Landesverband

Aus SPD Geschichtswerkstatt
Landesverband
Landesverband
Landesverband Schleswig-Holstein
Gegründet: 1891 als Bezirksverband Schleswig-Holstein
Wiedergegründet: 1946
Vorsitzende/r: Serpil Midyatli
Homepage: https://www.spd-schleswig-holstein.de/
Beschlussdatenbank: https://beschluesse.spd-schleswig-holstein.de/

Der Landesverband Schleswig-Holstein ist eine Gliederung der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD). Er besteht aus 15 Kreisverbänden und knapp 450 Ortsvereinen.

"Schleswig-Holstein ist der Stolz der Gesamtpartei." - Hans Vogel[1]

Vorgeschichte

Die Geschichte der Arbeiterbewegung in Schleswig-Holstein begann langsam nach der gescheiterten Märzrevolution 1848/1849. Langsam nahm die Industrialisierung Fahrt auf und eine Arbeiterschaft entstand. 1863 wurde mit dem Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein die Sozialdemokratie als Partei gegründet - dem Ursprung der SPD.

Hauptartikel: Vorgeschichte der Arbeiterbewegung

In der Anfangszeit gab es unter anderem aus rechtlichen Gründen zunächst keine formale Landesorganisation in Schleswig-Holstein, sondern nur lokale Zusammenschlüsse von Sozialdemokraten. Von 1878 bis 1890 hatte das Kaiserreich die Organisation per Sozialistengesetz sogar verboten.

Von 1891 bis 1905 hatten Hamburg und Schleswig-Holstein eine gemeinsame Agitationskommission. 1905 beschließt Hamburg, aus der gemeinsamen Organisation auszuscheiden.[2]

Seit 1906 gab es den Bezirksverband Schleswig-Holstein.

Hauptartikel: Bezirksverband Schleswig-Holstein

1933 verboten die Nazis die SPD. Zahlreiche Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten begaben sich in den Widerstand oder flohen ins Exil.

1946 wurde der Bezirksverband wiedergegründet. Als "Landesverband" wird er erst seit 1959 bezeichnet. Damit wurde der Tatsache Rechnung getragen, dass seit der Wiedergründung die Grenzen des SPD-Bezirks und des Bundeslandes identisch sind. Vor 1933 war dies nicht der Fall. Schleswig-Holstein war damals eine Provinz des Landes Preußen und Lübeck gehörte nicht zum Bezirk Schleswig-Holstein, sondern zum Bezirk Mecklenburg. Das Fürstentum Lübeck gehörte zum Großherzogtum Oldenburg. Erst nach dem zweiten Weltkrieg wurden Stadt und Fürstentum Lübeck Teil des Bezirks Schleswig-Holstein.

Siehe auch: Organisationsaufbau der SPD

Wiederaufbau + Regierungszeit

Hauptartikel: Wiedergründung der SPD Schleswig-Holstein

Hermann Lüdemann

In den letzte Wochen des Kriegs begannen frühere SPD-Mitglieder vorsichtig wieder mit dem Aufbau der SPD. Gemeinsam mit Kommunisten und Gewerkschaftern bildeten sie vielerorts Antifaschistische Ausschüsse. In Kiel und Lübeck trafen sich die alten Genossinnen und Genossen in Stubenzirkeln. In den Diskussionen dort ging es um den Wiederaufbau der Organisation, aber auch um die Grundsatzfrage, ob es möglich sei, die Spaltung der Arbeiterbewegung zu überwinden, indem man gemeinsam mit den Kommunisten eine sozialistische Einheitspartei gründete, oder ob man weiterhin getrennte Wege gehen solle.

