Ortsverein Pinneberg: Unterschied zwischen den Versionen

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===Weitere bekannte Mitglieder===
===Weitere bekannte Mitglieder===
*[[Emma Bohnemann]]
*[[Emilie Helm]]
*[[Anna Ipsen]]
*[[Alice Larm]]
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*[[Bruno Möwius]] (ehem. Bürgervorsteher)
*[[Bruno Möwius]] (ehem. Bürgervorsteher)
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*[[Angela Trabold]]
*[[Angela Trabold]]
*[[Willi Wulf]] (ehem. Ortsvereinsvorsitzender und Bürgervorsteher)
*[[Willi Wulf]] (ehem. Ortsvereinsvorsitzender und Bürgervorsteher)
Frauen aus der Geschichte des OV<ref>Aus: ''[https://www.pinneberg.de/fileadmin/user_upload/stadtarchiv/artikel/pinneberg_lexikon_stand_2017_01_24.pdf Pinneberg-Lexikon]''</ref>:
[[Emma Bohnemann]], geb. Dolna * [[28. November]] [[1900]] in Bärn/Mähren, † [[16. Januar]] [[1993]] in Pinneberg, SPD-Politikerin "der ersten Stunde". Sie war von [[1946]] bis [[1970]] Mitglied der Pinneberger Ratsversammlung sowie des Pinneberger Kreistages, engagierte sich in der allgemeinen Wohlfahrtspflege, der Müttererholung, im Schulwesen und in der Jugendpflege. Sie war Vorsitzende der SPD-Frauengruppe der Stadt von 1946-1965. Nach dem Tode ihres Mannes [[Hermann Bohnemann]] [[1965]] übernahm sie auch noch den Posten der Hauptkassiererin. 35 Jahre lang war sie Vorstandsmitglied in der Pinneberger SPD, [[1976]] wurde sie zur Ehrenvorsitzenden gewählt.<ref>[http://www.spdpinneberg.de/index.php/inhalte-26/articles/id-1945-1964.html Ortsverein Pinneberg: Parteigeschichte 1945-1964]</ref> Durch ihre Mitgliedschaft in der SPD-Frauengruppe auf Kreis- und Landesebene prägte sie die Frauenpolitik der SPD über viele Jahre. Benennung der Emma-Bohnemann-Straße durch Beschluss der Ratsversammlung vom [[16. Dezember]] [[1999]].<ref>Siehe auch [http://archiv.bieneh.de/fileadmin/templates/bieneh.de/img/letters/130315_RB_01_13.pdf ''Rosenblätter'' 1/2013]</ref>
[[Emilie Helm]] geb. Czichi, * [[7. Januar]] [[1891]] in Wotenick/Pommern, † [[1975]] in Pinneberg<ref>[http://www.spdpinneberg.de/index.php/inhalte-26/articles/id-1945-1964.html Ortsverein Pinneberg: Parteigeschichte 1945-1964]</ref>.
Emilie Helm war Sozialdemokratin und gründete [[1925]] zusammen mit [[Anna Ipsen]] die Pinneberger Arbeiterwohlfahrt. Frau Helm war bis [[1933]] (Daten nicht genau ermittelt) Stadtverordnete in Pinneberg. Noch [[1933]] wurde sie zur 1. Vorsitzenden der Sozialistischen Frauengruppe gewählt. [[1944]] wurde Emilie Helm bei der [[Aktion Gewitter|Aktion "Gitter"]] in einem Kieler Gefängnis inhaftiert.
[[Anna Ipsen]] geb. Pink, * [[16. Mai]] [[1889]] in Raisdorf † [[13. Juli]] [[1980]] in Pinneberg.
Anna Ipsen war Sozialdemokratin und gründete [[1925]] zusammen mit Emilie Helm die Pinneberger Arbeiterwohlfahrt. 1944 wurde Anna Ipsen bei der [[Aktion Gewitter|Aktion "Gewitter"]] in einem Kieler Gefängnis inhaftiert. Sie kam durch eine Petition ihrer Tochter frei.


==BürgermeisterInnen==
==BürgermeisterInnen==
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*[[24. April]] [[1950]] - [[Henry Glissmann]]
*[[24. April]] [[1950]] - [[Henry Glissmann]]
*Dezember [[1945]] - [[Richard Köhn]] (ehrenamtlich) (nach ihm ist die Richard-Köhn-Straße benannt)
*Dezember [[1945]] - [[Richard Köhn]] (ehrenamtlich) (nach ihm ist die Richard-Köhn-Straße benannt)
*[[19. August]] [[1923]]-[[1933]] - [[Wilhelm Burmeister]] († [[1965]]; nach ihm wurde durch Beschluss der RV am [[29. November]] [[1972]] die Burmeisterallee benannt, bis 1972 Burmeisterpromenade)<ref>Aus: ''[https://www.pinneberg.de/fileadmin/user_upload/stadtarchiv/artikel/pinneberg_lexikon_stand_2017_01_24.pdf Pinneberg-Lexikon]''</ref>
*[[19. August]] [[1923]]-[[1933]] - [[Wilhelm Burmeister]] († [[1965]]; nach ihm wurde durch Beschluss der RV am [[29. November]] [[1972]] die Burmeisterallee benannt, bis 1972 Burmeisterpromenade)<ref>Aus: ''[https://www.pinneberg.de/index.php?La=1&NavID=3471.283&object=med,3471.1015.1.PDF Pinneberg-Lexikon]'', abgerufen 17.3.2025</ref>


==Geschichte==
==Geschichte==
Eine ausführliche Geschichte des Ortsvereins ist auf dessen Homepage unter [http://spdpinneberg.de/index.php/parteigeschichte.html Geschichte des Ortsvereins] zu finden.
Eine ausführliche Geschichte des Ortsvereins war bis etwa [[2024]] auf dessen Homepage unter [http://spdpinneberg.de/index.php/parteigeschichte.html Geschichte des Ortsvereins] zu finden, [[2025]] leider nicht mehr.


Dort nicht enthalten ist, dass Mitte [[1911]] die bürgerliche Politik in Pinneberg versuchte, durch Erhöhung der Einkommensgrenzen im Dreiklassenwahlrecht ihre Mehrheiten vor den sozialdemokratischen Wählerschichten am unteren Ende des Einkommensspektrums zu schützen.  
Dort nicht enthalten war, dass Mitte [[1911]] die bürgerliche Politik in Pinneberg versuchte, durch Erhöhung der Einkommensgrenzen im Dreiklassenwahlrecht ihre Mehrheiten vor den sozialdemokratischen Wählerschichten am unteren Ende des Einkommensspektrums zu schützen.  
<blockquote>"Und die Herren haben gleich ganze Arbeit gemacht, sie beschlossen, den Wahlzensus auf die nach der Städteordnung höchst zulässige Einkommensgrenze von 1500 M. zu erhöhen. Seit [[1905]] ist das schon die zweite Zensuserhöhung, damals wurde der Zensus von 600 auf 1050 M. heraufgesetzt. [Trotzdem] war es unseren Genossen doch mit der Zeit gelungen, drei Sozialdemokraten ins Stadtparlament hineinzuwählen. Nun drohte der Stadt natürlich der Untergang, denn, so sagte der Bürgermeister [...], daß ein sehr großer Zuwachs von stimmberechtigten Bürgern zu verzeichnen sei. Dieser Zuwachs komme hauptsächlich der Sozialdemokratie zugute. Er müsse deshalb an die Mitglieder der städtischen Kollegien die Mahnung richten, jetzt, wo sie noch die Macht in Händen hätten, den Zensus auf 1500 M. zu erhöhen. Die bürgerlichen Vertreter hörten die zornige Protestrede unseres Genossen gegen den beabsichtigten Wahlrechtsraub mit gesenkten Häuptern an, wußten kein Wort der Erwiderung zu sagen, stimmten dann aber geschlossen für den Wahlrechtsraub."<ref>[http://fes.imageware.de/fes/web/index.html?open=VW28166&page=1 ''Noch ein Wahlrechtsraub in Schleswig-Holstein'']'',''Vorwärts'', 19.7.1911''</ref></blockquote>
<blockquote>"Und die Herren haben gleich ganze Arbeit gemacht, sie beschlossen, den Wahlzensus auf die nach der Städteordnung höchst zulässige Einkommensgrenze von 1500 M. zu erhöhen. Seit [[1905]] ist das schon die zweite Zensuserhöhung, damals wurde der Zensus von 600 auf 1050 M. heraufgesetzt. [Trotzdem] war es unseren Genossen doch mit der Zeit gelungen, drei Sozialdemokraten ins Stadtparlament hineinzuwählen. Nun drohte der Stadt natürlich der Untergang, denn, so sagte der Bürgermeister [...], daß ein sehr großer Zuwachs von stimmberechtigten Bürgern zu verzeichnen sei. Dieser Zuwachs komme hauptsächlich der Sozialdemokratie zugute. Er müsse deshalb an die Mitglieder der städtischen Kollegien die Mahnung richten, jetzt, wo sie noch die Macht in Händen hätten, den Zensus auf 1500 M. zu erhöhen. Die bürgerlichen Vertreter hörten die zornige Protestrede unseres Genossen gegen den beabsichtigten Wahlrechtsraub mit gesenkten Häuptern an, wußten kein Wort der Erwiderung zu sagen, stimmten dann aber geschlossen für den Wahlrechtsraub."<ref>[http://fes.imageware.de/fes/web/index.html?open=VW28166&page=1 ''Noch ein Wahlrechtsraub in Schleswig-Holstein'']'',''Vorwärts'', 19.7.1911''</ref></blockquote>


