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Version vom 3. Januar 2022, 23:02 Uhr
Am 30. Januar überträgt Reichspräsident von Hindenburg ohne Beteiligung des Reichstages das Amt des Reichskanzlers an Adolf Hitler, den "Führer" der Nationalsozialistischen deutschen Arbeiterpartei (NSdAP).
SPD-Parteivorsitzende sind Arthur Crispien, Hans Vogel und Otto Wels, Distriktsvorsitzender in Schleswig-Holstein ist Willy Verdieck.
Der Brand des Reichstages am 27. Februar führt zu einer Verhaftungswelle. In der Reichstagswahl vom 5. März bleiben die Nazis mit 43,9% unter der angestrebten absoluten Mehrheit, obwohl viele ihrer politischen Gegner bereits in "Schutzhaft" sitzen und der Einschüchterung durch die SA der Nazis keine Grenze gesetzt ist.
Innerhalb weniger Monate wird mit der Entmachtung des Reichstages, der Regelungen des Regimes wie das "Ermächtigungsgesetz" nur noch scheindemokratisch legitimiert, und mit Hilfe von Notverordnungen das gesamte politische Leben in Deutschland gleichgeschaltet. Die demokratischen Parteien werden am 22. Juni verboten, am 14. Juli tritt das "Gesetz zur Neubildung von Parteien" in Kraft, das eben keine Neubildung von Parteien mehr zulässt.
Auch in Schleswig-Holstein entfernen die Nazis Menschen, die Widerstand leisten, aus dem öffentlichen Leben. Sie verhaften zunächst KPD- und SPD-Leute und bringen sie in die ersten, wild eingerichteten Konzentrationslager. Dort werden sie schwer misshandelt und viele von ihnen ermordet. Wenig später erlassen die Nazis auch die ersten Gesetze zur Diskriminierung der jüdischen Bevölkerung.
Januar
- Otto Eggerstedt wird nach seiner Rückkehr nach Kiel erneut zum Vorsitzenden der Kieler SPD gewählt.
- Emilie Helm wird zur 1. Vorsitzenden der Sozialistischen Frauengruppe der SPD Pinneberg gewählt.
- 9. Januar - Horst Hager kommt in Heidelberg zur Welt.
- 27. Januar - Das Preußische Staatsministerium versagt die Anerkennung der Wahl von Fritz Petersen zum Bürgermeister von Elmshorn.
- 28. Januar - Walther Lehmkuhl legt sein 1. juristisches Staatsexamen ab und tritt in Kiel in den Staatsdienst ein.
- 30. Januar - Der von seiner Gewerkschaft von Königsberg nach Lübeck versetzte Max Sommerfeld tritt seine Arbeit im Lübecker Gewerkschaftshaus an.
- 31. Januar - Nazis verüben einen Mordanschlag auf Julius Leber. Ein Angreifer wird dabei vom Reichsbanner-Mann Willi Rath in Notwehr getötet. Julius Leber und sein Begleiter werden in Untersuchungshaft genommen.
Februar
- Richard Grune zieht nach Berlin, möglicherweise auch deswegen, weil er sich als Homosexueller in der Großstadt sicherer fühlt.
- Willy Verdieck entgeht einem ersten Versuch der Nazis, ihn zu verhaften.
- Die Nazis schließen die vor wenigen Jahren eröffnete Arbeitervolkshochschule Harrisleefeld.
- 2. Feburar - Protest-Kundgebung der Eisernen Front in Gewerkschaftshaus Lübeck, um gegen die illegale Festnahme von Julius Leber und Willi Rath zu demonstrieren.
- 15. Februar - In Elmshorn demonstrieren 3.500 Menschen öffentlich gegen die Nazis.
- 15. Februar - Die Schleswig-Holsteinische Volkszeitung wird vorläufig verboten.
- 19. Februar - Die Lübecker Arbeiterbewegung reagiert auf die Verhaftung von Julius Leber mit ihrer letzten großen offenen Protestaktionen gegen die Nazis. 15.000 Menschen nehmen teil. Der vorübergehend entlassene Julius Leber nimmt trotz schwerer Verletzung teil; seine Rede hält Fritz Solmitz.
