Kreisverband Neumünster

Aus SPD Geschichtswerkstatt

Der Kreisverein, später Kreisverband Neumünster der SPD wurde am 18. November 1945 neu gegründet. Er umfasst aktuell 7 Ortsvereine mit ca. 350 Mitgliedern. Seine Geschichte reicht zurück bis ins 19. Jahrhundert.

Geschichte

Die SPD in Neumünster ist aus einem Leseclub hervorgangen. Dieser Verein traf sich am 11. März 1867 im Lokal von Casper Lütje am Kleinflecken, um mit dem Hamburger Buchhändler August Geib über Lassalle und das allgemeine, gleiche und direkte Wahlrecht zu diskutieren. Am Ende waren sich die Teilnehmer einig: Der Leseclub sollte aufgelöst und ein Ortsverein des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins gegründet werden.

Dies wurde offenbar umgesetzt, denn 1874 beklagt

"ein Neumünsteraner Geistlicher die überraschenden Erfolge der Sozialdemokraten (Lassalleaner) bei den Wahlen zur Kirchengemeindevertretung in den Jahren 1869 und 1870, wo die Partei ihre ganze Liste durchgesetzt hätte. 1872 sei es dann gelungen, heißt es in dem Bericht weiter, 'durch ein Zusammenreissen aller nicht zur Socialdemokratie haltenden Kreise eine Majorität von 200 Stimmen gegen die socialdemokratische Liste zu erzwingen'[1]. Die Beteiligung des ADAV an Kirchengemeindewahlen in dieser Zeit verfolgte das Ziel, den kommunalen Einfluß der Partei zu stärken, wobei man davon profitierte, daß bei diesen Wahlen jedes Kirchenmitglied stimmberechtigt war, während bei den Abstimmungen zu den lokalen Parlamenten die Arbeiterschaft aufgrund des Zensuswahlrechtes weitgehend ausgeschlossen blieb."[2]

Als die politische Betätigung für Sozialdemokraten unter dem Sozialistengesetz ab 1878 verboten war, organisierten sich die Genossen in Neumünster in der Liedertafel Eintracht - einem Gesangverein.

Nach Ende des Verbots zahlte sich das aus: Am 11. November 1890 wurde die SPD im Arbeiterlokal "Conventgarten" neu gegründet; die reinen Gesangsfreunde unter den Mitgliedern forderte man auf, dem bürgerlichen Gesangverein "Germania Neumünster" beizutreten, der durch diese Beitritte mehrheitlich sozialdemokratisch wurden.

1899 gründeten Arbeiter in Neumünster eine Freie Turnerschaft.

Zum Ende des Kaiserreichs beteiligten sich auch die Neumünsteraner an der Novemberrevolution und bildeten am 9. November 1918 einen Arbeiter- und Soldatenrat, der die Organisation der öffentlichen Ordnung in der Stadt übernahm.

"Mit dem Ausbruch der Revolution in Kiel schlugen die Wellen derselben sofort nach hier über, trotzdem blieb die hiesige Garnison fest, und war es möglich, zur Unterdrückung resp. Eindämmung des Herdes, von hier Militär nach Kiel zu entsenden. Die Lorbeeren dieses Feldzuges waren aber deprimierend und die Entsendung ein vollständiger Fehlschlag. Erst mit dem Umsturz in Berlin am 9. November kam auch die Sache hier in Neumünster ins Rollen.
Am Abend diese Tages wurden die Mannschaften in verschiedenen Lokalen zur Bildung eines Soldatenrates zusammengerufen. Die gewählten Mitglieder des Soldatenrates traten gleich darauf zusammen, um sich zu konstituieren. Als Vorsitzender wurde einstimmig der Unteroffizier Katz vom Ersatz-Batl. 163 gewählt. Ein Marineoberfeuerwerker aus Kiel gab einen eingehenden Bericht über die Ursache und Entstehung der Bewegung am 5. und 6. November in Kiel.
Zur gleichen Zeit tagten die am Orte noch ansässigen Genossen im Gewerkschaftshaus. Nach einer kurzen Darlegung der augenblicklichen Lage wurde von den den Genossen ein Arbeiterrat von 16 Personen gewählt. Gewählt wurden ausschließlich Mitglieder der SPD, obgleich die USPD schon den ganzen Tag ihre aus Kiel gesandten Agitatoren hatte arbeiten lassen. Zum Vorsitzenden des Arbeiterrats wurde Genosse M. Richter gewählt.
Der A.- und S.-Rat trat sofort in Tätigkeit und übernahm die ausführende Macht. Eine nach der Wahl des A.- und S.-Rats von diesem erlassene Proklamation setze die Bevölkerung von den gegebenen Tatsachen in Kenntnis. Die Geschäftsführung des A.- und S.-Rats war eingeteilt in die zentrale Militärverwaltung, Gerichtsangelegenheiten, Kommunalverwaltung, Verkehr und Ernährung sowie die Presse. Die Stadtverwaltung suchte sich bald den neuen Verhältnissen anzupassen."[3]

Nach der Machtübertragung an die Nationalsozialisten 1933 wurde die politische Arbeit auch in Neumünster immer schwieriger. Eine letzte geheime Versammlung im SPD-Lokal "Reichsadler" am 18. Mai 1933 wurde von der Polizei aufgelöst und die Teilnehmer in "Schutzhaft" genommen. Die Nazis verboten am 22. Juni 1933 reichsweit die SPD und alle Parteien außer ihrer eigenen.