Nach Ende der NS-Diktatur und des Krieges 1945 wurden nach und nach wieder Ortsvereine und Kreisverbände gegründet. Auf Initiative von Kieler Sozialdemokraten bildete sich ab August 1945 ein vorläufiger Bezirksvorstand, der den Wiederaufbau der Parteiorganisation koordinieren sollte. Zum Vorsitzenden wurde Theodor Werner gewählt, Wilhelm Kuklinski und Karl Ratz zu seinen Stellvertretern.[3] Auf dem Bezirksparteitag am 10. März 1946 in Neumünster wurde der Bezirksverband Schleswig-Holstein offiziell neu gegründet.[4] Am 1. Mai 1946 genehmigte die britische Militärregierung die Gründung.[5]

"An Besonderheiten, die sich auf die Partei auswirkten […], war Schleswig-Holstein nicht arm. Das in der britischen Besatzungszone gelegene Land war im westdeutschen Vergleich am stärksten vom Strom der Flüchtlinge und Vertriebenen betroffen. In Südschleswig kam es zu Ablösungsbestrebungen, über deren Beurteilung sich die Sozialdemokratie in der Grenzregion spaltete. In Schleswig-Holstein gab es die erste sozialdemokratische Alleinregierung auf Landesebene nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Ministerpräsidenten waren Hermann Lüdemann und Bruno Diekmann. Die schleswig-holsteinische SPD-Bezirksorganisation lag beim Vergleich der westdeutschen SPD-Bezirke nach Mitgliedern zeitweilig an zweiter Stelle. Abgesehen von Berlin war Schleswig-Holstein das einzige Land, dessen territoriale Ausdehnung identisch war mit den Grenzen des gleichnamigen SPD-Bezirks."[6]

Die Grenzfrage - die Auseinandersetzung darüber, welche Landesteile zu Dänemark und welche zu Deutschland gehören sollten - wirkte sich also auch auf die SPD auf. Die Flensburger SPD wurde sogar für einige Jahre aus dem Landesverband ausgeschlossen, weil sie sich für den Anschluss an Dänemark stark machte. Dagegen setzte sich die Regierung Lüdemann für einen starken Minderheitenschutz ein. In der Kieler Erklärung von 1949 machte sie deutlich, dass das Bekenntnis zur dänischen Gesinnung frei sei und weder angezweifelt noch überprüft werden dürfe. Sowohl Dänen als auch Friesen sollten alle Bürgerrechte haben. Dieser Standpunkt wurde 1955 in den Bonn-Kopenhagener Erklärungen aufgegriffen und bestätigt.

Die Hauptaufgabe der ersten Landesregierung war aber der Wiederaufbau des Landes: An erster Stelle stand dabei die Unterbringung der Menschen - Schleswig-Holstein war voller Flüchtlinge. Dazu kam, dass die Ernährung gesichert und ein demokratisches Staatswesen aufgebaut werden musste. Was die Regierungen von Hermann Lüdemann und Bruno Diekmann geleistet haben und was sie sich noch vorgenommen hatten, lässt sich im Schleswig-Holsteinischen Manifest nachlesen - dem Wahlprogramm für die Landtagswahl 1950.

Mit den vielen Flüchtlingen kamen auch viele Sozialdemokraten nach Schleswig-Holstein. Innerhalb weniger Monate nach dem Neubeginn wuchs die Mitgliederzahl auf über 90.000.[7]

Zum ersten Reichsparteitag der SPD nach dem Ende der NS-Diktatur, der vom 9.-11. Mai 1946 in Hannover stattfand und Kurt Schumacher zum Vorsitzenden wählte, entsandte der Landesverband 23 Delegierte, wobei ein Delegierter 2000 Mitglieder repräsentierte. (Möglicherweise konnten nicht alle Plätze besetzt werden.) Es nahmen teil Otto Auhagen (Henstedt); Karl Albrecht (Lübeck); Erich Arp (Elmshorn); Walter Damm (Elmshorn); Hans Ekstrand (Ahrensburg); Heinrich Fischer (Einfeld); Andreas Gayk (Kiel); Heinz Kock (Lübeck); Max Kukielczynski (Schönwalde); Wilhelm Kuklinski (Kronshagen); Peter Kuskopf (Heide); Friedrich Lachs (Timmendorfer Strand); Walter Lurgenstein (Husum); Hans Oldorf (Lübeck); Christian Petersen (Wentorf[8]); Karl Ratz (Kiel); Nicolaus Reiser (Flensburg); Hans Schröder (Kiel); Willi Steinhörster (Wilster); Wilhelm Stöcken (Eckernförde; Gertrud Völcker (Kiel); Heinrich Warstatis (Preetz); Berta Wirthel (Lübeck).[9]

Andreas Gayk wurde in den 25-köpfigen Parteivorstand gewählt.