- 26. Februar - Der Reichsbanner-Mann Julius Zehr wird von einem Nazi in Harrisleefeld bei Flensburg erschossen.
- 27. Februar - Die Schleswig-Holsteinische Volkszeitung muss endgültig ihr Erscheinen einstellen.
- 28. Februar - Alle reichsweiten Zeitungen der Sozialistischen Arbeiterjugend werden verboten.
- 28. Februar - Die Freie Turn- und Sportvereinigung Elmshorn von 1890 wird verboten.
März
- Karl Fick wird, nicht zuletzt aufgrund lokaler politischer Rivalitäten, verhaftet und ins provisorische KZ Eutin eingeliefert.
- Lauritz Lauritzen tritt aus der SPD aus.
- Die Nazis untersagen Fritz Petersen, seine Amtsgeschäfte als neu gewählter Bürgermeister von Elmshorn aufzunehmen.
- Max Sommerfeld spricht in Schlutup für den erkrankten Fritz Solmitz.
- Willy Verdieck wird auf dem Weg in die Emigration nach Dänemark in Flensburg verhaftet.
- Das Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold wird verboten, seine Mitglieder systematisch verfolgt.
- In Bad Bramstedt wird der Gedenkstein für Friedrich Ebert von Nazis gestohlen und versenkt. Franz Gustav Schatz gelingt es, vorher die Plakette vom Stein zu lösen und zu verstecken.
- 2. März - Der Lübecker Volksbote, dessen Chefredakteur Julius Leber ist, wird bis zum 20. März verboten.
- 5. März - In der letzten Reichstagswahl, zu der mehr als eine Partei kandidieren kann, erreicht die SPD immer noch 18,3%, die KPD 12,3% und das katholische Zentrum 11,3%. Die Nazis verfehlen ihr Ziel, eine deutliche absolute Mehrheit zu gewinnen. Gleichzeitig findet die Wahl zum Oldenburgischen Landtag und damit im Landesteil Lübeck statt. Die SPD verliert hier noch zwei Sitze und erreicht 18,17 %.
- 5. März - In Kellinghusen wird der Arbeitersportler Otto Fabian auf einem Spaziergang von einem SA-Trupp angegriffen und erschossen.
- 6. März - Den Lübecker Senatoren August Haut, Albert Henze, Fritz Mehrlein und dem Bürgermeister Paul Löwigt werden durch die Nazis ihre Ämter genommen.
- 8. März - Vermutlich an diesem Tag, dem letzten Internationalen Frauentag, der für 12 Jahre in Deutschland begangen wird, hält Helene Grünig mit 62 Jahren ihre letzte öffentliche Rede.
- 12. März - In der Nacht vor der Kommunalwahl wird Wilhelm Spiegel von Nazis in Kiel in seinem eigenen Haus ermordet.
- 12. März - Kommunalwahlen und Provinziallandtagswahlen. Am Abend werden Karl Ratz, Wilhelm Schweizer, Willy Verdieck und andere von SA und SS im Rathaus eingesperrt, später der Polizei übergeben. Wilhelm Schweizers Wohnung wird verwüstet.
- 12. März - In Schewkowitz/Oberschlesien (heute Dziewkowice/Polen) wird Rudolf Johna geboren.
- 13. März - Die Nazis besetzen das Kieler Gewerkschaftshaus.
- 15. März - Der Trauerzug durch Kiel für den ermordeten Wilhelm Spiegel kann als letzte stumme Demonstration der republikanischen Kräfte der Stadt gegen die Nazis gewertet werden. Viele Arbeiter legen demonstrativ ihre Arbeit nieder, die vorsorglich in Alarmbereitschaft gesetzte Polizei greift nicht ein.
