Ortsverein Eckernförde: Unterschied zwischen den Versionen

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== Allgemeine Entwicklung in Deutschland ==
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Durch die industrielle Revolution in Deutschland, den Übergang zu der auf Lohnarbeit basierenden Industrieproduktion, entsteht eine zunächst unorganisierte Arbeiterklasse, die ausgebeutet und verelendet, politisch rechtlos und durch die Polizei unterdrückt wird. Die Maschine zwingt den Arbeitenden, seine Arbeitskraft zu verkaufen, statt wie bisher sein Arbeitsergebnis. In der Revolution im März 1848 erkämpft sich das Proletariat Rechte und beginnt sich zu organisieren. Die Auseinandersetzungen um deren radikalere politische und soziale Forderungen läßt die anfängliche Einheit von städtischer Mittel- und Unterschicht jedoch bald zerbrechen. Die Mehrheit des Bürgertums hindert die unteren sozialen Schichten schon bald daran, die Revolution weiter voranzutreiben. Die Macht der Fürsten bleibt erhalten, die in der Paulskirche beschlossene Reichsverfassung wird vom preußischen König abgelehnt.
Der '''Ortsverein Eckernförde''' ist eine Gliederung im [[Kreisverband Rendsburg-Eckernförde]]. Er wurde vermutlich [[1873]] gegründet.


Die "Allgemeinen Deutsche Arbeiterverbrüderung", die erste überregionale Organisation der Arbeiterbewegung, hat 1848 der Schriftsetzer [[Stephan Born]] gegründet. Ebenfalls 1848 wird in London das "Kommunistische Manifest" veröffentlicht. [[Karl Marx]] und [[Friedrich Engels]] legen damit eine Gesellschaftsanalyse vor, mit der sie den Kampf der Arbeiterbewegung theoretisch zu fundieren versuchen. Die Zahl der Anhänger von Marx und Engels ist - verglichen mit denen Stephan Borns - erheblich kleiner.
==Geschichte==
===Die Anfänge===
[[1868]] gab es in Eckernförde zwei Abonnenten der Zeitung ''[[Der Sozialdemokrat]]''. Von einer Versammlung des ADAV in Eckernförde wird zuerst im Februar [[1873]] berichtet; bis [[1878]] fanden ca. 50 Versammlungen statt. Angemeldet und geleitet wurden diese Versammlungen von den Maurergesellen [[Johannes Tödter]], [[Jacob Clement]] und [[Johannes Reiß]], die den Vorstand bildeten. Ab Mitte der 80er Jahre gehörte auch [[Daniel Jebe]] dazu.


Durch den industriellen Aufschwung entstehen große Industriereviere, in die hunderttausende Menschen aus den ländlichen Gebieten zu den neuen Arbeitsplätzen strömen. Die Bedeutung der Wirtschaft wächst und das Deutsche Reich wird ein moderner Industriestaat. Trotz Verfolgung und jahrelangem Verbot beginnt der Aufstieg der Sozialdemokratie zur Massenorganisation. Durch die Gründung von Gewerkschaften und Genossenschaften bekommt die Arbeiterklasse die Möglichkeit, ihre wirtschaftlichen und sozialen Interessen zu vertreten.
Bereits [[1869]] erließ die preußische Bezirksregierung in Schleswig eine erste Verfügung zur Unterbindung "sozialistischer Umtriebe". [[1878]] folgte das lange geplante "[[Sozialistengesetz]]". Seine Auslegung führte zur Auflösung der Parteiorganisationen und der Parteipresse, auch der Gewerkschaften. Die einzig legale Betätigung der Sozialdemokratie blieb die Beteiligung an den Reichstags- und einzelnen Landtagswahlen. Der Staat wurde als Unterdrückungsinstrument der herrschenden Klasse angesehen, die verstärkte Hinwendung zu den Lehren von Marx und Engels folgte.


Durch die Liberalisierung des politischen Klimas nach dem Thronwechsel ist ein Neubeginn für die deutsche Arbeiterbewegung durch die Gründung des [[Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins]] (ADAV) möglich. Der ADAV wird am [[23. Mai]] [[1863]] in Leipzig von [[Ferdinand Lassalle]] als erste selbständige deutsche Arbeiterpartei gegründet. Der ADAV sieht sich als Erbe der [[1848]] gescheiterten Revolution. Die Lassalleaner haben die sich bildenden sozialdemokratischen Vereine mehr geprägt als die vom [[7. August|7.]]-[[9. August]] [[1869]] von [[August Bebel]] und [[Wilhelm Liebknecht]] in Eisenach gegründete [[Sozialdemokratische Arbeiterpartei Deutschlands]] (SDAP). Im Eisenacher Programm der SDAP wird die Abschaffung der Klassenherrschaft und die Errichtung des "freien Volksstaates" gefordert. Die SDAP ist demokratisch von unten nach oben aufgebaut und verurteilt die autoritäre Organisation des ADAV. Der ADAV aber vermittelt den Menschen "dritter Klasse" die Möglichkeit der Identifikation mit der politischen Arbeit. Der Stimmzettel ist für die Menschen, die täglich 12-16 Stunden arbeiten, bei geringen Löhnen mit mangelhaftem Arbeitsschutz in unwürdigen Wohnverhältnissen lebend, eine Hoffnung.
Die staatlichen Repressionen richteten sich in dieser Zeit vor allem gegen die Vorstandsmitglieder, da ihre Namen bekannt waren. "Von Zeit zu Zeit" wurden "Hausdurchsuchungen ... bei den verdächtigen Persönlichkeiten" vorgenommen und Bücher und Protokolle beschlagnahmt.<ref>Protokoll der Mitgliederversammlung vom ?</ref>


== Die Anfänge der Sozialdemokratie in Eckernförde ==
[[Heinrich Oldenburg]] und [[Stephan Heinzel]] waren [[1874]] bzw. [[1877]]/[[1878|78]] Reichstagskandidaten des Wahlkreises 3 (Eckernförde/Schleswig). Stephan Heinzel hatte den größten Einfluß auf den Eckernförder Verein. Er konnte durch seine große Erfahrung und seine politischen Beziehungen den Eckernförder Genossen gerade in der Zeit des Sozialistengesetzes wertvolle taktische Ratschläge geben.  
1865 wird in Kiel eine Gemeinde des ADAV gegründet, 1868 gibt es in Eckernförde zwei Abonnenten des "[[Sozialdemokraten]]". Von einer Versammlung des ADAV in Eckernförde wird im Februar 1873 berichtet, bis 1878 finden ca. 50 Versammlungen statt. Angemeldet und geleitet werden die Volksversammlungen von den Maurergesellen [[Johannes Tödter]], [[Jacob Clement]] und [[Johannes Reiß]], die den Vorstand bilden. Ab Mitte der 80er Jahre gehört auch [[Daniel Jebe]] dazu.


Die 1873 einsetzende Wirtschaftskrise und zunehmende Repressionen gegen beide Parteien wandeln das Gegeneinander der SDAP und des ADAV zur Zusammenarbeit. Schließlich findet vom 22. bis 27. Mai 1875 in Gotha der Einigungsparteitag statt. Das neue Parteiprogramm ist eine Mischung aus lassalleanischem und marxistischem Gedankengut. Es ist darauf ausgerichtet, der Arbeiterbewegung in den nächsten Jahren ein schlagkräftiges und begeisterndes Instrument an die Hand zu geben.
Neben Organisatoren und Agitatoren waren auch die der Arbeiterbewegung offenstehenden Versammlungslokale ausschlaggebend. Die Wirte standen deshalb im Visier der Polizei. Druck auf die Wirte war eine Möglichkeit der Obrigkeit, gegen die Sozialdemokratie vorzugehen. Die Eckernförder Arbeiter versammelten sich in wechselnden Gaststätten, bevor ab [[1912]] das "Etablissement Germania" im Vogelsang Vereinslokal und später auch Gewerkschaftshaus wurde.


Bereits 1869 erläßt die preußische Bezirksregierung in Schleswig eine erste Verfügung zur Unterbindung "sozialistischer Umtriebe". Zwei Attentate auf Kaiser Wilhelm liefern Bismarck den Vorwand, das lange geplante "[[Sozialistengesetz]]" am [[19. Oktober]] [[1878]] vom Reichstag verabschieden zu lassen, das bis 1890 Geltung hat. Die Auslegung des Gesetzes führt zur Auflösung der Parteiorganisationen und der Parteipresse, auch der Gewerkschaften. Die einzig legale Betätigung der Sozialdemokratie ist die Beteiligung an den Reichstags- und einzelnen Landtagswahlen geblieben. Der Staat wird als Unterdrückungsinstrument der herrschenden Klasse angesehen, die verstärkte Hinwendung zu den Lehren von Marx und Engels folgt.
===Gründung des Ortsvereins Eckernförde===
Erst nach der Aufhebung des Sozialistengesetzes konnte mit einem wirklichen Aufbau des Ortsvereins in Eckernförde begonnen werden. Nach dem Bericht von [[Stephan Heinzel]] über den Hallenser Parteitag [[1890]] gab es bereits vor dem [[14. Dezember]] [[1890]] einen sozialdemokratischen Wahlverein. Mit Sicherheit wurde am [[11. Oktober]] [[1891]] ein Wahlverein gegründet, der am [[25. Oktober]] einen Vorstand wählte und Statuten verabschiedete. Die sozialdemokratischen Versammlungen wurden von Mitgliedern, die zugleich aktive Mitglieder der Maurergewerkschaft waren, angemeldet. Redner waren sozialdemokratische Agitatoren aus den großen Städten der Provinz.  


== Gründung des Ortsvereins Eckernförde ==
Während die SPD bei den Reichstagswahlen vom [[20. Februar]] [[1890]] insgesamt 19.7 % der Stimmen erhielt und damit stärkste Fraktion im Reichstag wurde, ging der Stimmenanteil im ländlichen Wahlkreis 3 von 9,2 % auf 7,6 % zurück. [[1901]] gab es in Schleswig-Holstein und der Stadt Lübeck 45 Ortsvereine mit zusammen 12.000 Mitgliedern. [[1912]] wurde die SPD mit 110 Abgeordneten stärkste Fraktion im Reichstag, [[1913]] waren fast eine Million Menschen Mitglied in der SPD.
Die Anfänge des sozialdemokratischen Ortsvereins in Eckernförde liegen nach der Aufhebung des Sozialistengesetzes Ende September 1890. Nach dem Bericht des Kieler Sozialdemokraten [[Stephan Heinzel]] über den Hallenser Parteitag 1890 kommt es noch vor dem 14. Dezember 1890 zur Gründung eines sozialdemokratischen Wahlvereins. Am 11. Oktober 1891 wird in Eckernförde ein Wahlverein gegründet, am 25. Oktober erfolgt die Festsetzung der Statuten und die Wahl des Vorstandes. Die sozialdemokratische Volksversammlungen werden von Sozialdemokraten, die zugleich aktive Mitglieder der Maurergewerkschaft sind, angemeldet. Redner sind sozialdemokratische Agitatoren aus den großen Städten der Provinz. Die staatlichen Repressionen richten sich in der Zeit der "Sozialistengesetze" primär gegen die Vorstandsmitglieder, da ihre Namen bekannt sind. "Von Zeit zu Zeit" werden "Hausdurchsuchungen ... bei den verdächtigen Persönlichkeiten" vorgenommen und Bücher und Protokolle beschlagnahmt.


