Ortsverein Itzehoe

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Der Ortsverein Itzehoe ist eine Gliederung im Kreisverband Steinburg. Er wurde 1864 gegründet.

Der Ortsverein gibt oder gab die Bürgerzeitung Rotfuchs heraus.

Vorsitz

Kommunalpolitik

Von 1959 bis 1965 war Heinrich Fischer Mitglied der Ratsversammlung. Der "alte Kämpfer" aus Weimarer Zeiten galt den Jusos Ende der 1960er Jahre als "Juso-Fresser", der besonders rigoros mit den jungen Leuten umging.

"Die Itzehoer Jusos schworen Rache. Sie gingen mit einem Antrag zum 'demokratischen Sozialismus', den sie wortwörtlich aus dem seit 1959 gültigen Godesberger Grundsatzprogramm der SPD abgeschrieben hatten, in eine Mitgliederversammlung. Und wurden dort wegen linksradikaler Umtriebe abgekanzelt, bis sie die Quelle ihrer Initiative nannten."[2]

Von 1959 bis 1982 gehörte Werner de Buhr der Ratsversammlung an. Ab 1970 war er als Stadtrat Mitglied des Magistrats.

Nach Ende der NS-Herrschaft, 1945 oder 1946, wurde August Diebenkorn 1. Stadtrat in Itzehoe. Von 1947 bis zu seinem Tod 1955 (verm.) gehörte Otto Müller, der auch stellvertretender Bürgervorsteher war, der Itzehoer Ratsversammlung an.

Bürgermeister

1992 wurde als erster Sozialdemokrat nach der NS-Herrschaft Harald Brommer zum Bürgermeister gewählt. 2002 setzte sich wieder ein parteiloser Kandidat durch, aber bei der Wahl am 7. März 2010 konnte Andreas Koeppen ihn im ersten Wahlgang mit 56 % der abgegebenen Stimmen ablösen und trat sein Amt am 14. April 2010 an. Am 8. November 2015 wurde er mit 84,7 % wiedergewählt.[3] Er bewarb sich nach Ablauf seiner Amtszeit im April 2022 nicht noch einmal[4]; sein Nachfolger ist parteilos.

Geschichte

Feier zum 60-jährigen Jubiläum der SPD Itzehoe 1925

Die Entstehung der Arbeiterbewegung in Itzehoe lässt sich auf die Mitte des 19. Jahrhunderts zurückführen, wobei vor allem die Handwerksgesellen eine zentrale Rolle spielten. Bereits 1845 wurde ein Gesellenverein ins Leben gerufen, 1848 folgte ein Gesellenkrankenverein. Diese Organisationen können als Vorläufer moderner Arbeiterbewegungen gesehen werden. Sie entstanden in einer Zeit des Wandels, als die traditionelle Zunftordnung in Schleswig-Holstein an Bedeutung verlor und neue soziale und wirtschaftliche Rahmenbedingungen eine Anpassung notwendig machten.[5]

Itzehoe galt im Vergleich zu anderen Städten wie Altona als politisch ruhig, was dazu führte, dass die Arbeiterbewegung hier weniger auffällig auftrat. Dennoch spiegelte die Entwicklung der Gesellenorganisationen die Auswirkungen der Frühindustrialisierung und der gesellschaftlichen Umbrüche wider. Die Einführung moderner Fabriken, etwa die Maschinenweberei der Gebrüder Feldmann, sowie die Verbreitung neuer Technologien - in einer Nagelfabrik wurde die erste ortsfeste Dampfmaschine installiert - beeinflussten den lokalen Arbeitsmarkt stark.[5]

Die Frühformen der Arbeiterbewegung in Itzehoe waren nicht nur Reaktionen auf soziale und wirtschaftliche Veränderungen, sondern auch geprägt von den politischen Ideen der Revolutionsjahre 1848/49. Die daraus resultierende Neuorientierung der Handwerkerorganisationen verdeutlicht die Anfänge einer Arbeiterbewegung, die ihre Wurzeln in den ökonomischen und sozialen Herausforderungen dieser Zeit hatte.[5] So bildeten Arbeiter in Itzehoe schon 1864, kurz nach Gründung des ADAV, eine eigene Gemeinde.