- 22. März - In der Nacht auf den 23. März wird die Anlage um den Friedrich-Ebert-Gedenkstein an der Lieth in Bad Bramstedt von aufgehetzten Jungnazis zerstört, der Stein später im Wasser versenkt. Vorher kann Franz Gustav Schatz dessen Plakette mit der Inschrift verstecken.
- 24. März - Bei Walter Lurgenstein nehmen die Nazis aufgrund einer Denunziation eine Haussuchung vor; er wird verhaftet, nicht zuletzt wegen seines Engagements für die Arbeitervolkshochschule Harrisleefeld. Am Tag darauf wird auch der Ortsvereinsvorsitzende Meinhard Albrecht nach einer Haussuchung in "Schutzhaft" genommen.
- 25. März - Heinrich Wellenbrink wird von den Nazis als Bürgermeister von Uetersen beurlaubt, später entlassen.
- 25. März - In Schenefeld werden Paul und Max Steiniger, Ewald Teegen und Heinrich Schütt wegen ihrer Tätigkeit für KPD und SPD verhaftet.
- 30. März - Louis Biester tritt aus der SPD und der Reichstagsfraktion aus, behält aber sein Reichstagsmandat.
- 31. März - Rudolf Katz emigriert aus Deutschland und wird bis 1934 Delegierter des Völkerbundes in Nanking/China.
April
- Bernhard Kalk und Hans Oldorf werden von den Nazis im KZ Fuhlsbüttel in "Schutzhaft" genommen.
- In Eckernförde weigert sich Bürgermeister Richard Vosgerau, die Hakenkreuzfahne auf das Amtsgebäude zu setzen, und wird von der SA in "Schutzhaft" genommen. Man wirft ihm außerdem "Unterschlagung von Gewerkschaftsvermögen" vor. Seinem Einfluss in Eckernförde tut dies keinen Abbruch.
- Der OV Quickborn führt mit der örtlichen KPD Gespräche über eine Zusammenarbeit, die aber zu keinem Erfolg führen.
- In Breslau verhaften die Nazis Max Kukielczynski und sperren ihn bis Dezember in den KZ Breslau-Dürrgoy und Esterwegen ein.
- 2. April - In der Nacht auf den 3. emigriert Herbert Frahm vor den Nazis nach Dänemark. Der Fischer Paul Stooß bringt ihn mit seinem Kutter von Travemünde aus über die Ostsee nach Rødbyhavn.
- 3. April - Dem neuen Gemeinderat von Waabs, der sich nach der Kommunalwahl 1933 konstituiert, gehören als SPD-Vertreter Felix Augustin und Fritz Gimm an.
- 5. April - Der Vorsitzende der SPD Eiderstedt, Paul Dölz, wird zusammen mit 24 Linken aus Tönning und Lunden von den Nazis verhaftet und nach Husum gebracht.
- 7. April - Die Nazis ändern den Namen der Kieler Legienstraße zurück in "Fährstraße".
- 10. April - Der neu gewählte Provinziallandtag konstituiert sich. Die 15 gewählten Sozialdemokraten, unter ihnen Max Brauer, Richard Hansen, Wilhelm Schweizer, Willy Verdieck und Theodor Werner, können jedoch wegen Flucht oder Verhaftung nicht mehr teilnehmen.
- 11. April - Die drei gewählten SPD-Mitglieder der Stadtvertretung von Husum legen nach offenen Drohungen der NS-Vertreter ihre Mandate nieder.
- 15. April - Adolf Rohde wird als Bürgermeister von Itzehoe abgesetzt und in "Schutzhaft" genommen, aus der er allerdings nach einigen Tagen wieder entlassen wird. SA-Männer werfen sämtliche Scheiben seiner Wohnung ein.
- 24. April - Ludwig Preller wird als "politisch unzuverlässig" aus dem Staatsdienst entlassen.
- 26. April - Auf Antrag der Nazis werden die drei SPD-Mitglieder (Johannes Feddersen, Wilhelm Schnoor und Johann Wamers) aus der Bredstedter Stadtvertretung ausgeschlossen. Ähnliche Initiativen starten die Nazis in vielen Kommunalvertretungen.
