Jusos Kiel: Unterschied zwischen den Versionen
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Nach der [[Novemberrevolution]] bildeten sich an vielen Orten Gruppen von "Jungsozialisten", die [[1920]] in die Parteiorganisation eingegliedert wurden. In ihnen konnten SPD-Mitglieder im Alter von 18 bis 25 Jahren (seit [[1927]]: 20 bis 25) aktiv werden, aber sie waren dazu nicht verpflichtet. Auch wer nicht in der Partei war, konnte JungsozialistIn werden. | Nach der [[Novemberrevolution]] bildeten sich an vielen Orten Gruppen von "Jungsozialisten", die [[1920]] in die Parteiorganisation eingegliedert wurden. In ihnen konnten SPD-Mitglieder im Alter von 18 bis 25 Jahren (seit [[1927]]: 20 bis 25) aktiv werden, aber sie waren dazu nicht verpflichtet. Auch wer nicht in der Partei war, konnte JungsozialistIn werden. | ||
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: Bei vielen ältere Genossen, die Neuerungen - ob von links oder rechts, skeptisch gegenüberstanden - gab es eine abwartende Haltung. Dies mag auch durch den z.T. polemisch vorgetragenen Erneuerungsanspruch und durch den "jugendbewegten" Lebensstil der "jungen Generation" [...] bedingt gewesen sein. Immerhin konnte sich bei der Wahl des Kieler Parteisekretärs [[1928]] mit [[Ernst Tessloff]] der Kandidat der "jüngeren Generation" durchsetzen. Für eine gewisse Offenheit der Parteiführung spricht, dass Dr. [[Gustav Warburg]], ein profilierter Hofgeismarer, als Redakteur bei der ''[[Schleswig-Holsteinische Volkszeitung|Volkszeitung]]'' eingestellt wurde. Der aus den Kieler Jungsozialisten hervorgegangene [[Karl Meitmann]] wurde Unterbezirkssekretär."<ref>Jens-Christian Jacobsen: ''[http://www.beirat-fuer-geschichte.de/fileadmin/pdf/band_03/Demokratische_Geschichte_Band_03_Essay17.pdf "Der Stolz der Gesamtpartei"? Die SPD Schleswig-Holsteins 1918-1933]'', ''Demokratische Geschichte'' 3(1988), S. 234</ref> | : Bei vielen ältere Genossen, die Neuerungen - ob von links oder rechts, skeptisch gegenüberstanden - gab es eine abwartende Haltung. Dies mag auch durch den z.T. polemisch vorgetragenen Erneuerungsanspruch und durch den "jugendbewegten" Lebensstil der "jungen Generation" [...] bedingt gewesen sein. Immerhin konnte sich bei der Wahl des Kieler Parteisekretärs [[1928]] mit [[Ernst Tessloff]] der Kandidat der "jüngeren Generation" durchsetzen. Für eine gewisse Offenheit der Parteiführung spricht, dass Dr. [[Gustav Warburg]], ein profilierter Hofgeismarer, als Redakteur bei der ''[[Schleswig-Holsteinische Volkszeitung|Volkszeitung]]'' eingestellt wurde. Der aus den Kieler Jungsozialisten hervorgegangene [[Karl Meitmann]] wurde Unterbezirkssekretär."<ref>Jens-Christian Jacobsen: ''[http://www.beirat-fuer-geschichte.de/fileadmin/pdf/band_03/Demokratische_Geschichte_Band_03_Essay17.pdf "Der Stolz der Gesamtpartei"? Die SPD Schleswig-Holsteins 1918-1933]'', ''Demokratische Geschichte'' 3(1988), S. 234</ref> | ||