Auch die schleswig-holsteinischen Delegierten verabschiedeten die "Kundgebung der SPD":

"Die SPD erhebt den Anspruch auf die Erhaltung Deutschlands als eines nationalen, staatlichen und wirtschaftlichen Ganzen. Sie erstrebt die Vereinigten Staaten von Europa, eine demokratische und sozialistische Föderation europäischer Staaten. Der Parteitag verurteilt die Vereinigung in der Ostzone als Auslieferung der SPD an die KPD. Er betrachtet die Mitgliedschaft in der SED als unvereinbar mit der in der SPD."[10]

38 Jahre Opposition

Walter-Damm-Haus, 1965

In der Landtagswahl 1950 verlor die SPD ihre Mehrheit. Für die nächsten 38 Jahre regierten CDU-geführte Regierungen in Schleswig-Holstein. Die SPD musste sich auf die Arbeit als Opposition einstellen.

Erfolglos stemmte sie sich gegen die Beendigung der Entnazifizierung in Schleswig-Holstein. Im März 1951 verabschiedete die Koalition aus CDU, FDP, Deutscher Partei (DP) und dem Bund der Heimatvertriebenen und Entrechteten (BHE) das "Gesetz zur Beendigung der Entnazifizierung". In der konfliktreichen Debatte schlug Oppositionsführer Wilhelm Käber (SPD) sarkastisch einen weiteren Paragraphen vor, der vielleicht beginnen könne:

"Schleswig-Holstein stellt fest, dass es in Deutschland nie einen Nationalsozialismus gegeben hat [...] Die von 1933 bis 1945 begangenen Untaten gegen Leben und Freiheit von Millionen von Menschen sind eine böswillige Erfindung."[11]

Bis zu seinem Tod 1954 wurde die SPD in Schleswig-Holstein stark von Andreas Gayk geprägt. In Personalunion war er Landes- und Fraktionsvorsitzender, Kieler Ratsherr, dann Bürgermeister und Oberbürgermeister von Kiel und Mitglied im Parteivorstand der SPD. Manchen galt er als natürlicher Nachfolger von Kurt Schumacher, mit dem er sich gut verstand.

In den 1950er Jahren wurden die Kriegs-Flüchtlinge nach und nach über die anderen Bundesländer verteilt. Dadurch halbierte sich auch die Zahl der SPD-Mitglieder binnen weniger Jahre.

Dreimal trat die SPD Schleswig-Holstein in den 1950er und frühen 1960er Jahren mit dem Spitzenkandidaten Wilhelm Käber an. In dieser Zeit war Walter Damm Landesvorsitzender. In seiner Zeit bekam der Landesverband eine eigene Zentrale: Das heutige Walter-Damm-Haus in Kiel.

"Links, dickschädelig und frei"

Bundesparteitag der SPD in Hannover, 1973

Mitte der 1960er Jahre fand in der SPD Schleswig-Holstein ein Generationenwechsel statt: Auf den Landesvorsitzenden Walter Damm und den Fraktionsvorsitzenden Wilhelm Käber folgte Jochen Steffen. Der war damals erst Anfang 40 und ist heute eine kleine Legende der Landespartei. Zu seinem Mythos hat wohl beigetragen, dass er dem Landesverband zu seinem noch heute gültigen Profil verhalf: "Links, dickschädelig und frei".

Unter Jochen Steffen schob die Landespartei zum Beispiel 1966 mit der Eutiner Entschließung die Diskussionen um die Deutschlandpolitik und die Friedenspolitik in der SPD an. 1968 ging die SPD-eigene Schleswig-Holsteinischen Volkszeitung in Konkurs - die SPD verlor ihre publizistische Stimme.