- 30. April - In der Nacht auf den 1. Mai bringen Nazis in Kiel den Arbeitersportler Edmund Schnoor um.
Mai
- Paul Bromme, der sich in Lübeck im Widerstand engagiert hat, flüchtet in die Tschechoslowakei, später nach Schweden.
- Minna Fick richtet ein persönliches Gesuch um die Freilassung ihres Ehemannes Karl Fick aus der KZ-Haft an Reichspräsident von Hindenburg, jedoch ohne Erfolg.
- Anfang des Monats löst sich die Ortsgruppe Glückstadt des Reichsbanners auf, um einem Verbot durch die Nazis zuvorzukommen. Vier Glückstädter Genossen, deren Namen bisher nicht ermittelt sind, werden in "Schutzhaft" genommen.
- 1. Mai - Die SPD im Kreis Steinburg und die KPD versuchen durch Anmeldung eines "Morgenspaziergangs" im Itzehoer Umland eine eigene Maifeier zu organisieren; dies wird jedoch verboten, um die zentrale Kundgebung der Nazis nicht zu beeinträchtigen.
- 1. Mai - In Schenefeld werden August Großmann und Ernst Hadler von den Nazis in "Schutzhaft" genommen.
- 2. Mai - Die Nazis besetzen die Gewerkschaftshäuser und beginnen auch in Schleswig-Holstein, das Eigentum und Vermögen der Gewerkschaften zu beschlagnahmen und Mitglieder zu verhaften.
- 2. Mai - Heinrich Wilckens wird zum ersten Mal von den Nazis verhaftet. Bis zum Ende der NS-Diktatur erleidet er 21 Haussuchungen und vier Verhaftungen.
- 5. Mai - Bei der zweiten Sitzung der Kronshagener Gemeindevertretung werden die SPD-Vertreter Eduard Markowski, Ludwig Möller, Karl Mückenheim und Karl Stegelmann als "entschuldigt fehlend" geführt; die Tagesordnung enthält einen "Antrag" von ihnen "auf Entbindung von ihren Mandaten".
- 6. Mai - Bezirkskassierer Paul Andratschke wird verhaftet, nach einem Tag wieder freigelassen, aber noch mehrfach zu Vernehmungen geholt. Er verliert seine Arbeit.
- 7. Mai - Die SPD Preetz löst sich - wie viele anderen Ortsvereine in diesen Tagen - selbst auf, um Polizeiaktionen zuvorzukommen.
- 9. Mai - Der Befehl des Geheimen Staatspolizeiamtes der Nazis, die Vermögen von SPD, sozialdemokratischen Zeitungen und dem Reichsbanner zu beschlagnahmen, führt in der Folge auch in Schleswig-Holstein zu zahlreichen Haussuchungen und Verhaftungen. Die SPD Kellinghusen löst sich selbst auf.
- 9. Mai - In Hamburg verhaften die Nazis Friedel Felst und andere Beschäftigte des Büros der Arbeiterjugend wegen angeblicher Veruntreuung staatlicher Gelder.
- 12. Mai - Die SPD Schleswig löst sich selbst auf. Die Parteifahne wird mit Akten und Bildern in einem Nebengebäude in der Töpferstraße eingemauert und 12 Jahre später wieder hervorgeholt.
- 14. Mai - Bis zu diesem Tag sind im Kreis Steinburg 18 Sozialdemokraten von den Nazis in "Schutzhaft" genommen worden - "Schutz" vor der SA, die gegen ihre Gegner äußerst brutal und vollkommen unkontrolliert vorging.
- 15. Mai - Richard Hansen gelingt die Flucht über die Ostsee nach Dänemark.
- 15. Mai - Nach der Übernahme des Lübecker Gewerkschaftshauses durch die "Deutsche Arbeitsfront" kündigt Max Sommerfeld und geht zurück nach Königsberg.
- 17. Mai - Die Sozialistische Arbeiterjugend beschließt ihre Selbstauflösung, um dem Verbot durch die Nazis zuvorzukommen.
