen Reichsbannerangehörigen auf der einen Seite und auf der anderen Seite Nationalsozialisten zusammen mit Kommunisten. In deren Verlauf wurden 12-15 Reichsbannerleute schwer verletzt.[11]

Die letzte Veranstaltung der SPD Heide fand am 16. Januar 1933 in der Gaststätte zum Ziegelhof statt. Letzter Vorsitzender vor dem Verbot 1933 war Peter Kuskopf.[12]

NS-Herrschaft

Nach dem missglückten Attentat auf Adolf Hitler am 20. Juli 1944 führten die Nazis umfangreiche Verhaftungen durch, auch in Heide. Hier traf es unter anderen die SPD-Mitglieder Auguste Ebeling, Thord Jibsen und Emil Schmekel. Letzterer starb kurz darauf im KZ Bergen-Belsen - offiziell an "Lungentuberkulose".

Nach 1945

Die SPD gehörte zu den ersten Parteien, die nach der NS-Diktatur in Heide wieder politisch aktiv wurden. Vorsitzender war zunächst wieder Peter Kuskopf, der auch erster Kreisvorsitzender für Norderdithmarschen wurde.[13] Ab etwa 1948 übernahm Arnold Wulf den Vorsitz.[14]

Auch die Arbeiterwohlfahrt (AWO) wurde reaktiviert. Dort engagierte sich Auguste Ebeling, die die Gefangenschaft bei den Nazis überlebt hatte.[15]

In seinen Berichten an die britische Militärregierung schreibt der Resident Officer des Kreises Norderdithmarschen, Sir Ronald Sinclair, dass die SPD in Heide sich 1950 sogar an den Bundespräsidenten gewandt habe, als im Kreis rechtsradikale Aktivitäten wieder massiver wurden:

"'Wie überall im Land, hat auch hier im Kreis der Fall Hedler für Aufregung gesorgt. Er hatte einige recht erfolgreiche Veranstaltungen hier, vor seiner Verurteilung', berichtet Sir Ronald über den rechtsradikalen DP-Mann Wolfgang Hedler, der mit seinen Angriffen auf Gegner des Nationalsozialismus und mit antisemitischen Parolen für Schlagzeilen sorgt und nach einem Prozeß deswegen aus der Partei ausgeschlossen wird [...]. Mit einem Telegramm an den Bundespräsidenten drückt die Heider SPD-Ortsgruppe ihre Befürchtungen um die Zukunft der Nation aus. Und einzelne SPD-Vertreter wiederholen ihre Befürchtung, daß sich das Jahr 1933 wiederholen könnte."[16]

Gleichzeitig machten sich die Kommunisten an die Heider Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten heran:

"Eine Aktion der Heider KP jedoch zeigt ein klares Ziel: Es geht darum, die linken Sozialdemokraten anzusprechen. Sir Ronald berichtet: 'Am 13. Dezember 1950 gab es ein Treffen der 'Sozialdemokratischen Aktion' in der 'Traube'. Handzettel mit Einladungen waren auf der Straße verteilt worden, und ungefähr 50 Leute waren gekommen. Anscheinend war der Heider SPD-Vorstand eingeladen worden, aber niemand war erschienen.

Ein Friedrich Klug, der behauptete, ein SPD-Kreistagsmitglied aus Offenbach zu sein, war der Hauptredner, und er und andere Sprecher nutzten die Abwesenheit des Vorstandes für Angriffe auf die SPD-Führung und deren Verrat an den Zielen von Marx und Bebel. Der Sprecher betonte, er sei kein Kommunist, sondern wolle Sozialdemokrat bleiben mit dem Ziel, die Sozialdemokratie von ihren Verstrickungen mit dem Kapitalismus und der Reaktion zu befreien. Dann folgte die übliche SED- und KPD-Propaganda mit der Verherrlichung der Zustände in der Sowjetunion und in Ostdeutschland, für Klassenkampf und Diktatur des Proletariats.

Drei von der SPD deswegen Ausgeschlossene berichteten von ihrem Besuch in Ostdeutschland, und es stellte sich heraus, daß im Oktober 16 Leute aus Heide an Kursen in Ostdeutschland teilgenommen hatten. Während der Diskussion wurde klar, daß etwa 15 Anwesende die Meinung der Veranstalter nicht teilten. Die SDA will künftig jeden Freitagabend um 20 Uhr Diskussionsabende abhalten.'"[17]

1984 wurde die Heider SPD überregional "berühmt und berüchtigt", als sie die Politik in Schleswig-Holstein mit einem Prozess am Verwaltungsgericht in Atem hielt. Um was ging es? Der Heider Magistrat hatte eine Nutzungssatzung für die neue Fußgängerzone erlassen.
Dirk Diedrich bei der Bewerbung für seine Wiederwahl auf dem Landesparteitag 2017
In dieser Satzung wurde es den politischen Parteien verboten, zu Wahlkampfzwecken Veranstaltungen abzuhalten. Dies rief die SPD unter der Führung von Sönke Diedrich auf den Plan. Unterstützung kam aus Kiel vom ehemaligen Landesgeschäftsführer Klaus Rave. Die ganze Geschichte kann man heute noch nachlesen.[18]

Von 2015 bis Ende 2018 war Dirk Diedrich Mitglied des Landesvorstands. Damit war Heide zum ersten Mal im Landesvorstand vertreten.