Am [[8. Juli]] [[1869]] fand eine Mitgliederversammlung mit Gästen aus Hamburg, [[Ortsverein Ottensen|Ottensen]] und [[Ortsverein Altona|Altona]] statt. Der Verein bekannte sich an diesem Tag deutlich zum [[ADAV]].<ref name=":0">''[https://fes.imageware.de/fes/web/index.html?open=SC05086 Social-Demokrat - Tagesausgabe]'', 25.7.1869</ref>
Am [[8. Juli]] [[1869]] fand eine Mitgliederversammlung mit Gästen aus Hamburg, [[Ortsverein Ottensen|Ottensen]] und [[Ortsverein Altona|Altona]] statt. Der Verein bekannte sich an diesem Tag deutlich zum [[ADAV]].<ref name=":0">''[https://fes.imageware.de/fes/web/index.html?open=SC05086 Social-Demokrat - Tagesausgabe]'', 25.7.1869</ref>
1909 bestand der Verein aus zehn Bezirken, von denen sieben die Umlandgemeinden Rellingen, Halstenbek, Thesdorf, Egenbüttel, Tangstedt, Borstel und Appen betrafen, wobei nicht für alle Bezirke Bezirksführer gewählt werden konnten.<ref>[https://resolver.sub.uni-hamburg.de/kitodo/PPN1754726119_19090117/page/6 Hamburger Echo 17.1.1909, S. 6]</ref>
=== 1865-1871 ===
Am Nachmittag des 19. März 1865 wurde die SPD (SAP) Pinneberg gegründet.
In Pinneberg entstand damit die erste sozialdemokratische Gemeinde. Besucht wurde die Gründungsveranstaltung von 62 Personen. Ein größerer Besuch hätte sicher stattgefunden, wenn die in der Nähe wohnenden Arbeiter das schöne Wetter nicht für die Feldarbeit hätten nutzen müssen – dies ist den Gründungsunterlagen zu entnehmen.
Der bereits 1863 unter Ferdinand Lassalle (1825-1864) gegründete Allgemeine Deutsche Arbeiterverein sowie die 1869 unter August Bebel und Wilhelm Liebknecht gegründete Sozialdemokratische Arbeiterpartei schlossen sich 1875 auf dem Gothaer Kongress zur Sozialistischen Arbeiterpartei (SAP) zusammen. Damit verfügte Deutschland im Unterschied zu anderen europäischen Ländern über eine einheitliche sozialistische Partei. Auf diesem Einigungskongress vertrat Heinrich Fahl Pinneberger Genossen. Die Debatte dort wurde von der versammelten Elite der deutschen Arbeiterschaft geführt. Fahl meldete sich nur einmal mit der Forderung nach Schaffung eines starken Parteiorgans zu Wort.
Nach diesem Kongress wurde in Pinneberg sogar eine Fahne angeschafft. 1897 bestickten weibliche Mitglieder des Ortsverbandes die rote Seide der Fahne mit den Worten „Social Democraten Pinneberg, 1897“. Während der späteren Nazizeit wurde diese Fahne von der treuen und mutigen Genossin Selma Fischer in einer Matratze eingenäht am Ossenpadd vor der Gestapo versteckt und dadurch, wenn auch stark zerfetzt, gerettet. Diese später renovierte Fahne ist heute hier als Symbol der Treue und dem Festhalten an den Traditionen Begleiter unserer Ausstellung.
=== 1871-1914 ===
Von Bismarck (1815-1898) zum "Reichsfeind" gestempelt, wurde die SAP durch das Gesetz "wider die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie" 1878 verboten. Zudem wurden alle Organisationen der SAP, ihre Presse und die von ihr aufgebauten Gewerkschaften durch dieses "Sozialistengesetz" verboten – die Reichstagsfraktion jedoch blieb weiter bestehen. Ausnahmegesetze, polizeistaatliche Unterdrückung und Terror konnten den Aufstieg der Sozialdemokratie aber auch in Pinneberg nicht verhindern. Unter dem "Sozialistengesetz" verdreifachte die Partei ihre Wählerstimmen und erhielt 1890 bei den Reichstagswahlen mit knapp 20 Prozent erstmals die meisten der abgegebenen Stimmen. Aufgrund des Mehrheitswahlrechts, der gegen sie gerichteten Wahlbündnisse der bürgerlichen Parteien sowie der die SAP stark benachteiligenden Wahlkreiseinteilung erhielt diese als stimmenstärkste Partei jedoch nur 35 der 391 Mandate. Die Verfolgung unter dem "Sozialistengesetz" hinterließ in der SAP tiefe Verbitterung und machte marxistische Ideen attraktiv und populär. Nach der Nichtverlängerung des "Sozialistengesetzes" gründete sich die SAP 1890 offiziell als Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) neu.
Verfolgung, Ausweisung aus der Heimat und Berufsverbote trafen zu dieser Zeit auch die Sozialdemokraten in Pinneberg. Am 8. August 1878 ergänzte Landrat Voerster seinen Bericht nach Schleswig um ein „Verzeichnis der im Kreis Pinneberg vorhandenen socialistischen Vereine“ und ein „Verzeichnis der socialdemokratischen Agitatoren“, die Grundlage für spätere Ausweisungen waren. Genannt wurden 22 Personen, darunter die Pinneberger Heinrich Fahl und Hermann Rehm. In Pinneberg eröffnete die Polizei Hermann Rehm und Heinrich Fahl daraufhin am 3. Oktober 1880, dass diese laut Ausweisungsverfügung der Regierung zu Schleswig und der Polizeibehörde Hamburg die Stadt innerhalb von 3 Tagen zu verlassen hätten, andernfalls drohe eine Geldstrafe in Höhe von bis zu 1000 Mark oder sogar eine Haftstrafe. Befriedigt vermerkte die Polizei am 6.11.1880, dass Rehm am Vortage zu seinen Eltern nach Pansdorf bei Lübeck gereist sei und in Lübeck Arbeit suchen wolle. Heinrich Fahl war mittlerweile schwer erkrankt. „Wie rücksichtslos die Polizei vorging, erhellt aus dem Umstande, dass sie selbst Kranke, Krüppel und Greise auswies, Leute, die seit Jahren nichts mehr mit der Sozialdemokratie zu tun hatten.“ Der an schwerer Lungenkrankheit leidende Fahl hatte an jenem Tag, an dem er die Ausweisungsurkunde erhielt, zum ersten Male wieder das Bett verlassen. Vor Schrecken erlitt er einen erneuten Blutsturz. Trotzdem sollte er fortgeschafft werden, und nur der Einspruch der Ärzte verhinderte es.
Jeder Sozialdemokrat, der nach 1878 akut von Ausweisung, Verhaftung und Vernichtung in seiner materiellen Existenz bedroht war, musste sich in „rechtsschänderischer, brutaler Weise vergewaltigt“ fühlen. Unter Abwägung dieser Perspektiven entschieden sich viele zur Abkehr von ihrer politischen Tätigkeit, wenn nicht gar zur Abkehr von ihrer politischen Gesinnung. Zahlreiche Mitglieder verließen die Partei. Es trennte sich die „Spreu vom Weizen, die Halben und die Lauen, die Sportsozialisten und Feiglinge verschwanden von der Bildfläche“.
Einen Mann wie Hermann Molkenbuhr, der nicht zu den Letztgenannten gehörte, als Helden zu bezeichnen, wäre sicher zu hoch gegriffen. Aber er blieb in der bis dahin schwierigsten Zeit für die Sozialdemokratie seiner Gesinnung und seiner Partei treu und leistete Widerstand unter Inkaufnahme schwerster Diskriminierung. Im März 1890, noch vor dem Fall des Sozialistengesetzes am 1.10.1890, gewann Hermann Molkenbuhr in einer Stichwahl zum ersten Mal den Sechsten Schleswig-Holsteinischen Reichstagswahlkreis Pinneberg-Elmshorn mit 53 % der Stimmen für die Sozialdemokraten. Die SPD wurde stärkste Partei im Reichstag und Pinneberg hatte sich als „rote Hochburg“ bestätigt.
Das 1891 verabschiedete Erfurter Programm vertrat einen dogmatischen Marxismus, gegen den die sozialreformerische Politik der Freien Gewerkschaften sich jedoch immer stärker behauptete. Führender Theoretiker der "Revisionisten" war Eduard Bernstein. Erbittert bekämpft wurde der Revisionismus von führenden Sozialdemokraten wie August Bebel, Karl Kautsky, Rosa Luxemburg und Clara Zetkin. Unbeschadet des innerparteilichen Streits um die richtige Theorie war die SPD die mit Abstand mitgliederstärkste Partei vor dem Ersten Weltkrieg und stellte 1912 erstmals auch die stärkste Reichstagsfraktion. Die SPD war vor allem die Partei protestantischer und konfessionsloser Industriearbeiter, aber sie hatte auch im Mittelstand Anhänger. Keine andere Partei unterhielt im Kaiserreich ein so dichtes Organisationsnetz von Vereinen, keine andere Partei prägte das soziokulturelle Milieu ihrer Anhänger so wie die SPD das der Arbeiterschaft. Noch vor dem Ersten Weltkrieg entwickelte sich im Reichstag eine parlamentarische Zusammenarbeit zwischen der SPD und den bürgerlichen Mitte-Links-Parteien, auf regionaler Basis hatte es bereits vorher Koalitionen gegeben.
Am 7. Februar 1892 fand in der Pinneberger Zentralhalle eine Volksversammlung statt. Anschließend wählten die Versammelten dort den Schneidermeister Heinrich Preuß als Delegierten für den bevorstehenden sozialdemokratischen Provinzparteitag in Neumünster. Auf diesem Parteitag ging es vor allem um die Frauenfrage. „Die Vortragende behandelte die Lage der arbeitenden Frauen und forderte dieselben auf, die Männer in der Ausbreitung der Socialdemokratie zu unterstützen.“ Am 29.9.1893 bestätigten die Teilnehmer einer „öffentlichen Parteiversammlung“ einstimmig Heinrich Preuß als Pinneberger Vertrauensmann.
Das Hamburger Echo berichtet im April 1896 von einer begeisterten Frauenveranstaltung mit der Politikerin und Frauenrechtlerin Clara Zetkin in der Pinneberger Zentralhalle. Weiterhin war die Genossin und Mitbegründerin des „Zentralvereins der Fabrik- und Handarbeiterinnen“, Wilhelmine Kähler, Gastrednerin in Pinneberg.
In dieser Zeit wurde das verstärkte Engagement der Frauen für die Sozialdemokratie vermerkt. So schrieb der Pinneberger Landrat Scheiff im Juni 1893 zum Ablauf der Reichstagswahlkampagne: „Eine diesmal besonders stark hervortretende Erscheinung war das Eingreifen der Frauen in die Wahlagitation.“ Dabei nannte er besonders Wilhelmine Kähler aus Wandsbek. Im August 1894 notierte Scheiff: „Ein Weiterumsichgreifen der sozialistischen Ideen, namentlich auch unter der weiblichen Bevölkerung ist in der Stadt Pinneberg bemerkt worden.“
Im Jahre 1899 wurde im sozialdemokratischen Traditionslokal Zentralhalle die „Freie Turnerschaft Pinneberg“ in Abgrenzung zu den beiden bürgerlichen Sportvereinen gegründet. Wie vorher schon bei Friedrich Ludwig Jahn, standen auch diese Turner in Verdacht, nicht Staatstreu zu sein. Deswegen war es verboten, jugendliche Mitglieder, vor allen aber Kinder, auf dem Turnplatz zu dulden. Das Verbot wurde von den Polizeikräften energisch kontrolliert und oft mussten Kinder mit brachialer Gewalt am Turnen oder Ringen gehindert werden. Auch die Mitglieder vom Athletenclub „Eiche“ waren nicht beliebt bei den Behörden. Wirt Schmidt stellte die Turngeräte und wirkte im Vorstand mit, Ernst Fliegner wurde zum Vorsitzenden gewählt. 1910 verkaufte Schmidt die Zentralhalle an C. Baumann. Der wiederum konnte die Zentralhalle nicht halten und übernahm „Waldesruh“ an der Bahnhofstraße. Der Turnverein zog mit und konnte bald sogar eine eigene, gemietete Halle benutzen, die Baumann mit Hilfe einer Uetersener Brauerei an der Bahnhofstraße neben Bier-Schmidt erbauen ließ. Das Glück währte nicht lange, denn 1913 musste Baumann Waldesruh wieder verkaufen. Die Stadt erwarb die Turnhalle und kündigte als erstes dem Arbeiterturnverein. Der zog jetzt in sein letztes Domizil vor dem 1. Weltkrieg, die Linde (später Schauburg) im jetzt eingemeindeten Pinnebergerdorf.
Im Jahre 1900 eskalierte in Pinneberg ein schon länger schwelender Konflikt mit neuen Frontlinien: Aufgeklärtes Bürgertum und Sozialdemokratie gemeinsam gegen Landrat Scheiff, der dabei so in die Ecke gedrängt wurde, dass seine gesammelten Rechtfertigungsschriften an das Regierungspräsidium fast ein Buch füllten. Zum 15. Juli 1900 hatten sozialdemokratische Wahlvereine ein großes Volksfest in der Pinneberger „Eiche“ geplant, zu dem nach der Ankündigung des Pinneberger Wochenblattes 3.000 Teilnehmer erwartet wurden. Obwohl vom Pinneberger Bürgermeister Kosack erlaubt, verbot Scheiff die Veranstaltung, da politische Vereine keine Feste mit Damen feiern durften. Die Tanzveranstaltung fand trotzdem erfolgreich statt und Landrat Scheiff soll außer sich gewesen sein. Pinneberg hatte zu dieser Zeit 4147 Einwohner zu verzeichnen.
Ernst Fliegner war 1905 erster Vorsitzender der Pinneberger SPD, ab 1906 gefolgt von Johannes Knaack, 1908 von Richard Köhn und später von Heinrich Knuth. Der letzte Vorkriegsvorstand vom März 1914 bestand aus Otto Plettenberg als 1. Vorsitzender, Heinrich Preuß als 2. Vorsitzender, Johannes von der Heide als Schriftführer, Wilhelm Behnke als Kassierer und Maria Plettenberg als Beisitzerin. Ernst Fliegner lud für jeden 2. Donnerstag des Monats in der „Centralhalle“ zu einer Versammlung ein, die vorab bei der Polizei angemeldet werden musste und auch unter dessen Beobachtung in Person des Polizeisergeanten Engel stand. Über den Verlauf der Versammlung führte er genaues Protokoll. „Frauenspersonen und Lehrlinge“ hatten laut Anweisung des Bürgermeisters dabei keinen Zutritt.
=== 1914-1919 ===
Schon bald nach Beginn des 1. Weltkrieges wurde auch die Pinneberger Industrie auf Rüstungsprodukte umgestellt. Es gab Ausnahmegenehmigungen zur Verlängerung der Frauenarbeitszeit bei „Wuppermann“ zur Herstellung von Heereskochgeschirr und bei „Christiansen und Hell“ zur Bearbeitung von Geschoss- und Geschützteilen. Halb Pinneberg arbeitete in dem für damalige Verhältnisse großem Emaillierwerk Herman Wupperman und bei „Wille“. Von dem Wohlergehen dieser Werke hing mehr oder minder das Wohl der Stadt ab.
Obwohl die SPD nach ihrem Programm revolutionäre Veränderungen in Wirtschaft und Politik forderte, wirkte sie in den Kommunen, in manchen Ländern sowie insbesondere mittels ihrer engen Verbindungen zu den Gewerkschaften an konkreten Reformvorhaben mit. Nicht zuletzt unter dem Einfluss der Gewerkschaften entschied sich die Partei bei Ausbruch des von Deutschland maßgeblich mit verursachten Ersten Weltkrieges für die Unterstützung des Reichs in der militärischen Auseinandersetzung. Diejenigen Teile, die diesen "Burgfrieden" nicht mittragen wollen, gründen zunächst den Spartakusbund und 1917 die Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands.
Während des „Steckrübenwinters“ 1916/17 griffen im Februar 1917 auch die Hungerunruhen von Hamburg auf Pinneberg über. „Dem Vorgang in den benachbarten Großstädten folgend, hat gestern Abend ein Teil der weiblichen Arbeiterbevölkerung, begünstigt durch die in den Straßen infolge des Kohlen- und Gasmangels herrschende Dunkelheit, in der Stadt Pinneberg eine Plünderung der Bäckereien und Brotläden vorgenommen“, war in der örtlichen Zeitung nachzulesen
=== 1919-1930 ===
Bei der Neuwahl der 24 Stadtverordneten am 02. März 1919 standen unter anderem Ernst Fliegner, Richard Köhn, Otto Plettenberg, Johannes von der Heide, Heinrich Boschen und Adolf Weingärtner für die Sozialdemokraten auf dem Wahlvorschlag. Am 19. März 1919 trat die erste gewählte Stadtverordnetenversammlung zusammen. Sie bestand aus fünfzehn Sozialdemokraten und neun Bürgerlichen.
Nach den revolutionären Unruhen, die das Deutsche Reich in den ersten Monaten nach Beendigung des Ersten Weltkriegs und der Ausrufung der Republik erschütterten, wurde am 28. Juni 1919 der Friedensvertrag von Versailles unterzeichnet, dessen Revision die deutsche Außenpolitik fortan bestimmte. Am 11. August 1919 trat die neue Reichsverfassung, die mit 262 zu 75 Stimmen von der Nationalversammlung verabschiedet worden war, in Kraft. Sie verankerte die erste parlamentarische Demokratie im Deutschen Reich. Träger der politischen Macht waren die Parteien. Begleitet vom schleichenden Niedergang des Liberalismus war die innenpolitische Entwicklung der Weimarer Republik durch eine Radikalisierung von rechts und links gekennzeichnet. Auch die mit der Abdankung Wilhelms II. zusammengebrochene Monarchie verfügte über eine noch zahlenmäßig starke Anhängerschaft. Die weitverbreitete Geringschätzung des Parlamentarismus ließ die Weimarer Republik als "Demokratie ohne Demokraten" erscheinen.
Bei den Reichstagswahlen vom 6. Juni 1920, die als "Abmachung" zur Beendigung des Lüttwitz-Kapp-Putsches anberaumt wurden, verlor die Weimarer Koalition aus SPD, Zentrum und linksliberaler Deutscher Demokratischer Partei (DDP) ihre bisherige Mehrheit. Dies war ein deutliches Zeichen für die Unzufriedenheit weiter Kreise der Bevölkerung mit der jungen parlamentarischen Demokratie.