- 18. Mai - Eine letzte geheime Versammlung der SPD Neumünster im Lokal "Reichsadler" wird von der Polizei aufgelöst und die Teilnehmer in "Schutzhaft" genommen.
- 21. Mai - Das Reichsgesetz, durch das alle Verbrauchergenossenschaften für aufgelöst erklärt werden, tritt in Kraft.
- 23. Mai - Otto Wels begründet für die SPD im Reichstag die Ablehnung des "Ermächtigungsgesetzes". Die verbliebenen 94 Abgeordneten der SPD stimmen geschlossen dagegen, unter ihnen Gustav Dahrendorf, Carlo Mierendorff, Louise Schroeder, die die Ablehnung vorher öffentlich gefordert hat, Kurt Schumacher und Rudolf Wissell. Julius Leber ist beim Betreten des Reichstages verhaftet worden. Otto Eggerstedt und andere sind bereits auf der Flucht. Kurz darauf wird auch Rudolf Wissell verhaftet, aber nach drei Monaten freigelassen.
- 25. Mai - Otto Eggerstedt wird aufgrund einer Denunziation verhaftet und ins KZ Esterwegen gebracht.
- 30. Mai - Heinrich Grönwoldt und die Genossen Bargholz und Freundstück nehmen zum letzten Mal vor dem reichsweiten Verbot der SPD an der Sitzung des Gemeinderates Russee teil.
- 31. Mai - Der Lübecker Volksbote wird mit dem Niederdeutschen Beobachter - dem Kampfblatt der NSDAP Mecklenburg - vereinigt und ist damit gleichgeschaltet.
Juni
- Im politischen Widerstand aktive Sozialdemokraten wie Andreas Gayk, Niels und Anne Brodersen, Karl Rickers oder aus Düsseldorf die Brockmanns ziehen um diese Zeit aus Sicherheitsgründen ins anonymere Berlin. Andere wie Bruno Verdieck, Walter Damm, Hans Schröder oder Oskar Nielsen arbeiten an anderen Orten im Widerstand.
- Marie Schmelzkopf verliert ihre Ämter und wird unter Hinweis auf ihre Tätigkeit als Stadtverordnete von der Gestapo verhaftet, allerdings nach einiger Zeit freigelassen. Ihre Kinder ermitteln durch intensive Recherchen ihren Verbleib.
- 3. Juni - In Schenefeld werden Paul und Max Steiniger, Ewald Teegen und Heinrich Schütt nach gut zwei Monaten aus der "Schutzhaft" freigelassen.
- 9. Juni - Die Nazis beschlagnahmen Vermögen, Parteihäuser, Zeitungsbetriebe, Geschäftsräume und Druckereien der SPD.
- 16. Juni - Die erste Ausgabe von Andreas Gayks Zeitung Blick in die Zeit erscheint in Berlin.
- 16. Juni - In Hamburg wird der gesamte Bezirksvorstand während eines Referats von Karl Meitmann verhaftet. Obwohl keine strafbaren Handlungen belegbar sind, werden die Verhafteten erst nach Wochen wieder entlassen. Karl Meitmann bleibt fünf Monate in Haft und muss danach Hamburg verlassen.
- 19. Juni - Johannes Stelling wird erneut in den Parteivorstand gewählt.
- 21. Juni - Im Verlauf der "Köpenicker Blutwoche" wird Johannes Stelling mit anderen in ein SA-Sturmlokal verschleppt und grauenvoll gefoltert. In den Morgenstunden des Folgetages wird er im Amtsgerichtsgefängnis Köpenick endgültig ermordet und sein entstellter Leichnam ins Wasser geworfen. Er ist 56 Jahre alt.