Die Zeit war geprägt von harten Auseinandersetzungen mit der CDU und den konservativen Medien. Im Wahlkampf 1971 stand Jochen Steffen unter medialem Dauerbeschuss - eine Belastung, von der er sich nie wieder richtig erholte.

Gleichzeitig gab es auch innerhalb der SPD Streit. Die Jusos drängten auf ihrem "Marsch durch die Institutionen" altgediente Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten an die Seite. Einige von denen traten öffentlichkeitswirksam aus. Der Landesvorstand fuhr einen harten Kurs gegen Abweichler:

"Wer gegen die SPD Stimmung gemacht und daraus noch nicht die Konsequenzen gezogen hat, muß mit einem Ausschlußverfahren rechnen. Das gilt für die Lübecker Altsozialisten, die die sozialdemokratische Welt nicht mehr verstehen, wie für Linksabweichler."[12]

Im Kreisverband Pinneberg traten 120 Mitglieder aus. "[…] gegen 14 Sozialdemokraten ein Verfahren eingeleitet. Diesen SPD-Mitgliedern wird vorgeworfen, eine Liste der DKP zur Kommunalwahl mit unterschrieben zu haben. Zu den Unterzeichnern gehört auch der ehemalige Wedeler Ratsherr und Kriminalautor Hansjörg Martin."[12]

Anti-Atombewegung

Hauptartikel: Energiewende In dieser Zeit begann in der Partei auch die Diskussion über Alternativen zur Atomkraft. 1975 übernahm Günther Jansen den Landesvorsitz. Er war strikter Gegner der Atomkraft und setzte sich für diese Überzeugung auch persönlich auf den großen Demonstrationen in Brokdorf ein. Über 12 Jahre blieb er Landesvorsitzender.

Bei der Landtagswahl 1983 trat die SPD das erste Mal mit dem nur 43 Jahre alten Spitzenkandidaten Björn Engholm an. Der war bisher Bundestagsabgeordneter für Lübeck gewesen. Nach der verlorenen Wahl wechselte er als Oppositionsführer in den Kieler Landtag. Nach der Affäre um die Machenschaften des CDU-Ministerpräsidenten Barschel holte die SPD in der Landtagswahl 1988 die Mehrheit - Björn Engholm wurde Ministerpräsident. Nach 38 harten Jahren endete die Oppositionszeit.

1988 und Engholm

Björn Engholm 1989

Die SPD Schleswig-Holstein und ihr Ministerpräsident Björn Engholm waren euphorisch und voller Pläne - hatte die CDU doch vorher jahrzehntelang das Land wie ihr Eigentum behandelt und im Stillstand verharren lassen.

Demokratie

Um frischen Wind in den schleswig-holsteinischen Parlamentarismus zu bringen, setzte der Landtag eine Enquete-Kommission für die Verfassungs- und Parlamentsreform ein. Die Bannmeile um das Landeshaus wurde aufgehoben und der Landtag für die Bürgerinnen und Bürger geöffnet. Die Opposition bekam wesentlich mehr Rechte. Außerdem ersetzte die Regierung die Landessatzung aus den 1940er Jahren durch eine zeitgemäße Landesverfassung.

Gleichstellung

Eine Verantwortliche für Frauenpolitik hatte es unter der CDU-Regierung nicht gegeben. Die SPD Schleswig-Holstein hatte sich mit dem SPD-Frauenbüro Schleswig-Holstein beholfen. Vier Ministerien des Kabinetts wurden jetzt - bundesweit einmalig - von Frauen geführt: das Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Jugend und Kultur von Eva Rühmkorf, die gleichzeitig stellvertretende Ministerpräsidenin war, das Finanzministerium von Heide Simonis, das neue Frauenministerium von Gisela Böhrk und das Ministerium für Bundesangelegenheiten von Marianne Tidick.[13]