In Pinneberg wurde der Sozialdemokrat Wilhelm Burmeister am 19. August 1923 zum Bürgermeister gewählt und am 5. Oktober vom Regierungspräsidenten bestätigt.
1925 gründeten die Genossinnen Emilie Helm und Anna Ipsen die Arbeiterwohlfahrt Pinneberg sowie eine Nähstube. Die Aufgaben der AWO waren zu der Zeit vor allen Dingen die Einrichtung von Nähstuben – dort wurde gebrauchte Kleidung ausgebessert und an die Armen verschenkt. 1936 wurde die AWO von den Nazis verboten. Erst 1946 sollte die Arbeiterwohlfahrt vom späteren Bürgermeister Richard Köhn wieder ins Leben.
Am 6. Juli 1928 rückte als Nachfolger für den Stadtverordneten Richard Köhn, der zum Stadtrat gewählt wurde, Willi Wulf nach.
1928, nach ihrem Wahlsieg, bildete die SPD im Reich noch einmal eine Koalitionsregierung unter der Führung des sozialdemokratischen Reichskanzlers Hermann Müller. Das Ende des letzten parlamentarisch regierenden Reichskabinetts – an dem sich SPD, Zentrum, DDP und DVP beteiligten – kam 1930.
Am 15. Juni 1929 verstarb der verdiente Pinneberger Genosse Ernst Fliegner im Alter von 72 Jahren.
Die Weltwirtschaftskrise hatte 1929 Deutschland fest im Griff. Zu dieser Zeit hatte Pinneberg durch die Eingemeindung Thesdorfs 9546 Einwohner. Am 29. Dezember 1929 wurden die neugewählten Stadträte Johannes von der Heide und Richard Köhn in ihr Amt eingeführt wurden.
=== 1930-1945 ===
Im Oktober 1933 wurden die letzten Sozialdemokraten aus dem Pinneberger Rathaus verjagt. Unter ihnen der bekannte Sozialdemokrat und Nachkriegsbürgermeister Richard Köhn sowie Johannes von der Heide, Heinrich Sellmann und der Maurer Wilhelm Wulf, die bereits seit Mai ohne Stimmrecht waren. Viele Pinneberger Sozialdemokraten hatten unter der Hitlerdiktatur zu leiden.
Am 12. November 1933 fand die erste Reichstagswahl und Volksabstimmung nach der Machtübernahme statt. Bei einer Wahlbeteiligung von 97 Prozent stimmten von 7351 Wahlberechtigten Pinnebergern 6242 mit Ja, 881 mit Nein und 228 Stimmen waren ungültig.
In den Morgenstunden des 23. August 1944 verhafteten Pinneberger Polizisten unter Beteiligung des NSDAP-Ortsgruppenleiters Alfred Krömer im Auftrage der Gestapo Heinrich Boschen, Olga Geick, Emilie Helm, Anna Ipsen, Richard Köhn, Heinrich Lempfert, Peter Lohmann und Wilhelm Schmidt. Alle waren ehemalige Stadtverordnete der SPD oder KPD.
Wilhelm Schmidt, Mitglied seit 1928, starb am 3. Mai 1945 nach seiner Internierung im Konzentrationslager Neuengamme an Bord des Häftlingsschiffes „Cap Arcona“, das britische Bomberbesatzungen versehentlich auf der Ostsee versenkten. Heinrich Boschen, Mitglied seit 1906, erlag am 4. Oktober 1944 den Folgen der Haftbedingungen in Neuengamme.
Am 30. April 1945 nahmen die Sowjets das Reichstagsgebäude ein. Adolf Hitler und seine kurz vorher noch im kleinen Kreis geehelichte Frau Eva Braun und auch Joseph Goebbels samt Familie verübten Selbstmord.
Am 5. Juni 1945 übernimmt ein Alliierter Kontrollrat die Regierungsgewalt über das in Stücke geschlagene Deutschland.
1939, bei Ausbruch des Krieges hatte Pinneberg 13.500 Einwohner. 1945, durch Zuzug von Vertriebenen 26.000. Wohnungen gab es nur für 13.500. Eine Situation, die für viele Pinneberger heute kaum denkbar erscheint.
=== 1945-1964 ===
Die Zerstörung Deutschlands durch die nationalsozialistische Diktatur führte am 8. Mai 1945 in die bedingungslose Kapitulation und in die Aufteilung des Deutschen Reichs in Besatzungszonen. Am 5. Juni 1945 übernahm ein Alliierter Kontrollrat die Regierungsgewalt über das in Stücke geschlagene Deutschland.
Unter Kurt Schumacher, der eine Vereinigung mit den Kommunisten kategorisch ablehnte, formierte sich in den Westzonen die SPD als eine demokratisch-sozialistische Volkspartei, die eine Öffnung zu den Mittelschichten anstrebte.
Die Militärregierung hatte im Herbst 1945 29 Bürger Pinnebergs, die vor 1933 politisch tätig waren, und denen man demokratisches Verhalten zutraute, ernannt und aus ihnen eine Art Stadtvertretung gemacht, die aber nur wenig Rechte hatte. Im Dezember wählte diese Stadtvertretung den Pensionär Richard Köhn, der schon vor 1933 als Stadtrat unter dem sozialdemokratischen Bürgermeister Wilhelm Burmeister tätig war und den die Nazis entlassen hatten, zum ehrenamtlichen Bürgermeister.
Im September 1946 trauten die Engländer auch den Pinnebergern eine eigene demokratische Entscheidung zu. Nach einem interessanten Wahlkampf, der aber unter dem Papiermangel und dem Fehlen von Tageszeitungen litt, entschied sich die Bevölkerung eindeutig für eine sozialdemokratische Mehrheit. Eine Mehrheit, die aber nur die undankbare Aufgabe hatte, den Schutt des Krieges wegzuräumen und die Not zu verwalten.
Durch das englische Wahlsystem hatte jeder Wähler drei Stimmen. Daher wurden von 11.236 Stimmberechtigten 26.611 Stimmen abgegeben. Davon enthielten:
SPD    11.077 Stimmen = 41,62 %
FDP    8.393 Stimmen = 31,30 %
CDU    4.923 Stimmen = 18,50 %
KPD    2.282  Stimmen = 8,58 %
Die ersten gewählten Mitglieder der Stadtverwaltung waren:
Von den Sozialdemokraten:
Richard Köhn, Pensionär
Hermann Bohnemann, Werkmeister
Heinrich Lempfert, Lagerhalter
Heinrich Sellmann, Gewerkschaftssekretär
Willi Wulf, Maurer
Emilie Helm, Hausfrau
Emma Bohnemann, Hausfrau
Ernst Falkenstein, Arbeiter
Walter Richter, Schriftsetzer
Hermann Schulz, Tischler
Albert Senf, Fuhrunternehmer
Alfred Hohmann, Telegraphenmitarbeiter
Heinrich Brammer, Rektor
Wilhelm Hochreiter, Zimmerer
Von der FDP:
Helmut Meyer, Bankdirektor
Dr. Otto Wenzel, Rechtsanwalt
Dr. Hugo Binné, Fabrikant
Martha Strupp, Hausfrau
Richard Habedank, Prokurist
Julius Leppien, Fabrikant
Von der CDU:
Dr. Georg Boyksen, Chefarzt
Ernst Brüggen, Schlachtermeister
Paul Christiansen, Buchdruckereibesitzer
Von der KPD:
Georg Tronier, Rentner
Am Freitag, den 27. September 1946, wurde Richard Köhn mit 23 Stimmen – Herr Brüggen von der CDU fehlte – zum Bürgermeister gewählt.
Zu den Frauen der „ersten Stunde“ zählten Emma Bohnemann, Emilie Helm und Alice Larm:
Emma Bohnemann war von 1946 bis 1970 Mitglied der Pinneberger Ratsversammlung. Sie war Mitglied im Schulausschuss und in der Kommission für Wirtschafts- und Ernährungsfragen. Während dieser 24 Jahre gehörte sie außerdem dem Kreistag an. Später arbeitete sie viele Jahre im Fürsorgeausschuss mit. Emma Bohnemann engagierte sich auch in der Frauenpolitik. Sie war Vorsitzende der SPD-Frauengruppe der Stadt von 1946-1965. Nach dem Tode ihres Mannes 1965 übernahm sie auch noch den Posten der Hauptkassiererin der SPD. 35 Jahre lang war sie Vorstandsmitglied in der Pinneberger SPD, 1976 wurde sie zur Ehrenvorsitzenden gewählt. 1993 verstarb Emma Bohnemann.
Emilie Helm kandidierte erstmals 1933 bei der Kommunalwahl. Im Nachrückverfahren wurde sie Stadtverordnete. Im selben Jahr wurde sie zur 1. Vorsitzenden der Sozialistischen Frauengruppe gewählt. Ihre politische Karriere nahm allerdings mit der Machtergreifung der Nazis ein abruptes Ende. Am 23. August 1944 wurde sie im Zuge der Aktion „Gewitter“ verhaftet und kam wie viele Sozialdemokraten in Schutzhaft nach Kiel. Sie erkrankte während der Gefängniszeit an einem Herzleiden. Emilie Helm verstarb 1975.
Alice Larm war nicht nur politisch aktiv, sondern auch dem Sport stark verbunden. 1924 trat sie in die SPD ein. Nach dem Zweiten Weltkrieg gehörte sie der Ratsversammlung von 1948-1955 und von 1966-1967 an. Bekannt war sie durch ihre Tätigkeit als Hausmeisterin in der Ernst Paasch Halle an der Lindenstraße. Erst mit 90 Jahren konnte sie dazu bewogen werden, dieses Amt aufzugeben. Sie verstarb im Jahr 2000.
Bereits am 11. Januar 1946 fand die konstituierende Sitzung des Pinneberger Kreistages statt. Für diese Sitzung vorgesehen waren ein Beschluss über das künftige Kreiswappen und die Nominierung des Landrates. Das neue Kreiswappen erhielt anstelle der alten Grafenkrone ein Nesselblatt mit einer stilisierten Baumschulpflanze. Der Entwurf wurde von A. Paul Weber gefertigt und ist bis heute unverändert. Landrat wurde Walter Damm.
Die zweite Wahl zum Gemeindeparlament fand am 24. Oktober 1948 statt. In Stimmenzahlen ausgedrückt lautete das Wahlergebnis:
SPD = 4.923
CDU = 2.602
FDP = 2.174
KPD = 524
Parteilose = 914
Gewählt wurde zum ersten Mal nach der neuen Deutschen Gemeindeordnung. In direkter Wahl und über die Liste gingen 13 Mandate an die SPD, sechs an die CDU und 5 an die FDP. Bürgermeister und damit Vorsitzender der Gemeindevertretung blieb Richard Köhn. Stadtdirektor und damit Leitender Verwaltungsbeamter war Herr Ludwig Duncker.
1949 entstanden die Bundesrepublik Deutschland und die DDR. Am Bonner Grundgesetz, das in den Verfassungsberatungen des Parlamentarischen Rats vorbereitet worden war, wirkten die Sozialdemokraten, allen voran Carlo Schmid, maßgeblich mit. Die SPD erreichte im Westen bei den ersten Wahlen zum Deutschen Bundestag 29,2 Prozent der Stimmen. Mit ganz knapper Mehrheit konnte die CDU die Führung der jungen Republik übernehmen, während die SPD sich mit der Rolle der "konstruktiven Opposition" zufrieden geben musste.
Als Oppositionspartei im Bundestag gewann die SPD in den 1950er Jahren immer stärkeren Einfluss in den Städten und Ländern. Außenpolitisch zunächst von dem Vorrang der Wiedervereinigung geleitet, lehnte sie – obgleich prinzipiell proeuropäisch orientiert – Adenauers Westpolitik ab. Sie unterstützte die Römischen Verträge und schwenkte zum Ende der 1950er Jahre auf den Kurs der Westintegration ein, ohne das Ziel der Wiedervereinigung aus den Augen zu verlieren.
Am Montag, dem 24. April 1950 kam die Pinneberger Stadtvertretung zu einer wichtigen Sitzung zusammen, in der Bürgermeister und Bürgervorsteher gewählt werden sollten. Mit 22 Stimmen bei einer Enthaltung und einer ungültigen Stimme wurde der bisherige Stadtdirektor Henry Glissmann (SPD) zum ersten hauptamtlichen Bürgermeister gewählt, zum Bürgervorsteher einstimmig der bisherige Stadtrat Willi Wulf (SPD).
Am 29. April 1951 wurde die dritte Stadtvertretung gewählt. Von 12.269 abgegebenen gültigen Stimmen entfielen auf die:
SPD = 4938 Stimmen = 15 Mandate
DW = 3774 Stimmen = 8 Mandate
BHE = 3126 Stimmen = 4 Mandate
KPD = 431 Stimmen = kein Mandat
CDU und FDP hatten sich zum Deutschen Wahlblock (DW) zusammengeschlossen, um dadurch die SPD-Mehrheit zu brechen. Die Flüchtlinge, die sich in der Zwischenzeit zum Bund der Heimatvertriebenen und Entrechten (BHE) zusammengeschlossen und anscheinend bisher die bürgerlichen Parteien gewählt hatten, verhinderten dies. Für die SPD kamen Alfred Hohmann, Heinz Lange, Gertrud Plettenberg und Emil Wulf neu in die Stadtvertretung.
„Eine Mittelstadt im Aufschwung“ war die Überschrift einer Wahlzeitung der Pinneberger SPD zur Kommunalwahl am 24. April 1955. Die Richard-Köhn-Straße, Mühlenstraße und Bismarckstraße bekamen eine Kanalisation, war dort nachzulesen. Weiter wurde hier erwähnt, dass die Turnhalle in der Lindenstraße mit Brausebad und Umziehraum ausgerüstet wurde und die Mittelschule sogar mit Toiletten und Heizung versorgt werden konnten. Ein wahrer Fortschritt und Luxus in der damaligen Zeit. Nachzulesen war auch, dass der Fahlt kurz davor stand, als Baugelände umfunktioniert zu werden. Nur mit vereinten Kräften konnte dies gerade noch so verhindert werden.
Bei der Wahl zur Stadtvertretung am 25. Oktober 1959 entfielen auf die Sozialdemokraten 46,3 % der Stimmen. Das Bündnis CDU/FDP erhielt 44,3 % und 7,2 % bekam der BHE. Die konstituierende Sitzung fand am 13. November statt und wurde von dem bisherigen Bürgervorsteher Willi Wulf geleitet. Dieser wurde einstimmig zum vierten Male wiedergewählt. Als Stadträte wurden von der SPD vorgeschlagen und gewählt: Hermann Bohnemann, Johannes Thies, Walter Richter und der Ortsvereinsvorsitzende Heinz Lange. Von der CDU: Heinrich Goldschmidt, Otto Kraft und Adolf Meier sowie Harry Schmidt für die FDP.
Die SPD verabschiedete 1959 nach einem längeren kontroversen Diskussionsprozess das Godesberger Grundsatzprogramm und öffnete sich damit endgültig zur Volkspartei. Sie gewann breite Wählerschichten hinzu, nicht zuletzt aus kirchlich gebundenen Kreisen. Willy Brandt und Herbert Wehner führten die Partei in die Regierungsverantwortung – zunächst ab 1966 im Rahmen einer Großen Koalition mit der CDU, seit 1969 in einer sozial-liberalen Koalition mit der FDP. In den meisten Großstädten der Bundesrepublik hatte die SPD in den 1950er und 1960er Jahren das Vertrauen der Mehrheit der Wähler in der Kommunalpolitik gewonnen.
Am 16. Februar 1961 brach über Norddeutschland und so auch Pinneberg eine Flutkatastrophe ungekannten Ausmaßes herein. Vor allem die Pinnausiedlung war betroffen. Technisches Hilfswerk und Rotes Kreuz mussten die Bewohner bei Kälte und Dunkelheit mit Schlauchboten aus ihren meterhoch überfluteten Wohnungen herausholen. In Hamburg und an der Küste sah es noch viel schlimmer aus.
Am Freitag, den 02. Februar 1962, einen Tag vor Henry Glissmanns 64. Geburtstag, tritt die Stadtvertretung zusammen, um die Wahl des Bürgermeisters vorzunehmen. Der Antrag der SPD-Fraktion, Bürgermeister Glissmann erneut zum Bürgermeister zu wählen, erhält in geheimer Abstimmung 21 Ja-Stimmen, 3 Nein-Stimmen und 4 ungültige Stimmen.
Bei der Kommunalwahl am 11. März 1962 erhielt die SPD 45,6 % der Stimmen. 39,7 % entfielen auf die CDU und 11,4 % auf die FDP. Bürgervorsteher wurde traditionsgemäß zum fünften Male Willi Wulf (SPD).
Es stand fest, dass Henry Glissmann mit der Vollendung seines 65. Lebensjahres Ende Februar 1963 aus seinem Amt scheiden würde. Die Fraktionen hatten rechtzeitig ihre Beratungen über seinen Nachfolger begonnen und waren sich einig darüber, die Stelle nicht auszuschreiben, sondern den bisherigen Magistratsrat Hans-Hermann Kath, der seit 1957 in der Verwaltung tätig und gut informiert war, als Nachfolger zu wählen. Die Wahl am 17. Januar 1963 war ein Selbstgänger. Kath wurde einstimmig gewählt.
Am 11. Februar 1964 wäre es am Pinneberger Bahnübergang beinahe zu einer Katastrophe gekommen, als ein Autofahrer zwischen den Schranken eingesperrt war. Der D-Zug Hamburg–Westerland konnte gerade noch in letzter Sekunde angehalten werden. Die SPD und die anderen Fraktionen drängten zum Bau einer Hochbrücke.
Im Mai 1964 wird der Neubau des Rathauses ausgeschrieben.
=== 1964-1978 ===
Am 30. August 1965 sprach der damalige Regierende Bürgermeister von Berlin und spätere Bundeskanzler Willy Brandt vor 1400 Zuhörern im total überfüllten „Cap Polonio“ und warb für die Bundestagswahl am 19. September des Jahres. Annemarie Renger kam bei dieser Wahl als Kandidatin für den Kreis Pinneberg über die Landesliste in den Bundestag.
Bei der Kommunalwahl am 13. März 1966 erhielt die SPD 45,3 % der Stimmen. Die CDU erhielt 46,6 % und die FDP 8,1 %. Die direkt gewählten Vertreter der SPD waren: Dr. Ulrich Brand, Emma Bohnemann, Horst Hager, Uwe Damm, Heinz Plickert, Walter Richter, Heinz Lange, Hans-Joachim Worms und Gerhard Ziegler. Über die Liste kamen noch Erich Hagenah, Jan Nevermann, Ernst-Hermann Hell und Günter Lehmann. Bürgervorsteher wurde Lorenz Mungard von der CDU.
Am Donnerstag, den 7. März 1968, wurde um 11.00 Uhr die Grundsteinlegung für das Theodor-Heuss-Gymnasium durchgeführt. Der Chor sang „Wer nur den lieben langen Tag ...“, und irgendjemand trug das Gedicht „Dreifach ist des Raumes Maß“ vor.
Am 13. August 1969 konnte die Freigabe der Hochstraße über die Bahn mit einem großen Volksfest gefeiert werden und der Verkehr konnte erstmals ungehindert fließen. Das erste zivile Fahrzeug, das über die neue Brücke rollte, war ein moderner Kinderwagen mit dem neun Monate alten Oliver Kohse aus Pinneberg als Insasse. Die in Pinneberg gewohnte Ausrede bei Verspätungen: „Die Schranke war geschlossen“ galt nun nicht mehr.