Wie schon von 1992 bis 1996 unter Jan-Christian Erps hat Heide seit dem 1. Dezember 2018 mit Oliver Schmidt-Gutzat wieder einen SPD-Bürgermeister. Er konnte sich in der Stichwahl am 30. September 2018 mit 57,3% der abgegebenen Stimmen klar gegen den langjährigen Amtsinhaber durchsetzen.[19]

Organ des Ortsvereins: "Heider SPD Kurier"

Der Heider SPD-Kurier war viele Jahre lang das unabhängige Organ des Heider Ortsvereins. Die Zeitschrift erschien bis in die 1980er Jahre immer regelmäßig vier mal im Jahr. Dieses Medium wurde genutzt um lokale Projekte vorzustellen, oder zu Wahlen auch die Listen vorzustellen. Zu den Wahlen wurde der SPD Kurier gemeinsam mit dem Parteiblatt "Zeitung am Sonntag" (ZaS) verteilt.

Kommunalwahlen, Ereignisse und Ergebnisse

Deckblatt des vierseitigen Kommunalwahlflyers, der in den einzelnen Wahlbezirken verteilt wurde
Kommunalwahl 5.März 1978

Kommunalwahl 6.Mai 2018

Wahlergebnis 2018 zur Heider Ratsversammlung
Partei Prozent Sitze
CDU 40,62 12
SPD 28,14 8
FDP 11,8 3
Die Linke 9,71 3
FWH 9,73 3
Wahlbeteiligung 38,61%

Links

Einzelnachweise

  1. Der Heider Arbeiterbildungsverein feiert sein 40-jähriges Stiftungsfest, Heider Zeitung Nr. 48, 25.4.1901
  2. Heider Zeitung Nr. 23, 29.1.1903
  3. Heider Zeitung Nr. 27, 5.3.1901
  4. 4,0 4,1 Social-Demokrat - Tagesausgabe, 04.03.1870
  5. 5,0 5,1 Omland, Frank: Der Provinziallandtag in Schleswig-Holstein 1919-1933 Entstehung, Aufgaben, Funktion (Hamburg/Kiel 2010), S. 6
  6. Der Volksstaat, 20.7.1872
  7. Osterroth, Franz: 100 Jahre Sozialdemokratie in Schleswig-Holstein. Ein geschichtlicher Überblick (Kiel o. J. [1963]), Seite 11
  8. Vorwärts, 30.4.1892]
  9. Pfeil, Ulrich: Dithmarschen in der Weimarer Republik 1918-1933, in: Gietzelt, Martin (Hrsg.): Geschichte Ditmarschens - Das 20. Jahrhundert, Boyens Buchverlag (2013) ISBN 3804213871
  10. Pfeil, Ulrich: Vom Kaiserreich ins "Dritte Reich". Heide 1890-1933 (Offsetdruck Pingel, Heide 1997), S. 208 ff
  11. Der Abend - Spätausgabe des Vorwärts Nr. B159
  12. Rehn, Marie-Elisabeth: "Enclosed please find monthly report..." : Die Lageberichte Sir Ronald Sinclairs aus Heide von 1948 bis 1951, Teil 1. In: Dithmarschen : Landeskunde, Kultur, Natur 1991.1, S. 19
  13. Martens, Holger: SPD in Schleswig-Holstein 1945-1959 (Malente 1998) Bd.1, S. 93f
  14. Rehn, Marie-Elisabeth: "Enclosed please find monthly report..." : Die Lageberichte Sir Ronald Sinclairs aus Heide von 1948 bis 1951, Teil 1. In: Dithmarschen : Landeskunde, Kultur, Natur 1991.1, S. 19
  15. Rehn, Marie-Elisabeth: "Enclosed please find monthly report..." : Die Lageberichte Sir Ronald Sinclairs aus Heide von 1948 bis 1951, Teil 2. In: Dithmarschen : Landeskunde, Kultur, Natur 1991.2, S. 46
  16. Zitiert nach: Rehn, Marie-Elisabeth: "Enclosed please find monthly report..." : Die Lageberichte Sir Ronald Sinclairs aus Heide von 1948 bis 1951, Teil 3. In: Dithmarschen : Landeskunde, Kultur, Natur 1991.3, S. 63 f.
  17. Rehn, Marie-Elisabeth: "Enclosed please find monthly report..." : Die Lageberichte Sir Ronald Sinclairs aus Heide von 1948 bis 1951, Teil 3. In: Dithmarschen : Landeskunde, Kultur, Natur 1991.3, S. 65
  18. Stock, Ulrich: Zu schmal für die Politik, DIE ZEIT, 17.2.1984
  19. dpa: Neuer Heider Bürgermeister tritt Amt am 1. Dezember an – Quelle: https://www.shz.de/21204712 ©2021, shz.de, 1.10.2018, abgerufen 23.1.2021
Ortsverein Heide
Ortsverein Heide
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Gegründet: 1869
Wiedergegründet: 1945
Vorsitzende/r: Dennis Mitterer
Homepage: http://www.spd-heide.de/


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