Oldenburg und Heinzel sind 1874 bzw. 1877/78 Reichstagskandidaten des Wahlkreises 3 (Eckernförde/Schleswig). Stefan Heinzel hat den größten Einfluß auf den Eckernförder Verein. Er hat durch seine große Erfahrung und politischen Beziehungen die Eckernförder Genossen gerade in der Zeit der "Sozialistengesetze" wertvolle taktische Ratschläge geben können. Neben Organisatoren und Agitatoren ist auch das der Arbeiterklasse offenstehende Versammlungslokal ausschlaggebend. Die Wirte befinden sich deshalb im Visier der Polizei. Druck auf die Wirte ist eine Möglichkeit der Obrigkeit gegen die Sozialdemokratie. Die Eckernförder Arbeiter versammeln sich in verschiedenen Gaststätten, bevor ab 1912 das "Etablissement Germania" im Vogelsang "Vereinslokal" und später Gewerkschaftshaus wird.
In Eckernförde brachte der Wegfall des Sozialistengesetzes noch nicht den Erfolg. Auch jetzt war es nicht viel einfacher, sich als Sozialdemokrat zu bekennen. Wie vorher bestimmte die Repressionspolitik der Herrschenden die Organisation der Partei. Überörtliche Zusammenschlüsse blieben noch bis [[1899]] verboten. Verbindungen zwischen Organisationen vor Ort und Leitung wurden von einem [[Vertrauensperson|Vertrauensleutesystem]] aufrecht erhalten. Die örtliche Vertrauensperson ernannten die Parteimitglieder unabhängig vom Ortsverein.  


Während die SPD bei den Reichstagswahlen vom 20.2.1890 19.7 % der Stimmen erhält und damit zur stärksten Wählerpartei geworden ist, sind die Zahlen im ländlichen Wahlkreis 3 von 9,2 % auf 7,6 % zurückgegangen. 1912 wird die SPD mit 110 Abgeordneten stärkste Fraktion im Reichstag, 1913 sind fast eine Million Menschen Mitglied in der SPD. 1901 gibt es in Schleswig-Holstein und der Stadt Lübeck 45 Ortsvereine mit 12000 Mitgliedern.
Die Frauen, denen politische Betätigung offiziell noch bis [[1908]] verboten war, hatten ab [[1905]] eine eigene Vertrauensperson. Seit eine Rednerin aus Hamburg am [[1. Mai]] [[1892]] in einer "Öffentlichen Frauen- und Männerversammlung" über die Bedeutung des 1. Mai referiert hatte, traten häufiger auch Frauen als Rednerinnen in öffentlichen Versammlungen auf. Die Generalversammlung [[1912]] räumte den Frauen ein gesondertes Vorschlags- und Wahlrecht für Vorstandskandidatinnen ein.


Nach dem Wegfall des Sozialistengesetzes Ende September 1890 werden auf dem Parteitag in Halle die Parteistatuten den veränderten Bedingungen angepaßt. Die Partei nimmt den Namen Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) an. Auf dem Parteitag 1891 in Erfurt gibt die SPD sich ein neues Parteiprogramm, das bis 1921 in Kraft bleibt. Der Marxismus wird die offizielle theoretische Grundlage. Das Parteiprogramm zerfällt damit in einen theoretischen und einen praktisch-politischen Teil. In Eckernförde bringt der Wegfall noch nicht die von manchen gehoffte und von anderen gefürchtete Initialzündung. Auch jetzt ist es nicht viel einfacher, sich als Sozialdemokrat zu bekennen. Wie vorher bestimmt die Repressionspolitik der Herrschenden von Berlin bis Eckernförde die Organisation der Partei. Vor allem das Vertrauensleutesystem, das eine immer noch nicht gestattete Verbindung der Ortsvereine mit den Leitungsebenen aufrecht hält. Die örtliche Vertrauensperson wird von den Parteimitgliedern unabhängig vom Ortsverein ernannt. Die Frauen haben ab 1905 eine eigene Vertrauensperson. Seit eine Rednerin aus Hamburg am 1. Mai 1892 in einer "Öffentlichen Frauen- und Männerversammlung" über die Bedeutung des 1. Mai referiert hat, treten häufiger auch Frauen als Rednerinnen in öffentlichen Versammlungen auf. Die Generalversammlung 1912 räumt den Frauen ein gesondertes Vorschlags- und Wahlrecht für Vorstandskandidatinnen ein.
Nach der Aufhebung des Koalitionsverbotes [[1899]] löste sich [[1905]] der ''Arbeiterbildungsverein Eckernförde, Borby und Umgegend'' auf; der ''Ortsverein des Sozialdemokratischen Zentralvereins für den 3. Schleswig-Holsteinischen Wahlkreis'' konstituierte sich. Erster Vorsitzender wurde [[Peter Christensen]]. Der spätere Abgeordnete und Fraktionsgeschäftsführer im preußischen Landtag [[Jürgen Jürgensen]] führte ab [[1909]] zusammen mit [[Peter Petersen]], ab [[1914]] zusammen mit [[Richard Vosgerau]] den Ortsverein<ref>Der Name soll zu dieser Zeit "Ortsverein Eckernförde, Borby und Windeby" gelautet haben. Vgl. [https://de.wikipedia.org/wiki/J%C3%BCrgen_J%C3%BCrgensen_(Politiker,_1883) Wikipedia: Jürgen Jürgensen], abgerufen 16.8.2020</ref>.


Nach der Aufhebung des Koalitionsverbotes 1899 löst sich 1905 der Arbeiterbildungsverein Eckernförde, Borby und Umgegend auf; der "Ortsverein des Sozialdemokratischen Zentralvereins für den 3. Schleswig-Holsteinischen Wahlkreis" konstituiert sich. Erster Vorsitzender des Ortsvereins wird [[Peter Christensen]]. Der spätere Abgeordnete und Fraktionsgeschäftsführer im preußischen Landtag [[Jürgen Jürgensen]] führt ab 1909 zusammen mit [[Peter Petersen]] und ab 1914 mit [[Richard Vosgerau]] den Ortsverein.
===1. Weltkrieg===
Der 1. Weltkrieg brachte Konflikte innerhalb der SPD an die Oberfläche, die [[1917]] schließlich zur Abspaltung der [[USPD]] führten. Die Eckernförder SPD folgte zunächst der allgemeinen Stimmung der Partei. Anfang [[1915]] machte der Vorsitzende den Vorschlag, "unsere Stellungnahme bis nach dem Krieg zu verschieben, da bei uns noch keine Zwistigkeiten in der Partei entstanden sind. Die Versammlung ist damit einverstanden."<ref>Protokoll der Mitgliederversammlung am 27.7.1915</ref> Ende des Jahres kritisierte der Vorsitzende [[Jürgen Jürgensen]] "unsere Volksvertretung im Reichstag". Er "gibt seiner Meinung dahin Ausdruck, daß die sogenannte Mehrheit sich voll und ganz den Anfragen [[Karl Liebknecht|Liebknechts]] [der [[1916]] aus der Partei ausgeschlossen wurde] hätte anschließen sollen. In der Diskussion wird ihm zugestimmt."<ref>Protokoll der Mitgliederversammlung vom Dezember 1915</ref>


== 1. Weltkrieg ==
Anfang [[1917]] wurde eine Resolution verabschiedet, in der es hieß: "... erhebt mit größter Entschiedenheit Protest gegen das parteischädigende Vorgehen des Parteivorstandes ..." Die Versammelten stünden nach wie vor zum Parteiprogramm und erklärten, "die Politik der Arbeitsgemeinschaft nach Kräften fördern zu wollen".<ref>Protokoll der Mitgliederversammlung am 17.2.1915</ref> Versuche der in die Minderheit geratenen Eckernförder SPD, diesen Schritt in Richtung [[USPD]] abzuwenden, blieben erfolglos. In Eckernförde war ab Sommer [[1917]] die neu gegründete [[USPD]] die dominierende Kraft; ca. 80% der Mitglieder wechselten zu ihr<ref name=":2">Vgl. [https://de.wikipedia.org/wiki/J%C3%BCrgen_J%C3%BCrgensen_(Politiker,_1883) Wikipedia: Jürgen Jürgensen], abgerufen 16.8.2020</ref>.
Im August 1914 stimmt die gesamte SPD-Fraktion im Reichstag nach heftigen internen Auseinandersetzungen für die von der Regierung geforderten Kriegskredite. Zum Bruch in der Reichstags-Fraktion kommt es 1916, als eine Mehrheit dem Notetat zustimmt, während eine Minderheit mit dem Parteivorsitzenden [[Hugo Haase]] das Notbudget ablehnt. Diese Minderheit konstituiert sich als selbständige Fraktion "Sozialdemokratische Arbeitsgemeinschaft". Der Verlauf des Krieges und deren Folgen im Reich tragen zur Spaltung der Partei bei. 1917 wird in Gotha aus dem Spartakusbund die "[[Unabhängige Sozialdemokratische Partei (USPD)|Unabhängige Sozialdemokratische Partei]]" (USPD). Ihr gehören auch SPD-Reichstagsmitglieder an, die keine Kriegskredite mehr bewilligen wollen. Nach der Novemberrevolution 1918 wird die Abdankung des Kaisers verkündet und dem Sozialdemokrat [[Friedrich Ebert]] das Amt des Reichskanzlers übergeben. Es entsteht eine paritätisch besetzte Regierung aus MSPD und USPD. Die Koalition zerbricht Ende 1918 bereits; die USPD zieht aus der Regierung aus. An die Stelle der Unabhängigen rücken zwei Mehrheitssozialdemokraten. Obwohl die Revolutionsregierung ein schweres Erbe angetreten hat, verabschiedet sie viele Verordnungen, für die jahrzehntelang im Kaiserreich gekämpft worden ist (das allgemeine Wahlrecht für Männer und Frauen, 8-Stunden-Normalarbeitstag, Arbeiterschutzbestimmungen, die Verordnung über Tarifverträge, Koalitionsrechte und Erwerbslosenfürsorge).