Die Zeit war reif für den Aufbruch aus konservativer Erstarrung, für Reformen und neue Wege der Friedenssicherung und Entspannung. Im Oktober 1969 wurde Willy Brandt der erste sozialdemokratische Bundeskanzler der Nachkriegsgeschichte.
Bei der Kommunalwahl am 26. April 1970 sorgte der Wähler in Pinneberg für klare Verhältnisse. Die SPD erhielt 15 Mandate, die CDU 14 Mandate und die FDP ging leer aus. Damit hatte die SPD zum ersten Mal seit 1955 wieder die absolute Mehrheit.
Ende der 1960er Jahre konnte sich die SPD zugleich an die Spitze starker Reformkräfte der westdeutschen Gesellschaft setzen, die auch von der Studentenbewegung in Gang gesetzt worden waren. 1972 errang Willy Brandt einen überzeugenden Wahlsieg. Nach Enttarnung eines DDR-Spions im Kanzleramt übergab er 1974 das Amt des Bundeskanzlers an Helmut Schmidt.
1970 katapultierte sich der seit 1966 amtierende Erste Stadtrat Heinz Lange (SPD), selbst aus der Politik heraus, indem er in der Hoffnung auf die ihm zugesagte Unterstützung bei der Wahl zum hauptamtlichen Stadtrat von Pinneberg voreilig auf sein Mandat als Stadtvertreter verzichtete. Als seine Fraktion wegen der finanziellen Folgelasten für die Stadt die Versprechungen nicht einlösen konnte, stand er vor der Tür und seine politische Laufbahn war vorerst zu Ende. Dieser Vorgang gehörte sicher zu den spektakulärsten Vorgängen, die die SPD in Pinneberg in den Nachkriegsjahren erschütterte und erlebte.
Im Jahr 1973 setzte sich die Ratsversammlung aus 15 Mitgliedern der SPD, zwölf Mitgliedern der CDU und zwei Mitgliedern der Unabhängigen Fraktion zusammen, die sich von der CDU getrennt hatten. Am 12. April schied der Ratsherr Roland Lange aufgrund seines Fortzuges aus und Ingrid Damm rückte nach. Als 1. Stellvertreter des Bürgervorstehers wurde der Ratsherr Artur Lontzek (CDU) gewählt.
Am 25. Februar 1974 lautete die Überschrift im Pinneberger Tageblatt: „Studierende Mutter an der Spitze der Pinneberger SPD.“ Monika Piwon will die Parteiorganisation solidarisieren und politisieren war zu lesen. Mit 100 Ja-Stimmen wurde die 33-Jährige zur Nachfolgerin von Heinz Lange gewählt. Einige waren damals noch nicht so ganz reif für so viel Frauen-Power und konnten ihr wohl nicht zutrauen, Studentin, Hausfrau, Mutter dreier Kinder und Ortsvereinsvorsitzende zu sein. Jene Genossinnen und Genossen, die damals gegen Pirwon gestimmt oder sich enthalten hatten, wurden später eines besseren belehrt. Zweiter Vorsitzender der Pinneberger Sozialdemokraten wurde Hartmuth Wrocklage.
Am 24. März 1974 fand eine Gemeindewahl statt, die vor allem in Pinneberg deutlich aufzeigte, dass der Wähler für die Probleme und die Situation der Pinneberger SPD kein Verständnis hatte. Die SPD rutschte von 50,39 % der Wählerstimmen auf 29,03 % ab und kam nur noch auf 10 Sitze. Alle 19 Wahlbezirke in der Stadt waren von der CDU direkt geholt worden.
Am 17. März 1976 wurde Hartmuth Wrocklage neuer Vorsitzender der SPD. Er wurde Nachfolger von Monika Piwon, die ihren Wohnsitz nach Hamburg verlagerte. Der neue Parteichef forderte seine Parteifreunde auf, Flagge zu zeigen und ohne Scheuklappen mit dem Bürger zu diskutieren.
=== 1978-1990 ===
1978 setzte sich die Pinneberger Ratsversammlung aus 16 Mitgliedern der CDU, 14 der SPD, zwei Mitgliedern des PBB, zwei der FDP und einem parteilosen Mitglied zusammen.
Am 15. März 1978 wurde Dieter Tietz zum neuen Fraktionsvorsitzenden der SPD-Ratsfraktion gewählt. 1979 wählten die Pinneberger Genossen Horst Hager als Nachfolger von Hartmuth Wrocklage zu ihrem Vorsitzenden.
Im September 1982 wurde in einer turbulenten Mitgliederversammlung der SPD im Hotel Cap Polonio heftig über die Westumgehung gestritten. Nach einer mehr als dreistündigen, teilweise heftig geführten Diskussion um das 31,3 Millionen-Mark-Projekt, stimmten während einer von 69 Mitgliedern besuchten Versammlung 28 Genossen gegen den Bau der Pinneberger Umgehungsstraße und für deren Streichung aus dem Wahlprogramm. Unter ihnen auch der ehemalige Landrat Winfried Hebisch, der sich als „Westumgehungs-Skeptiker“ bezeichnete.
Am 1. September 1983 rief der Ortsverein gemeinsam mit dem DGB zu einer Kundgebung mit Günter Jansen zum Antikriegstag im Drosteipark auf. Innerhalb kurzer Zeit sammelte die SPD 1700 Unterschriften zum Thema „Atomwaffenfreie Zone Pinneberg“. Die erfolgreiche Aktion sollte mit einer Unterschriftensammlung von Tür zu Tür weitergeführt werden.
Am 20.9.1983 bat der Vorstand die Fraktion, eine Versetzung des Gedenksteines an einen günstigeren Platz in der Stadt mit Nachdruck zu fordern. Außerdem wollte man erreichen, dass einige Straßen nach Widerstandskämpfern benannt werden.
1984 wählten die Mitglieder Lutz Glandt als Nachfolger von Horst Hager zum Ortsvereinsvorsitzenden.
Nur zwei Jahre später, im Mai 1986 wählten die damals 436 Mitglieder des Pinneberger Ortsvereins den 39 Jahre alten Herbert Hoffmann ohne Gegenstimme zum neuen Parteichef. Er trat die Nachfolge von Lutz Glandt an, der aus beruflichen Gründen seinen Rücktritt angekündigt hatte.
1982 verließ die FDP die sozial-liberale Koalition und verschaffte den Unionsparteien die Mehrheit in Bonn. Die SPD wurde in die Rolle der Opposition zurückgeworfen und begann einen Prozess programmatischer Erneuerung, in dem sie ihre Rolle als demokratische Partei in einem hochentwickelten Industrieland neu definierte und Antworten auf die Herausforderungen durch die neuen sozialen Bewegungen formulierte. Als politische Kraft erstarkte sie in den Landtagen und übernahm die Regierungsverantwortung in der Mehrheit der Länder. Obwohl 1987 Willy Brandt den Vorsitz der Partei in die Hände von Hans-Jochen Vogel übergab, blieb seine Stimme in der Politik von Gewicht. Besonders deutlich wurde sie gehört, als 1989 die Berliner Mauer fiel – "Jetzt wächst zusammen, was zusammen gehört". Die kommunistischen Diktaturen brachen zusammen und die beiden deutschen Staaten konnten wieder vereinigt werden.
1989 verabschiedete die SPD in Berlin ein neues Grundsatzprogramm, das die Ergebnisse der gesellschaftlichen und innerparteilichen Diskussion zur sozialen und ökologischen Erneuerung der Industriegesellschaft bündelte.
=== 1990-2008 ===
Am 17. Januar 1990 erlag Bürgermeister Hans-Hermann Kath um 5 Uhr im Harburger Krankenhaus einem Herzversagen. Der Verwaltungschef war, vom Tage seines Todes an zurückgerechnet, vor genau 27 Jahren zum Bürgermeister der Kreisstadt gewählt worden. Er hinterließ nicht nur im Rathaus eine große Lücke. Der Erste Stadtrat Herbert Hoffmann übernahm die Amtsgeschäfte.
Am 27.März 1990 schrieb die Pinneberger Zeitung: „Zu viele Direktmandate: Pinneberger SPD ohne Hoffmann und Nevermann“. Der Grund: Weder der wieder als Bürgervorsteher vorgesehene SPD-Grand-Seigneur Jan Nevermann, noch der agile Erste Stadtrat und amtierende Bürgermeister Herbert Hoffmann waren in der neuen Ratsversammlung vertreten. Beide kandidierten in je einem der insgesamt drei pechschwarzen Wahlkreise, welche die SPD anders als die restlichen 16 nicht gewinnen konnte. Da wegen der vielen Direkt-Mandate die SPD-Liste nicht zum Zuge kam, hatten Hoffmann und Nevermann das Nachsehen.
Am 26. April 1990 wurde Bruno Möwius einstimmig zum Bürgervorsteher gewählt und löste damit Jan Nevermann ab. Erster Stadtrat wurde der spätere Landtagsabgeordnete Bernd Schröder. Die Ernennungsurkunden überreichte der scheidende Erste Stadtrat, Herbert Hoffmann.
Nach einer Phase, in der die Sozialdemokratie ihre Position in den Ländern zwar ausbauen konnte, doch bundespolitisch in der Opposition verblieb, konnte die SPD unter der Führung von Oskar Lafontaine und Gerhard Schröder am 27. September 1998 erstmals wieder die Bundestagswahl gewinnen. "Innovation und Gerechtigkeit" waren die die Leitbegriffe dieser Zeit.
Der neue Bundeskanzler Gerhard Schröder und seine Koalition aus Sozialdemokraten und Grünen nahmen sich ein ehrgeiziges Reformprogramm vor, das auf die Korrektur sozialer Ungerechtigkeiten, die Ordnung der zerrütteten Staatsfinanzen, einer umfassende Steuerreform und Investitionen in Zukunftsaufgaben abzielte. Nach dem Rücktritt Oskar Lafontaines von allen seinen Ämtern wurde Gerhard Schröder im April 1999 zum Parteivorsitzenden gewählt. Der Berliner Parteitag im Dezember 1999 bestätigte ihn in diesem Amt und wählte Franz Müntefering zum neuen Generalsekretär der Partei.
Die Pinneberger Ratsversammlung setzte sich 2005 aus 19 Mitgliedern der CDU, zehn Mitgliedern der SPD, vier Mitgliedern der GAL, zwei der FDP, zwei der UfW und zwei Mitgliedern der Bürgerlichen zusammen. Bürgermeister wurde Horst Werner Nitt.
Diese Zusammensetzung änderte sich bei der Kommunalwahl 2008. Pinnebergs Christdemokraten wurden zwar erneut stärkste Kraft der Stadt, mussten aber ein Minus von fast 14 Prozentpunkten gegenüber 2003 verkraften. Zulegen konnten die Bürgernahen, SPD und Grüne.
Die Ergebnisse: CDU = 32,80 %, SPD = 31,61 %, FDP = 9,51 %, GAL = 14,45 %; die Bürgernahen erzielten 11,54 %.
Dieter Tietz würde in der kommenden Wahlperiode nicht mehr als SPD-Fraktionsvorsitzender in der Pinneberger Ratsversammlung kandidieren, schreib das Pinneberger Tageblatt am 26.05.2008. Seit März 1978 war er ununterbrochen Fraktionsvorsitzender und damit Dienstältester Fraktionschef in Schleswig-Holstein gewesen. „Seine langjährige Erfahrung und sein Wissen über Verwaltungsabläufe in jeder Art waren nicht nur für die SPD Fraktion von großem Wert“, sagte der Ortsvereinsvorsitzender Herbert Hoffmann. Zu seiner Nachfolgerin wählte die SPD Fraktion Angela Traboldt.
=== 2008-2018 ===
2008-heute
2008 kandidierte Kristin Alheit für die SPD als Bürgermeisterin von Pinneberg und wurde im ersten Wahlgang klar mit 58,4 % gewählt. Am 12.06.2012 wurde Kristin Alheit zur Ministerin für Soziales, Gesundheit, Familie und Gleichstellung des Landes Schleswig-Holstein ernannt.
Am 22. September 2011 wurde Kai Vogel im Rahmen einer Mitglieder-/Wahlkreisversammlung als Kandidat für die kommende Landtagswahl nominiert. Er setzte sich im zweiten Wahlgang mit 37 zu 23 Stimmen gegen Karsten Rahlf, ebenfalls aus Pinneberg durch. Nach dem ersten Wahlgang hatten die beiden Mitbewerber aus Halstenbek, Christoph Bittner und Helmuth Janke ihre Kandidatur zurückgezogen. Nach seiner Nominierung gab Vogel das Ziel aus, den Wahlkreis direkt zu gewinnen. Sein Vorgänger Bernd Schröder war mit Blick auf die Landtagswahl siegessicher.
Die Wahl zum 18. Landtag von Schleswig-Holstein fand am 06. Mai 2012 statt. Sie war eine vorzeitige Wahl, die nach Abbruch der Legislaturperiode durch ein Urteil des Landesverfassungsgerichts vom 30. August 2010 nötig geworden war. Es war nach der Wahl im Jahr 2009, als in Folge einer Vertrauensfrage des Ministerpräsidenten der Landtag aufgelöst worden war, die zweite vorgezogene Landtagswahl in Folge. Kai Vogel gewann seinen Wahlkreis souverän mit 37,9 % der Erststimmen und holte 32 % der Zweitstimmen. Seine Kontrahentin Natalina Boenigk von der CDU erhielt 37 % der Erststimmen, während der Zweistimmenanteil der Christdemokraten in Pinneberg bei 29,4 % lag.
Am 11. November 2012 wurde die parteilose Urte Steinberg in einer Direktwahl mit 57,46 % der Stimmen zur neuen Bürgermeisterin von Pinneberg gewählt. Sie war von CDU und SPD als gemeinsame Kandidatin nominiert worden. Urte Steinberg trat das Bürgermeisteramt im Januar 2013 an.
Das Wahlergebnis der Gemeindewahl in der Stadt Pinneberg am 26. Mai 2013 brachte keine große Veränderung. Die CDU erreichte zwölf Sitze, die SPD elf, die Grünen sieben, die FDP zwei und die Bürgernahen erreichten drei Sitze. Zur Fraktionsvorsitzenden der SPD wurde erneut Angela Traboldt gewählt.
Am 23. September 2013 verstarb der ehemalige Landtagsabgeordnete Bernd Schröder im 63. Lebensjahr. Er starb nach langer schwerer Krankheit. Bernd Schröder hatte mehr als ein Jahrzehnt tapfer gegen eine heimtückische Krankheit angekämpft. Ein Jahr nach seinem Rückzug aus der Politik verlor er diesen Kampf. Die Nachricht vom Tod Bernd Schröders machte viele Menschen betroffen. Der Ortsvereinsvorsitzende Herbert Hoffmann sprach von einem „verlässlichen und sachkundigen Weggenossen und Freund“, der die SPD „plötzlich und viel zu früh“ verlassen habe. Er würdigte das Engagement seines Parteikollegen – nicht nur das politische, sondern vor allem auch das karikative. Hoffmann erinnerte dabei an Bernd Schröders Leitsatz: „Die Politik muss menschlich bleiben, politische Gestaltung und die Umsetzung politischer Vorhaben geht in einer demokratischen Gesellschaft nur mit den Menschen, niemals gegen sie.“
Auf der Jahreshauptversammlung der SPD Pinneberg am 30. Oktober 2013 verabschiedete sich Herbert Hoffmann vom Amt des Ortsvereinsvorsitzenden. „Das Gesicht der SPD sagt Tschüss“, schreibt das Pinneberger Tageblatt. Seinem Nachfolger Kai Vogel wünschte Hoffmann alles Gute. Dessen Aufgabe wird es auch künftig sein, die Interessen junger und älterer Sozialdemokraten gleichermaßen zu berücksichtigen. Erfreulicherweise verfügt Pinneberg über jungen und engagierten Nachwuchs im Ortsverein und in der Fraktion. Herbert Hoffmann wurde auf der Jahreshauptversammlung zum Ehrenvorsitzenden auf Lebenszeit gewählt.
Am 07. Mai 2017 fand in Schleswig-Holstein die neunzehnte Wahl zum Schleswig-Holsteinischen Landtag statt. Über 2,3 Millionen Schleswig-Holsteiner waren zur Abgabe ihrer Stimme berechtigt, dabei stieg die Wahlbeteiligung landesweit auf 64,2 Prozent. In Pinneberg konnte der sich erneut um das Amt des Landtagsabgeordneten bewerbende Kandidat der SPD, Kai Vogel, als bis dahin amtierender Landtagsabgeordneter Pinnebergs  und Vorsitzender des Ortsvereins der SPD Pinneberg über seinen Wiedereinzug entgegen des Landestrendes freuen.
Zudem waren am 06. Mai 2018 die Stimmen zur Gemeindewahl abzugeben. Bei der neuen Sitzverteilung in der Ratsversammlung erhielt die CDU 14 Sitze, die SPD und die Grünen jeweils zehn Sitze, die Bürgernahen vier Sitze und die FDP drei Sitze. Fraktionsvorsitzende der SPD Fraktion bleibt weiterhin die bisher amtierende Vorsitzende Angela Traboldt.
Am 05. April 2018 verstarb Horst Hager im Alter von 85 Jahren. Der langjährige Landtagsabgeordnete, Bürgervorsteher und Ratsherr war über die Parteigrenzen hinweg für sein vorbildliches soziales Engagement bekannt. 1966 wurde er erstmals Ratsherr in der Ratsversammlung in Pinneberg, von 1975 bis 1996 war er Landtagsabgeordneter für die Gemeinden Halstenbek, Schenefeld und Pinneberg. Überdies war er ab 1992 Kinder- und Jugendbeauftragter des Landes Schleswig-Holstein und engagierte sich auch nach seiner aktiven politischen Karriere in örtlichen Projekten wie den „Pinosauriern“. Bei der Bürgerinitiative war das Ziel Kinder aus sozial benachteiligten Familien ein Mittagessen in den Kitas zu ermöglichen.
Am 10. Juni 2018 verstarb zudem Jan Nevermann im Alter von 82 Jahren. Der langjährige Weggefährte der SPD Pinneberg war Pinneberger Ratsherr und von 1990 bis 1996 Bürgermeister der Stadt Pinneberg. Neben seiner Arbeit in nahezu jedem städtischen Gremium engagierte sich Jan ebenso wie sein Parteifreund Horst Hager für die  „Pinosaurier“ und andere soziale Projekte vor Ort. „Er konnte sich in die Sorgen der Bürger hineindenken und war demzufolge ein begehrter und vor allem verlässlicher Ansprechpartner“, so Ortsvereinsvorsitzender Kai Vogel, Fraktionschefin Angela Traboldt und Ehrenvorsitzender Herbert Hoffmann.