Am 24. Februar 1870 sprach Georg Winter im Rahmen einer Agitationsreise unter anderem in Itzehoe.

Am 9. Juli 1871 zogen 100 Itzehoer Arbeiter mit ihren Familien zu einem Arbeiterfest ins nahe gelegene Beidenfleth. Schon im August feierten sie in Itzehoe selbst ein Arbeiterverbrüderungsfest - 1500 auswärtige Sozialisten nahmen am großen Festzug teil.[6] 1872 besuchte ADAV-Präsident Wilhelm Hasenclever auf einer Agitationsreise auch Itzehoe:

"Kaiser Wilhelm I. regte sich sehr auf, als man ihm einen Zeitungsbericht über den triumphalen Arbeiterfestzug zu Ehren Hasenclevers in Itzehoe zeigte. Der Schleswiger Regierungspräsident mußte dem Bürgermeister von Itzehoe einen scharfen Verweis erteilen, in dem es hieß: 'Mit der öffentlichen Ordnung ist der öffentliche Aufzug einer staatsgefährlichen Agitationspartei unverträglich.'"[7]

Eine Versammlung von 500 Personen aus Itzehoe, Wilster und Lägerdorf wählte Anfang Oktober 1890 in Itzehoe den Schuhmachermeister Joachim Klüß aus Elmshorn und den Maurer Kellermann aus Itzehoe zu Delegierten des SPD-Parteitages in Halle für den Wahlkreis Nord- und Süd-Dithmarschen.[8]

Für kurze Zeit stellte Itzehoe auch den Bezirksvorsitzenden. Am 29. Januar 1919 übernahm Carl F. Alps dieses Amt provisorisch von Heinrich Kürbis, wurde jedoch schon nach wenigen Monaten durch Rudolf Hackelberg abgelöst.

NS-Herrschaft

Am 15. April 1933 warfen SA-Männer dem Bürgermeister Adolf Rohde (DVP) sämtliche Scheiben seiner Wohnung ein und nahmen ihn in "Schutzhaft", aus der er allerdings nach einigen Tagen wieder entlassen wurde.[9]

"Gleichzeitig mit Adolf Rohde wurde eine Reihe weiterer Personen verhaftet: Wilhelm Schubert, Oberstadtsekretär; Paul Schmidt, Rektor der Berufsschule; Thomas Hagenah, Rektor der Klosterhofschule; Bruno Voltmer, Lehrer an der Kaiser-Karl-Schule; August Diebenkorn und Christian Lohse, beide Mitglieder des Stadtrats; sowie Fritz Hilbert, von Beruf Landwirt. Die Verhafteten standen politisch der SPD nahe: Lohse und Diebenkorn waren langjährige Parteimitglieder, Schubert Partei- und Fraktionsvorsitzender der Itzehoer Sozialdemokraten. Voltmer war wie Rohde Mitglied der DVP und deren Kreisvorsitzender. Die SA-Männer brachten Rohde nach der Verhaftung mit dem Auto nach Oldendorf, die übrigen Verhafteten wurden durch die belebte Innenstadt zur Gaststätte Freudenthal in der Jahnstraße getrieben. Fritz Hilbert musste ein Schild mit einer diffamierenden Aufschrift, die nicht überliefert ist, um den Hals tragen, vorneweg ging ein Trommler."[1]

Der Friedrich-Ebert-Gedenkstein

Der Friedrich-Ebert-Gedenkstein in der Friedrich-Ebert-Straße / Ecke Dürrstraße

Auf der Informationstafel neben dem Gedenkstein ist folgendes zu lesen: "1930 ließ der Ortsverein Itzehoe des Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold diesen Stein zu Ehren des ersten Reichspräsidenten Friedrich Ebert an der Ecke Dürrstraße / Feldstraße aufstellen." Das Reichsbanner war als Wehrverband der zur Verteidigung der Weimarer Republik entschlossenen Parteien und Gruppen 1924 gegründet worden. Im selben Jahr noch wurde die Feldstraße in Friedrich-Ebert-Straße umbenannt.