Die Eckernförder SPD folgt zunächst der allgemeinen Stimmung. Im Protokoll der Mitgliederversammlung am 27. Juli 1915 steht, daß der Vorsitzende den Vorschlag macht, "unsere Stellungnahme bis nach dem Krieg zu verschieben, da bei uns noch keine Zwistigkeiten in der Partei entstanden sind. Die Versammlung ist damit einverstanden". Im Dezember 1915 ist dem Protokoll in Eckernförde zu entnehmen, daß der Vorsitzende Jürgen Jürgensen "unsere Volksvertretung im Reichstag" kritisiert. Er "gibt seiner Meinung dahin Ausdruck, daß die sogenannte Mehrheit sich voll und ganz den Anfragen Liebknechts", der 1916 aus der Partei ausgeschlossen wurde, "hätte anschließen sollen. In der Diskussion wird ihm zugestimmt". Von der Mitgliederversammlung vom 17. Februar 1917 steht folgende Resolution im Protokollbuch: " ... erhebt mit größter Entschiedenheit Protest gegen das parteischädigende Vorgehen des Parteivorstandes ...". Die Versammelten stehen nach wie vor zum Parteiprogramm und erklären, "die Politik der Arbeitsgemeinschaft nach Kräften fördern zu wollen". Versuche der in die Minderheit geratenen Eckernförder SPD, diesen Schritt in Richtung USPD zu wandeln, bleiben erfolglos. Die Novemberrevolution schlägt sich im Protokollbuch der USPD kaum nieder. Im Januar 1919 gedenkt die Mitgliederversammlung der Ermordung [[Rosa Luxemburg|Rosa Luxemburgs]] und [[Karl Liebknecht|Karl Liebknechts]]; im September 1919 fordert sie den Genossen Scharfenberg auf, das für die USPD erworbene Reichstagsmandat zurückzugeben, da er jetzt Kommunist sei.<ref>Ein Abgeordneter dieses Namens konnte weder für die Weimarer Nationalversammlung noch für die Verfassunggebende Preußische Landesversammlung gefunden werden.</ref>
Die [[Kieler Arbeiter- und Matrosenaufstand|Novemberrevolution 1918]] schlug sich im Protokollbuch des geschrumpften Ortsvereins kaum nieder. Immerhin gehörte [[Jürgen Jürgensen]] dem ersten Eckernförder [[Arbeiter-und Soldatenrat]] als stellvertretender Vorsitzender an und war bis [[1921]] Beigeordneter beim Landrat des Kreises.<ref name=":2" />


== 1919 bis 1933 ==
Im Januar [[1919]] gedachte die Mitgliederversammlung der Ermordung [[Rosa Luxemburg]]s und [[Karl Liebknecht]]s; im September [[1919]] forderte sie den [[Genosse Scharfenberg|Genossen Scharfenberg]] auf, das für die [[USPD]] erlangte Reichstagsmandat zurückzugeben, da er jetzt Kommunist sei.<ref>Ein Abgeordneter dieses Namens konnte bisher weder für die Weimarer Nationalversammlung noch für die Verfassunggebende Preußische Landesversammlung ermittelt werden.</ref>
Am 19. Januar 1919 finden die Wahlen zur verfassunggebenden deutschen Nationalversammlung statt. Zum ersten Mal dürfen auch die Frauen in Deutschland wählen. Friedrich Ebert wird das erste demokratisch gewählte Staatsoberhaupt in Deutschland. Auf dem Parteitag im September 1921 in Görlitz erklärt die SPD, daß sie die Republik als "die durch die geschichtliche Entwicklung unwiderruflich gegebene Staatsform" ansieht, "jeden Angriff auf sie als ein Attentat auf die Lebensrechte des Volkes". Im September 1922 schließt sich die USPD wieder der SPD an.


Während des Kapp-Putsches im März 1920 versuchen auch in Eckernförde Marinetruppen und Großgrundbesitzer das Rad der Geschichte zurückzudrehen. Auf Arbeiterführer wie [[Richard Vosgerau]] und [[Jürgen Jürgensen]] wird Jagd gemacht. Jürgensen wird vorübergehend festgenommen. [[Max Allewelt]] und [[Franz Langel]], zwei Arbeiter, sterben bei den Auseinandersetzungen. 1920 wird in Eckernförde heftig um das parlamentarisch-demokratische Selbstverständnis der USPD gestritten da die USPD plant, der von Moskau gesteuerten III. Internationale beizutreten. Man will sich nicht dem kommunistischen Führungsanspruch unterwerfen, verurteilt aber auch die Zusammenarbeit der MSPD mit weiter rechts stehenden Bündnissen. Im Juli 1922 meint Richard Vosgerau, daß durch die Koalitionspolitik die bürgerlichen Parteien in der Lage seien, die meisten Lasten auf die Arbeiter abzuwälzen. "Wenn wir nun dieselbe Politik mitmachen wollen, so hätten wir als Partei die Existenzberechtigung verloren, und es bliebe uns nichts anderes übrig, als entweder zur Mehrheit oder zur Kommunistischen Partei überzutreten." 1922 hat die ganz überwiegende Mehrheit der verbliebenen USPD und mit ihr der Eckernförder Ortsverein mit Richard Vosgerau diese Konsequenz gezogen: die USPD geht in der wiedervereinigten SPD auf.
===1919 bis 1933===
Am [[19. Januar]] [[1919]] wurde die verfassunggebende deutsche Nationalversammlung gewählt. Zum ersten Mal durften auch die Frauen in Deutschland an die Wahlurne. [[Friedrich Ebert]] wurde das erste demokratisch gewählte deutsche Staatsoberhaupt.


Nach ihrem Wahlsieg 1928 bildet die SPD die Reichsregierung. Die große Koalition der SPD mit Zentrum, DDP und DVP unter dem Sozialdemokraten Hermann Müller endet bereits im März 1930. Bei den Kommunalwahlen 1929 erhält die SPD in Borby vier der neun Sitze in der Gemeindevertretung. Richard Vosgerau wird zum Bürgermeister gewählt. Nach dem Wahlerfolg der Nationalsozialisten im September 1930 befindet sich die SPD in doppelter Frontstellung: gegen die Diktatur von rechts (Rassenwahn und radikale antiparlamentarische Agitation) und links (Bolschewismuspropaganda der KPD). Am 30. Januar 1933 wird der NSDAP-Führer Adolf Hitler Reichskanzler. Die Wahlen werden seitens der NSDAP terrorisiert, Hitler bekommt jedoch nicht die erhoffte Mehrheit. Erst durch das Ermächtigungsgesetz, gegen das alleine die SPD stimmt, bekommt Hitler die Macht. Am 22. Juni 1933 wird der SPD jede weitere Betätigung verboten. Am 9. Juni 1933 werden Vermögen, Parteihäuser, Zeitungsbetriebe, Geschäftsräume und Druckereien der SPD beschlagnahmt. Die Zerschlagung der Organisationen der Arbeiterklasse beginnt. Die Zerstörung des Gewerkschaftshauses durch SS und SA im Juli 1932 setzt in Eckernförde erste Zeichen. Als Bürgermeister Vosgerau sich nach der Machtergreifung Hitlers im April 1933 weigert, die Hakenkreuzfahne auf das Amtsgebäude zu setzen, wird er in "Schutzhaft" der SA genommen. Verleumdungen sind an der Tagesordnung, die politischen Gegner werden gemeinsam mit den zu "Erbfeinden" gestempelten Juden eingesperrt, mißhandelt und ermordet.
Während des [[Kapp-Lüttwitz-Putsch|Kapp-Putsches]] im März [[1920]] versuchten auch in Eckernförde Marinetruppen und Großgrundbesitzer das Rad der Geschichte zurückzudrehen. Auf Arbeiterführer wie [[Richard Vosgerau]] und [[Jürgen Jürgensen]] wurde Jagd gemacht; Letzterer vorübergehend festgenommen. Die Arbeiter [[Max Allewelt]] und [[Franz Langel]] starben bei den Auseinandersetzungen. Die Arbeiterbewegung organisierte den Widerstand und setzte sich letztlich auch durch.  


== SPD im Exil ==
Im selben Jahr wurde in Eckernförde heftig um das parlamentarisch-demokratische Selbstverständnis der [[USPD]] gestritten, da sie plante, der von Moskau gesteuerten III. Internationale beizutreten. Man wollte sich nicht dem kommunistischen Führungsanspruch unterwerfen, verurteilte aber auch die Zusammenarbeit der MSPD mit weiter rechts stehenden Bündnissen. Im Juli [[1922]] meinte [[Richard Vosgerau]], dass durch die Koalitionspolitik die bürgerlichen Parteien in der Lage seien, die meisten Lasten auf die Arbeiter abzuwälzen. "Wenn wir nun dieselbe Politik mitmachen wollen, so hätten wir als Partei die Existenzberechtigung verloren, und es bliebe uns nichts anderes übrig, als entweder zur Mehrheit oder zur Kommunistischen Partei überzutreten."<ref>Protokoll der Mitgliederversammlung vom ?</ref> Der Eckernförder Ortsverein mit [[Richard Vosgerau]] zog die Konsequenz, mit der großen Mehrheit der [[USPD]] in die SPD zurückzukehren.
[[Hans Vogel]] setzt zusammen mit [[Otto Wels]], [[Fritz Heine]] und [[Erich Ollenhauer]] die Arbeit im Prager Exil fort. 1934 erfolgte eine Neubelebung revolutionärer Parteitraditionen z.B. durch das "Prager Manifest" ("Durch Freiheit zum Sozialismus ... es lebe die Internationale!") der "SOPADE" ([[Sozialdemokratische Partei Deutschlands im Exil]]). Sie hält Kontakt zu Widerstandsgruppen. 1937 setzt sie ihre Arbeit von Paris aus fort; ab 1940 von London aus. Am 19. März 1941 wird in Großbritannien von der SOPADE, sozialistischen Splittergruppen wie der Sozialistischen Arbeiterpartei (SAP) und der "Landesgruppe deutscher Gewerkschafter in Großbritannien" (die es auch z.B. in Schweden gibt) die "Union deutscher sozialistischer Organisationen in Großbritannien" gegründet. Sie geht davon aus, daß der Sturz des Hitlerregimes unerläßliche Voraussetzung für einen dauerhaften Frieden in Europa ist.


== Entwicklung seit 1945 ==
Bei den Kommunalwahlen [[1929]] erhielt die SPD vier der neun Sitze in der Gemeindevertretung. Richard Vosgerau wurde zum Bürgermeister gewählt. Nach dem Wahlerfolg der Radikalen beider Seiten im September [[1930]] sah sich die SPD in doppelter Frontstellung gegen die Diktatur von rechts (NSDAP) und links ([[KPD]]).
 