==Literatur ==
==Literatur ==

Aktuelle Version vom 4. April 2025, 14:56 Uhr

Der Ortsverein Pinneberg ist eine Gliederung im Kreisverband Pinneberg. Er wurde am 19. März 1865 als Gemeinde des ADAV gegründet.[1]

Im Dezember 2000 vergab der Ortsverein den Boschen-Schmitt-Geick-Preis für Zivilcourage. Er ist nach Heinrich Boschen, Wilhelm Schmitt und Heinrich Geick benannt, die während der NS-Herrschaft in Pinneberg Widerstand leisteten und dies mit ihrem Leben bezahlten. Der mit 2000 € dotierte Preis wurde an einen Taxifahrer vergeben, der am Pinneberger Bahnhof einem Afrikaner zu Hilfe gekommen war, als der von einer Gruppe angegriffen wurde.[2]

Vorsitz

Ehrenvorsitzende

Weitere bekannte Mitglieder

BürgermeisterInnen

Geschichte

Eine ausführliche Geschichte des Ortsvereins war bis etwa 2024 auf dessen Homepage unter Geschichte des Ortsvereins zu finden, 2025 leider nicht mehr.

Dort nicht enthalten war, dass Mitte 1911 die bürgerliche Politik in Pinneberg versuchte, durch Erhöhung der Einkommensgrenzen im Dreiklassenwahlrecht ihre Mehrheiten vor den sozialdemokratischen Wählerschichten am unteren Ende des Einkommensspektrums zu schützen.

"Und die Herren haben gleich ganze Arbeit gemacht, sie beschlossen, den Wahlzensus auf die nach der Städteordnung höchst zulässige Einkommensgrenze von 1500 M. zu erhöhen. Seit 1905 ist das schon die zweite Zensuserhöhung, damals wurde der Zensus von 600 auf 1050 M. heraufgesetzt. [Trotzdem] war es unseren Genossen doch mit der Zeit gelungen, drei Sozialdemokraten ins Stadtparlament hineinzuwählen. Nun drohte der Stadt natürlich der Untergang, denn, so sagte der Bürgermeister [...], daß ein sehr großer Zuwachs von stimmberechtigten Bürgern zu verzeichnen sei. Dieser Zuwachs komme hauptsächlich der Sozialdemokratie zugute. Er müsse deshalb an die Mitglieder der städtischen Kollegien die Mahnung richten, jetzt, wo sie noch die Macht in Händen hätten, den Zensus auf 1500 M. zu erhöhen. Die bürgerlichen Vertreter hörten die zornige Protestrede unseres Genossen gegen den beabsichtigten Wahlrechtsraub mit gesenkten Häuptern an, wußten kein Wort der Erwiderung zu sagen, stimmten dann aber geschlossen für den Wahlrechtsraub."[5]

Am 8. Juli 1869 fand eine Mitgliederversammlung mit Gästen aus Hamburg, Ottensen und Altona statt. Der Verein bekannte sich an diesem Tag deutlich zum ADAV.[6]

1909 bestand der Verein aus zehn Bezirken, von denen sieben die Umlandgemeinden Rellingen, Halstenbek, Thesdorf, Egenbüttel, Tangstedt, Borstel und Appen betrafen, wobei nicht für alle Bezirke Bezirksführer gewählt werden konnten.[7]

1865-1871

Am Nachmittag des 19. März 1865 wurde die SPD (SAP) Pinneberg gegründet. In Pinneberg entstand damit die erste sozialdemokratische Gemeinde. Besucht wurde die Gründungsveranstaltung von 62 Personen. Ein größerer Besuch hätte sicher stattgefunden, wenn die in der Nähe wohnenden Arbeiter das schöne Wetter nicht für die Feldarbeit hätten nutzen müssen – dies ist den Gründungsunterlagen zu entnehmen. Der bereits 1863 unter Ferdinand Lassalle (1825-1864) gegründete Allgemeine Deutsche Arbeiterverein sowie die 1869 unter August Bebel und Wilhelm Liebknecht gegründete Sozialdemokratische Arbeiterpartei schlossen sich 1875 auf dem Gothaer Kongress zur Sozialistischen Arbeiterpartei (SAP) zusammen. Damit verfügte Deutschland im Unterschied zu anderen europäischen Ländern über eine einheitliche sozialistische Partei. Auf diesem Einigungskongress vertrat Heinrich Fahl Pinneberger Genossen. Die Debatte dort wurde von der versammelten Elite der deutschen Arbeiterschaft geführt. Fahl meldete sich nur einmal mit der Forderung nach Schaffung eines starken Parteiorgans zu Wort. Nach diesem Kongress wurde in Pinneberg sogar eine Fahne angeschafft. 1897 bestickten weibliche Mitglieder des Ortsverbandes die rote Seide der Fahne mit den Worten „Social Democraten Pinneberg, 1897“. Während der späteren Nazizeit wurde diese Fahne von der treuen und mutigen Genossin Selma Fischer in einer Matratze eingenäht am Ossenpadd vor der Gestapo versteckt und dadurch, wenn auch stark zerfetzt, gerettet. Diese später renovierte Fahne ist heute hier als Symbol der Treue und dem Festhalten an den Traditionen Begleiter unserer Ausstellung.

1871-1914

Von Bismarck (1815-1898) zum "Reichsfeind" gestempelt, wurde die SAP durch das Gesetz "wider die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie" 1878 verboten. Zudem wurden alle Organisationen der SAP, ihre Presse und die von ihr aufgebauten Gewerkschaften durch dieses "Sozialistengesetz" verboten – die Reichstagsfraktion jedoch blieb weiter bestehen. Ausnahmegesetze, polizeistaatliche Unterdrückung und Terror konnten den Aufstieg der Sozialdemokratie aber auch in Pinneberg nicht verhindern. Unter dem "Sozialistengesetz" verdreifachte die Partei ihre Wählerstimmen und erhielt 1890 bei den Reichstagswahlen mit knapp 20 Prozent erstmals die meisten der abgegebenen Stimmen. Aufgrund des Mehrheitswahlrechts, der gegen sie gerichteten Wahlbündnisse der bürgerlichen Parteien sowie der die SAP stark benachteiligenden Wahlkreiseinteilung erhielt diese als stimmenstärkste Partei jedoch nur 35 der 391 Mandate. Die Verfolgung unter dem "Sozialistengesetz" hinterließ in der SAP tiefe Verbitterung und machte marxistische Ideen attraktiv und populär. Nach der Nichtverlängerung des "Sozialistengesetzes" gründete sich die SAP 1890 offiziell als Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) neu. Verfolgung, Ausweisung aus der Heimat und Berufsverbote trafen zu dieser Zeit auch die Sozialdemokraten in Pinneberg. Am 8. August 1878 ergänzte Landrat Voerster seinen Bericht nach Schleswig um ein „Verzeichnis der im Kreis Pinneberg vorhandenen socialistischen Vereine“ und ein „Verzeichnis der socialdemokratischen Agitatoren“, die Grundlage für spätere Ausweisungen waren. Genannt wurden 22 Personen, darunter die Pinneberger Heinrich Fahl und Hermann Rehm. In Pinneberg eröffnete die Polizei Hermann Rehm und Heinrich Fahl daraufhin am 3. Oktober 1880, dass diese laut Ausweisungsverfügung der Regierung zu Schleswig und der Polizeibehörde Hamburg die Stadt innerhalb von 3 Tagen zu verlassen hätten, andernfalls drohe eine Geldstrafe in Höhe von bis zu 1000 Mark oder sogar eine Haftstrafe. Befriedigt vermerkte die Polizei am 6.11.1880, dass Rehm am Vortage zu seinen Eltern nach Pansdorf bei Lübeck gereist sei und in Lübeck Arbeit suchen wolle. Heinrich Fahl war mittlerweile schwer erkrankt. „Wie rücksichtslos die Polizei vorging, erhellt aus dem Umstande, dass sie selbst Kranke, Krüppel und Greise auswies, Leute, die seit Jahren nichts mehr mit der Sozialdemokratie zu tun hatten.“ Der an schwerer Lungenkrankheit leidende Fahl hatte an jenem Tag, an dem er die Ausweisungsurkunde erhielt, zum ersten Male wieder das Bett verlassen. Vor Schrecken erlitt er einen erneuten Blutsturz. Trotzdem sollte er fortgeschafft werden, und nur der Einspruch der Ärzte verhinderte es. Jeder Sozialdemokrat, der nach 1878 akut von Ausweisung, Verhaftung und Vernichtung in seiner materiellen Existenz bedroht war, musste sich in „rechtsschänderischer, brutaler Weise vergewaltigt“ fühlen. Unter Abwägung dieser Perspektiven entschieden sich viele zur Abkehr von ihrer politischen Tätigkeit, wenn nicht gar zur Abkehr von ihrer politischen Gesinnung. Zahlreiche Mitglieder verließen die Partei. Es trennte sich die „Spreu vom Weizen, die Halben und die Lauen, die Sportsozialisten und Feiglinge verschwanden von der Bildfläche“. Einen Mann wie Hermann Molkenbuhr, der nicht zu den Letztgenannten gehörte, als Helden zu bezeichnen, wäre sicher zu hoch gegriffen. Aber er blieb in der bis dahin schwierigsten Zeit für die Sozialdemokratie seiner Gesinnung und seiner Partei treu und leistete Widerstand unter Inkaufnahme schwerster Diskriminierung. Im März 1890, noch vor dem Fall des Sozialistengesetzes am 1.10.1890, gewann Hermann Molkenbuhr in einer Stichwahl zum ersten Mal den Sechsten Schleswig-Holsteinischen Reichstagswahlkreis Pinneberg-Elmshorn mit 53 % der Stimmen für die Sozialdemokraten. Die SPD wurde stärkste Partei im Reichstag und Pinneberg hatte sich als „rote Hochburg“ bestätigt. Das 1891 verabschiedete Erfurter Programm vertrat einen dogmatischen Marxismus, gegen den die sozialreformerische Politik der Freien Gewerkschaften sich jedoch immer stärker behauptete. Führender Theoretiker der "Revisionisten" war Eduard Bernstein. Erbittert bekämpft wurde der Revisionismus von führenden Sozialdemokraten wie August Bebel, Karl Kautsky, Rosa Luxemburg und Clara Zetkin. Unbeschadet des innerparteilichen Streits um die richtige Theorie war die SPD die mit Abstand mitgliederstärkste Partei vor dem Ersten Weltkrieg und stellte 1912 erstmals auch die stärkste Reichstagsfraktion. Die SPD war vor allem die Partei protestantischer und konfessionsloser Industriearbeiter, aber sie hatte auch im Mittelstand Anhänger. Keine andere Partei unterhielt im Kaiserreich ein so dichtes Organisationsnetz von Vereinen, keine andere Partei prägte das soziokulturelle Milieu ihrer Anhänger so wie die SPD das der Arbeiterschaft. Noch vor dem Ersten Weltkrieg entwickelte sich im Reichstag eine parlamentarische Zusammenarbeit zwischen der SPD und den bürgerlichen Mitte-Links-Parteien, auf regionaler Basis hatte es bereits vorher Koalitionen gegeben. Am 7. Februar 1892 fand in der Pinneberger Zentralhalle eine Volksversammlung statt. Anschließend wählten die Versammelten dort den Schneidermeister Heinrich Preuß als Delegierten für den bevorstehenden sozialdemokratischen Provinzparteitag in Neumünster. Auf diesem Parteitag ging es vor allem um die Frauenfrage. „Die Vortragende behandelte die Lage der arbeitenden Frauen und forderte dieselben auf, die Männer in der Ausbreitung der Socialdemokratie zu unterstützen.“ Am 29.9.1893 bestätigten die Teilnehmer einer „öffentlichen Parteiversammlung“ einstimmig Heinrich Preuß als Pinneberger Vertrauensmann. Das Hamburger Echo berichtet im April 1896 von einer begeisterten Frauenveranstaltung mit der Politikerin und Frauenrechtlerin Clara Zetkin in der Pinneberger Zentralhalle. Weiterhin war die Genossin und Mitbegründerin des „Zentralvereins der Fabrik- und Handarbeiterinnen“, Wilhelmine Kähler, Gastrednerin in Pinneberg. In dieser Zeit wurde das verstärkte Engagement der Frauen für die Sozialdemokratie vermerkt. So schrieb der Pinneberger Landrat Scheiff im Juni 1893 zum Ablauf der Reichstagswahlkampagne: „Eine diesmal besonders stark hervortretende Erscheinung war das Eingreifen der Frauen in die Wahlagitation.“ Dabei nannte er besonders Wilhelmine Kähler aus Wandsbek. Im August 1894 notierte Scheiff: „Ein Weiterumsichgreifen der sozialistischen Ideen, namentlich auch unter der weiblichen Bevölkerung ist in der Stadt Pinneberg bemerkt worden.“ Im Jahre 1899 wurde im sozialdemokratischen Traditionslokal Zentralhalle die „Freie Turnerschaft Pinneberg“ in Abgrenzung zu den beiden bürgerlichen Sportvereinen gegründet. Wie vorher schon bei Friedrich Ludwig Jahn, standen auch diese Turner in Verdacht, nicht Staatstreu zu sein. Deswegen war es verboten, jugendliche Mitglieder, vor allen aber Kinder, auf dem Turnplatz zu dulden. Das Verbot wurde von den Polizeikräften energisch kontrolliert und oft mussten Kinder mit brachialer Gewalt am Turnen oder Ringen gehindert werden. Auch die Mitglieder vom Athletenclub „Eiche“ waren nicht beliebt bei den Behörden. Wirt Schmidt stellte die Turngeräte und wirkte im Vorstand mit, Ernst Fliegner wurde zum Vorsitzenden gewählt. 1910 verkaufte Schmidt die Zentralhalle an C. Baumann. Der wiederum konnte die Zentralhalle nicht halten und übernahm „Waldesruh“ an der Bahnhofstraße. Der Turnverein zog mit und konnte bald sogar eine eigene, gemietete Halle benutzen, die Baumann mit Hilfe einer Uetersener Brauerei an der Bahnhofstraße neben Bier-Schmidt erbauen ließ. Das Glück währte nicht lange, denn 1913 musste Baumann Waldesruh wieder verkaufen. Die Stadt erwarb die Turnhalle und kündigte als erstes dem Arbeiterturnverein. Der zog jetzt in sein letztes Domizil vor dem 1. Weltkrieg, die Linde (später Schauburg) im jetzt eingemeindeten Pinnebergerdorf. Im Jahre 1900 eskalierte in Pinneberg ein schon länger schwelender Konflikt mit neuen Frontlinien: Aufgeklärtes Bürgertum und Sozialdemokratie gemeinsam gegen Landrat Scheiff, der dabei so in die Ecke gedrängt wurde, dass seine gesammelten Rechtfertigungsschriften an das Regierungspräsidium fast ein Buch füllten. Zum 15. Juli 1900 hatten sozialdemokratische Wahlvereine ein großes Volksfest in der Pinneberger „Eiche“ geplant, zu dem nach der Ankündigung des Pinneberger Wochenblattes 3.000 Teilnehmer erwartet wurden. Obwohl vom Pinneberger Bürgermeister Kosack erlaubt, verbot Scheiff die Veranstaltung, da politische Vereine keine Feste mit Damen feiern durften. Die Tanzveranstaltung fand trotzdem erfolgreich statt und Landrat Scheiff soll außer sich gewesen sein. Pinneberg hatte zu dieser Zeit 4147 Einwohner zu verzeichnen. Ernst Fliegner war 1905 erster Vorsitzender der Pinneberger SPD, ab 1906 gefolgt von Johannes Knaack, 1908 von Richard Köhn und später von Heinrich Knuth. Der letzte Vorkriegsvorstand vom März 1914 bestand aus Otto Plettenberg als 1. Vorsitzender, Heinrich Preuß als 2. Vorsitzender, Johannes von der Heide als Schriftführer, Wilhelm Behnke als Kassierer und Maria Plettenberg als Beisitzerin. Ernst Fliegner lud für jeden 2. Donnerstag des Monats in der „Centralhalle“ zu einer Versammlung ein, die vorab bei der Polizei angemeldet werden musste und auch unter dessen Beobachtung in Person des Polizeisergeanten Engel stand. Über den Verlauf der Versammlung führte er genaues Protokoll. „Frauenspersonen und Lehrlinge“ hatten laut Anweisung des Bürgermeisters dabei keinen Zutritt.

