Kommunalwahl 1970
Die Kommunalwahl am 26. April 1970 war ein Sieg für SPD und CDU. Gemeinsam vereinten sie landesweit fast 90% der Stimmen auf sich. Die FDP lag bei 5,7% und scheiterte damit in vielen Kommunen an der 5%-Hürde. Die Wahlbeteiligung hatte sich seit 1966 auf 72,4%[1] verbessert.
Ausgangslage
Die Wahl fand ein gutes halbes Jahr nach der Bundestagswahl 1969 statt, in der Willy Brandt als erster Kandidat der SPD zum Bundeskanzler gewählt worden war. Ein Jahr später stand die Landtagswahl 1971 an. Die SPD Schleswig-Holstein hoffte, auch dort gemeinsam mit der FDP die Regierung übernehmen zu können. Mit entsprechendem Elan warf sie sich in den Wahlkampf.
- "Die Zeiten, da Kommunalwahlen mehr oder weniger eine Bestätigung dörflicher Honoratioren waren, sind in Schleswig-Holstein endgültig vorbei. [...] Es ist die politischste Kommunalwahl seit Bestehen der Bundesrepublik im Norden. Der Aufwand des Wahlkampfes und vor allem die Auseinandersetzungen zwischen den beiden großen Parteien, der CDU und der SPD, nehmen fast den Charakter an, als handele es sich um die Wahl für den Deutschen Bundestag. [...] Für die Sozialdemokraten und die Freien Demokraten ist das halbe Bonner Koalitionskabinett auf den Beinen, um der CDU in ihrer Hochburg nördlich der Elbe die Stimmen abzujagen. Bundesverteidigungsminister Helmut Schmidt sprach in Kappeln den Soldaten aus dem Herzen; und bestritt dort die größte Wahlveranstaltung überhaupt. Lauritz Lauritzen, der Bundeswohnungsbauminister, macht den Dörflern bieder und behäbig klar, was die Kieler Regierung versäumt hat."[2]
Landesergebnis
Partei | Ergebnis[3] | Änderung zu 1966 |
---|---|---|
SPD | 43,5% | +3,7 |
CDU | 45,4% | +0,3 |
FDP | 5,7% | -4,1 |
SSW | 1,7 % | -0,5 |
Wahlbeteiligung in Schleswig-Holstein: 72,3 %
Ergebnisse vor Ort
- Bordesholm: Hans Wiesen zieht in den Gemeinderat ein.
- Ortsverein Bredstedt: 7 Mandate in der Stadtvertretung.
- Ortsverein Eckernförde: absolute Mehrheit, Klaus Buß wird jüngster Ratsherr.
- Kreisverband Flensburg: erstmals eine einfache Mehrheit (17 Sitze), stellt mit Artur Thomsen den Stadtpräsidenten.
- Ortsverein Harrislee: wird stärkste Fraktion, was bis dahin dem SSW vorbehalten gewesen war.
- Kreisverband Kiel: Otto Gerlach, Wilhelm Marschner, Heide Simonis und - als jüngster Ratsherr - Rolf Johanning ziehen in die Ratsversammlung ein. (Ergebnisse in Kiel)
- Ortsverein Kronshagen: Cord-Peter Lubinski wird neu in die Gemeindevertretung gewählt.
- Ortsverein Midlstedt/Rosendahl: Hanne Henkens wird ehrenamtlicher Bürgermeister der Gemeinde - fast auf den Tag genau für 30 Jahre.
- Ortsverein Mölln: Harry Starck kommt in die Stadtvertretung.
- Ortsverein Neuwittenbek: mit einem Mandat geht auch die Mehrheit verloren (4 SPD, 5 CDU), Bürgermeister Herbert Matte wird zum stellvertretenden Bürgermeister.
- Kreisverband Ostholstein: Ernst Scheel wird zum Kreispräsidenten gewählt.
- Kreisverband Plön: Maria Lindenmeier wird in den Kreistag gewählt.
- Ortsverein Prasdorf: drei Sitze (29,06%); Christa Gruel, Alfred Schnoor und Hans Stark kommen in den Gemeinderat.
- Ortsverein Preetz: Reinhold Stühlmeyer kommt in die Stadtvertretung.
- Ortsverein Reinbek: stärkste Fraktion, Alfred Schulz wird Bürgervorsteher.
- Ortsverein Schenefeld (Pinneberg): Walter Kaehlert wird Bürgervorsteher.
- Ortsverein Schleswig: zieht mit der CDU gleich (je 13 Sitze), Karl-Heinz Schildt wird erster SPD-Bürgervorsteher.
- Kreisverband Stormarn: Alfred Schulz wird Kreisrat im Kreistag.
- Ortsverein Waabs: Kurt Rohweder wird neu in den Gemeinderat gewählt.
Kiel
Nach der Kommunalwahl wählt die Kieler Ratsversammlung die Sozialdemokratin Ida Hinz zur bundesweit ersten Stadtpräsidentin. Heide Simonis tritt mit 28 Jahren in der Ratsversammlung ihr erstes politisches Amt an. Ihr Mandat - über die Liste - kommt unerwartet, deswegen ist sie mit ihrem Mann gerade auf Auslandsaufenthalt in Japan. Das Mandat wird ihr einige Monate freigehalten, bis sie es antreten kann.[4]
Der Kieler Kreisvorsitzende Karl Heinz Luckhardt schreibt 1978 im Rückblick:
- "Zur Kommunalwahl am 24. März 1970 [sic] trat die SPD [in Kiel] mit einer Mannschaft an, die weniger altbekannte Persönlichkeiten enthielt als in den Wahlen davor. Parteiintern wurde die Befürchtung geäußert, daß damit das Wahlergebnis von 1966 kaum verbessert werden kann. Ich hatte als neuer Spitzenkandidat nicht denselben Bekanntheitsgrad wie der Genosse Hermann Köster in seiner Rolle als Stadtpräsident. Was kaum jemand erwartet hatte, trat ein: Mit 53,6% der Stimmen und 30 von 49 Sitzen erreichte die SPD in Kiel das beste Kommunalwahlergebnis seit Kriegsende. Auch im Landesvergleich konnte Kiels SPD sich sehen lassen. In den damals 42 Städten unseres Landes mit jeweils mehr als 10000 Einwohnern erzielte Kiel zusammen mit Uetersen (56,6%) das beste SPD-Ergebnis."[5]
Quellen
- ↑ "Die Wahl bekam nur den 'Großen'", Kieler Nachrichten, 28.4.1970
- ↑ ZEIT: Mit großem Aufgebot In: ZEIT Nr. 16/1970, 17. April 1970
- ↑ "Die Wahl bekam nur den 'Großen'", Kieler Nachrichten, 28.4.1970
- ↑ Heide Simonis: Unter Männern (München 2004), S. 55
- ↑ SPD-Kreisverband Kiel (Hrsg.): 1863-1978. 115 Jahre Sozialdemokratie. Festschrift der Kieler Sozialdemokraten (Kiel 1978)