Umweltschutz und Energiewende

Neu und fortschrittlich war auch die Umwelt- und Energiepolitik der neuen Regierung. Das Umweltministerium besetzte Björn Engholm mit dem renommierten Biologieprofessor Berndt Heydemann. Er betrieb sein Ressort mit Leidenschaft und Fantasie unds setzte dauerhafte Maßstäbe. Derweil trieb der bekennende Atomkraft-Gegner Günther Jansen als Energieminister die Energiewende voran. Er formulierte 1992 das Ziel des Landes, bis zum Jahr 2010 20 Prozent des Eigenbedarfes aus dem Wind zu gewinnen, und erntete dafür Spott und ein müdes Lächeln der Energiekonzerne. Diese Quote wurde dann bereits im September 2001 erreicht.

Bildung

Das Bildungssystem in Schleswig-Holstein war im Prinzip seit Gründung des Landes unverändert. Die erste CDU-geführte Landesregierung hatte sogar die von der SPD eingeführte sechsjährige Grundschule wieder auf vier Jahre verkürzt. Nur gegen ein paar experimentelle Gesamtschulen in den 1970er Jahren hatte sie sich nicht wehren können. Für die SPD war seit jeher ein Schulsystem wichtig, das Chancen für alle bietet. Jetzt konnte auch in Schleswig-Holstein die Modernisierung des Schulsystems beginnen.

Finanzen

Bilanz der Regierung Albig, 2017

Vielen Plänen kam dann die Deutsche Einheit 1990 in die Quere, weil der Länderfinanzausgleich nun auf einmal wesentlich weniger Geld nach Schleswig-Holstein brachte. "Die Landesregierung ging 1992 allein für die ersten Jahre 1990 bis 1994 von drei Milliarden DM weniger aus und erklärte den notgedrungenen Verzicht auf eine ganze Reihe von Projekten."[14]

Knappe Kassen und Sparen bestimmen bis in die 2000er die Politik. Erst die Regierung von Torsten Albig kann 2017 vermelden: "Wir haben drei von fünf Haushaltsjahren mit einem Überschuss abgeschlossen, zuletzt 2016 mit mehr als einer halben Milliarde Euro. Der von uns verabschiedete Haushalt 2017 wird erstmals seit Jahrzehnten ohne neue Schulden auskommen."

Engholms Rücktritt

Im zweiten Untersuchungssausschuss zur Barschel-Affäre musste Ministerpräsident Björn Engholm einräumen, von der Bespitzelung durch den Medienberater Reiner Pfeiffer gewusst zu haben. Wegen dieser Falschaussage trat Björn Engholm am 3. Mai 1993 von allen Ämtern zurück. Heide Simonis wurde als seine Nachfolgerin Deutschlands erste und lange Zeit einzige weibliche Ministerpräsidentin.

Regierung Simonis

Heide Simonis, 2009

Bei der Landtagswahl 1996 verlor die SPD ihre absolute Mehrheit und ging eine Koalition mit den erstarkten Grünen ein. Mit dieser rot-grünen Koalition regierte Heide Simonis bis 2005.

Mit ihrer straffen Finanzpolitik hat Heide Simonis sich Respekt auch in eher konservativen Bevölkerungskreisen erworben. Sie gab Anstösse für die Entwicklung einer High-Tech-Industrie und zur Modernisierung der Infrastruktur.[15]

Nach der Landtagswahl 2005 verfügte die Koalition nur noch unter Tolerierung durch den Südschleswigschen Wählerverband (SSW) über eine Mehrheit von einer Stimme. Heide Simonis' Wiederwahl galt jedoch als sicher; Probeabstimmungen hatten keinenAbweichungen ergeben. In allen vier Wahlgängen, denen die Ministerpräsidentin sich am 17. März 2005 stellte, erhielt sie jedoch eine Stimme weniger, als sie hätte erhalten müssen, und wurde nicht wiedergewählt. Wer der (oder die) schnell so genannte "Heidemörder" war, ist bis heute unbekannt.