Der Anstoß zur Kinderfreundearbeit war in Schleswig-Holstein von den Kieler Jungsozialisten ausgegangen, die mit einem Volksfest die Kinder in den Mittelpunkt der Maifeier von [[1921]] stellten.<ref>Jens-Christian Jacobsen: ''[http://www.beirat-fuer-geschichte.de/fileadmin/pdf/band_03/Demokratische_Geschichte_Band_03_Essay17.pdf "Der Stolz der Gesamtpartei"? Die SPD Schleswig-Holsteins 1918-1933]'', ''Demokratische Geschichte'' 3(1988), S. 236</ref> | Der Anstoß zur Kinderfreundearbeit war in Schleswig-Holstein von den Kieler Jungsozialisten ausgegangen, die mit einem Volksfest die Kinder in den Mittelpunkt der Maifeier von [[1921]] stellten.<ref>Jens-Christian Jacobsen: ''[http://www.beirat-fuer-geschichte.de/fileadmin/pdf/band_03/Demokratische_Geschichte_Band_03_Essay17.pdf "Der Stolz der Gesamtpartei"? Die SPD Schleswig-Holsteins 1918-1933]'', ''Demokratische Geschichte'' 3(1988), S. 236</ref> Von drei Gruppen im Jahr 1922 wuchs die Bewegung in Schleswig-Holstein auf 44 Gruppen mit 3000 Falken und 300 Helfern im Jahr 1931. <ref>Osterroth, S. 85.</ref> | ||
"Am 24. November 1926 vereinten sich alle sozialistischen Jugendorganisationen Kiels zu einem "Sozialistischen Jugendkartell", das eine gemeinsame Bildungsarbeit leistete, mit öffentlichen Versammlungen der Jugend hervortrat und im Rahmen der Gesamtbewegung der Sozialisten auch mit Aufmärschen und Fackelzügen den Demonstrationen den Schwung der Jugend gab. Bedeutend war der Einsatz des Jugendkartells zur Sammlung "Ferien für Arbeiterkinder!" und der Aktion "Alles für das Kind!". <ref>Osterroth, S. 83.</ref> | |||
Am [[17. Mai]] [[1933]] wurde die [[Sozialistische Arbeiterjugend]] in Schleswig-Holstein durch einen Beschluss des Bezirksvorstands aufgelöst. Man wollte so dem Verbot durch die Nazis zuvorkommen.<ref>Franz Osterroth: ''100 Jahre Sozialdemokratie in Schleswig-Holstein'', S. 110 f.</ref> Die Jungsozialisten waren durch die SPD bereits [[1931]] aufgelöst worden. | Am [[17. Mai]] [[1933]] wurde die [[Sozialistische Arbeiterjugend]] in Schleswig-Holstein durch einen Beschluss des Bezirksvorstands aufgelöst. Man wollte so dem Verbot durch die Nazis zuvorkommen.<ref>Franz Osterroth: ''100 Jahre Sozialdemokratie in Schleswig-Holstein'', S. 110 f.</ref> Die Jungsozialisten waren durch die SPD bereits [[1931]] aufgelöst worden. |
Version vom 22. Januar 2017, 15:24 Uhr
Die Arbeitsgemeinschaft der Jungsozialistinnen und Jungsozialisten in der SPD (Jusos) im Kreisverband Kiel wirkt sowohl im SPD-Kreisverband als auch im Juso-Landesverband. Die Kieler Jusos können dabei auch auf eine Geschichte in der Weimarer Republik zurückblicken.
Sie stellten seit Gründung der Bundesrepublik mehrere Juso-Landesvorsitzende, angefangen von Jochen Steffen (ab 1954). Weitere waren Ruth Springer (1976-1978), Udo Wnuck (1986-1988), Janneke Hess (2001-2002), Anke Nöbel (2002-2004) und Yves-Christian Stübe (2006–2008).
Vorstand
--> Hauptartikel: Jusos Kiel - Kreisvorstände
Die Kieler Jusos haben traditionell keine Vorsitzenden, sondern arbeiten mit einem gleichberechtigtem Vorstandskollektiv. Dessen Mitglieder wählen aus ihrer Mitte eine Kreisgeschäftsführerin oder einen Kreisgeschäftsführer.
Selbstverständnis
Die Jusos Kiel bezeichnen sich als strömungsfrei. Sie verfolgen im allgemeinen einen eher pragmatischen Kurs. Ihre Beschlüsse der letzten Jahre können in der Beschlussdatenbank eingesehen werden. Ihr Selbstverständnis ist in Statt eines Manifestes. Kieler Fußnoten zum Juso-Selbstverständnis[1] dargelegt, das 1993, 2002 und zuletzt 2012 im Rotkielchen veröffentlicht wurde.
Auch das alte Lied Die Arbeiter von Wien gibt einen Eindruck:
- Wir sind das Bauvolk der kommenden Welt.