Am [[10. Juli]] [[1932]] feierten die Nazis ihren "Deutschen Tag" in Eckernförde. Aus der ganzen Umgebung waren hunderte Nazis gekommen.<ref name=":1">Schunck, Karl-Werner: ''Der Sturm auf das Gewerkschaftshaus in Eckernförde - Wie die Nazis die Landarbeiter Buhs und Junge ermordeten''. In: Hamer, Kurt/Schunck, Karl-Werner/Schwarz, Rolf: ''Vergessen + Verdrängt - Eine andere Heimatgeschichte, Arbeiterbewegung und Nationalsozialismus in den Kreisen Rendsburg und Eckernförde'' (Druckhaus Schwensen, Eckernförde 1984), S. ?</ref> Im Anschluss stürmten hunderte SA- und SS-Männer das [[Gewerkschaftshaus Eckernförde|Gewerkschaftshaus]], in dem gerade Landarbeiter tagten. Sie zerstörten die Einrichtung, die [[Fahne]]n der Arbeiterbewegung, schlugen die Scheiben ein und erstachen den 19-jährigen Landarbeiter und [[Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold|Reichsbanner-Mann]] [[Hinrich Junge]]; ein zweiter junger Mann wurde mit Lungenstichen ins Krankenhaus gebracht. Der 40-jährige Landarbeiter und [[Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold|Reichsbanner-Mann]] [[Johann Buhs]] wurde so schwer mit einem Messer verletzt und geschlagen, dass er kurz darauf starb. Vor Ort waren nur zwei überforderte Beamte der Ortspolizei.<ref>{{Osterroth-100-Jahre}}, Seite 104</ref><ref>[https://fes.imageware.de/fes/web/index.html?open=VW49323&page=0 ''Vorwärts'' vom 11.07.1932], Nummer: 322, Jahrgang: 49</ref><ref>[https://fes.imageware.de/fes/web/index.html?open=VW49438&page=2 ''Vorwärts'' vom 15.09.1932], Nummer: 436, Jahrgang: 49</ref><ref>[https://fes.imageware.de/fes/web/index.html?open=VW49440&page=1 ''Vorwärts'' vom 16.09.1932], Nummer: 438, Jahrgang: 49</ref>
 
Später geriet der Kommunist Karl Kock in eine Gruppe abmarschierender Nazis an der Holzbrücke. Sie fielen sofort über ihn her. Er konnte sich nur mit einem Sprung in den Hafen retten, während die Menge brüllte "Schlagt ihn tot!"<ref name=":0" />
 
Die beiden Opfer des Nazi-Überfalls wurden am [[14. Juli]] in [[Ortsverein Karby|Karby]] beigesetzt. Aus ganz Schleswig-Holstein und Hamburg kamen über 7000 Menschen und nahmen am Trauerzug vom [[Gewerkschaftshaus Eckernförde|Gewerkschaftshaus]] zum Friedhof im rund 20 km entfernten [[Ortsverein Karby|Karby]] teil. Auf dem vollkommen überfüllten Friedhof sprach unter anderem der Vorsitzende des [[Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold|Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold]] für Schleswig-Holstein, [[Richard Hansen]].<ref name=":1" />
 
Die beiden Gräber wurden 30 Jahre lang von den Familien gepflegt, dann weitere 30 Jahre wohl zunächst vom SPD-Ortsverein, später vom [[Kreisverband Eckernförde|SPD-Kreisverband]] betreut. Schließlich waren die Gräber in Vergessenheit geraten, ihre Steine wurden entfernt. Seit [[2010]] erinnert wieder ein Gedenkstein auf dem Karbyer Friedhof an die beiden Opfer der Nazis.<ref>''[https://www.shz.de/lokales/eckernfoerde/artikel/erinnerung-in-stein-gemeisselt-41294422 Erinnerung in Stein gemeißelt]'', ''Eckernförder Zeitung'', 17.07.2010, abgerufen 4.12.2022</ref>
 
Im Prozess vor einem der ersten Sondergerichte wurden [[1932]] 29 Nazis angeklagt; keiner wegen Mordes. Sechs von ihnen wurden freigesprochen, drei zu zwölf bzw. fünfzehn Monaten und zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt. Die anderen bekamen zwischen drei und neun Monaten. Das Gericht blieb damit sogar noch unter den Forderungen der Staatsanwaltschaft. Vier [[Reichsbanner]]-Leute, die das Gewerkschaftshaus verteidigt hatten, wurden wegen Körperverletzung zu drei bis fünf Monaten Gefängnis verurteilt.<ref name=":0">[https://fes.imageware.de/fes/web/index.html?open=VW49445&page=1 ''Vorwärts'' vom 20.09.1932], Nummer: 443, Jahrgang: 49</ref> Durch die Amnestie im Dezember [[1932]] dürfte keiner die volle Strafe abgesessen haben.<ref name=":1" />
 
Jonny Rohwer aus Innien schrieb später heimlich seine Erinnerungen an die Ereignisse auf: <blockquote>"Immer, wenn die Nazi in einer Stadt einen Aufmarsch hatten, gab es auf unserer Seite Tote, denn sie waren ja in der Übermacht. So möchte ich hier nur einen Fall anführen, der mir unvergeßlich bleibt.
 
In Eckernförde hatten die Nazi eine Kundgebung. Von unserer Seite wurde die Polizei gebeten, genügend polizeilichen Schutz anzufordern, was aber kein Gehör fand. Nun hatten am selben Sonntag, es war im Juli oder August [[1932]], im [[Gewerkschaftshaus Eckernförde|Gewerkschaftshaus zu Eckernförde]] die Funktionäre vom Landarbeiterverband eine Sitzung. Ohne jeden Anlaß stürmten die Nazi von hinten und vorne auf das Haus ein, das ganze Haus glich einem Trümmerhaufen. Der Erfolg war: Viele Schwerverwundete und zwei von unseren Kameraden wurden viehisch abgeschlachtet. Die Namen sind mir entfallen. Sie waren beide aus Angeln. Ein alter Genosse und ich sind beide mit dem Fahrrad von Innien nach Eckernförde und später nach Karby zur Beerdigung gefahren, wo 3000 Mann teilnahmen. Die Beerdigung wurde zur schönsten Kundgebung, die ich je erlebt habe. Es waren Arbeiter aus Hamburg-Barmbek, aus allen Orten und Städten Schleswig-Holsteins gekommen, ob Kommunisten oder Kameraden von der [[Eiserne Front|Eisernen Front]], alles durcheinander, alle brüderlich vereint. Ich habe geglaubt, jetzt wäre der Tag gekommen, wo das geeinte Proletariat unzertrennlich beieinanderbleiben wollte, aber es war leider nicht der Fall.
 
Die Särge der toten Kameraden standen zwischen den Trümmern des Gewerkschaftshauses. Kameraden von der Sportriege gaben den Toten mit erhobenen Fäusten das Geleit zu den Autos, die unsere Toten in die Heimat nach Karby brachten. Unzählige Lastautos und Motorräder gaben das Geleit, Tausende umflorte Fahnen und Kränze wurden mitgeführt. Kommunisten in russischen Nationaltrachten trugen einen großen Kranz mit einer roten Schleife mit der Aufschrift: ''Unseren toten Reichsbannerkameraden ein letztes Rot-Front!''"<ref>Rohwer, Jonny: ''[https://geschichtewiki.aukrug.de/seite/Jonny_Rohwer Der Untergang des deutschen Proletariats]'', ohne Datierung</ref></blockquote>
 
===NS-Herrschaft===
Mit der Machtübergabe an die Nazis am [[30. Januar]] [[1933]] begann die Zerschlagung der Organisationen der Arbeiterbewegung. Die Zerstörung des [[Gewerkschaftshaus Eckernförde|Gewerkschaftshauses]] durch SS und SA im Juli [[1932]] setzte in Eckernförde erste Zeichen. Als Bürgermeister [[Richard Vosgerau]] sich im April [[1933]] weigerte, die Hakenkreuzfahne auf das Amtsgebäude zu setzen, wurde er in "Schutzhaft" genommen. Verleumdungen waren an der Tagesordnung, die politischen Gegner wurden eingesperrt, misshandelt und ermordet.
 
Auf Betreiben des Nazi-Bürgermeisters und späteren Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein Helmut Lemke, wurde [[Ortsverein Borby|Borby]] am [[1. April]] [[1934]] eingemeindet.
 
===Entwicklung seit 1945===
[[Datei:Parteibucheinlage Eckernförde 1946.jpg|thumb|280px|right|Parteibucheinlage, 1946]]
[[Datei:Parteibucheinlage Eckernförde 1946.jpg|thumb|280px|right|Parteibucheinlage, 1946]]
Nach Beendigung des Krieges kümmert sich Kurt Schumacher, zusammen mit Fritz Heine und Erich Ollenhauer, um den Aufbau der SPD und der Gewerkschaften in den Westzonen, während sich [[Otto Grotewohl]] als Leiter des von Berlin aus geführten "Zentralausschusses" um die Wiederbelebung der SPD in der sowjetisch besetzten Zone kümmert. Schumacher schließt eine Kooperation mit der KP kategorisch aus, Grotewohl gerät immer stärker in den Sog der Einheitsparteibestrebungen. Am 21. April 1946 werden auch die Sozialdemokraten zur "Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands" (SED) zwangsvereinigt. Am 9. Mai 1946 treffen sich die Delegierten aus den anderen drei Zonen in Hannover zum Parteitag. Kurt Schumacher wird zum Vorsitzenden gewählt. Erich Ollenhauer wird Stellvertreter.
Dann waren NS-Herrschaft und Krieg beendet. Eine erste Zusammenkunft der alten Genossen im Eckernförder Gewerkschaftshaus löste die britische Militärpolizei unter Berufung auf das Verbot zur Bildung von Parteien auf. Nach der Lockerung dieser Beschränkungen für Gewerkschaften und Parteien kam die Neugründung voran. Im August [[1945]] wurde eine [[ASF|Frauengruppe]] der SPD gegründet; die britische Militärverwaltung setzte in Stadt und Kreis die ersten kommunalen Vertretungen ein.
 
Der "Vorläufige Ratsausschuß" als beratende Körperschaft konstituierte sich am [[29. November]] [[1945]], [[Peter Matthiesen|Peter Matthiesen sen.]] wurde zum Stadtrat gewählt. Am [[8. März]] [[1946]] wurde der Kommunist und Eckernförder DGB-Vorsitzende Schumacher zum Bürgermeister gewählt, der Sozialdemokrat [[Karl Potent]] zu seinem Stellvertreter. [[Wilhelm Stöcken]] wurde als Landrat eingesetzt, die Leitung der Verwaltung übernahm Kreisdirektor [[Genosse Scheel|Scheel]] (SPD). In den Kreistag wurden für die SPD [[Eugen Lechner]] und [[Wilhelm Conradsen]] berufen.
 
Am [[15. September]] [[1946]] fanden die ersten [[Kommunalwahl 1946|Gemeindewahlen]] statt, die ersten [[Kommunalwahl 1946|Kreistagswahlen]] am [[14. Oktober]] [[1946]]. In Eckernförde bestimmten konservative Politiker die Geschicke der Stadt, einige von ihnen mit erheblichen Vorbelastungen aus der NS-Diktatur.
 
[[Andreas Gayk]], [[Kurt Schulz]], [[Franz Osterroth]], [[Richard Hansen]] und [[Kurt Pohle]], um nur einige zu nennen, versuchten in hunderten von Versammlungen die Bevölkerung aufzurütteln, Mut zuzusprechen, Hoffnung zu verbreiten und die Basis der Partei zu stärken. Hunderte brauchten Wohnungen, Arbeit, Verpflegung und Kleidung. Sozialdemokraten gründeten den Verein [[Schleswig-Holstein-Hilfe für Kriegsopfer]]. Über ihn organisierten Eckernförder SPD-Mitglieder Wohltätigkeitsveranstaltungen; Wehrmachtsgut wurde requiriert und Mittel vom Kreis eingefordert. [[Kurt Schulz]] war bis zu seiner Pensionierung Geschäftsführer des Vereins.
 