Neuanfang

Im Sommer 1945 fanden erste Treffen alter SPD-Mitglieder statt, die zu einem vorbereitenden Ausschuss führten. Am 2. September wurde zunächst gemeinsam mit den Kommunisten die "Arbeiterpartei Neumünster" gegründet. Als sich aber der Bezirksvorstand für eine eigenständige SPD aussprach, konzentrierten sich die Sitzungen des vorbereitenden Ausschusses am 11. Oktober und am 29. Oktober auf dieses Ziel.

Die Gründungsversammlung des SPD-Kreisvereins Neumünster, an der 372 Personen teilnahmen, fand am 18. November 1945 statt. Zum Gründungsvorstand wurden Ludwig van Jindelt (Vorsitzender), Walter Zigelsky, Artur Reincke, Wilhelm Kion, Marie Schmelzkopf, Hartwig Hansen und Genosse Burmeister gewählt.[4] Am 27. Dezember wurde die Gründung von der britischen Militärregierung genehmigt.[5]

Die von der Militärregierung ernannte Ratsversammlung tagte erstmals am 13. Dezember 1945. Ludwig van Jindelt wurde zum Vorsitzenden gewählt.

Die ersten demokratischen Kommunalwahlen am 13. Oktober 1946 brachten für die SPD 47,2% der Stimmen. Aufgrund des Wahlrechts führte dies aber nicht zu einer Mehrheit der Sitze in der Ratsversammlung.

Bei den Landtagswahlen vom 20. April errang die SPD die absolute Mehrheit. Hugo Voß wurde für den Wahlkreis Neumünster direkt gewählt.

Bei den zweiten Kommunalwahlen am 24. Oktober 1948 errang die SPD 49,8% der Stimmen und erhielt 19 Sitze in der Ratsversammlung. Hugo Voß wurde Oberbürgermeister.

Die 1950er Jahre

1950 wurde Paul Lohmann zum Stadtpräsidenten und am 28. April der Kieler Oberstadtdirektor Walther Lehmkuhl einstimmig zum Oberbürgermeister gewählt.

Die Kommunalwahl 1951 brachte der SPD 48,6% und damit 18 der 35 Ratssitze.

Nach dem Rücktritt von Paul Lohmann wurde 1952 Max Johannsen Stadtpräsident. Er führte das Amt mit kurzer Unterbrechung bis 1969.

Die SPD bezog ein neues Büro am Teich. Bei der Kommunalwahl 1955 verlor sie ihre absolute Mehrheit. Bei der nächsten Kommunalwahl unterlag sie nach Stimmanteilen knapp, erhielt aber 20 von 39 Sitzen.

Die 1960er und 1970er Jahre

In der Kommunalwahl 1962 konnte auch prozentual mit 51.4% und 21 von 39 Sitzen die Mehrheit in der Ratsversammlung zurückgewonnen werden. 1966 war das Ergebnis nahezu identisch: 51,2% und 20 von 39 Sitzen, ebenso wie 1970.

Der Absturz kam in der Kommunalwahl 1974: Die SPD verlor 12,3% der Stimmen; mit 17 von 43 Sitzen ging sie in der Ratsversammlung in die Opposition. 1978 konnte sie ihr Ergebnis wieder deutlich verbessern, um 8,9% auf 47,8%; mit 20 von 42 Sitzen blieb sie jedoch in der Opposition.

1980er und 1990er Jahre

1980 zog das Parteibüro in die Kieler Straße um.

Die Kommunalwahl 1982 brachte wieder Verluste: 39,5% und 18 von 43 Sitzen, 1986 dafür wieder die absolute Mehrheit.

1987 zog das Parteibüro erneut um, diesmal in den Großflecken 75.

Auch 1990 hielt die absolute Mehrheit in der Ratsversammlung.

Das nächste Jahrtausend

Am 1. September 2009 trat zum ersten Mal seit 1948 ein Nicht-SPD-Oberbürgermeister sein Amt an, nachdem SPD-Kandidat Günter Humpe-Waßmuth die durch den Ruhestand von Hartmut Unterlehberg notwendige Neuwahl nicht für sich entscheiden konnte.

Am 17. März 2017 feierte der Kreisverband sein 150-jähriges Bestehen mit einer Veranstaltung in den Holstenhallen und der Herausgabe der Festschrift 2017 | 150 Jahre SPD in Neumünster (Redaktion Volker Andresen).

Literatur

Links

Kreisverband Neumünster
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Gegründet: 1867 als Allgemeiner Deutscher Arbeiterverein
Wiedergegründet: 1945
Vorsitzende/r: Kirsten Eickhoff-Weber
Homepage: http://spd-neumuenster.de


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Quellen

  1. [Kirchlicher] Visitationsbericht aus Neumünster vom 13./14.6.1874, in: LAS [Landesarchiv Schleswig] Abt.19 Nr. 109 (4). Anmerkung im Original.
  2. Holger Rüdel: Visitationsberichte als Quellen für die Erforschung der Sozialgeschichte der Arbeiterbewegung Schleswig-Holsteins im 19. Jahrhundert, in: Rundbriefe des Arbeitskreises für Wirtschafts- und Sozialgeschichte Schleswig-Holsteins, Nr. 3 (April 1979), S. 18
  3. SPD Neumünster: "Festschrift zum 60-jährigen Bestehen der Sozialdemokratischen Parteiorganisation Neumünster" von 1927. Nachdruck im Jahre 1987 durch den SPD-Kreisverband Neumünster anläßlich des 120jährigen Bestehens der SPD Neumünster.
  4. Sozialistische Mitteilungen - News for German Socialists in England, Nr. 82, Jan. 1946, S. 20
  5. Martens, Holger: SPD in Schleswig-Holstein 1945-1959 (Malente 1998), Bd. 1, S. 79