Große Koalition

Die SPD trat in Koalitionsverhandlungen mit der CDU ein und bildete mit ihr eine Große Koalition unter Ministerpräsident Peter Harry Carstensen.

Von Anfang an kriselte es dort immer wieder, vor allem zwischen Ministerpräsident Peter Harry Carstensen und Innenminister Ralf Stegner[16]. 2007 fand ein Krisentreffen statt. Ralf Stegner kündigte seinen Rücktritt und den Wechsel in das Amt des Fraktionsvorsitzenden an. Die bisherige Fraktionschef Lothar Hay sollte an seiner Stelle Innenminister werden. Damit sicherte Ralf Stegner vorerst den Fortbestand der Koalition. Außerdem hatte ihn die SPD Schleswig-Holstein auf dem Landesparteitag im März 2007 zum Landesvorsitzenden gewählt.

Ralf Stegner wird Spitzenkandidat der SPD nach dem Koalitionsbruch

Schulreform

Die Regierung brachte ein Schulgesetz auf den Weg, das in dieser Form gegen die CDU niemals hätte umgesetzt werden können. Als eine der Leistungen der Großen Koalition ist die flächendeckende Durchsetzung von Regional- und Gemeinschaftsschule durch Bildungsministerin Ute Erdsiek-Rave zu nennen. Damit waren die Tage des dreigliedrigen Schulsystems, das noch aus der Weimarer Republik stammte, gezählt: Haupt- und Realschule wurden zur Regionalschule zusammengelegt. Mit einer gymnasialen Oberstufe konnte diese zur Gemeinschaftsschule werden: Eine Schule für alle!

Bruch der Großen Koalition

Die Wahlperiode entete vorzeitig: Im Juli 2009 gab Ministerpräsident Carstensen bekannt, die Koalition mit der SPD nicht mehr fortführen zu wollen, und entließ die Ministerinnen und Minister der SPD. Neuwahlen setzte er zusammen mit der Bundestagswahl 2009 an. Die Ausgangslage für die SPD war denkbar schlecht: In Land und Bund lag sie weit hinter der CDU.

Opposition

Torsten Albig, Mathias Stein, Brigitte Fronzek und Ralf Stegner beim Mitgliederentscheid

Der schlechte Bundestrend der SPD wirkte sich auch auf die Landtagswahl 2009 aus: Die SPD verlor 13,3%-Punkte und landete bei 25,4%. CDU und FDP gingen unter Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) eine Koalition ein.

Doch auch diese Wahlperiode sollte vorzeitig enden: 2010 stellte das Landesverfassungsgericht fest, dass das Wahlgesetz wegen des unzureichenden Ausgleichs der Überhangmandate gegen die Landesverfassung verstoße. Das Gericht ordnete Neuwahlen bis September 2012 an[17]. Kurz vor dem Landesparteitag in Kiel kündigte Kiels Oberbürgermeister Torsten Albig seine Bewerbung um die Spitzenkandidatur zur Landtagswahl 2012 an[18].

Der Landesvorstand hatte nach der verlorenen Landtagswahl 2009 in Regionalkonferenzen Fehler analysiert und Konsequenzen gezogen: Eine der immer wieder gestellten Forderungen der oMitglieder war mehr Beteiligung. So schlug der Landesvorsitzende Ralf Stegner einen Mitgliederentscheid über die Spitzenkandidatur vor - er selbst wollte auch wieder kandidieren. Die Mitglieder entschieden sich deutlich für Torsten Albig.

Auch das Regierungsprogramm entstand in einem offenen Verfahren: Im "Demokratiesommer" konnten nicht nur SPD-Mitglieder ihre Ideen einbringen.

Küstenkoalition

Hauptartikel: Küstenkoalition

Wara Wende und Torsten Albig

Obwohl die SPD bei der Landtagswahl 2012 knapp hinter der CDU lag, konnte Torsten Albig gemeinsam mit den Grünen und dem SSW eine Dreierkoalition bilden. Zum ersten Mal beteiligte sich die Partei der dänischen Minderheit an einer Regierung - ein bundesweit einmaliges Ereignis, das so nur in Schleswig-Holstein möglich ist, weswegen die Koalition landläufig die "Küstenkoalition" genannt wird.