[[Hermann Dombrowski]] war es zu verdanken, dass das erste Haus der Jugend im Sandkrug eingerichtet und der Bau einer Jugendherberge angeregt wurde. [[Lina Schaertl]], die sich besonders um die Belange der weiblichen Flüchtlingsjugend kümmerte, brachte die Gründung eines Jugendaufbauwerkes und die soziale Arbeit der [[Arbeiterwohlfahrt]] voran. [[Kurt Pohle]] setzte sich für diejenigen ein, die durch den Krieg persönliche Schäden erlitten hatten, und wurde dafür als der "Sanitäter auf dem Schlachtfeld der Kriegsopfer" bezeichnet.<ref>''Eckernförder Zeitung'', ??.??.????</ref> [[Eugen Lechner]] kümmerte sich besonders um den Erhalt bestehender und die Ansiedlung neuer Arbeitsplätze. Unter anderem wird ihm die Abwendung der drohenden Demontage der Truppenversuchsanstalt (TVA) und der Einsatz der Anlage für die notwendige Friedensproduktion zugeschrieben. Der Straßenbau, die Schaffung von Wohnungen und der Bau von Schulen machten Fortschritte. Jede Maßnahme bedeutete Arbeit, jeder Arbeitsplatz verbesserte die Situation der Menschen.
 
Ganz allmählich begann sich die politische Lage zu ändern. Auf der Jahreshauptversammlung im Januar [[1963]] erstattete der Vorsitzende [[Kurt Schulz]] Bericht über erfolgreiche Vorstandsarbeit. Der Ortsverein hatte über 600 Mitglieder. Mitte des Jahres begannen [[Jürgen Anbuhl|Jürgen 'Jonny' Anbuhl]] und [[Peter Schröder|Peter 'Hoppe' Schröder]] die [[Jusos]] in Eckernförde aufzubauen. Beide waren zeitweise Kreisvorsitzende der Jusos, Jonny Anbuhl später auch stellvertretender Landesvorsitzender. Als Peter Schröder ein Stipendium in England bekam, setzte u.a. [[Klaus Buß]] seine Arbeit fort.
 
[[1966]] stellte die SPD die stärkste Fraktion in der Ratsversammlung, [[1968]] erreichte sie durch den Übertritt von zwei FDP-Ratsherren, die mit dem Kurs ihrer Landespartei unzufrieden waren, die absolute Mehrheit. [[1970]] reichte es aus eigener Kraft zur absoluten Mehrheit, die auch in den folgenden Jahrzehnten mehrfach wieder gewonnen werden konnte. In diesen Jahrzehnten war die SPD stärkste politische Kraft in Eckernförde. Die Zusammenarbeit in der Ratsversammlung war - mit wenigen Ausnahmen - in all den Jahren gut. Die wichtigsten Entscheidungen wurden meist nicht durch Kampfabstimmung, sondern mit einer breiten Mehrheit gefällt. Die Fraktionen redeten miteinander. Aus politischen Gegnern wurden keine Feinde, Freundschaften wurden über Parteigrenzen hinweg gepflegt.
 
===21. Jahrhundert===
Bis Oktober [[2020]] wurde der Ortsverein geleitet von [[Petra Neumann]]. Sie und ihr Stellvertreter traten im Oktober [[2020]] aus beruflichen Gründen von ihren Parteiämtern und Ratsmandaten zurück. <blockquote>"Neumann besaß Gewicht in der SPD. Sie führte seit knapp vier Jahren den Ortsverein und leitete den Umweltausschuss. [Sie] hatte schon im vergangenen Jahr bekanntgegeben, dass sie nicht erneut für den SPD-Vorsitz kandidieren wolle. Vorsitzender soll jetzt Schriftführer [[Peter Skowron]] werden."<ref>''Umbruch in der SPD-Fraktion Eckernförde'', ''Kieler Nachrichten'', 16.10.2020</ref></blockquote> Der Schriftführer übernahm den Vorsitz jedoch nur kommissarisch; am [[16. Juli]] [[2021]] wurde [[Sönke Rix]] zum Vorsitzenden gewählt.<ref>OV Eckernförde: ''[https://www.spd-eckernfoerde.de/2021/07/16/der-neue-ortsvorstand/ Der neue Ortsvorstand]'', 23.7.2021, abgerufen 5.6.2022 (nicht mehr abrufbar)</ref>.
Bei der [[Kommunalwahl 2023]] wurde die SPD nach 20 Jahren entgegnen dem Landestrend wieder stärkste Kraft in Eckernförde. ''[https://www.wahlen-sh.de/grw/gemeindewahlen_gemeinde_010580043043.html]''
 
==Stadtregierungen==
[[Datei:Iris Ploog 2023.jpg|thumb|left|200px|Iris Ploog im Juni 2023]]Von [[1969]] bis zum [[30. Oktober]] [[1987]] stand [[Kurt Schulz]] als erster sozialdemokratischer Bürgermeister an der Spitze der Eckernförder Verwaltung. Zu seinem Nachfolger wurde [[Klaus Buß]] gewählt, der das Amt bis [[1998]] ausfüllte. Ihm folgte für einige Monate die Erste Stadträtin [[Ingrid Ehlers]] als kommissarische Bürgermeisterin, im Anschluss wurde [[1999]] [[Susanne Jeske-Paasch]] in das Amt gewählt.  


Eine erste Zusammenkunft nach dem Krieg der alten Genossen in Eckernförde im Gewerkschaftshaus wird mit Hinweis auf das bestehende Verbot zur Bildung von Parteien durch die britische Militärpolizei aufgelöst. Nach der Lockerung des Organisationsverbots für Gewerkschaften und Parteien geht die Organisation der Partei voran. Im August 1945 wird eine Frauengruppe der SPD gegründet, die ersten Kommunalparlamente in Stadt und Kreis werden durch die britischen Besatzer eingesetzt. Der "Vorläufige Ratsausschuß" als beratende Körperschaft konstituiert sich am 29. November 1945, [[Peter Matthiesen]] sen. wird zum Stadtrat gewählt. Am 8. März 1946 wird der Kommunist und Eckernförder DGB-Vorsitzende Schumacher zum Bürgermeister gewählt, der Sozialdemokrat [[Karl Potent]] zum Stellvertreter. [[Wilhelm Stöcken]] wird als Landrat eingesetzt, Leiter der Verwaltung wird Kreisdirektor Scheel (SPD). In den Kreistag werden für die SPD [[Eugen Lechner]] und [[Wilhelm Conradsen]] gerufen. Am 15. September 1946 werden die ersten Gemeindewahlen durchgeführt, die ersten Kreistagswahlen am 14. Oktober 1946. In Eckernförde bestimmen konservative Politiker die Geschicke der Stadt, einige von ihnen mit erheblichen Vorbelastungen aus dem "III. Reich". [[Andreas Gayk]], [[Kurt Schulz]], [[Franz Osterroth]], [[Richard Hansen]] und [[Kurt Pohle]], um nur einige zu nennen, versuchen in hunderten von Versammlungen die Bevölkerung aufzurütteln, Mut zuzusprechen, Hoffnung zu verbreiten und die Basis der Partei zu stärken. Hunderte brauchen Wohungen, Arbeit, Verpflegung und Kleidung. Sozialdemokraten gründen die Schleswig-Holstein-Hilfe für Kriegsopfer. Eckernförder SPD-Mitglieder organisieren Wohltätigkeitsveranstaltungen, Wehrmachtsgut wird requiriert und Mittel vom Kreis eingefordert. Kurt Schulz ist bis zu seiner Pensionierung Geschäftsführer des Vereins. [[Hermann Dombrowski]] ist es zu verdanken, daß das erste Haus der Jugend im Sandkrug eingerichtet und die Errichtung einer Jugendherberge angeregt wird. Zusammen mit [[Lina Schaertl]], die sich besonders um die Belange der weiblichen Flüchtlingsjugend kümmert, wird der Aufbau eines Jugendaufbauwerkes und die soziale Arbeit der Arbeiterwohlfahrt forciert. Kurt Pohle wird von der EZ später als der "Sanitäter auf dem Schlachtfeld der Kriegsopfer" bezeichnet. Eugen Lechner kümmert sich besonders um den Erhalt bestehender und Ansiedlung neuer Arbeitsplätze. Die Abwendung der drohenden Demontage der Truppenversuchsanstalt (TVA) und Verwertung der Anlage für die notwendige Friedensproduktion ist auch Eugen Lechner zuzuschreiben. Der Straßenbau, die Schaffung von Wohnungen und der Bau von Schulen machen Fortschritte. Jede Maßnahme bedeutet Arbeit, jeder Arbeitsplatz verbessert die Situation der Menschen.
Die Serie der SPD-Bürgermeister*innen brach ab, als sich die Eckernförder [[2006]] für einen parteilosen Bürgermeister entschieden. In der Wahl vom [[8. Mai]] [[2022]] schaffte es dann [[Iris Ploog]] in die Stichwahl. Mit 31,8 % der Stimmen lag sie knapp vor der von CDU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP unterstützten Kandidatin mit 30,1 % und weit vor zwei Einzelbewerbern mit 20,7 % und 17,4 %.<ref>eckernfoerde.de: ''[https://www.eckernfoerde.de/Die-Stadt/Pr%C3%A4sentation/Aktuelles/Ergebnis-1-Wahlgang-Wahl-der-B%C3%BCrgermeisterin-des-B%C3%BCrgermeisters.php?object=tx,3457.6.1&ModID=7&FID=3457.1806.1&NavID=2460.17&La=1&kat=1.218%2C8.45&startkat=1.218 Ergebnis 1. Wahlgang - Wahl der Bürgermeisterin/des Bürgermeisters - Stichwahl am 29. Mai 2022]'', 8.5.2022</ref> Am [[29. Mai]] konnte sie sich mit 58,6 % gegen ihre Mitbewerberin durchsetzen. Sie trat ihr Amt am [[1. Januar]] [[2023]] an.