1914-1919

Schon bald nach Beginn des 1. Weltkrieges wurde auch die Pinneberger Industrie auf Rüstungsprodukte umgestellt. Es gab Ausnahmegenehmigungen zur Verlängerung der Frauenarbeitszeit bei „Wuppermann“ zur Herstellung von Heereskochgeschirr und bei „Christiansen und Hell“ zur Bearbeitung von Geschoss- und Geschützteilen. Halb Pinneberg arbeitete in dem für damalige Verhältnisse großem Emaillierwerk Herman Wupperman und bei „Wille“. Von dem Wohlergehen dieser Werke hing mehr oder minder das Wohl der Stadt ab. Obwohl die SPD nach ihrem Programm revolutionäre Veränderungen in Wirtschaft und Politik forderte, wirkte sie in den Kommunen, in manchen Ländern sowie insbesondere mittels ihrer engen Verbindungen zu den Gewerkschaften an konkreten Reformvorhaben mit. Nicht zuletzt unter dem Einfluss der Gewerkschaften entschied sich die Partei bei Ausbruch des von Deutschland maßgeblich mit verursachten Ersten Weltkrieges für die Unterstützung des Reichs in der militärischen Auseinandersetzung. Diejenigen Teile, die diesen "Burgfrieden" nicht mittragen wollen, gründen zunächst den Spartakusbund und 1917 die Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands. Während des „Steckrübenwinters“ 1916/17 griffen im Februar 1917 auch die Hungerunruhen von Hamburg auf Pinneberg über. „Dem Vorgang in den benachbarten Großstädten folgend, hat gestern Abend ein Teil der weiblichen Arbeiterbevölkerung, begünstigt durch die in den Straßen infolge des Kohlen- und Gasmangels herrschende Dunkelheit, in der Stadt Pinneberg eine Plünderung der Bäckereien und Brotläden vorgenommen“, war in der örtlichen Zeitung nachzulesen

1919-1930

Bei der Neuwahl der 24 Stadtverordneten am 02. März 1919 standen unter anderem Ernst Fliegner, Richard Köhn, Otto Plettenberg, Johannes von der Heide, Heinrich Boschen und Adolf Weingärtner für die Sozialdemokraten auf dem Wahlvorschlag. Am 19. März 1919 trat die erste gewählte Stadtverordnetenversammlung zusammen. Sie bestand aus fünfzehn Sozialdemokraten und neun Bürgerlichen. Nach den revolutionären Unruhen, die das Deutsche Reich in den ersten Monaten nach Beendigung des Ersten Weltkriegs und der Ausrufung der Republik erschütterten, wurde am 28. Juni 1919 der Friedensvertrag von Versailles unterzeichnet, dessen Revision die deutsche Außenpolitik fortan bestimmte. Am 11. August 1919 trat die neue Reichsverfassung, die mit 262 zu 75 Stimmen von der Nationalversammlung verabschiedet worden war, in Kraft. Sie verankerte die erste parlamentarische Demokratie im Deutschen Reich. Träger der politischen Macht waren die Parteien. Begleitet vom schleichenden Niedergang des Liberalismus war die innenpolitische Entwicklung der Weimarer Republik durch eine Radikalisierung von rechts und links gekennzeichnet. Auch die mit der Abdankung Wilhelms II. zusammengebrochene Monarchie verfügte über eine noch zahlenmäßig starke Anhängerschaft. Die weitverbreitete Geringschätzung des Parlamentarismus ließ die Weimarer Republik als "Demokratie ohne Demokraten" erscheinen. Bei den Reichstagswahlen vom 6. Juni 1920, die als "Abmachung" zur Beendigung des Lüttwitz-Kapp-Putsches anberaumt wurden, verlor die Weimarer Koalition aus SPD, Zentrum und linksliberaler Deutscher Demokratischer Partei (DDP) ihre bisherige Mehrheit. Dies war ein deutliches Zeichen für die Unzufriedenheit weiter Kreise der Bevölkerung mit der jungen parlamentarischen Demokratie. In Pinneberg wurde der Sozialdemokrat Wilhelm Burmeister am 19. August 1923 zum Bürgermeister gewählt und am 5. Oktober vom Regierungspräsidenten bestätigt. 1925 gründeten die Genossinnen Emilie Helm und Anna Ipsen die Arbeiterwohlfahrt Pinneberg sowie eine Nähstube. Die Aufgaben der AWO waren zu der Zeit vor allen Dingen die Einrichtung von Nähstuben – dort wurde gebrauchte Kleidung ausgebessert und an die Armen verschenkt. 1936 wurde die AWO von den Nazis verboten. Erst 1946 sollte die Arbeiterwohlfahrt vom späteren Bürgermeister Richard Köhn wieder ins Leben. Am 6. Juli 1928 rückte als Nachfolger für den Stadtverordneten Richard Köhn, der zum Stadtrat gewählt wurde, Willi Wulf nach. 1928, nach ihrem Wahlsieg, bildete die SPD im Reich noch einmal eine Koalitionsregierung unter der Führung des sozialdemokratischen Reichskanzlers Hermann Müller. Das Ende des letzten parlamentarisch regierenden Reichskabinetts – an dem sich SPD, Zentrum, DDP und DVP beteiligten – kam 1930. Am 15. Juni 1929 verstarb der verdiente Pinneberger Genosse Ernst Fliegner im Alter von 72 Jahren. Die Weltwirtschaftskrise hatte 1929 Deutschland fest im Griff. Zu dieser Zeit hatte Pinneberg durch die Eingemeindung Thesdorfs 9546 Einwohner. Am 29. Dezember 1929 wurden die neugewählten Stadträte Johannes von der Heide und Richard Köhn in ihr Amt eingeführt wurden.

1930-1945

Im Oktober 1933 wurden die letzten Sozialdemokraten aus dem Pinneberger Rathaus verjagt. Unter ihnen der bekannte Sozialdemokrat und Nachkriegsbürgermeister Richard Köhn sowie Johannes von der Heide, Heinrich Sellmann und der Maurer Wilhelm Wulf, die bereits seit Mai ohne Stimmrecht waren. Viele Pinneberger Sozialdemokraten hatten unter der Hitlerdiktatur zu leiden. Am 12. November 1933 fand die erste Reichstagswahl und Volksabstimmung nach der Machtübernahme statt. Bei einer Wahlbeteiligung von 97 Prozent stimmten von 7351 Wahlberechtigten Pinnebergern 6242 mit Ja, 881 mit Nein und 228 Stimmen waren ungültig. In den Morgenstunden des 23. August 1944 verhafteten Pinneberger Polizisten unter Beteiligung des NSDAP-Ortsgruppenleiters Alfred Krömer im Auftrage der Gestapo Heinrich Boschen, Olga Geick, Emilie Helm, Anna Ipsen, Richard Köhn, Heinrich Lempfert, Peter Lohmann und Wilhelm Schmidt. Alle waren ehemalige Stadtverordnete der SPD oder KPD. Wilhelm Schmidt, Mitglied seit 1928, starb am 3. Mai 1945 nach seiner Internierung im Konzentrationslager Neuengamme an Bord des Häftlingsschiffes „Cap Arcona“, das britische Bomberbesatzungen versehentlich auf der Ostsee versenkten. Heinrich Boschen, Mitglied seit 1906, erlag am 4. Oktober 1944 den Folgen der Haftbedingungen in Neuengamme. Am 30. April 1945 nahmen die Sowjets das Reichstagsgebäude ein. Adolf Hitler und seine kurz vorher noch im kleinen Kreis geehelichte Frau Eva Braun und auch Joseph Goebbels samt Familie verübten Selbstmord. Am 5. Juni 1945 übernimmt ein Alliierter Kontrollrat die Regierungsgewalt über das in Stücke geschlagene Deutschland. 1939, bei Ausbruch des Krieges hatte Pinneberg 13.500 Einwohner. 1945, durch Zuzug von Vertriebenen 26.000. Wohnungen gab es nur für 13.500. Eine Situation, die für viele Pinneberger heute kaum denkbar erscheint.

1945-1964

Die Zerstörung Deutschlands durch die nationalsozialistische Diktatur führte am 8. Mai 1945 in die bedingungslose Kapitulation und in die Aufteilung des Deutschen Reichs in Besatzungszonen. Am 5. Juni 1945 übernahm ein Alliierter Kontrollrat die Regierungsgewalt über das in Stücke geschlagene Deutschland. Unter Kurt Schumacher, der eine Vereinigung mit den Kommunisten kategorisch ablehnte, formierte sich in den Westzonen die SPD als eine demokratisch-sozialistische Volkspartei, die eine Öffnung zu den Mittelschichten anstrebte. Die Militärregierung hatte im Herbst 1945 29 Bürger Pinnebergs, die vor 1933 politisch tätig waren, und denen man demokratisches Verhalten zutraute, ernannt und aus ihnen eine Art Stadtvertretung gemacht, die aber nur wenig Rechte hatte. Im Dezember wählte diese Stadtvertretung den Pensionär Richard Köhn, der schon vor 1933 als Stadtrat unter dem sozialdemokratischen Bürgermeister Wilhelm Burmeister tätig war und den die Nazis entlassen hatten, zum ehrenamtlichen Bürgermeister. Im September 1946 trauten die Engländer auch den Pinnebergern eine eigene demokratische Entscheidung zu. Nach einem interessanten Wahlkampf, der aber unter dem Papiermangel und dem Fehlen von Tageszeitungen litt, entschied sich die Bevölkerung eindeutig für eine sozialdemokratische Mehrheit. Eine Mehrheit, die aber nur die undankbare Aufgabe hatte, den Schutt des Krieges wegzuräumen und die Not zu verwalten. Durch das englische Wahlsystem hatte jeder Wähler drei Stimmen. Daher wurden von 11.236 Stimmberechtigten 26.611 Stimmen abgegeben. Davon enthielten: SPD 11.077 Stimmen = 41,62 % FDP 8.393 Stimmen = 31,30 % CDU 4.923 Stimmen = 18,50 % KPD 2.282 Stimmen = 8,58 % Die ersten gewählten Mitglieder der Stadtverwaltung waren:

Von den Sozialdemokraten: Richard Köhn, Pensionär Hermann Bohnemann, Werkmeister Heinrich Lempfert, Lagerhalter Heinrich Sellmann, Gewerkschaftssekretär Willi Wulf, Maurer Emilie Helm, Hausfrau Emma Bohnemann, Hausfrau Ernst Falkenstein, Arbeiter Walter Richter, Schriftsetzer Hermann Schulz, Tischler Albert Senf, Fuhrunternehmer Alfred Hohmann, Telegraphenmitarbeiter Heinrich Brammer, Rektor Wilhelm Hochreiter, Zimmerer

Von der FDP: Helmut Meyer, Bankdirektor Dr. Otto Wenzel, Rechtsanwalt Dr. Hugo Binné, Fabrikant Martha Strupp, Hausfrau Richard Habedank, Prokurist Julius Leppien, Fabrikant

Von der CDU: Dr. Georg Boyksen, Chefarzt Ernst Brüggen, Schlachtermeister Paul Christiansen, Buchdruckereibesitzer