- Wir sind der Sämann, die Saat und das Feld.
- Wir sind der Schnitter der kommenden Mahd.
- Wir sind die Zukunft und wir sind die Tat.
- So flieg, du flammende, du rote Fahne,
- voran dem Wege, den wir zieh'n.
- Wir sind der Zukunft getreue Kämpfer,
- Wir sind die Arbeiter von Wien.
(T: Fritz Brügel, M: Roter Armeemarsch (1920)).
Der Refrain soll schon 1927 in der Kinderrepublik Seekamp abgewandelt worden sein zu "So flieg, du flammende, du rote Fahne, voran dem Weg zu unserm Ziel. Wir sind der Zukunft getreue Kämpfer. Wir sind die Arbeiter von Kiel."[2]
Struktur
In Kiel ist die einzige Juso-Ebene die Kreisebene. Orts-AGs (in den Stadtteilen) gibt es zur Zeit nicht. Versuche einzelner Gruppen, diese einzurichten, wurden zumindest in den letzten Jahrzehnten stets verhindert. Die Wahl des Juso-Kreisvorstandes findet stets als Vollversammlung statt.
Um 2010 herum gab es in Friedrichsort Bestrebungen, eine Orts-AG zu gründen, von denen der Kreisvorstand nur zufällig erfuhr. Zusätzlich führte zu Verstimmungen, dass der Vorsitzende aus Rendsburg-Eckernförde, Götz Borchert, die AG "seinem" Kreisverband angliedern wollte. Nach gemeinsamen Gesprächen wurde das Vorhaben angesagt.
Mitte der 1990er Jahre versuchten Zugezogene, die sich der Strömung der Juso-Linken (Stamokap) zuordneten, Juso-Ortsgruppen in Gaarden und Elmschenhagen einzurichten.
In den 1970ern, als die Mitgliederzahlen am höchsten waren, gab es auch Juso-Gruppen in einzelnen Ortsvereinen, so z.B. in Holtenau[3] oder Friedrichsort[4].
Auch in der unmittelbaren Nachkriegszeit gründeten sich sofort wieder Juso-Gruppen aus einzelnen Ortsvereinen, etwa beim Ortsverein Kiel-Süd die Juso-Gruppe Wilhelm Spiegel.[5]
Zeitweilig gab es vom Vorstand eingesetzte Arbeitskreise zu verschiedenen Themen, so z.B. 1994 "Soziales", 2012 "Bildung" und "Aktiv gegen Rechts", 2015 "Geflüchtete". Zwischen der Leitung des "AK Soziales" und dem Kreisvorstand entwickelte sich eine Kontroverse über die Arbeitsweise und die Einladung von Gästen, der AK musste auf Weisung des Kreisvorstand den Referenten Thomas Westphal wieder ausladen.
Schulen
Zumindest ab 1975 ist eine "Basisgruppe" am Ernst-Barlach-Gymnasium belegt, vermutlich gab es auch an weiteren Schulen entsprechende Gruppen. In den 90ern gab es eine stadtweite Schülergruppe, die sich mit bildungspolitischen Themen befasste und auch die Zeitung "Taschenkrebs" herausgab. Leiter war u.a. Jörn Warnecke.
Hochschulen
An der Uni Kiel existiert seit den 1970er Jahren eine Juso-Hochschulgruppe (HSG). Die Hochschulgruppen sind rechtliche Mischwesen, die an der Hochschule anerkannte HSGen sind und gleichzeitig Projektgruppen der Juso-Landesverbände. Das Verhältnis zwischen HSG und KV wechselte öfter in allen Bereichen, von sehr eng bis stark angespannt. 2009 und 2010 existierte an der Fachhochschule eine Juso-HSG mit dem Namen Förde-Jusos, die stark durch den Kreisverband Kiel unterstützt wurde.
1945/46 gründeten Jochen Steffen und sein ehemaliger Mitschüler Hans-Gottfried Schadow den Kieler Zweig des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes (SDS).
Presse
Die Kieler Jusos geben seit mehr als 40 Jahren ihre Zeitschrift Rotkielchen heraus. Zur Zeit erscheint sie zweimal jährlich. In den Heften kritisieren die Redakteure auch regelmäßig die eigene Partei.