- 22. Juni - Die Nazis verbieten die SPD und alle anderen Parteien außer ihrer eigenen. Letzte Vorstände der Gliederungen, soweit bekannt: Bezirksverband - Willy Verdieck; SPD Altona/Holstein - Paul Bugdahn; SPD Eiderstedt - Paul Dölz; SPD Eutin - Paul Hensel; SPD Flensburg - Peter Beck (Stellvertreter); PD Harrisleefeld - Wilhelm Schmehl; SPD Heide - Peter Kuskopf; SPD Herzogtum Lauenburg - Hans Michel; Ortsverein Husum - Meinhard Albrecht; SPD Kiel-Ellerbek - Walter Raabke; SPD Kiel-Süd - Karl Ratz; SPD Klausdorf - Willy Busch; SPD Kronshagen - Franz Piehozki (Vorsitz), Hermann Andritzki (Stellvertreter), Emil Struck (Kassierer) und Walter Weskamp (Schriftführer); SPD Oldenburg - Karl Panitzki; SPD Russee - Heinrich Grönwoldt; SPD Suchsdorf - Hannes Schwensen (inoffiziell, da kein dt. Staatsbürger); SPD Travemünde - Genosse Litzendorf.
- 27. Juni - Louis Biester wird aufgrund des "Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums" endgültig aus dem Schuldienst entlassen und am selben Tag in "Schutzhaft" genommen.
- 27. Juni - Die in Schenefeld verhafteten August Großmann und Ernst Hadler werden nach knapp zwei Monaten entlassen.
- 29. Juni - Die "Deutsche Arbeitsfront" schickt der Reichshauptbank und den Provinzialanstalten ein Schreiben mit einer Namensliste, vor allem von SPD-Kassierern, auch aus Schleswig-Holstein. Ziel ist, Konten von Sozialdemokraten zu sperren, die verdächtigt werden, Parteigelder zu "verstecken".
Juli
- Wilhelm Schmehl bringt Teile des historisch wertvollen Marx-Engels-Nachlasses aus dem Berliner SPD-Archiv in Fußmärschen durchs Moor nach Dänemark in Sicherheit.
- Willy Busch flüchtet vor dem Terror der Nazis gegen ihn in Klausdorf mit seiner Frau nach Dänemark.
- 1. Juli - Die Freie Volksbühne Kiel löst sich zum zweiten Mal in ihrer Geschichte selbst auf.
- 1. Juli - Die Leiche von Johannes Stelling wird geborgen und anhand seines Trauringes identifiziert.
- 14. Juli - In Schenefeld wird Carl Schmidt verhaftet und ins KZ Esterwegen gebracht.
- 16. Juli - "Sägebock-Aktion" - In Münsterdorf misshandeln SA-Schläger mehrere Reichsbanner-Mitglieder.
- 20. Juli - Der örtliche SA-Führer lehnt die Entlassung von Karl Fick aus dem KZ ab und macht deutlich, dass er ihn als politische Geisel betrachtet.
August
- Stadtrat Emil Brodkorb wird aus dem Magistrat der Stadt Schleswig ausgeschlossen.
- 3. August - Hermann Thurow-Nievergelt stirbt mit 66 Jahren in der Emigration in Freidorf bei Basel/Schweiz.
- 7. August - Zur Gemeinderatssitzung in Waabs an diesem Tag werden die beiden SPD-Vertreter, Felix Augustin und Fritz Gimm, nicht mehr geladen.
- 14. August - Die Dachorganisation der Konsumvereine, die GEG, wird von den Nazis zwangsweise in den "Reichsbund der deutschen Verbrauchergenossenschaften GmbH (GEG)" überführt. Damit haben die Konsumvereine keine eigenständige Grundlage mehr.
- 17. August - Alle SPD-Vertreter werden aus der Stadtvertretung von Bredstedt ausgeschlossen.
- 20. August - Andreas Carlsen wird in Bredstedt von drei SA-Männern beschuldigt, seine Mutter geschlagen zu haben, und von ihnen in denunziatorischer und erniedrigender Weise durch den gesamten Ort geführt.
- 24. August - Johannes Stellings Asche wird auf dem Zentralfriedhof Berlin-Friedrichsfelde beigesetzt.