Von der KPD: Georg Tronier, Rentner

Am Freitag, den 27. September 1946, wurde Richard Köhn mit 23 Stimmen – Herr Brüggen von der CDU fehlte – zum Bürgermeister gewählt. Zu den Frauen der „ersten Stunde“ zählten Emma Bohnemann, Emilie Helm und Alice Larm: Emma Bohnemann war von 1946 bis 1970 Mitglied der Pinneberger Ratsversammlung. Sie war Mitglied im Schulausschuss und in der Kommission für Wirtschafts- und Ernährungsfragen. Während dieser 24 Jahre gehörte sie außerdem dem Kreistag an. Später arbeitete sie viele Jahre im Fürsorgeausschuss mit. Emma Bohnemann engagierte sich auch in der Frauenpolitik. Sie war Vorsitzende der SPD-Frauengruppe der Stadt von 1946-1965. Nach dem Tode ihres Mannes 1965 übernahm sie auch noch den Posten der Hauptkassiererin der SPD. 35 Jahre lang war sie Vorstandsmitglied in der Pinneberger SPD, 1976 wurde sie zur Ehrenvorsitzenden gewählt. 1993 verstarb Emma Bohnemann. Emilie Helm kandidierte erstmals 1933 bei der Kommunalwahl. Im Nachrückverfahren wurde sie Stadtverordnete. Im selben Jahr wurde sie zur 1. Vorsitzenden der Sozialistischen Frauengruppe gewählt. Ihre politische Karriere nahm allerdings mit der Machtergreifung der Nazis ein abruptes Ende. Am 23. August 1944 wurde sie im Zuge der Aktion „Gewitter“ verhaftet und kam wie viele Sozialdemokraten in Schutzhaft nach Kiel. Sie erkrankte während der Gefängniszeit an einem Herzleiden. Emilie Helm verstarb 1975. Alice Larm war nicht nur politisch aktiv, sondern auch dem Sport stark verbunden. 1924 trat sie in die SPD ein. Nach dem Zweiten Weltkrieg gehörte sie der Ratsversammlung von 1948-1955 und von 1966-1967 an. Bekannt war sie durch ihre Tätigkeit als Hausmeisterin in der Ernst Paasch Halle an der Lindenstraße. Erst mit 90 Jahren konnte sie dazu bewogen werden, dieses Amt aufzugeben. Sie verstarb im Jahr 2000. Bereits am 11. Januar 1946 fand die konstituierende Sitzung des Pinneberger Kreistages statt. Für diese Sitzung vorgesehen waren ein Beschluss über das künftige Kreiswappen und die Nominierung des Landrates. Das neue Kreiswappen erhielt anstelle der alten Grafenkrone ein Nesselblatt mit einer stilisierten Baumschulpflanze. Der Entwurf wurde von A. Paul Weber gefertigt und ist bis heute unverändert. Landrat wurde Walter Damm. Die zweite Wahl zum Gemeindeparlament fand am 24. Oktober 1948 statt. In Stimmenzahlen ausgedrückt lautete das Wahlergebnis: SPD = 4.923 CDU = 2.602 FDP = 2.174 KPD = 524 Parteilose = 914 Gewählt wurde zum ersten Mal nach der neuen Deutschen Gemeindeordnung. In direkter Wahl und über die Liste gingen 13 Mandate an die SPD, sechs an die CDU und 5 an die FDP. Bürgermeister und damit Vorsitzender der Gemeindevertretung blieb Richard Köhn. Stadtdirektor und damit Leitender Verwaltungsbeamter war Herr Ludwig Duncker. 1949 entstanden die Bundesrepublik Deutschland und die DDR. Am Bonner Grundgesetz, das in den Verfassungsberatungen des Parlamentarischen Rats vorbereitet worden war, wirkten die Sozialdemokraten, allen voran Carlo Schmid, maßgeblich mit. Die SPD erreichte im Westen bei den ersten Wahlen zum Deutschen Bundestag 29,2 Prozent der Stimmen. Mit ganz knapper Mehrheit konnte die CDU die Führung der jungen Republik übernehmen, während die SPD sich mit der Rolle der "konstruktiven Opposition" zufrieden geben musste. Als Oppositionspartei im Bundestag gewann die SPD in den 1950er Jahren immer stärkeren Einfluss in den Städten und Ländern. Außenpolitisch zunächst von dem Vorrang der Wiedervereinigung geleitet, lehnte sie – obgleich prinzipiell proeuropäisch orientiert – Adenauers Westpolitik ab. Sie unterstützte die Römischen Verträge und schwenkte zum Ende der 1950er Jahre auf den Kurs der Westintegration ein, ohne das Ziel der Wiedervereinigung aus den Augen zu verlieren. Am Montag, dem 24. April 1950 kam die Pinneberger Stadtvertretung zu einer wichtigen Sitzung zusammen, in der Bürgermeister und Bürgervorsteher gewählt werden sollten. Mit 22 Stimmen bei einer Enthaltung und einer ungültigen Stimme wurde der bisherige Stadtdirektor Henry Glissmann (SPD) zum ersten hauptamtlichen Bürgermeister gewählt, zum Bürgervorsteher einstimmig der bisherige Stadtrat Willi Wulf (SPD). Am 29. April 1951 wurde die dritte Stadtvertretung gewählt. Von 12.269 abgegebenen gültigen Stimmen entfielen auf die: SPD = 4938 Stimmen = 15 Mandate DW = 3774 Stimmen = 8 Mandate BHE = 3126 Stimmen = 4 Mandate KPD = 431 Stimmen = kein Mandat CDU und FDP hatten sich zum Deutschen Wahlblock (DW) zusammengeschlossen, um dadurch die SPD-Mehrheit zu brechen. Die Flüchtlinge, die sich in der Zwischenzeit zum Bund der Heimatvertriebenen und Entrechten (BHE) zusammengeschlossen und anscheinend bisher die bürgerlichen Parteien gewählt hatten, verhinderten dies. Für die SPD kamen Alfred Hohmann, Heinz Lange, Gertrud Plettenberg und Emil Wulf neu in die Stadtvertretung. „Eine Mittelstadt im Aufschwung“ war die Überschrift einer Wahlzeitung der Pinneberger SPD zur Kommunalwahl am 24. April 1955. Die Richard-Köhn-Straße, Mühlenstraße und Bismarckstraße bekamen eine Kanalisation, war dort nachzulesen. Weiter wurde hier erwähnt, dass die Turnhalle in der Lindenstraße mit Brausebad und Umziehraum ausgerüstet wurde und die Mittelschule sogar mit Toiletten und Heizung versorgt werden konnten. Ein wahrer Fortschritt und Luxus in der damaligen Zeit. Nachzulesen war auch, dass der Fahlt kurz davor stand, als Baugelände umfunktioniert zu werden. Nur mit vereinten Kräften konnte dies gerade noch so verhindert werden. Bei der Wahl zur Stadtvertretung am 25. Oktober 1959 entfielen auf die Sozialdemokraten 46,3 % der Stimmen. Das Bündnis CDU/FDP erhielt 44,3 % und 7,2 % bekam der BHE. Die konstituierende Sitzung fand am 13. November statt und wurde von dem bisherigen Bürgervorsteher Willi Wulf geleitet. Dieser wurde einstimmig zum vierten Male wiedergewählt. Als Stadträte wurden von der SPD vorgeschlagen und gewählt: Hermann Bohnemann, Johannes Thies, Walter Richter und der Ortsvereinsvorsitzende Heinz Lange. Von der CDU: Heinrich Goldschmidt, Otto Kraft und Adolf Meier sowie Harry Schmidt für die FDP. Die SPD verabschiedete 1959 nach einem längeren kontroversen Diskussionsprozess das Godesberger Grundsatzprogramm und öffnete sich damit endgültig zur Volkspartei. Sie gewann breite Wählerschichten hinzu, nicht zuletzt aus kirchlich gebundenen Kreisen. Willy Brandt und Herbert Wehner führten die Partei in die Regierungsverantwortung – zunächst ab 1966 im Rahmen einer Großen Koalition mit der CDU, seit 1969 in einer sozial-liberalen Koalition mit der FDP. In den meisten Großstädten der Bundesrepublik hatte die SPD in den 1950er und 1960er Jahren das Vertrauen der Mehrheit der Wähler in der Kommunalpolitik gewonnen. Am 16. Februar 1961 brach über Norddeutschland und so auch Pinneberg eine Flutkatastrophe ungekannten Ausmaßes herein. Vor allem die Pinnausiedlung war betroffen. Technisches Hilfswerk und Rotes Kreuz mussten die Bewohner bei Kälte und Dunkelheit mit Schlauchboten aus ihren meterhoch überfluteten Wohnungen herausholen. In Hamburg und an der Küste sah es noch viel schlimmer aus. Am Freitag, den 02. Februar 1962, einen Tag vor Henry Glissmanns 64. Geburtstag, tritt die Stadtvertretung zusammen, um die Wahl des Bürgermeisters vorzunehmen. Der Antrag der SPD-Fraktion, Bürgermeister Glissmann erneut zum Bürgermeister zu wählen, erhält in geheimer Abstimmung 21 Ja-Stimmen, 3 Nein-Stimmen und 4 ungültige Stimmen. Bei der Kommunalwahl am 11. März 1962 erhielt die SPD 45,6 % der Stimmen. 39,7 % entfielen auf die CDU und 11,4 % auf die FDP. Bürgervorsteher wurde traditionsgemäß zum fünften Male Willi Wulf (SPD). Es stand fest, dass Henry Glissmann mit der Vollendung seines 65. Lebensjahres Ende Februar 1963 aus seinem Amt scheiden würde. Die Fraktionen hatten rechtzeitig ihre Beratungen über seinen Nachfolger begonnen und waren sich einig darüber, die Stelle nicht auszuschreiben, sondern den bisherigen Magistratsrat Hans-Hermann Kath, der seit 1957 in der Verwaltung tätig und gut informiert war, als Nachfolger zu wählen. Die Wahl am 17. Januar 1963 war ein Selbstgänger. Kath wurde einstimmig gewählt. Am 11. Februar 1964 wäre es am Pinneberger Bahnübergang beinahe zu einer Katastrophe gekommen, als ein Autofahrer zwischen den Schranken eingesperrt war. Der D-Zug Hamburg–Westerland konnte gerade noch in letzter Sekunde angehalten werden. Die SPD und die anderen Fraktionen drängten zum Bau einer Hochbrücke. Im Mai 1964 wird der Neubau des Rathauses ausgeschrieben.

1964-1978

Am 30. August 1965 sprach der damalige Regierende Bürgermeister von Berlin und spätere Bundeskanzler Willy Brandt vor 1400 Zuhörern im total überfüllten „Cap Polonio“ und warb für die Bundestagswahl am 19. September des Jahres. Annemarie Renger kam bei dieser Wahl als Kandidatin für den Kreis Pinneberg über die Landesliste in den Bundestag. Bei der Kommunalwahl am 13. März 1966 erhielt die SPD 45,3 % der Stimmen. Die CDU erhielt 46,6 % und die FDP 8,1 %. Die direkt gewählten Vertreter der SPD waren: Dr. Ulrich Brand, Emma Bohnemann, Horst Hager, Uwe Damm, Heinz Plickert, Walter Richter, Heinz Lange, Hans-Joachim Worms und Gerhard Ziegler. Über die Liste kamen noch Erich Hagenah, Jan Nevermann, Ernst-Hermann Hell und Günter Lehmann. Bürgervorsteher wurde Lorenz Mungard von der CDU. Am Donnerstag, den 7. März 1968, wurde um 11.00 Uhr die Grundsteinlegung für das Theodor-Heuss-Gymnasium durchgeführt. Der Chor sang „Wer nur den lieben langen Tag ...“, und irgendjemand trug das Gedicht „Dreifach ist des Raumes Maß“ vor. Am 13. August 1969 konnte die Freigabe der Hochstraße über die Bahn mit einem großen Volksfest gefeiert werden und der Verkehr konnte erstmals ungehindert fließen. Das erste zivile Fahrzeug, das über die neue Brücke rollte, war ein moderner Kinderwagen mit dem neun Monate alten Oliver Kohse aus Pinneberg als Insasse. Die in Pinneberg gewohnte Ausrede bei Verspätungen: „Die Schranke war geschlossen“ galt nun nicht mehr. Die Zeit war reif für den Aufbruch aus konservativer Erstarrung, für Reformen und neue Wege der Friedenssicherung und Entspannung. Im Oktober 1969 wurde Willy Brandt der erste sozialdemokratische Bundeskanzler der Nachkriegsgeschichte. Bei der Kommunalwahl am 26. April 1970 sorgte der Wähler in Pinneberg für klare Verhältnisse. Die SPD erhielt 15 Mandate, die CDU 14 Mandate und die FDP ging leer aus. Damit hatte die SPD zum ersten Mal seit 1955 wieder die absolute Mehrheit. Ende der 1960er Jahre konnte sich die SPD zugleich an die Spitze starker Reformkräfte der westdeutschen Gesellschaft setzen, die auch von der Studentenbewegung in Gang gesetzt worden waren. 1972 errang Willy Brandt einen überzeugenden Wahlsieg. Nach Enttarnung eines DDR-Spions im Kanzleramt übergab er 1974 das Amt des Bundeskanzlers an Helmut Schmidt. 1970 katapultierte sich der seit 1966 amtierende Erste Stadtrat Heinz Lange (SPD), selbst aus der Politik heraus, indem er in der Hoffnung auf die ihm zugesagte Unterstützung bei der Wahl zum hauptamtlichen Stadtrat von Pinneberg voreilig auf sein Mandat als Stadtvertreter verzichtete. Als seine Fraktion wegen der finanziellen Folgelasten für die Stadt die Versprechungen nicht einlösen konnte, stand er vor der Tür und seine politische Laufbahn war vorerst zu Ende. Dieser Vorgang gehörte sicher zu den spektakulärsten Vorgängen, die die SPD in Pinneberg in den Nachkriegsjahren erschütterte und erlebte. Im Jahr 1973 setzte sich die Ratsversammlung aus 15 Mitgliedern der SPD, zwölf Mitgliedern der CDU und zwei Mitgliedern der Unabhängigen Fraktion zusammen, die sich von der CDU getrennt hatten. Am 12. April schied der Ratsherr Roland Lange aufgrund seines Fortzuges aus und Ingrid Damm rückte nach. Als 1. Stellvertreter des Bürgervorstehers wurde der Ratsherr Artur Lontzek (CDU) gewählt. Am 25. Februar 1974 lautete die Überschrift im Pinneberger Tageblatt: „Studierende Mutter an der Spitze der Pinneberger SPD.“ Monika Piwon will die Parteiorganisation solidarisieren und politisieren war zu lesen. Mit 100 Ja-Stimmen wurde die 33-Jährige zur Nachfolgerin von Heinz Lange gewählt. Einige waren damals noch nicht so ganz reif für so viel Frauen-Power und konnten ihr wohl nicht zutrauen, Studentin, Hausfrau, Mutter dreier Kinder und Ortsvereinsvorsitzende zu sein. Jene Genossinnen und Genossen, die damals gegen Pirwon gestimmt oder sich enthalten hatten, wurden später eines besseren belehrt. Zweiter Vorsitzender der Pinneberger Sozialdemokraten wurde Hartmuth Wrocklage. Am 24. März 1974 fand eine Gemeindewahl statt, die vor allem in Pinneberg deutlich aufzeigte, dass der Wähler für die Probleme und die Situation der Pinneberger SPD kein Verständnis hatte. Die SPD rutschte von 50,39 % der Wählerstimmen auf 29,03 % ab und kam nur noch auf 10 Sitze. Alle 19 Wahlbezirke in der Stadt waren von der CDU direkt geholt worden. Am 17. März 1976 wurde Hartmuth Wrocklage neuer Vorsitzender der SPD. Er wurde Nachfolger von Monika Piwon, die ihren Wohnsitz nach Hamburg verlagerte. Der neue Parteichef forderte seine Parteifreunde auf, Flagge zu zeigen und ohne Scheuklappen mit dem Bürger zu diskutieren.

