SPD-Parteitag 1900, Mainz

Aus SPD Geschichtswerkstatt

Der SPD-Parteitag 1900 fand vom 17. bis 21. September in Mainz statt.

Frauenkonferenz

Unmittelbar vor dem Parteitag tagte am 15. und 16. September zum ersten Mal eine reichsweite Frauenkonferenz, einberufen von Ottilie Baader als Vertrauensperson der Genossinnen Deutschlands. Sie und Clara Zetkin wurden zu Vorsitzenden gewählt, Luise Zietz und Minna Ledebour zu Schriftführerinnen. Es nahmen 20 weibliche und männliche Delegierte teil, darunter aus Schleswig-Holstein Eduard Adler, Marx Jens, Karl Jürs und Wilhelmine Kähler, aus Hamburg Helma Steinbach und Luise Zietz sowie die auch im Norden sehr aktive Berlinerin Emma Ihrer. Es scheint, dass auch Georg Ledebour teilnahm, da mehrfach Äußerungen von "Genosse Ledebour" vermerkt sind.

Die Tagesordnung umfasste den Ausbau des Systems der Vertrauenspersonen, die Agitation unter dem weiblichen Proletariat, die Agitation für den gesetzlichen Arbeiterschutz, die Bildungsvereine für Frauen und Mädchen sowie Allgemeines.

Wilhelmine Kähler konnte sich mit ihrem Antrag nicht durchsetzen, in den Statuten künftig eine jährliche Frauenkonferenz zu verankern - dies sei "sicher äußerst wünschenswerth, wahrscheinlich auch dringend nothwendig, dagegen vielleicht leider nicht möglich", wurde ihr entgegnet. Sie setzte sich aber insoweit durch, dass die Konferenz beschloss, die Vertrauensperson für ganz Deutschland sei nicht wie bisher nur von den Berliner Genossinnen zu wählen, sondern von allen Genossinnen Deutschlands auf jeder stattfindenden Frauenkonferenz; zwischen den Konferenzen bleibe die Vertrauensperson im Amt. Darüber hinaus wurden Regulative für die Arbeit auch der örtlichen Vertrauenspersonen beschlossen.

Aus der Diskussion über die Agitation wurden manche Probleme deutlich, die hier nicht eingehend dargestellt werden müssen. Über die Bildungsvereine kam es zu einer kontroversen Debatte, da vor allem Helma Steinbach sich sehr negativ und abfällig über sie äußerte, andere wie Luise Zietz sehr wohl eine positive Funktion für diese Vereine sahen. Wilhelmine Kähler wies darauf hin, dass die Bildungsvereine nicht Teil der Partei seien, diese also keine Beschlüsse über sie fassen könne, und schlug eine unterstützende Resolution vor, die auch angenommen wurde.

Zum Abschluss wurde Ottilie Baader erneut zur Vertrauensperson der Genossinnen Deutschlands gewählt.[1]

Parteitag

Delegierte

Für die schleswig-holsteinischen Wahlkreise sind folgende Delegierte aufgeführt:

Außerdem nahmen teil für den Wahlkreis Lübeck Otto Friedrich, für Oldenburg/Old. Paul Hug, für Hamburg u.a. Reinhard Bérard, Adolph von Elm, Hermann Förster, Louis Gruenwaldt, Heinrich Koenen, Wilhelm Metzger, Hermann Molkenbuhr, Heinrich Stubbe (MP-Kommission) und Frau Zietz (Schriftführerin).[2]

Tagesordnung

  1. Konstituierung des Parteitages. Wahl des Bureaus. Festsetzung der Geschäfts- und Tagesordnung. Wahl einer Kommission zur Prüfung der Mandate.
  2. Geschäftsbericht des Vorstandes. Berichterstatter: W. Pfannkuch und A. Gerisch.
  3. Bericht der Kontrolleure. Berichterstatter: H. Meister
  4. Bericht über die parlamentarische Thätigkeit. Berichterstatter: Paul Singer
  5. Die Organisation der Partei. Berichterstatter: I. Auer
  6. Maifeier. Berichterstatter: Th. Metzner
  7. Die Weltpolitik. Berichterstatter: Paul Singer
  8. Die Verkehrs- und Handelspolitik. Berichterstatter: R. Calwer
  9. Die Taktik der Partei bei den Landtagswahlen. Berichterstatter: A. Bebel
  10. Anträge zum Programm
  11. Sonstige Anträge

Inhalte

"[…] Die Parteigenossen werden verpflichtet, in den deutschen Staaten, in denen das Dreiklassenwahlrecht besteht, sich mit eigenen Wahlmännern an den Wahlen zu beteiligen. Für die Landtagswahlen in Preußen bildet der Parteivorstand das Zentral-Wahlkomitee. Der Parteitag diskutiert die Weltpolitik. Er wendet sich scharf gegen die Kolonialpolitik und tritt für die Rechte, die Freiheit und die Unabhängigkeit aller Völkerschaften ein. […]"[3]

Literatur

Einzelnachweise

  1. Bericht über die Frauenkonferenz in Mainz, Protokoll, S. 247-257
  2. Protokoll, S. 258-262
  3. Osterroth, Franz / Schuster, Dieter: Chronik der deutschen Sozialdemokratie. Band 1: Bis zum Ende des Ersten Weltkrieges. 2., neu bearb. und erw. Aufl. 1975. Electronic ed.: Bonn : FES Library, 2001