Früher gab es für verbandsinterne Informationen das Heft Rote Grütze.[6] In der Universitätsbibliothek Kiel ist eine Veröffentlichung Information für die Jahre 1964-66 vorhanden sowie für 1969-70 das Werkblatt.
In den 1990er Jahren gab es zudem für SchülerInnen den Taschenkrebs.
Geschichte
Ende der 1940er Jahre, im Rahmen der Wiedergründung der Partei nach der NS-Zeit, etablierten sich die Jusos als einziger Jugendverband innerhalb der SPD. In ihm organisieren sich SozialdemokratInnen vom 14. bis zum 35. (30.) Lebensjahr. Parteinah, aber nicht zur Partei gehörend, ist die "Sozialistische Jugend Deutschlands - Die Falken".
Vor 1933 war dies anders. Die Jungsozialisten umfassten die 18-(später 20-) bis 25-Jährigen, die als Teil der Partei organisiert waren. Die Jüngeren ab 14 Jahren gehörten der Sozialistischen Arbeiterjugend (SAJ) an, einem eigenständigen Verband; für die noch Jüngeren gab es Angebote durch die Kinderfreunde.
Zu den "Ahnen" der heutigen Jusos gehören somit sowohl die Jungsozialisten, gewissermaßen die "Ur-Jusos", als auch die SAJ, weswegen die Geschichte beider Organisationen zur Geschichte der Jusos Kiel gehören soll.
Hervorgegangen war die Jugendbewegung aus Lehrlingsvereinen, die ab 1904 im ganzen Kaiserreich entstanden. Im Frühjahr 1907 gründete sich in Kiel der erste Arbeiterjugendverein, der wegen des strengen preußischen Vereinsgesetzes freilich offiziell unpolitisch sein musste und den Namen Freie Jugendorganisation an der Kieler Förde trug.[7] Bestand er anfangs nur aus 7 Mitgliedern, wuchs die Zahl bald auf 170. Weihnachten 1910 wurde sein Jugendheim in Gaarden eingeweiht.[8]
Weimarer Republik
1919 nahm die "Freie Jugendorganisation", die Mitglied war im Verband der Arbeiterjugendvereine Deutschlands (VAJV) den Namen Arbeiter-Jugend Kiel an, bevor sie 1922 zur Sozialistischen Arbeiterjugend (SAJ Kiel) wurde.
Nach der Novemberrevolution bildeten sich an vielen Orten Gruppen von "Jungsozialisten", die 1920 in die Parteiorganisation eingegliedert wurden. In ihnen konnten SPD-Mitglieder im Alter von 18 bis 25 Jahren (seit 1927: 20 bis 25) aktiv werden, aber sie waren dazu nicht verpflichtet. Auch wer nicht in der Partei war, konnte JungsozialistIn werden.
Das Selbstverständnis dieser Gruppen wird deutlich an den durch die Jugendbewegung beeinflussten Leitsätzen einer Tagung in Kiel am Neujahrstag 1921: Die den Arbeiterjugendvereinen entwachsenen Parteigenossen können ihrer ganzen seelischen Einstellung nach nicht ohne weiteres den Schritt zur allgemeinen Arbeiterbewegung machen, denn diese ist... so einseitig verstandesmäßig und materialistisch gerichtet, daß sie die in der Jugend vorhandenen irrationalen Regungen nicht befriedigen kann."[9]
- "Die Kieler Jungsozialisten galten in der Auseinandersetzung zwischen "rechten Hofgeismarern" und marxistischen "linken Hannoveranern" als Stützpunkt der Hofgeismarkreis. Der Kieler August Rathmann gehörte dem informellen Vorstand an und gab das Organ Schriften zur Zeit heraus. Hermann Heller, der eigentliche Theoretiker des Kreises, hatte bis 1921 in Kiel Staatsrecht gelehrt. Den Hofgeismarern nahestehend war auch der Kieler Rechtsprofessor Gustav Radbruch, der sich intensiv um die Bildung der Arbeiterjugend bemühte.