Torsten Albigs Regierung setzt vor allem auf Dialog und Bügerbeteiligung: Im Bildungsdialog diskutierte Bildungsministerin Wara Wende mit Eltern, Lehrern und Schülern über ein starkes Bildungssystem für die Zukunft. Im Kulturdialog von Kulturministerin Anke Spoorendonk (SSW) entstand das Kulturkonzept der Regierung. Sozialministeriun Kristin Alheit führte einen Sozialdialog durch. Die Fraktion präsentierte ihre Halbzeitbilanz "Versprochen. Gehalten!" in einer Reihe von Regionaldialogen im ganzen Land. Bei diesen Dialogen ist immer ein Minister oder eine Ministerin der SPD dabei, der Fraktionsvorsitzende Ralf Stegner und die Landtagsabgeordneten der Region, die im "World Café"-Format mit Bürgerinnen und Bürgern darüber diskutieren, was noch zu tun ist.

Gegenwart

Die Landtagswahl 2017 verlor die SPD. Torsten Albig nahm sein Landtagsmandat nicht an und ging in die Privatwirtschaft. Ralf Stegner blieb Fraktionsvorsitzender. Für den Landesvorsitz trat er 2019 nicht wieder an. An seiner Stelle wurde Serpil Midyatli gewählt - nicht nur als erste weibliche Vorsitzende der Landes-SPD, sondern auch als erste Person muslimischen Glaubens an der Spitze eines Landesverbandes. Noch schlechter ging die Landtagswahl 2022 aus. Mit 16 % der Stimmen wurde die SPD im Lande erstmals nur noch drittstärkste Kraft hinter der CDU und Bündnis 90/Die Grünen.

Siehe auch

Literatur

Hauptartikel: Literatur zur Geschichte der Sozialdemokratie in Schleswig-Holstein Nur wenig Literatur beschäftigt sich mit der Geschichte des Landesverbands insgesamt:

Links

Einzelnachweise

  1. Jacobsen, Stolz, S. 211
  2. Vorwärts: Nummer 290, Jahrgang 22, 12.12.1905
  3. Martens, S. 57 ff.
  4. Schilf u.a., S. 550
  5. Martens, Holger: SPD in Schleswig-Holstein 1945-1959 (Malente 1998) S. 80
  6. Martens, S. 18
  7. Jahrbuch der SPD 1947
  8. Dies ist eine Vermutung, da bisher zu Chr. Petersen keine Informationen vorliegen, der Kreisverband Herzogtum Lauenburg aber sonst nicht vertreten wäre.
  9. Sozialistische Mitteilungen No 87, Juni 1946, S. 2
  10. Osterroth, Franz / Schuster, Dieter: Chronik der deutschen Sozialdemokratie. Band 1: Bis zum Ende des Ersten Weltkrieges. 2., neu bearb. und erw. Aufl. 1975. Electronic ed.: Bonn : FES Library, 2001
  11. Christen, Ulf: Entnazifizierung im Landtag Schleswig-Holsteins, in: Demokratische Geschichte 6(1991), S. 207
  12. 12,0 12,1 Burchardt, Rainer: Angeln nach einem Kandidaten, DIE ZEIT Nr. 17/1974
  13. Engholms Viererbande, DIE ZEIT, 20.5.1988
  14. Danker, Uwe: Schleswig-Holsteins Sozialdemokratie in der Regierungsverantwortung 1988-2009. Eine erste Analyse anhand ausgewählter Politikfelder. in Demokratische Geschichte Band 26 (2016)
  15. Herz, Wilfried: Die forsche Heide, 22. September 1995
  16. Affären, Kräche – und ein Schlussstrich, DIE ZEIT, 16.7.2009
  17. Gericht ordnet Neuwahlen bis 2012 an, FAZ online, 30.8.2010
  18. Torsten Albig will Ministerpräsident werden, shz.de, 6.9.2010