Wenige Monate nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten war im Nordischen Kurier zu lesen, dass die Goldbuchstaben der Inschrift beseitigt wurden. Der Stein zeigte jetzt auf rotem Untergrund und weißem Kreis ein schwarzes Hakenkreuz. Bereits seit der ersten Sitzung des in der Kommunalwahl 1933 neu gewählten, von den Nationalsozialisten dominierten Stadtparlaments hieß die Straße am Stein Peter-Kölln-Straße nach einem von ihnen zum Märtyrer hochstilisierten SA-Mann. Nach dem Ende der NS-Herrschaft bekam sie wieder den Namen Friedrich-Ebert-Straße. Das von den Nationalsozialisten eingemeißelte Hakenkreuz wurde entfernt und die Inschrift wiederhergestellt.

In Schleswig-Holstein stehen in Bad Bramstedt, Eutin, Nortorf und Wedel weitere Friedrich-Ebert-Gedenksteine.

Das Mahnmal

In Itzehoe steht auch das erste öffentliche Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus in Nordeuropa. Dass es noch steht, ist auch Michael Legband zu verdanken, der sich als Itzehoer Juso des vernachlässigten Mahnmals annahm. Am 12. September 2023 wurde er dafür mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet.[10]

Literatur

  • Pelc, Ortwin/Lorenzen, Thomas: 125 Jahre Sozialdemokraten in Itzehoe (Itzehoe 1989)
  • Rathmann, Johann: Itzehoe 1933. Wie die Nazis die Stadt eroberten. Eine Dokumentation der Ereignisse zwischen Januar und Juli 1933 (Eigenverlag der SPD Itzehoe, Itzehoe 1983)

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Kreismuseum Prinzeßhof: Regionale "Machtergreifung". Die Absetzung des Itzehoer Bürgermeisters Adolf Rohde, abgerufen 26.1.2025
  2. Kuhlwein, Eckart: Eckart Kuhlweins Blick zurück mit und ohne Zorn, 2014
  3. Wikipedia: Andreas Koeppen, abgerufen 22.1.2021
  4. Ehrich, Lars Peter: Itzehoes Bürgermeister Andreas Koeppen kandidiert nicht noch einmal, Norddeutsche Rundschau, 1.1.2021 (https://www.shz.de/30755832 ©2021)
  5. 5,0 5,1 5,2 Ibs, Jürgen: Vom zünftigen Gesellen zumhandwerklichen „Lohnarbeiter" - Hintergründe der Entstehung der frühen Itzehoer Arbeiterbewegung, Demokratische Geschichte, Band 3 (1990), Seite 21 ff.
  6. Osterroth, Franz: 100 Jahre Sozialdemokratie in Schleswig-Holstein. Ein geschichtlicher Überblick (Kiel o. J. [1963]), Seite 12
  7. Osterroth, Franz: 100 Jahre Sozialdemokratie in Schleswig-Holstein. Ein geschichtlicher Überblick (Kiel o. J. [1963]), Seite 13
  8. Itzehoe, Hamburgischer Correspondent, 5.10.1890
  9. Hesse, Klaus/Springer, Philipp: Vor aller Augen. Fotodokumente des nationalsozialistischen Terrors in der Provinz (Essen 2002). Die Autoren ordnen den Bürgermeister irrtümlich der SPD zu.
  10. Landesregierung Schleswig-Holstein: Auszeichnungen und Ehrungen - Ausgezeichnete Personen 2017, abgerufen 9.9.2023