Ganz allmählich beginnt sich die politische Lage zu ändern. Auf der Jahreshauptversammlung im Januar 1963 gibt der Vorsitzende Kurt Schulz Bericht über erfolgreiche Vorstandsarbeit. Der Ortsverein hat über 600 Mitglieder. Mitte 1963 beginnen [[Jürgen Anbuhl|Jonny Anbuhl]] und [[Peter Schröder|Peter (Hoppe) Schröder]] die Jusos in Eckernförde aufzubauen. Als Peter Schröder ein Stipendium in England bekommt, setzt u.a. [[Klaus Buß]] die Arbeit weiter mit fort. Beide sind zeitweise Kreisvorsitzende der Jusos, Anbuhl später auch stellv. Landesvorsitzender. 1966 wird die SPD-Fraktion stärkste Fraktion in der Ratsversammlung. 1968 erreicht die SPD durch den Übertritt von zwei FDP-Ratsherren, die mit dem Kurs der F.D.P.-Landespartei unzufrieden waren, die absolute Mehrheit. 1970 erreicht die SPD aus eigener Kraft die absolute Mehrheit, die sie in den folgenden Jahrzehnten mehrfach wiedergewinnt. In den folgenden Jahrzehnten ist die SPD stärkste politische Kraft in Eckernförde. Die Zusammenarbeit in der Ratsversammlung ist mit wenigen Ausnahmen in allen Jahren gut. Die wichtigsten Entscheidungen werden meist nicht durch Kampfabstimmung, sondern mit einer breiten Mehrheit gefällt. Die Fraktionen reden miteinander. Aus politischen Gegnern werden keine Feinde, Freundschaften werden über Parteigrenzen hinweg gepflegt.
==''eckernförder kurier'' (Ortsvereinszeitung)==
[[Datei:Erster eckernförder Kurier.jpg|mini|240x240px|'''1. Ausgabe 1976''']]
[[1976]] gab der Ortsverein zum ersten Mal den ''[[eckernförder kurier]]'' heraus. Er startete mit einer Auflage von 11.000 Exemplaren unter der Redaktionsleitung von [[Jochen Kandzora|Joachim Kandzora]].  


== Vorsitzende seit 1945 ==
Aktuell ist seit [[2008]] [[Jonas Kramer]] Redakteur und Layouter des Eckernförder SPD-Blattes, dessen aktueller Titel lautet ''eckernförder kurier - Sozialdemokratische Bürgerinnen- und Bürgerzeitung''.
 
==Vorsitzende==
[[Datei:Alt vorsitzende ov eckernfoerde.jpg|280px|thumb|right|Kurt Schulz, Jonny Anbuhl und Jochen Kandzora, 2012]]
[[Datei:Alt vorsitzende ov eckernfoerde.jpg|280px|thumb|right|Kurt Schulz, Jonny Anbuhl und Jochen Kandzora, 2012]]
* [[Kurt Schulz]] (1945-1972)
*[[Sönke Rix]] (ab [[2021]])
* [[Jürgen Anbuhl]] (1972-1975)
*[[Peter Skowron]] (kommissarisch ab Oktober [[2020]])
* [[Jochen Kandzora]] (1975-1987)
*[[Petra Neumann]] (ab [[2017]])
* [[Gisela Richter]] (1987-1988, da sie leider nach einem Jahr verstarb)
*[[Jonas Kramer]] (ab Februar [[2014]])
* [[Sünje Müller-Lorenzen]] (1989-1991)  
*[[Jörg Meyer]] (ab März [[2011]])
* [[Hannes Reimers]] (1991-1995)
*[[Siegfried Schneider]] (ab März [[2008]])
* [[Jörg Wetzel]] (1995-2002)
*[[Martin Klimach-Dreger]] (ab Februar [[2002]])
* [[Martin Klimach-Dreger]] (Februar 2002 - März 2008)
*[[Jörg Wetzel]] (ab [[1995]])
* [[Siegfried Schneider]] (März 2008 - März 2011)
*[[Hannes Reimers]] (ab [[1991]])
* [[Jörg Meyer]] (März 2011 - Februar 2014)
*[[Sünje Müller-Lorenzen]] (ab [[1989]])
* [[Jonas Kramer]] (seit Februar 2014)
*[[Gisela Richter]] (ab [[1987]])
*[[Jochen Kandzora]] (ab [[1975]])
*[[Jürgen Anbuhl|Jürgen 'Jonny' Anbuhl]] (ab [[1972]])
*[[Kurt Schulz]] (ab [[1945]])
Weitere Vorstände: [[Ortsverein Eckernförde - Vorstände]]
 
===Vor 1933===
*[[Nikolaus Jürgensen]] (ab Januar [[1933]])
*[[Richard Vosgerau]] ([[1922]]-?)
*[[Jürgen Jürgensen]] ([[1917]]-[[1922]])?
*[[Jürgen Jürgensen]], [[Richard Vosgerau]] ([[1914]]-[[1917]])
*[[Jürgen Jürgensen]], [[Peter Petersen]] (ab [[1909]])
*[[Peter Christensen]] (ab [[1905]])
*?
*Illegalität unter dem [[Sozialistengesetz]] ([[1878]]-[[1890]])
*[[Jacob Clement]], [[Daniel Jebe]], [[Johannes Reiß]], [[Johannes Tödter]] (ab Mitte 1880er Jahre)
*[[Jacob Clement]], [[Johannes Reiß]], [[Johannes Tödter]] (ab [[1873]])
 
==Literatur==
 
*[[Kurt Hamer|Hamer, Kurt]]/[[Kalle Schunck|Schunck, Karl-Werner]]/[[Rolf Schwarz|Schwarz, Rolf]]: ''Vergessen + Verdrängt - Eine andere Heimatgeschichte, Arbeiterbewegung und Nationalsozialismus in den Kreisen Rendsburg und Eckernförde'' (Druckhaus Schwensen, Eckernförde 1984)
*Dürkop, Rainer (Hrsg.): Sozialdemokratie in Eckernförde. Texte, Bilder und Dokumente aus 100 Jahren. (Druckhaus Schwensen, Eckernförde 1991(
 
==Links==
*Homepage: [http://www.spd-eckernfoerde.de/ spd-eckernfoerde.de]
*[https://www.spd-eckernfoerde.de/startseite/geschichte-des-ortsvereins/ Die Geschichte der Sozialdemokratie und des Ortsvereins Eckernförde] (Auf dieser Seite beruht im Wesentlichen der vorliegende Eintrag.)


== Quellen ==
==Einzelnachweise==
<references />
<references />


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Aktuelle Version vom 29. Oktober 2024, 12:07 Uhr

Der Ortsverein Eckernförde ist eine Gliederung im Kreisverband Rendsburg-Eckernförde. Er wurde vermutlich 1873 gegründet.

Geschichte

Die Anfänge

1868 gab es in Eckernförde zwei Abonnenten der Zeitung Der Sozialdemokrat. Von einer Versammlung des ADAV in Eckernförde wird zuerst im Februar 1873 berichtet; bis 1878 fanden ca. 50 Versammlungen statt. Angemeldet und geleitet wurden diese Versammlungen von den Maurergesellen Johannes Tödter, Jacob Clement und Johannes Reiß, die den Vorstand bildeten. Ab Mitte der 80er Jahre gehörte auch Daniel Jebe dazu.

Bereits 1869 erließ die preußische Bezirksregierung in Schleswig eine erste Verfügung zur Unterbindung "sozialistischer Umtriebe". 1878 folgte das lange geplante "Sozialistengesetz". Seine Auslegung führte zur Auflösung der Parteiorganisationen und der Parteipresse, auch der Gewerkschaften. Die einzig legale Betätigung der Sozialdemokratie blieb die Beteiligung an den Reichstags- und einzelnen Landtagswahlen. Der Staat wurde als Unterdrückungsinstrument der herrschenden Klasse angesehen, die verstärkte Hinwendung zu den Lehren von Marx und Engels folgte.

Die staatlichen Repressionen richteten sich in dieser Zeit vor allem gegen die Vorstandsmitglieder, da ihre Namen bekannt waren. "Von Zeit zu Zeit" wurden "Hausdurchsuchungen ... bei den verdächtigen Persönlichkeiten" vorgenommen und Bücher und Protokolle beschlagnahmt.[1]

Heinrich Oldenburg und Stephan Heinzel waren 1874 bzw. 1877/78 Reichstagskandidaten des Wahlkreises 3 (Eckernförde/Schleswig). Stephan Heinzel hatte den größten Einfluß auf den Eckernförder Verein. Er konnte durch seine große Erfahrung und seine politischen Beziehungen den Eckernförder Genossen gerade in der Zeit des Sozialistengesetzes wertvolle taktische Ratschläge geben.

Neben Organisatoren und Agitatoren waren auch die der Arbeiterbewegung offenstehenden Versammlungslokale ausschlaggebend. Die Wirte standen deshalb im Visier der Polizei. Druck auf die Wirte war eine Möglichkeit der Obrigkeit, gegen die Sozialdemokratie vorzugehen. Die Eckernförder Arbeiter versammelten sich in wechselnden Gaststätten, bevor ab 1912 das "Etablissement Germania" im Vogelsang Vereinslokal und später auch Gewerkschaftshaus wurde.

Gründung des Ortsvereins Eckernförde

Erst nach der Aufhebung des Sozialistengesetzes konnte mit einem wirklichen Aufbau des Ortsvereins in Eckernförde begonnen werden. Nach dem Bericht von Stephan Heinzel über den Hallenser Parteitag 1890 gab es bereits vor dem 14. Dezember 1890 einen sozialdemokratischen Wahlverein. Mit Sicherheit wurde am 11. Oktober 1891 ein Wahlverein gegründet, der am 25. Oktober einen Vorstand wählte und Statuten verabschiedete. Die sozialdemokratischen Versammlungen wurden von Mitgliedern, die zugleich aktive Mitglieder der Maurergewerkschaft waren, angemeldet. Redner waren sozialdemokratische Agitatoren aus den großen Städten der Provinz.

Während die SPD bei den Reichstagswahlen vom 20. Februar 1890 insgesamt 19.7 % der Stimmen erhielt und damit stärkste Fraktion im Reichstag wurde, ging der Stimmenanteil im ländlichen Wahlkreis 3 von 9,2 % auf 7,6 % zurück. 1901 gab es in Schleswig-Holstein und der Stadt Lübeck 45 Ortsvereine mit zusammen 12.000 Mitgliedern. 1912 wurde die SPD mit 110 Abgeordneten stärkste Fraktion im Reichstag, 1913 waren fast eine Million Menschen Mitglied in der SPD.

In Eckernförde brachte der Wegfall des Sozialistengesetzes noch nicht den Erfolg. Auch jetzt war es nicht viel einfacher, sich als Sozialdemokrat zu bekennen. Wie vorher bestimmte die Repressionspolitik der Herrschenden die Organisation der Partei. Überörtliche Zusammenschlüsse blieben noch bis 1899 verboten. Verbindungen zwischen Organisationen vor Ort und Leitung wurden von einem Vertrauensleutesystem aufrecht erhalten. Die örtliche Vertrauensperson ernannten die Parteimitglieder unabhängig vom Ortsverein.

Die Frauen, denen politische Betätigung offiziell noch bis 1908 verboten war, hatten ab 1905 eine eigene Vertrauensperson. Seit eine Rednerin aus Hamburg am 1. Mai 1892 in einer "Öffentlichen Frauen- und Männerversammlung" über die Bedeutung des 1. Mai referiert hatte, traten häufiger auch Frauen als Rednerinnen in öffentlichen Versammlungen auf. Die Generalversammlung 1912 räumte den Frauen ein gesondertes Vorschlags- und Wahlrecht für Vorstandskandidatinnen ein.