1978-1990

1978 setzte sich die Pinneberger Ratsversammlung aus 16 Mitgliedern der CDU, 14 der SPD, zwei Mitgliedern des PBB, zwei der FDP und einem parteilosen Mitglied zusammen. Am 15. März 1978 wurde Dieter Tietz zum neuen Fraktionsvorsitzenden der SPD-Ratsfraktion gewählt. 1979 wählten die Pinneberger Genossen Horst Hager als Nachfolger von Hartmuth Wrocklage zu ihrem Vorsitzenden. Im September 1982 wurde in einer turbulenten Mitgliederversammlung der SPD im Hotel Cap Polonio heftig über die Westumgehung gestritten. Nach einer mehr als dreistündigen, teilweise heftig geführten Diskussion um das 31,3 Millionen-Mark-Projekt, stimmten während einer von 69 Mitgliedern besuchten Versammlung 28 Genossen gegen den Bau der Pinneberger Umgehungsstraße und für deren Streichung aus dem Wahlprogramm. Unter ihnen auch der ehemalige Landrat Winfried Hebisch, der sich als „Westumgehungs-Skeptiker“ bezeichnete. Am 1. September 1983 rief der Ortsverein gemeinsam mit dem DGB zu einer Kundgebung mit Günter Jansen zum Antikriegstag im Drosteipark auf. Innerhalb kurzer Zeit sammelte die SPD 1700 Unterschriften zum Thema „Atomwaffenfreie Zone Pinneberg“. Die erfolgreiche Aktion sollte mit einer Unterschriftensammlung von Tür zu Tür weitergeführt werden. Am 20.9.1983 bat der Vorstand die Fraktion, eine Versetzung des Gedenksteines an einen günstigeren Platz in der Stadt mit Nachdruck zu fordern. Außerdem wollte man erreichen, dass einige Straßen nach Widerstandskämpfern benannt werden. 1984 wählten die Mitglieder Lutz Glandt als Nachfolger von Horst Hager zum Ortsvereinsvorsitzenden. Nur zwei Jahre später, im Mai 1986 wählten die damals 436 Mitglieder des Pinneberger Ortsvereins den 39 Jahre alten Herbert Hoffmann ohne Gegenstimme zum neuen Parteichef. Er trat die Nachfolge von Lutz Glandt an, der aus beruflichen Gründen seinen Rücktritt angekündigt hatte. 1982 verließ die FDP die sozial-liberale Koalition und verschaffte den Unionsparteien die Mehrheit in Bonn. Die SPD wurde in die Rolle der Opposition zurückgeworfen und begann einen Prozess programmatischer Erneuerung, in dem sie ihre Rolle als demokratische Partei in einem hochentwickelten Industrieland neu definierte und Antworten auf die Herausforderungen durch die neuen sozialen Bewegungen formulierte. Als politische Kraft erstarkte sie in den Landtagen und übernahm die Regierungsverantwortung in der Mehrheit der Länder. Obwohl 1987 Willy Brandt den Vorsitz der Partei in die Hände von Hans-Jochen Vogel übergab, blieb seine Stimme in der Politik von Gewicht. Besonders deutlich wurde sie gehört, als 1989 die Berliner Mauer fiel – "Jetzt wächst zusammen, was zusammen gehört". Die kommunistischen Diktaturen brachen zusammen und die beiden deutschen Staaten konnten wieder vereinigt werden. 1989 verabschiedete die SPD in Berlin ein neues Grundsatzprogramm, das die Ergebnisse der gesellschaftlichen und innerparteilichen Diskussion zur sozialen und ökologischen Erneuerung der Industriegesellschaft bündelte.

1990-2008

Am 17. Januar 1990 erlag Bürgermeister Hans-Hermann Kath um 5 Uhr im Harburger Krankenhaus einem Herzversagen. Der Verwaltungschef war, vom Tage seines Todes an zurückgerechnet, vor genau 27 Jahren zum Bürgermeister der Kreisstadt gewählt worden. Er hinterließ nicht nur im Rathaus eine große Lücke. Der Erste Stadtrat Herbert Hoffmann übernahm die Amtsgeschäfte. Am 27.März 1990 schrieb die Pinneberger Zeitung: „Zu viele Direktmandate: Pinneberger SPD ohne Hoffmann und Nevermann“. Der Grund: Weder der wieder als Bürgervorsteher vorgesehene SPD-Grand-Seigneur Jan Nevermann, noch der agile Erste Stadtrat und amtierende Bürgermeister Herbert Hoffmann waren in der neuen Ratsversammlung vertreten. Beide kandidierten in je einem der insgesamt drei pechschwarzen Wahlkreise, welche die SPD anders als die restlichen 16 nicht gewinnen konnte. Da wegen der vielen Direkt-Mandate die SPD-Liste nicht zum Zuge kam, hatten Hoffmann und Nevermann das Nachsehen. Am 26. April 1990 wurde Bruno Möwius einstimmig zum Bürgervorsteher gewählt und löste damit Jan Nevermann ab. Erster Stadtrat wurde der spätere Landtagsabgeordnete Bernd Schröder. Die Ernennungsurkunden überreichte der scheidende Erste Stadtrat, Herbert Hoffmann. Nach einer Phase, in der die Sozialdemokratie ihre Position in den Ländern zwar ausbauen konnte, doch bundespolitisch in der Opposition verblieb, konnte die SPD unter der Führung von Oskar Lafontaine und Gerhard Schröder am 27. September 1998 erstmals wieder die Bundestagswahl gewinnen. "Innovation und Gerechtigkeit" waren die die Leitbegriffe dieser Zeit. Der neue Bundeskanzler Gerhard Schröder und seine Koalition aus Sozialdemokraten und Grünen nahmen sich ein ehrgeiziges Reformprogramm vor, das auf die Korrektur sozialer Ungerechtigkeiten, die Ordnung der zerrütteten Staatsfinanzen, einer umfassende Steuerreform und Investitionen in Zukunftsaufgaben abzielte. Nach dem Rücktritt Oskar Lafontaines von allen seinen Ämtern wurde Gerhard Schröder im April 1999 zum Parteivorsitzenden gewählt. Der Berliner Parteitag im Dezember 1999 bestätigte ihn in diesem Amt und wählte Franz Müntefering zum neuen Generalsekretär der Partei. Die Pinneberger Ratsversammlung setzte sich 2005 aus 19 Mitgliedern der CDU, zehn Mitgliedern der SPD, vier Mitgliedern der GAL, zwei der FDP, zwei der UfW und zwei Mitgliedern der Bürgerlichen zusammen. Bürgermeister wurde Horst Werner Nitt. Diese Zusammensetzung änderte sich bei der Kommunalwahl 2008. Pinnebergs Christdemokraten wurden zwar erneut stärkste Kraft der Stadt, mussten aber ein Minus von fast 14 Prozentpunkten gegenüber 2003 verkraften. Zulegen konnten die Bürgernahen, SPD und Grüne. Die Ergebnisse: CDU = 32,80 %, SPD = 31,61 %, FDP = 9,51 %, GAL = 14,45 %; die Bürgernahen erzielten 11,54 %. Dieter Tietz würde in der kommenden Wahlperiode nicht mehr als SPD-Fraktionsvorsitzender in der Pinneberger Ratsversammlung kandidieren, schreib das Pinneberger Tageblatt am 26.05.2008. Seit März 1978 war er ununterbrochen Fraktionsvorsitzender und damit Dienstältester Fraktionschef in Schleswig-Holstein gewesen. „Seine langjährige Erfahrung und sein Wissen über Verwaltungsabläufe in jeder Art waren nicht nur für die SPD Fraktion von großem Wert“, sagte der Ortsvereinsvorsitzender Herbert Hoffmann. Zu seiner Nachfolgerin wählte die SPD Fraktion Angela Traboldt.

2008-2018

2008-heute 2008 kandidierte Kristin Alheit für die SPD als Bürgermeisterin von Pinneberg und wurde im ersten Wahlgang klar mit 58,4 % gewählt. Am 12.06.2012 wurde Kristin Alheit zur Ministerin für Soziales, Gesundheit, Familie und Gleichstellung des Landes Schleswig-Holstein ernannt. Am 22. September 2011 wurde Kai Vogel im Rahmen einer Mitglieder-/Wahlkreisversammlung als Kandidat für die kommende Landtagswahl nominiert. Er setzte sich im zweiten Wahlgang mit 37 zu 23 Stimmen gegen Karsten Rahlf, ebenfalls aus Pinneberg durch. Nach dem ersten Wahlgang hatten die beiden Mitbewerber aus Halstenbek, Christoph Bittner und Helmuth Janke ihre Kandidatur zurückgezogen. Nach seiner Nominierung gab Vogel das Ziel aus, den Wahlkreis direkt zu gewinnen. Sein Vorgänger Bernd Schröder war mit Blick auf die Landtagswahl siegessicher. Die Wahl zum 18. Landtag von Schleswig-Holstein fand am 06. Mai 2012 statt. Sie war eine vorzeitige Wahl, die nach Abbruch der Legislaturperiode durch ein Urteil des Landesverfassungsgerichts vom 30. August 2010 nötig geworden war. Es war nach der Wahl im Jahr 2009, als in Folge einer Vertrauensfrage des Ministerpräsidenten der Landtag aufgelöst worden war, die zweite vorgezogene Landtagswahl in Folge. Kai Vogel gewann seinen Wahlkreis souverän mit 37,9 % der Erststimmen und holte 32 % der Zweitstimmen. Seine Kontrahentin Natalina Boenigk von der CDU erhielt 37 % der Erststimmen, während der Zweistimmenanteil der Christdemokraten in Pinneberg bei 29,4 % lag. Am 11. November 2012 wurde die parteilose Urte Steinberg in einer Direktwahl mit 57,46 % der Stimmen zur neuen Bürgermeisterin von Pinneberg gewählt. Sie war von CDU und SPD als gemeinsame Kandidatin nominiert worden. Urte Steinberg trat das Bürgermeisteramt im Januar 2013 an. Das Wahlergebnis der Gemeindewahl in der Stadt Pinneberg am 26. Mai 2013 brachte keine große Veränderung. Die CDU erreichte zwölf Sitze, die SPD elf, die Grünen sieben, die FDP zwei und die Bürgernahen erreichten drei Sitze. Zur Fraktionsvorsitzenden der SPD wurde erneut Angela Traboldt gewählt. Am 23. September 2013 verstarb der ehemalige Landtagsabgeordnete Bernd Schröder im 63. Lebensjahr. Er starb nach langer schwerer Krankheit. Bernd Schröder hatte mehr als ein Jahrzehnt tapfer gegen eine heimtückische Krankheit angekämpft. Ein Jahr nach seinem Rückzug aus der Politik verlor er diesen Kampf. Die Nachricht vom Tod Bernd Schröders machte viele Menschen betroffen. Der Ortsvereinsvorsitzende Herbert Hoffmann sprach von einem „verlässlichen und sachkundigen Weggenossen und Freund“, der die SPD „plötzlich und viel zu früh“ verlassen habe. Er würdigte das Engagement seines Parteikollegen – nicht nur das politische, sondern vor allem auch das karikative. Hoffmann erinnerte dabei an Bernd Schröders Leitsatz: „Die Politik muss menschlich bleiben, politische Gestaltung und die Umsetzung politischer Vorhaben geht in einer demokratischen Gesellschaft nur mit den Menschen, niemals gegen sie.“ Auf der Jahreshauptversammlung der SPD Pinneberg am 30. Oktober 2013 verabschiedete sich Herbert Hoffmann vom Amt des Ortsvereinsvorsitzenden. „Das Gesicht der SPD sagt Tschüss“, schreibt das Pinneberger Tageblatt. Seinem Nachfolger Kai Vogel wünschte Hoffmann alles Gute. Dessen Aufgabe wird es auch künftig sein, die Interessen junger und älterer Sozialdemokraten gleichermaßen zu berücksichtigen. Erfreulicherweise verfügt Pinneberg über jungen und engagierten Nachwuchs im Ortsverein und in der Fraktion. Herbert Hoffmann wurde auf der Jahreshauptversammlung zum Ehrenvorsitzenden auf Lebenszeit gewählt. Am 07. Mai 2017 fand in Schleswig-Holstein die neunzehnte Wahl zum Schleswig-Holsteinischen Landtag statt. Über 2,3 Millionen Schleswig-Holsteiner waren zur Abgabe ihrer Stimme berechtigt, dabei stieg die Wahlbeteiligung landesweit auf 64,2 Prozent. In Pinneberg konnte der sich erneut um das Amt des Landtagsabgeordneten bewerbende Kandidat der SPD, Kai Vogel, als bis dahin amtierender Landtagsabgeordneter Pinnebergs und Vorsitzender des Ortsvereins der SPD Pinneberg über seinen Wiedereinzug entgegen des Landestrendes freuen. Zudem waren am 06. Mai 2018 die Stimmen zur Gemeindewahl abzugeben. Bei der neuen Sitzverteilung in der Ratsversammlung erhielt die CDU 14 Sitze, die SPD und die Grünen jeweils zehn Sitze, die Bürgernahen vier Sitze und die FDP drei Sitze. Fraktionsvorsitzende der SPD Fraktion bleibt weiterhin die bisher amtierende Vorsitzende Angela Traboldt. Am 05. April 2018 verstarb Horst Hager im Alter von 85 Jahren. Der langjährige Landtagsabgeordnete, Bürgervorsteher und Ratsherr war über die Parteigrenzen hinweg für sein vorbildliches soziales Engagement bekannt. 1966 wurde er erstmals Ratsherr in der Ratsversammlung in Pinneberg, von 1975 bis 1996 war er Landtagsabgeordneter für die Gemeinden Halstenbek, Schenefeld und Pinneberg. Überdies war er ab 1992 Kinder- und Jugendbeauftragter des Landes Schleswig-Holstein und engagierte sich auch nach seiner aktiven politischen Karriere in örtlichen Projekten wie den „Pinosauriern“. Bei der Bürgerinitiative war das Ziel Kinder aus sozial benachteiligten Familien ein Mittagessen in den Kitas zu ermöglichen. Am 10. Juni 2018 verstarb zudem Jan Nevermann im Alter von 82 Jahren. Der langjährige Weggefährte der SPD Pinneberg war Pinneberger Ratsherr und von 1990 bis 1996 Bürgermeister der Stadt Pinneberg. Neben seiner Arbeit in nahezu jedem städtischen Gremium engagierte sich Jan ebenso wie sein Parteifreund Horst Hager für die „Pinosaurier“ und andere soziale Projekte vor Ort. „Er konnte sich in die Sorgen der Bürger hineindenken und war demzufolge ein begehrter und vor allem verlässlicher Ansprechpartner“, so Ortsvereinsvorsitzender Kai Vogel, Fraktionschefin Angela Traboldt und Ehrenvorsitzender Herbert Hoffmann.

Literatur

Links

Einzelnachweise

  1. Auf der Homepage des Ortsvereins wird irrtümlich die Abkürzung SAP verwendet; aus dem dazu gezeigten Zeitungsausschnitt wird aber deutlich, dass es um eine Gemeinde des ADAV ging.
  2. SPD ehrte Klaus Wegener mit dem Boschen-Schmitt-Geick-Preis, Hamburger Abendblatt, 5.12.2000
  3. Daebeler, Andreas/Willhuhn, Julian: Ja zur Bürgermeister-Brücke, Pinneberger Tageblatt, 30.3.2013
  4. Aus: Pinneberg-Lexikon, abgerufen 17.3.2025
  5. Noch ein Wahlrechtsraub in Schleswig-Holstein,Vorwärts, 19.7.1911
  6. Social-Demokrat - Tagesausgabe, 25.7.1869
  7. Hamburger Echo 17.1.1909, S. 6