- 29. August - Karl Fick wird aus dem provisorischen KZ Eutin freigelassen, verliert jedoch seinen Arbeitsplatz und ist mehrere Jahre arbeitslos.
September
- Richard Vosgerau wird aus der "Schutzhaft" entlassen und zieht in der Folgezeit auf den Rat eines Gestapomannes nach Kiel um, wo er eine Versicherungsvertretung übernimmt.
- 19. September - Fritz Solmitz wird nach schweren Misshandlungen durch die SS in seiner Zelle im KZ Fuhlsbüttel erhängt aufgefunden. Er ist 39 Jahre alt. Ob er in den Selbstmord getrieben oder von der SS ermordet wurde, ist ungeklärt.
- 26. September - Der Schenefelder Carl Schmidt wird nach zwei Monaten aus dem KZ Esterwegen entlassen.
Oktober
- Karl Meitmann wird aus dem KZ Hamburg-Fuhlsbüttel entlassen mit der Auflage, Hamburg innerhalb von 24 Stunden zu verlassen. Freunde verschaffen ihm eine Arbeit in Frankfurt/Oder.
- 8. Oktober - Karl Grambow wird in seiner Zelle im Amtsgerichtsgefängnis Schwarzenbek tot aufgefunden. Auch bei ihm ist ungeklärt, ob er in den Selbstmord getrieben oder ermordet wurde.
- 12. Oktober - Otto Eggerstedt wird im KZ Esterwegen (Emsland) von SS-Wachleuten ermordet.
- 29. Oktober - Marliese Alfken kommt in Goslar zur Welt.
November
- Die Nazis entlassen Otto Spiegel aufgrund seiner Zugehörigkeit zum Judentum als Leiter der Städtischen Säuglings- und Fürsorgestelle in Holtenau.
- Paul Dölz wird wegen Haftunfähigkeit aus dem Gefängnis Rendsburg entlassen.
- 5. November - Zusammen mit zahlreichen Kieler Genossen, darunter vermutlich Theodor Werner und Karl Ratz (der anschließend ein Jahr Gefängnis erhält), werden Nanny Kurfürst, Emma Drewanz und Gertrud Völcker von den Nazis vorübergehend in "Schutzhaft" genommen.
- 17. November - Laut Bericht der Nortorfer Illustrierten Woche von diesem Tag vergraben die Nazis den Gedenkstein des Ortes für Friedrich Ebert, um "die letzte Erinnerung an die schmachvollen 14 Jahre" der Weimarer Republik zu beseitigen.
Dezember
- Nach seiner Entlassung aus dem KZ Esterwegen ist Max Kukielczynski zunächst arbeitslos.
- Karl Oesterle zieht nach Oststeinbeck, um Verfolgungen durch die Hamburger Gestapo zu entgehen.
Nicht datiert
- Neben anderen verlieren Karl Albrecht, Edith Baade, Fritz Baade, Heinrich Boschen, Eduard Clasen, Walter Damm, Otto Engel, Willi Engel, Hermann Engels, Wilhelm Esser, Rudolf Henning, Toni Jensen, Luise Klinsmann, Heinz Kock, Anni Krahnstöver, Friedrich Mandelkow, Johannes Möller, Rosa Obloch, Richard Schenck, Hans Schwichtenberg, Georg Seeler, Willi Steinhörster, Emil Willumeit und Albert Witte wegen ihrer politischen Überzeugung ihren Broterwerb.
- Erich Arp emigriert in die Niederlande, kehrt jedoch später nach Deutschland zurück.
- Karl Becker wird von der Universität Rostock zum Dr. rer. pol. promoviert.
- Uwe Damm, der älteste Sohn von Walter Damm, kommt zur Welt.
- Kurt Engert wird von den Nazis zum Abbruch seines berufsbegleitenden Studiums gezwungen.
- Käte Frankenthal, die mittlerweile in Berlin lebt und politisch tätig ist, flieht angesichts der Bedrohung durch die Nazis in die USA.
