1924
Parteivorsitzende sind Arthur Crispien, Hermann Müller und Otto Wels, Distriktsvorsitzender in Schleswig-Holstein ist Willy Verdieck.
Reichskanzler ist Wilhelm Marx (Zentrum) an der Spitze einer linksbürgerlichen Koalition aus Zentrum, DDP, DVP und BVP. Die SPD bildet mit 102 Sitzen im Reichstag die größte Fraktion, gefolgt von der USPD mit 84 Sitzen. Nach der Reichstagswahl am 4. Mai regiert eine Koalition aus denselben Parteien, wieder unter Marx. Die SPD bleibt stärkste Fraktion, verliert aber trotz der Wiedervereinigung mit Teilen der USPD zwei Sitze. Die KPD wächst von 4 auf 62 Sitze, die rechtskonservative DNVP von 71 auf 95 Sitze. Die Reichstagswahl vom 7. Dezember bringt eine gewisse Stabilisierung der republiktreuen Parteien; die SPD bleibt mit 131 Sitzen stärkste Fraktion, die KPD verliert 17 Sitze, die DNVP allerdings steigert sich auf 103 Sitze und wird Teil der Regierungskoalition unter Hans Luther (parteilos).
Am 22. Februar gründet die SPD in Magdeburg das Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold als Abwehr gegen rechts- und linksradikale Schlägertrupps. Mitte Juli gründet die KPD den "Rotfrontkämpferbund". Rechtsradikale Republikfeinde versammeln sich in Halle zum "Deutschen Tag".
Der Prozess gegen Hitler wegen des Putschversuchs vom November 1923 endet mit einer leichten Festungsstrafe, faktisch ein Freispuch.
Am 21. Januar stirbt Lenin in Moskau.
Januar
Februar
- 10. Februar - In der Wahl zur Lübecker Bürgerschaft erreicht die SPD 28 Sitze. Gewählt werden u.a. August Haut, Julius Leber, Otto Passarge und Wilhelm Pieth.
- 19. Februar - In Russee gründet sich der Turn- und Spielverein Russee; erster Vorsitzender wird Otto Rehder.
- 20. Februar - Aussperrungen an den Werften: Die Arbeitgeber wollten die Wochenarbeitszeit auf 54 Stunden erhöhen. Die Arbeiterschaft hielt am gerade erst errungenen 8-Stunden-Tag fest. In dieser Zeit verdienten die Arbeiter kein Geld - über Wochen. Die SPD trug Hilfsaktionen zur Unterstützung der Familien mit. Erst im Mai kehren die Arbeiterinnen und Arbeiter wieder in die Betriebe.
März
- 13. März - Der Reichstag wird aufgelöst, weil er nach Auffassung des Reichskanzlers Wilhelm Marx (Zentrum) in seiner Zusammensetzung für schwierige gesetzgeberische Arbeiten nicht mehr geeignet sei.
April
- 1. April - Durch Eingemeindung von Neumühlen-Dietrichsdorf wird die örtliche SPD Mitglied im Sozialdemokratischen Verein Groß-Kiel.
- 6. April - Jan Sierks kommt in Oesterborstel/Krs. Dithm. zur Welt.
Mai
- 4. Mai - Kommunalwahl 1924.
- 4. Mai - In der Reichstagswahl muss die SPD leichte Verluste hinnehmen, die links- und rechtsradikalen Kräfte starke Gewinne. Vermutlich in dieser Wahl, möglicherweise auch erst im Dezember, tritt Nanny Kurfürst als Kandidatin für den Wahlkreis 14 (Schleswig-Holstein) an, bekommt jedoch keine Mehrheit. In Lübeck kann sich die SPD sogar um 10 % verbessern. Im Fürstentum Lübeck verliert die SPD rund 5 % ihrer Stimmen.[1]
- 24. Mai - Der Gau Schleswig-Holstein des Reichsbanners gründet sich; maßgeblich am Aufbau beteiligt sind 'Jack' Meitmann und Richard Hansen. Willy Verdieck wird Mitglied des Gauvorstandes. Oskar Nielsen tritt der Organisation bei. In Büdelsdorf gründet sich eine Ortsgruppe.