- Bei vielen ältere Genossen, die Neuerungen - ob von links oder rechts, skeptisch gegenüberstanden - gab es eine abwartende Haltung. Dies mag auch durch den z.T. polemisch vorgetragenen Erneuerungsanspruch und durch den "jugendbewegten" Lebensstil der "jungen Generation" [...] bedingt gewesen sein. Immerhin konnte sich bei der Wahl des Kieler Parteisekretärs 1928 mit Ernst Tessloff der Kandidat der "jüngeren Generation" durchsetzen. Für eine gewisse Offenheit der Parteiführung spricht, dass Dr. Gustav Warburg, ein profilierter Hofgeismarer, als Redakteur bei der Volkszeitung eingestellt wurde. Der aus den Kieler Jungsozialisten hervorgegangene Karl Meitmann wurde Unterbezirkssekretär."[10]
Der Anstoß zur Kinderfreundearbeit war in Schleswig-Holstein von den Kieler Jungsozialisten ausgegangen, die mit einem Volksfest die Kinder in den Mittelpunkt der Maifeier von 1921 stellten.[11] Von drei Gruppen im Jahr 1922 wuchs die Bewegung in Schleswig-Holstein auf 44 Gruppen mit 3000 Falken und 300 Helfern im Jahr 1931. [12]
"Am 24. November 1926 vereinten sich alle sozialistischen Jugendorganisationen Kiels zu einem "Sozialistischen Jugendkartell", das eine gemeinsame Bildungsarbeit leistete, mit öffentlichen Versammlungen der Jugend hervortrat und im Rahmen der Gesamtbewegung der Sozialisten auch mit Aufmärschen und Fackelzügen den Demonstrationen den Schwung der Jugend gab. Bedeutend war der Einsatz des Jugendkartells zur Sammlung "Ferien für Arbeiterkinder!" und der Aktion "Alles für das Kind!". [13]
Am 17. Mai 1933 wurde die Sozialistische Arbeiterjugend in Schleswig-Holstein durch einen Beschluss des Bezirksvorstands aufgelöst. Man wollte so dem Verbot durch die Nazis zuvorkommen.[14] Die Jungsozialisten waren durch die SPD bereits 1931 aufgelöst worden.
Wiedergründung
Landesweit erfolgte die Wieder- bzw. Neugründung der "Arbeitsgemeinschaft der Jungsozialisten in der SPD" 1946. In Anbetracht der Tatsache, dass die SPD Schleswig-Holstein wesentlich von Kielern geprägt war, kann eine etwa zeitgleiche Gründung in Kiel angenommen werden.
Aus SAJ und Kinderfreunden entstanden die Falken.
Anfangs war die "Jugendarbeit" noch sehr eng an den SPD-Kreisvorstand angebunden, der Wiedergründungsparteitag 1945 bestimmte den 33-jährigen Hermann Köster zum Leiter der Jugendarbeit, 1948 benennt das Protokoll Wolfgang Harder als "Leiter der Jüngerenarbeit", 1949 dann Jochen Steffen, 1950 Inge Westphal und als Vertreter der Falken Hermann Thurow (bis 1954). Ab 1951 werden dann "Vertreter der Jungsozialisten" gewählt, zuerst Gerd Richter, ab 1953 Hans-Georg Ehmke, ab 1957 (wieder als "Leiter der Jüngerenarbeit") Siegfried Weiße, ab 1959 Ragnar Lethl, ab 1962 sind die Protokolle unvollständig, 1964 werden Hans-Gert Klingemann und Axel Lüdersen aufgeführt, 1966 Herbert Schütt und Friedrich Büßen. Vertreter der Falken sind 1955-56 Dieter Beth, 1957-60 Hans Wind, 1961 Erich Freese.[15]
1960er & 1970er Jahre
Auch schon in den 1960er Jahren waren die Jusos ein wesentlicher Faktor in den Wahlkämpfen. Die Plakate geklebt wurden damals in einer Scheune am Sukoring im Ortsverein Suchsdorf. Dann ging es mit Lieferwagen zum Aufhängen in das Stadtgebiet, wobei das Fahrzeugdach statt einer Leiter genutzt werden konnte. Die Fahrzeuge parkten im Hof des Walter-Damm-Haus. Mit dabei waren u.a. Heinz Dammers, Claus Möller, Friedrich Büßen.
1967 scheiterte der Kieler Vorsitzende Herbert Schütt[16] bei der Wahl zum Landesvorsitzenden gegen Eckart Kuhlwein. Mitglied im Landesvorstand wurde Norbert Gansel. Dieselbe Versammlung leitete den Namenswechsel von "JS" zu "Jusos" ein.