Nach der Aufhebung des Koalitionsverbotes 1899 löste sich 1905 der Arbeiterbildungsverein Eckernförde, Borby und Umgegend auf; der Ortsverein des Sozialdemokratischen Zentralvereins für den 3. Schleswig-Holsteinischen Wahlkreis konstituierte sich. Erster Vorsitzender wurde Peter Christensen. Der spätere Abgeordnete und Fraktionsgeschäftsführer im preußischen Landtag Jürgen Jürgensen führte ab 1909 zusammen mit Peter Petersen, ab 1914 zusammen mit Richard Vosgerau den Ortsverein[2].

1. Weltkrieg

Der 1. Weltkrieg brachte Konflikte innerhalb der SPD an die Oberfläche, die 1917 schließlich zur Abspaltung der USPD führten. Die Eckernförder SPD folgte zunächst der allgemeinen Stimmung der Partei. Anfang 1915 machte der Vorsitzende den Vorschlag, "unsere Stellungnahme bis nach dem Krieg zu verschieben, da bei uns noch keine Zwistigkeiten in der Partei entstanden sind. Die Versammlung ist damit einverstanden."[3] Ende des Jahres kritisierte der Vorsitzende Jürgen Jürgensen "unsere Volksvertretung im Reichstag". Er "gibt seiner Meinung dahin Ausdruck, daß die sogenannte Mehrheit sich voll und ganz den Anfragen Liebknechts [der 1916 aus der Partei ausgeschlossen wurde] hätte anschließen sollen. In der Diskussion wird ihm zugestimmt."[4]

Anfang 1917 wurde eine Resolution verabschiedet, in der es hieß: "... erhebt mit größter Entschiedenheit Protest gegen das parteischädigende Vorgehen des Parteivorstandes ..." Die Versammelten stünden nach wie vor zum Parteiprogramm und erklärten, "die Politik der Arbeitsgemeinschaft nach Kräften fördern zu wollen".[5] Versuche der in die Minderheit geratenen Eckernförder SPD, diesen Schritt in Richtung USPD abzuwenden, blieben erfolglos. In Eckernförde war ab Sommer 1917 die neu gegründete USPD die dominierende Kraft; ca. 80% der Mitglieder wechselten zu ihr[6].

Die Novemberrevolution 1918 schlug sich im Protokollbuch des geschrumpften Ortsvereins kaum nieder. Immerhin gehörte Jürgen Jürgensen dem ersten Eckernförder Arbeiter-und Soldatenrat als stellvertretender Vorsitzender an und war bis 1921 Beigeordneter beim Landrat des Kreises.[6]

Im Januar 1919 gedachte die Mitgliederversammlung der Ermordung Rosa Luxemburgs und Karl Liebknechts; im September 1919 forderte sie den Genossen Scharfenberg auf, das für die USPD erlangte Reichstagsmandat zurückzugeben, da er jetzt Kommunist sei.[7]

1919 bis 1933

Am 19. Januar 1919 wurde die verfassunggebende deutsche Nationalversammlung gewählt. Zum ersten Mal durften auch die Frauen in Deutschland an die Wahlurne. Friedrich Ebert wurde das erste demokratisch gewählte deutsche Staatsoberhaupt.

Während des Kapp-Putsches im März 1920 versuchten auch in Eckernförde Marinetruppen und Großgrundbesitzer das Rad der Geschichte zurückzudrehen. Auf Arbeiterführer wie Richard Vosgerau und Jürgen Jürgensen wurde Jagd gemacht; Letzterer vorübergehend festgenommen. Die Arbeiter Max Allewelt und Franz Langel starben bei den Auseinandersetzungen. Die Arbeiterbewegung organisierte den Widerstand und setzte sich letztlich auch durch.

Im selben Jahr wurde in Eckernförde heftig um das parlamentarisch-demokratische Selbstverständnis der USPD gestritten, da sie plante, der von Moskau gesteuerten III. Internationale beizutreten. Man wollte sich nicht dem kommunistischen Führungsanspruch unterwerfen, verurteilte aber auch die Zusammenarbeit der MSPD mit weiter rechts stehenden Bündnissen. Im Juli 1922 meinte Richard Vosgerau, dass durch die Koalitionspolitik die bürgerlichen Parteien in der Lage seien, die meisten Lasten auf die Arbeiter abzuwälzen. "Wenn wir nun dieselbe Politik mitmachen wollen, so hätten wir als Partei die Existenzberechtigung verloren, und es bliebe uns nichts anderes übrig, als entweder zur Mehrheit oder zur Kommunistischen Partei überzutreten."[8] Der Eckernförder Ortsverein mit Richard Vosgerau zog die Konsequenz, mit der großen Mehrheit der USPD in die SPD zurückzukehren.

Bei den Kommunalwahlen 1929 erhielt die SPD vier der neun Sitze in der Gemeindevertretung. Richard Vosgerau wurde zum Bürgermeister gewählt. Nach dem Wahlerfolg der Radikalen beider Seiten im September 1930 sah sich die SPD in doppelter Frontstellung gegen die Diktatur von rechts (NSDAP) und links (KPD).

Am 10. Juli 1932 feierten die Nazis ihren "Deutschen Tag" in Eckernförde. Aus der ganzen Umgebung waren hunderte Nazis gekommen.[9] Im Anschluss stürmten hunderte SA- und SS-Männer das Gewerkschaftshaus, in dem gerade Landarbeiter tagten. Sie zerstörten die Einrichtung, die Fahnen der Arbeiterbewegung, schlugen die Scheiben ein und erstachen den 19-jährigen Landarbeiter und Reichsbanner-Mann Hinrich Junge; ein zweiter junger Mann wurde mit Lungenstichen ins Krankenhaus gebracht. Der 40-jährige Landarbeiter und Reichsbanner-Mann Johann Buhs wurde so schwer mit einem Messer verletzt und geschlagen, dass er kurz darauf starb. Vor Ort waren nur zwei überforderte Beamte der Ortspolizei.[10][11][12][13]

Später geriet der Kommunist Karl Kock in eine Gruppe abmarschierender Nazis an der Holzbrücke. Sie fielen sofort über ihn her. Er konnte sich nur mit einem Sprung in den Hafen retten, während die Menge brüllte "Schlagt ihn tot!"[14]

Die beiden Opfer des Nazi-Überfalls wurden am 14. Juli in Karby beigesetzt. Aus ganz Schleswig-Holstein und Hamburg kamen über 7000 Menschen und nahmen am Trauerzug vom Gewerkschaftshaus zum Friedhof im rund 20 km entfernten Karby teil. Auf dem vollkommen überfüllten Friedhof sprach unter anderem der Vorsitzende des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold für Schleswig-Holstein, Richard Hansen.[9]

Die beiden Gräber wurden 30 Jahre lang von den Familien gepflegt, dann weitere 30 Jahre wohl zunächst vom SPD-Ortsverein, später vom SPD-Kreisverband betreut. Schließlich waren die Gräber in Vergessenheit geraten, ihre Steine wurden entfernt. Seit 2010 erinnert wieder ein Gedenkstein auf dem Karbyer Friedhof an die beiden Opfer der Nazis.[15]

Im Prozess vor einem der ersten Sondergerichte wurden 1932 29 Nazis angeklagt; keiner wegen Mordes. Sechs von ihnen wurden freigesprochen, drei zu zwölf bzw. fünfzehn Monaten und zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt. Die anderen bekamen zwischen drei und neun Monaten. Das Gericht blieb damit sogar noch unter den Forderungen der Staatsanwaltschaft. Vier Reichsbanner-Leute, die das Gewerkschaftshaus verteidigt hatten, wurden wegen Körperverletzung zu drei bis fünf Monaten Gefängnis verurteilt.[14] Durch die Amnestie im Dezember 1932 dürfte keiner die volle Strafe abgesessen haben.[9]

Jonny Rohwer aus Innien schrieb später heimlich seine Erinnerungen an die Ereignisse auf:

"Immer, wenn die Nazi in einer Stadt einen Aufmarsch hatten, gab es auf unserer Seite Tote, denn sie waren ja in der Übermacht. So möchte ich hier nur einen Fall anführen, der mir unvergeßlich bleibt.

In Eckernförde hatten die Nazi eine Kundgebung. Von unserer Seite wurde die Polizei gebeten, genügend polizeilichen Schutz anzufordern, was aber kein Gehör fand. Nun hatten am selben Sonntag, es war im Juli oder August 1932, im Gewerkschaftshaus zu Eckernförde die Funktionäre vom Landarbeiterverband eine Sitzung. Ohne jeden Anlaß stürmten die Nazi von hinten und vorne auf das Haus ein, das ganze Haus glich einem Trümmerhaufen. Der Erfolg war: Viele Schwerverwundete und zwei von unseren Kameraden wurden viehisch abgeschlachtet. Die Namen sind mir entfallen. Sie waren beide aus Angeln. Ein alter Genosse und ich sind beide mit dem Fahrrad von Innien nach Eckernförde und später nach Karby zur Beerdigung gefahren, wo 3000 Mann teilnahmen. Die Beerdigung wurde zur schönsten Kundgebung, die ich je erlebt habe. Es waren Arbeiter aus Hamburg-Barmbek, aus allen Orten und Städten Schleswig-Holsteins gekommen, ob Kommunisten oder Kameraden von der Eisernen Front, alles durcheinander, alle brüderlich vereint. Ich habe geglaubt, jetzt wäre der Tag gekommen, wo das geeinte Proletariat unzertrennlich beieinanderbleiben wollte, aber es war leider nicht der Fall.

Die Särge der toten Kameraden standen zwischen den Trümmern des Gewerkschaftshauses. Kameraden von der Sportriege gaben den Toten mit erhobenen Fäusten das Geleit zu den Autos, die unsere Toten in die Heimat nach Karby brachten. Unzählige Lastautos und Motorräder gaben das Geleit, Tausende umflorte Fahnen und Kränze wurden mitgeführt. Kommunisten in russischen Nationaltrachten trugen einen großen Kranz mit einer roten Schleife mit der Aufschrift: Unseren toten Reichsbannerkameraden ein letztes Rot-Front!"[16]

NS-Herrschaft

Mit der Machtübergabe an die Nazis am 30. Januar 1933 begann die Zerschlagung der Organisationen der Arbeiterbewegung. Die Zerstörung des Gewerkschaftshauses durch SS und SA im Juli 1932 setzte in Eckernförde erste Zeichen. Als Bürgermeister Richard Vosgerau sich im April 1933 weigerte, die Hakenkreuzfahne auf das Amtsgebäude zu setzen, wurde er in "Schutzhaft" genommen. Verleumdungen waren an der Tagesordnung, die politischen Gegner wurden eingesperrt, misshandelt und ermordet.

Auf Betreiben des Nazi-Bürgermeisters und späteren Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein Helmut Lemke, wurde Borby am 1. April 1934 eingemeindet.