- Michael Freund soll aus der SPD ausgetreten sein, arbeitet aber an der Zeitschrift Blick in die Zeit mit.
- Emilie Helm übernimmt den Vorsitz der Sozialistischen Frauengruppe Pinneberg.
- Hermann Köster tritt in die Reichsmarine (ab 1935 Kriegsmarine) ein.
- Paul Lohmann wird auf Grund eines NS-Gesetzes wegen "Vorbereitung zum Hochverrat und Verbrechen gegen das Parteiverbotgesetz" zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt.
- Die Nazis entheben Hermann Lüdemann seines Amtes als Oberpräsident von Niederschlesien.
- Rudolf Lüdemann wird aus dem öffentlichen Dienst entlassen, in "Schutzhaft" genommen und schwer misshandelt.
- Peter Mertineit wird in Kiel geboren.
- Franz Osterroth gründet in Magdeburg eine illegale Gruppe der Jungsozialisten und redigiert die illegale Jugendzeitschrift Junger Sozialismus.
- Karl Schiller tritt der nationalsozialistischen SA bei.
- Max Schmidt wird bei einer Zusammenkunft mit Parteifreunden in Flensburg von der Gestapo verhaftet. Nach der Freilassung ist er weiterer politischer Verfolgung ausgesetzt und wird arbeitslos.
- Dem 78-jährigen Ferdinand Tönnies entziehen die Nazis seinen Lehrauftrag, seinen Beamtenstatus und damit nahezu alle Bezüge; er lebt bis zu seinem Tod verarmt in Kiel.
- Bruno Verdieck setzt seine Gewerkschaftsarbeit bis zur Verhaftung im Untergrund fort.
- Theodor Werner wird von der Gestapo verhaftet, seine Ersparnisse beschlagnahmt. Nach seiner Freilassung übernimmt er einen Tabakladen im Königsweg 52 in Kiel, der zugleich als unauffällige Anlaufstelle für Genossen dient.
- Als einziger Wohlfahrtsverband wird die AWO vom NS-Regime verboten und aufgelöst.
- In Husum holen ein Maurer, ein Schlosser, ein Angestellter der Stadtwerke und der Schmied und Eisenbahner Rudolf Schütze eines Tages im Morgengrauen die Nazifahne vom Schornstein der Husumer Möbelfabrik und hissen statt dessen die rote Fahne der "Eisernen Front". Die Nazis "korrigieren" dies am nächsten Tag, aber die Männer überleben ihre Aktion.
- In Süderbrarup gibt es nach Beginn der NS-Herrschaft geringe Untergrundaktivitäten, aber keinen organisierten Widerstand.
- Friedrich-Ebert-Gedenksteine sind ein bevorzugtes Ziel der Nazis. Der Stein in [[Ortsverein Eutin|Eutin)) wird von ihnen abmontiert und zur Werkstatt eines örtlichen Bildhauers transportiert, wo er unauffindbar verschwindet. In Nortorf vergräbt die SA den Gedenkstein, um "die letzte Erinnerung an die schmachvollen 14 Jahre" zu tilgen. Und in Wedel demolieren SA-Leute den Stein und stehlen die im Sockel eingemauerten Dokumente. Ein Tiefbauunternehmer rettet ihn, indem er ihn vergräbt.
- Traditionsfahnen einzelner Gruppierungen werden versteckt und so über die Nazizeit gerettet, etwa die Fahnen von Kiel-Suchsdorf, Kiel-Dietrichsdorf oder Kiel-Süd. Die Fahne des Arbeitergesangsvereins Eintracht vergraben Hermann Kölln und vier weitere Elmshorner Arbeiter noch rechtzeitig vor der Herrschaft der Faschisten nachts in einem Zinksarg auf einem Grundstück in der Amandastraße. Die Fahne der SPD Travemünde bleibt, in einer Blechdose verpackt, in einer Abseite der Wohnung von Alma und Willi Nickel bei zumindest einer Haussuchung unentdeckt und übersteht die zwölf Jahre.