Nach der Linkswende setzten die Jusos zunehmend auf Provokation und öffentlichkeitswirksame Aktionen, auch in Kiel.
- "Gegen den Mangel an 'Folgeeinrichtungen' in Neubaugebieten - vom Sportplatz bis zur Sandkiste - starteten Jusos in Kiel, Lübeck, Eutin und Pinneberg eine Aktion 'Kinder - lauft auf den Rasen'. Auf einem gelben Flugblatt des Juso-Landesvorstandes hieß es: 'Spielt Fußball drauf und Verstecken hinter den Sträuchern.' Über den Neue-Heimat-Rasen des Kieler Neubau-Stadtteils Mettenhof liefen Kinder mit roten Fahnen. Die "Neue Heimat" gab darauf die Rasenflächen ihrer Anlagen in ganz Schleswig-Holstein für Kinderspiele frei."[17]
Am 29. September 1971 wurde die Initiative Kieler Wohnlager gegründet, die sich für die Auflösung der Kieler Obdachlosen- und Flüchtlingslager und die Unterbringung der Bewohner in normalen Wohnsituationen einsetzte. Gründungsmitglieder waren auch zahlreiche Jusos, die Versammlungsleitung übernahm Norbert Gansel. Weiter wird vermerkt: "Herr Köhler von den Jungsozialisten Friedrichsort berichtete von der Arbeit mit den Jugendlichen im Grüffkamp. Dort würden zweimal wöchentlich Gruppenabende und Schularbeitenhilfen angeboten."[18] Bis die eigentliche Arbeit in dem Lager begonnen werden konnte, dauerte es ein halbes Jahr, das Vertrauen der Bewohner zu gewinnen. [19]
"Vor und nach der Gründung der IKW arbeiteten eine Reihe von Gruppen in den Kieler Obdachlosenlagern. Im November 1969 war z.B. die Projektgruppe Brauner Berg (Grüffkamp 111) von Kieler Jungsozialisten gegründet worden. Die Jungsozialisten wollten mit einer Doppelstrategie die Lösung anstehender Probleme in dem Obdachlosenlager sowohl auf Verwaltungs- als auch auf politischer Ebene durch die Mobilisierung und Motivierung der Lagerbewohner herbeiführen."[20] Weiter heißt es bei Carstens: "Die Arbeit der IKW hatte auf der politische Ebene zunehmend Erfolge zu verzeichnen. Ein Parteitag der Kieler SPD beschloß, alle Lager - bis auf eines - aufzulösen. Später verabschiedete die Ratsversammlung einen Kreisentwicklungsplan, der die Formulierung "Auflösung aller Kieler Lager" enthielt. 1975 waren bis auf die "Notunterkunft Solomit" in der Tat alle übrigen Lager aufgelöst."[21]
1972 wurde der Kieler Jungsozialist Norbert Gansel erstmals zum Bundestagsabgeordneten für Kiel gewählt.
In der hochpolitisierten Zeit der 1970er Jahre kam es auch zur Gründung von Juso-Gruppen an Schulen. So beschloss die Schulkonferenz des Ernst-Barlach-Gymnasiums am 3. November 1975 "die Zulassung der Schüler-Union und einer Basisgruppe der Jungsozialisten nach Vorlage ihrer Satzungen. Beide Gruppen [dürfen] für sich an der Schule werben." [22] "Flugblätter wurden im Sekretariat auf Matrizen der Vervielfältigungsmaschine [...] gedruckt und es wurde demonstriert - gegen Atomkraftwerke, für einen kommunistischen Lehrer."[23] Dies widerlegt den damaligen Sprecher der Kieler Schüler-Union, der im SPIEGEL behauptete: "Jusos und Judos sind bei uns fast vollständig tot."[24]
80er & 90er Jahre
1993 forderten die Kieler Jusos den Rücktritt von Willi Piecyk als SPD-Landesvorsitzender wegen seines schlechten Umgangs mit der Schubladenaffäre. Dies führte zu intensiven Verstimmungen im Verhältnis zum SPD-Landesvorstand und auch zu Problemen in der gemeinsamen Nutzung des Walter-Damm-Haus.
Seit 1994 fand wiederholt im Sommer die Juso-Garten-Fete bei Janneke Hess in Hasseldieksdamm statt.