Juni
- 11. - 14. Juni - Der SPD-Parteitag in Berlin beschließt unter anderem: "[…] Koalitionspolitik sei keine Frage des Prinzips, sondern der Taktik. Das Viel-Parteien-System habe seit der Revolution die Sozialdemokratie im Reich und in den Ländern vielfach gezwungen, mit bürgerlichen Parteien an der Regierung teilzunehmen. Das Interesse der Arbeiterklasse erfordere außenpolitisch die Befriedung Europas, innenpolitisch die Sicherung der Republik gegen den Ansturm der Reaktion. Die Teilnahme an der Regierung müsse die Durchsetzung der Demokratie und die Erfüllung der bürgerlichen Republik mit sozialem Inhalt zum Ziele haben. Sie dürfe deshalb nur unter Abwägung aller Vor- und Nachteile für die Interessen der Minderbemittelten erfolgen, damit die Sicherheit gegeben sei, daß die Arbeiterklasse nicht einseitige Opfer zu bringen habe. Für eine Koalitionspolitik müsse ein Mindestprogramm gegenüber den übrigen Koalitionsparteien gefordert werden. Die Republik müsse verteidigt werden, koste es, was es wolle - mit Leib und Leben. […]"[2]
Juli
- August und Maria Rathmann, geb. von Goeckel, heiraten; einer ihrer Trauzeugen ist Franz Osterroth.
- 13. Juli - In Schleswig wird eine Ortsgruppe des Reichsbanners gegründet.
- 15. Juli - Detlef Haase kommt in Kellinghusen zur Welt.
August
- 2. August - In Heide bildet sich eine Ortsgruppe des Reichsbanners.
September
Oktober
November
- 3. November - Wilhelm Poller tritt aus seiner Funktion als Kieler Stadtrat und Polizeipräsident in den Ruhestand.
Dezember
- 2. Dezember - Erika Strahl wird in Berlin geboren.
- 6. Dezember - Jochen Kandzora wird in Wiesegrade/Niederschlesien (heute Wyszogród/Polen) geboren.
- 7. Dezember - Landtagswahl 1924. Die SPD erhält mit 24,9% die meisten Stimmen, allerdings dicht gefolgt von der DNVP (23,7%).
- 7. Dezember - Reichstagswahl.
Nicht datiert
- Paul Dölz übernimmt den Vorsitz der SPD Eiderstedt.
- Hermann Engels, Hermann Klingenberg, Eugen Lechner, Otto Lüth, Karl Offen und Karl Regling treten in die SPD ein; Hans Stade tritt wieder ein.
- Wilhelm Gülich wird Leiter der 1919 eröffneten Bibliothek des Instituts für Weltwirtschaft an der Universität Kiel.
- Richard Hansen wird stellvertretender Bezirksvorsitzender.
- Rudolf Katz läßt sich in Altona als Rechtsanwalt nieder.
- Nanny Kurfürst tritt in die Gewerkschaft ein - welche, ist nicht ermittelt.
- Die neunjährige Rosa Obloch tritt den Kinderfreunden bei.
- Kurt Pohle wird Mitglied der Stadtvertretung von Sommerfeld (verm. das heutige Lubsko, Niederschlesien).
- Louise Schroeder kommt in den Bezirksvorstand Schleswig-Holstein.
- Anni Krahnstöver wird Mitarbeiterin von Louise Schroeder im SPD-Frauenreferat.
- Hans Söhnker und Ernst Busch verlassen Kiel für Engagements am Theater Frankfurt/Oder.
- Johannes Stelling wird hauptamtlicher Sekretär des Parteivorstandes.
- Mögliches Entstehungsjahr der Traditionsfahne der SPD Suchsdorf.
- Ortsgruppen des Reichsbanners gründen sich auch in Elmshorn, Schacht-Audorf und Lübeck, wo Hans Oldorf dessen Technische Abteilung übernimmt.
Einzelnachweise
- ↑ Lübecker Volksbote, Ausgabe vom 5. Mai 1924
- ↑ Osterroth, Franz / Schuster, Dieter: Chronik der deutschen Sozialdemokratie. Band 1: Bis zum Ende des Ersten Weltkrieges. 2., neu bearb. und erw. Aufl. 1975. Electronic ed.: Bonn : FES Library, 2001