Entwicklung seit 1945

Parteibucheinlage, 1946

Dann waren NS-Herrschaft und Krieg beendet. Eine erste Zusammenkunft der alten Genossen im Eckernförder Gewerkschaftshaus löste die britische Militärpolizei unter Berufung auf das Verbot zur Bildung von Parteien auf. Nach der Lockerung dieser Beschränkungen für Gewerkschaften und Parteien kam die Neugründung voran. Im August 1945 wurde eine Frauengruppe der SPD gegründet; die britische Militärverwaltung setzte in Stadt und Kreis die ersten kommunalen Vertretungen ein.

Der "Vorläufige Ratsausschuß" als beratende Körperschaft konstituierte sich am 29. November 1945, Peter Matthiesen sen. wurde zum Stadtrat gewählt. Am 8. März 1946 wurde der Kommunist und Eckernförder DGB-Vorsitzende Schumacher zum Bürgermeister gewählt, der Sozialdemokrat Karl Potent zu seinem Stellvertreter. Wilhelm Stöcken wurde als Landrat eingesetzt, die Leitung der Verwaltung übernahm Kreisdirektor Scheel (SPD). In den Kreistag wurden für die SPD Eugen Lechner und Wilhelm Conradsen berufen.

Am 15. September 1946 fanden die ersten Gemeindewahlen statt, die ersten Kreistagswahlen am 14. Oktober 1946. In Eckernförde bestimmten konservative Politiker die Geschicke der Stadt, einige von ihnen mit erheblichen Vorbelastungen aus der NS-Diktatur.

Andreas Gayk, Kurt Schulz, Franz Osterroth, Richard Hansen und Kurt Pohle, um nur einige zu nennen, versuchten in hunderten von Versammlungen die Bevölkerung aufzurütteln, Mut zuzusprechen, Hoffnung zu verbreiten und die Basis der Partei zu stärken. Hunderte brauchten Wohnungen, Arbeit, Verpflegung und Kleidung. Sozialdemokraten gründeten den Verein Schleswig-Holstein-Hilfe für Kriegsopfer. Über ihn organisierten Eckernförder SPD-Mitglieder Wohltätigkeitsveranstaltungen; Wehrmachtsgut wurde requiriert und Mittel vom Kreis eingefordert. Kurt Schulz war bis zu seiner Pensionierung Geschäftsführer des Vereins.

Hermann Dombrowski war es zu verdanken, dass das erste Haus der Jugend im Sandkrug eingerichtet und der Bau einer Jugendherberge angeregt wurde. Lina Schaertl, die sich besonders um die Belange der weiblichen Flüchtlingsjugend kümmerte, brachte die Gründung eines Jugendaufbauwerkes und die soziale Arbeit der Arbeiterwohlfahrt voran. Kurt Pohle setzte sich für diejenigen ein, die durch den Krieg persönliche Schäden erlitten hatten, und wurde dafür als der "Sanitäter auf dem Schlachtfeld der Kriegsopfer" bezeichnet.[17] Eugen Lechner kümmerte sich besonders um den Erhalt bestehender und die Ansiedlung neuer Arbeitsplätze. Unter anderem wird ihm die Abwendung der drohenden Demontage der Truppenversuchsanstalt (TVA) und der Einsatz der Anlage für die notwendige Friedensproduktion zugeschrieben. Der Straßenbau, die Schaffung von Wohnungen und der Bau von Schulen machten Fortschritte. Jede Maßnahme bedeutete Arbeit, jeder Arbeitsplatz verbesserte die Situation der Menschen.

Ganz allmählich begann sich die politische Lage zu ändern. Auf der Jahreshauptversammlung im Januar 1963 erstattete der Vorsitzende Kurt Schulz Bericht über erfolgreiche Vorstandsarbeit. Der Ortsverein hatte über 600 Mitglieder. Mitte des Jahres begannen Jürgen 'Jonny' Anbuhl und Peter 'Hoppe' Schröder die Jusos in Eckernförde aufzubauen. Beide waren zeitweise Kreisvorsitzende der Jusos, Jonny Anbuhl später auch stellvertretender Landesvorsitzender. Als Peter Schröder ein Stipendium in England bekam, setzte u.a. Klaus Buß seine Arbeit fort.

1966 stellte die SPD die stärkste Fraktion in der Ratsversammlung, 1968 erreichte sie durch den Übertritt von zwei FDP-Ratsherren, die mit dem Kurs ihrer Landespartei unzufrieden waren, die absolute Mehrheit. 1970 reichte es aus eigener Kraft zur absoluten Mehrheit, die auch in den folgenden Jahrzehnten mehrfach wieder gewonnen werden konnte. In diesen Jahrzehnten war die SPD stärkste politische Kraft in Eckernförde. Die Zusammenarbeit in der Ratsversammlung war - mit wenigen Ausnahmen - in all den Jahren gut. Die wichtigsten Entscheidungen wurden meist nicht durch Kampfabstimmung, sondern mit einer breiten Mehrheit gefällt. Die Fraktionen redeten miteinander. Aus politischen Gegnern wurden keine Feinde, Freundschaften wurden über Parteigrenzen hinweg gepflegt.

21. Jahrhundert

Bis Oktober 2020 wurde der Ortsverein geleitet von Petra Neumann. Sie und ihr Stellvertreter traten im Oktober 2020 aus beruflichen Gründen von ihren Parteiämtern und Ratsmandaten zurück.

"Neumann besaß Gewicht in der SPD. Sie führte seit knapp vier Jahren den Ortsverein und leitete den Umweltausschuss. [Sie] hatte schon im vergangenen Jahr bekanntgegeben, dass sie nicht erneut für den SPD-Vorsitz kandidieren wolle. Vorsitzender soll jetzt Schriftführer Peter Skowron werden."[18]

Der Schriftführer übernahm den Vorsitz jedoch nur kommissarisch; am 16. Juli 2021 wurde Sönke Rix zum Vorsitzenden gewählt.[19].

Bei der Kommunalwahl 2023 wurde die SPD nach 20 Jahren entgegnen dem Landestrend wieder stärkste Kraft in Eckernförde. [1]

Stadtregierungen

Iris Ploog im Juni 2023

Von 1969 bis zum 30. Oktober 1987 stand Kurt Schulz als erster sozialdemokratischer Bürgermeister an der Spitze der Eckernförder Verwaltung. Zu seinem Nachfolger wurde Klaus Buß gewählt, der das Amt bis 1998 ausfüllte. Ihm folgte für einige Monate die Erste Stadträtin Ingrid Ehlers als kommissarische Bürgermeisterin, im Anschluss wurde 1999 Susanne Jeske-Paasch in das Amt gewählt.

Die Serie der SPD-Bürgermeister*innen brach ab, als sich die Eckernförder 2006 für einen parteilosen Bürgermeister entschieden. In der Wahl vom 8. Mai 2022 schaffte es dann Iris Ploog in die Stichwahl. Mit 31,8 % der Stimmen lag sie knapp vor der von CDU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP unterstützten Kandidatin mit 30,1 % und weit vor zwei Einzelbewerbern mit 20,7 % und 17,4 %.[20] Am 29. Mai konnte sie sich mit 58,6 % gegen ihre Mitbewerberin durchsetzen. Sie trat ihr Amt am 1. Januar 2023 an.

eckernförder kurier (Ortsvereinszeitung)

1. Ausgabe 1976

1976 gab der Ortsverein zum ersten Mal den eckernförder kurier heraus. Er startete mit einer Auflage von 11.000 Exemplaren unter der Redaktionsleitung von Joachim Kandzora.

Aktuell ist seit 2008 Jonas Kramer Redakteur und Layouter des Eckernförder SPD-Blattes, dessen aktueller Titel lautet eckernförder kurier - Sozialdemokratische Bürgerinnen- und Bürgerzeitung.

Vorsitzende

Kurt Schulz, Jonny Anbuhl und Jochen Kandzora, 2012

Weitere Vorstände: Ortsverein Eckernförde - Vorstände

Vor 1933

Literatur

  • Hamer, Kurt/Schunck, Karl-Werner/Schwarz, Rolf: Vergessen + Verdrängt - Eine andere Heimatgeschichte, Arbeiterbewegung und Nationalsozialismus in den Kreisen Rendsburg und Eckernförde (Druckhaus Schwensen, Eckernförde 1984)
  • Dürkop, Rainer (Hrsg.): Sozialdemokratie in Eckernförde. Texte, Bilder und Dokumente aus 100 Jahren. (Druckhaus Schwensen, Eckernförde 1991(

Links

Einzelnachweise

  1. Protokoll der Mitgliederversammlung vom ?
  2. Der Name soll zu dieser Zeit "Ortsverein Eckernförde, Borby und Windeby" gelautet haben. Vgl. Wikipedia: Jürgen Jürgensen, abgerufen 16.8.2020
  3. Protokoll der Mitgliederversammlung am 27.7.1915
  4. Protokoll der Mitgliederversammlung vom Dezember 1915
  5. Protokoll der Mitgliederversammlung am 17.2.1915
  6. 6,0 6,1 Vgl. Wikipedia: Jürgen Jürgensen, abgerufen 16.8.2020
  7. Ein Abgeordneter dieses Namens konnte bisher weder für die Weimarer Nationalversammlung noch für die Verfassunggebende Preußische Landesversammlung ermittelt werden.
  8. Protokoll der Mitgliederversammlung vom ?
  9. 9,0 9,1 9,2 Schunck, Karl-Werner: Der Sturm auf das Gewerkschaftshaus in Eckernförde - Wie die Nazis die Landarbeiter Buhs und Junge ermordeten. In: Hamer, Kurt/Schunck, Karl-Werner/Schwarz, Rolf: Vergessen + Verdrängt - Eine andere Heimatgeschichte, Arbeiterbewegung und Nationalsozialismus in den Kreisen Rendsburg und Eckernförde (Druckhaus Schwensen, Eckernförde 1984), S. ?
  10. Osterroth, Franz: 100 Jahre Sozialdemokratie in Schleswig-Holstein. Ein geschichtlicher Überblick (Kiel o. J. [1963]), Seite 104
  11. Vorwärts vom 11.07.1932, Nummer: 322, Jahrgang: 49
  12. Vorwärts vom 15.09.1932, Nummer: 436, Jahrgang: 49
  13. Vorwärts vom 16.09.1932, Nummer: 438, Jahrgang: 49
  14. 14,0 14,1 Vorwärts vom 20.09.1932, Nummer: 443, Jahrgang: 49
  15. Erinnerung in Stein gemeißelt, Eckernförder Zeitung, 17.07.2010, abgerufen 4.12.2022
  16. Rohwer, Jonny: Der Untergang des deutschen Proletariats, ohne Datierung
  17. Eckernförder Zeitung, ??.??.????
  18. Umbruch in der SPD-Fraktion Eckernförde, Kieler Nachrichten, 16.10.2020
  19. OV Eckernförde: Der neue Ortsvorstand, 23.7.2021, abgerufen 5.6.2022 (nicht mehr abrufbar)
  20. eckernfoerde.de: Ergebnis 1. Wahlgang - Wahl der Bürgermeisterin/des Bürgermeisters - Stichwahl am 29. Mai 2022, 8.5.2022