Nach der "Erdrutsch"-Verlusten (Minus 12%) bei der Kommunalwahl 1994 forderte die Jahreshauptversammlung der Jusos den SPD-Kreisvorstand auf, auf dem Parteitag am 22. April 1994 seine Ämter zur Verfügung zu stellen.
Im Februar 1995 forderten die Jusos die Abwahl von Oberbürgermeister Otto Kelling, da dieser nicht fähig sei, "seinen Sachverstand mit politischem Denken, Dialog- und Führungsfähigkeit zu verbinden".
1995 unterstützten die Jusos Jürgen Weber, der sich in der Nominierung als Landtagskandidat gegen Amtsinhaber Gert Börnsen durchsetzte. Die Jusos hatten gemeinsam u.a. mit Norbert Gansel und Hans-Peter Bartels maximale Transparenz und Aufarbeitung der Schubladenaffäre gefordert. Gert Börnsen vertrat eine gegensätzliche Position.
1997 gelang die Nominierung des langjährigen Kieler Jusos Hans-Peter Bartels als Bundestagskandidat. Der Juso-Kreisvorstand unterstützte ihn und bat die Mitglieder um ihre Stimme für ihn auf der Nominierung am 8. November 1997.
21. Jahrhundert
2012 unterstützten die Jusos Susanne Gaschke in der Nominierung zur OB-Kandidatin.
Der Kreisparteitag 2015 beschloss auf Antrag der Jusos, dass künftig keine vertraulichen Nebenabsprachen mehr zu Kooperationsverträgen getroffen werden dürften. Dies war notwendig geworden, nachdem die Absprachen zum Kooperationsvertrag von 2008 zwischen SPD, Grünen und SSW Ende 2014 von der früheren Oberbürgermeisterin Susanne Gaschke öffentlich gemacht worden waren.
Am 9. April 2016 organisierten die Jusos gemeinsam mit zahlreichen anderen linken Jugendverbänden im Bündnis "Kein ParkPlatz für Nationalismus" eine Demonstration gegen den Auftritt der Deutschrock-Band Frei.Wild in der Sparkassenarena.
Am 14. April 2016 entschied die Mitgliederversammlung, bei der Nominierung für die Landtagskandidatur in Kiel-Nord Gesine Stück zu unterstützen. Der andere Bewerber, Torsten Albig, lehnte die Teilnahme an einer gemeinsamen Vorstellung ab.
Kommunalpolitik
Zahlreiche Jusos engagierten sich im Laufe der Zeit in kommunalen Ehrenämtern, der Verband stellte verschiedene kommunalpolitische Forderungen auf. Jüngere Forderungen findet man in der Beschlussdatenbank.
2013
Zur Kommunalwahl 2013 traten gleich vier Jusos in Wahlkreisen an, Melanie Klein, Benjamin Raschke, Mathias Rekasch und Lisa Yilmaz. Raschke und Yilmaz gewannen ihre Wahlkreise und wurden Mitglieder der Ratsfraktion Kiel. Weitere Jusos traten auf Listenplätzen an. Weiterhin engagierte sich mehr als ein Dutzend Jusos während der Wahlperiode in Ortsbeiräten und als bürgerliche Ausschussmitglieder. [25] Zentrale, aber nicht umgesetzte Forderung war die Einführung eines umlagefinanzierten ÖPNV-Tickets für Schüler_innen analog zum Semesterticket. 2015 wurde zum ersten Mal ein Kinder- und Jugendbeirat gewählt, der bereits lange Zeit von den Jusos gefordert worden war.
Mitgliederentwicklung
- 2016: 347 Mitglieder, davon 83 (24%) weiblich, 41 (12%) unter 22, 112 über 29
- 2015: 353, davon 85 weiblich (24%), 45 unter 22 Jahren, 119 über 29
- 2014: 354, 98 weiblich (27%), 43 U22, 109 Ü29
- 2013: 365, davon 102 weiblich (28%), 44 unter 22 Jahre, 115 über 29
- 2012: 372, davon 108 (29%) weiblich, 48 unter 22 Jahre, 114 über 29
- 2011: 342, davon 114 Frauen (33%), 40 unter 22 Jahre, 110 über 29
- 2010: 360, davon 113 weiblich (31%)
- 2009: 311, davon 96 (31%) weiblich, 25 unter 21 Jahre, 23% über 30
- 2008: 306, davon 100 w (32%), 28 U21, 124 Ü30, 26% neu
- 2007: 260, 80 w (31%), 14 U21, 72 Ü30
- 2006: 320
- 2000: 411
- 1998: 477, davon 127 (26,6%) weiblich
(Laut Rechenschaftsberichten)
Links
Quellen
- ↑ Rotkielchen 42/2, S. 34-35
- ↑ Nach Mitteilung von Rosa Wallbaum, die mit 12 Jahren an der Kinderrepublik teilnahm. Das vermutlich im Juli 1927 entstandene Lied könnte von den teilnehmenden Jugendlichen aus Österreich in die Kinderrepublik gebracht worden sein.
- ↑ Juso-Ortsgruppe Holtenau gegründet, Kieler Nachrichten, 17.12.1970
- ↑ Mitteilung des Genossen Heino Scharunge, der dort aktiv war.
- ↑ Nach Mitteilung des Genossen Karl Molkenthien in einem aufgezeichneten Interview mit Birgit Hansen und John Sanger aus den 1990er Jahren.
- ↑ Rotkielchen 42/2, S. 4
- ↑ Die meisten Sekundärquellen sprechen von 1907, eine auch von 1905, beides scheint realistisch, hier muss noch einmal in die Zeitungs- und Aktenarchive geschaut werden, die genaue Darstellung bei Osterroth, S. 51, spricht aber für 1907.
- ↑ Franz Osterroth: 100 Jahre Sozialdemokratie in Schleswig-Holstein, S. 51 f.
- ↑ Jens-Christian Jacobsen: "Der Stolz der Gesamtpartei"? Die SPD Schleswig-Holsteins 1918-1933, Demokratische Geschichte 3(1988), S. 233 f.
- ↑ Jens-Christian Jacobsen: "Der Stolz der Gesamtpartei"? Die SPD Schleswig-Holsteins 1918-1933, Demokratische Geschichte 3(1988), S. 234
- ↑ Jens-Christian Jacobsen: "Der Stolz der Gesamtpartei"? Die SPD Schleswig-Holsteins 1918-1933, Demokratische Geschichte 3(1988), S. 236
- ↑ Osterroth, S. 85.
- ↑ Osterroth, S. 83.
- ↑ Franz Osterroth: 100 Jahre Sozialdemokratie in Schleswig-Holstein, S. 110 f.
- ↑ Zusammensetzung der Vorstände bis 1949 nach: Arbeitskreis "Demokratische Geschichte" (Hrsg.): Wir sind das Bauvolk. Kiel 1945 bis 1950 (Kiel 1985)
- ↑ Möglicherweise die gleiche Person, die 1970 im Alter von 36 Jahren mit den Stimmen von SPD und FDP Bürgermeister von Nortorf wurde.
- ↑ DER SPIEGEL 10/1971 JUSOS / SPD: Sozusagen die Macht
- ↑ Gründungsprotokoll, zit. in Uwe Carstens: Die Initiative Kieler Wohnlager (IKW), Demokratische Geschichte 8(1993), S. 328
- ↑ Kniesz, Matthias: Obdachlose am Braunen Berg. Ein Projekt der Jungsozialisten in Kiel, in: Mauersberger, Volker (Hrsg.): Wie links dürfen Jusos sein? Vom Bürgerschreck zur Bürgerinitiative, Reinbek 1974.
- ↑ Uwe Carstens: Die Initiative Kieler Wohnlager (IKW), Demokratische Geschichte 8(1993), S. 335 ff.
- ↑ Uwe Carstens: Die Initiative Kieler Wohnlager (IKW), Demokratische Geschichte 8(1993), S. 341
- ↑ Oehring, Ursula: Ernst-Barlach-Gymnasium. Jahrbuch 2015/2016, S. 6.
- ↑ Seidel, Ute: Ernst-Barlach-Gymnasium. Jahrbuch 2015/2016, S. 9.
- ↑ Jugend '76: "Lieber Gott, mach mich krumm", DER SPIEGEL, 5.4.1976
- ↑ http://www.jusos-kiel.de/uber-uns/aktiv-fuer-unsere-stadt/